Wie besiegt man eine Mannschaft, die kurz vor dem Saisonende in allen Wettbewerben noch immer unbesiegt ist? Vor dem Heimspiel gegen Leverkusen fordert Eintracht-Coach Dino Toppmöller maximale Disziplin – und das Einsetzen der eigenen Waffen.
Schwer zu stoppen: Hugo Ekitiké und Omar Marmoush (re.).
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Ein ausverkauftes Haus, fast alle Mann an Bord und eine beachtliche Heimbilanz gegen Leverkusen – die Vorzeichen vor dem Heimspiel gegen den Deutschen Meister sind durchaus vielversprechend. “Es ist ein schöner und großer Anreiz für uns alle, die erste Mannschaft zu sein, die Bayer Leverkusen besiegt”, betont Dino Toppmöller.
Verzichten muss der Trainer lediglich auf die schon länger verletzten Sasa Kalajdzic (Kreuzbandriss) und Sebastian Rode (Knie-OP) sowie Youngster Nnamdi Collins (Kapselreizung im Knie). Erfreulicherweise hat Toppmöller somit auf gleich mehreren Positionen die Qual der Wahl. Wer verteidigt hinten links? Kehrt Offensivkraft Fares Chaibi in die Elf zurück? Findet der Coach im Mittelfeld einen Platz für Hugo Larsson, indem er beispielsweise auf ein 4-3-3 umstellt?
Nachlässigkeiten wie in Stuttgart sind tabu
Das Fundament für einen möglichen Überraschungserfolg ist allerdings losgelöst von derlei Personalfragen. “Der Schlüssel wird sein, dass wir eine maximale Disziplin an den Tag legen, was das Defensivverhalten betrifft”, bekräftigt Toppmöller. Das beinhaltet auch Selbstverständlichkeiten. Zum Beispiel das Zurücklaufen im Sprint, wenn man durch einen hohen Ball überspielt wird.
Wie wichtig das ist, zeigte sich beispielsweise am 29. Spieltag beim 0:3 in Stuttgart, als Hugo Larsson vor dem dritten Gegentreffer nur zurücktrabte und sich so selbst die Chance nahm, im Mittelfeld den entscheidenden Schnittstellenpass zu unterbinden. Zuvor war Ansgar Knauff weiter vorne auf dem rechten Flügel nur halbherzig angelaufen. Stuttgart hatte leichtes Spiel. Nachlässigkeiten dieser Art darf sich das Team gegen Leverkusen unter keinen Umständen erlauben.
Toppmöller spricht außerdem von der “klaren Verantwortung” im Strafraum, “wer welche Zone zu verteidigen hat”, und erklärt: “Beim Mittelfeldpressing geht es darum, die Räume zu schließen und den Gegner dahin zu lenken, wo wir ihn haben wollen.” Kurzum: Die Mannschaft müsse “in allen Defensivphasen maximal diszipliniert sein, weil der Gegner eine unfassbar hohe Qualität hat”.
Mittelfeld-Kommandos beim Gegenpressing
Will einen Sieg gegen den Meister: Dino Toppmöller.
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Eine Herausforderung wird auch darin bestehen, nach Ballverlusten in Sekundenbruchteilen die Entscheidung zu treffen, ob es klüger ist, sich in die Ordnung zurückzuziehen oder direkt ins Gegenpressing zu gehen. Ein Beispiel: Wenn vorne mehrere Offensivspieler anlaufen, dahinter aber keiner nachrückt und Lücken entstehen, wird es der Werkself leichtfallen, sich spielerisch zu befreien und die angebotenen Räume ihrerseits auszunutzen. Synchronität heißt das Stichwort.
Losgelöst vom Gegner muss es immer das Ziel sein, schon in Ballbesitz so clever positioniert zu sein, dass nach Ballverlusten genug Spieler in Ballnähe sind, um ins Gegenpressing zu kommen. Gegen ein spielstarkes Team wie Leverkusen ist das bloß noch wichtiger als gegen andere, weniger effiziente Mannschaften. “Wenn wir sehen, dass es keine Möglichkeit gibt oder der Anlaufweg zu weit ist, muss es aus dem zentralen Mittelfeld ein Kommando an die offensiven Spieler geben, dass wir das abbrechen und in die Ordnung zurückfallen”, erklärt Toppmöller. Es gehe darum, situativ die richtige Entscheidung zu fällen.
Die eigenen Waffen richtig einsetzen
Im Angriff liegt die Chance darin, das Tempo der eigenen Offensivspieler nach Ballgewinnen einzusetzen. “Es ist auch kein Zuckerschlecken, Omar Marmoush oder Hugo Ekitiké zu verteidigen”, weiß Toppmöller. Er betont: “Wir sind selbstbewusst genug und wissen, dass wir Waffen haben, um dem Gegner wehzutun.” Er glaube schon, dass sich aus Umschaltsituationen heraus “die eine oder andere Möglichkeit” ergeben werde. Der 43-Jährige rechnet zwar nicht mit “Chancen en masse”, ist aber überzeugt: “Wir werden Möglichkeiten bekommen – die müssen wir effizient nutzen.”
Vielleicht ist für die Eintracht dann tatsächlich eine Überraschung möglich. Ein Sieg gegen den frischgebackenen Deutschen Meister würde die Stimmung rund um die Eintracht schlagartig deutlich anheben und den Spielern viel Selbstvertrauen für die verbleibenden beiden Aufgaben in Gladbach und gegen Leipzig verschaffen.