Kiel trotz 1:3 tiefenentspannt: “Einfach weitergehen”

Völlig gelassen zeigten sich Trainer und Spieler bei Holstein Kiel nach der Niederlage gegen den 1. FC Kaiserslautern . Dabei birgt das Restprogramm eine gewisse Brisanz.

Mit breiter Brust in die letzten drei Spieltage: Holstein Coach Marcel Rapp.

Mit breiter Brust in die letzten drei Spieltage: Holstein Coach Marcel Rapp.

IMAGO/Eibner

Nach der eindrucksvollen Siegesserie von sechs Spielen (jeweils ohne Gegentor) ist das Selbstbewusstsein bei den Kielern enorm groß. Daran konnte auch die 1:3-Niederlage gegen den überraschend selbstbewusst auftretenden 1. FC Kaiserslautern am Samstag nichts ändern.

“Das sollte kein Beinbruch sein und wirft uns auch nicht um”, kommentierte Trainer Marcel Rapp tiefenentspannt auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. “Einfach den Weg weitergehen, dann werden wir noch einige Punkte holen.”

“Es ist ja in der Saison nicht das erste Mal, dass wir ein Spiel verlieren”, zeigte sich auch Fiete Arp recht entspannt. “Das darf uns auch mal passieren. Das einzig Wichtige ist, wie wir die 90 Minuten analysieren und welche Schlüsse wir daraus ziehen. Wir haben es uns erarbeitet, dass wir nach wie vor alles in der eigenen Hand haben.“

Die ersatzgeschwächten Kieler waren vor allem nach dem Wechsel besser im Spiel. In der Drangphase der Norddeutschen war es schließlich FCK-Keeper Julian Krahl, der die Gäste vor weiteren Gegentoren bewahrte und es mit seiner Leistung in die Elf des Tages schaffte. “Der gegnerische Torwart hat eine überragende Leistung gezeigt”, lobte auch Rapp, der trotzdem stolz auf die Leistung seiner Mannschaft war.

Direktes Duell mit Düsseldorf am 33. Spieltag

Saison 2023/24

Der Tabellenrechner dürfte derzeit indes ein beliebtes Instrument bei vielen Klubs sein. Das Kieler Restprogramm bei Wehen Wiesbaden (derzeit auf dem Abstiegsrelegationsplatz), gegen Fortuna Düsseldorf (direkter Verfolger) und zum Abschluss bei Hannover 96 birgt zumindest an den nächsten beiden Spieltagen eine gewisse Brisanz.

“Holstein spielt eine überragende Saison. Ich lasse mich nicht davon abbringen, dass Kiel diese Saison aufsteigt“, erklärte FCK-Trainer Friedhelm Funkel nach dem Spiel. Übrigens jener Funkel, der 2021 dem Kieler Aufstieg mit dem 1. FC Köln per 5:1-Sieg an der Förde in der Relegation einen Riegel vorschob.

Oberschenkelverletzung: Porath fehlt Holstein Kiel bis Saisonende

Holstein Kiel, Tabellenführer der 2. Bundesliga, muss in den verbleibenden vier Partien auf Mittelfeldspieler Finn Porath verzichten. Der 27-Jährige zog sich in seinem 150. Pflichtspiel für die Kieler eine muskuläre Verletzung zu.

Unter Schmerzen verließ Finn Porath in Hamburg den Platz.

Unter Schmerzen verließ Finn Porath in Hamburg den Platz.

picture alliance/dpa

Spitzenreiter Holstein Kiel muss in den entscheidenden Wochen der 2. Bundesliga einen personellen Rückschlag verkraften. Finn Porath wird den Störchen mit einer muskulären Verletzung im linken Oberschenkel bis zum Saisonende nicht mehr zur Verfügung stehen.

Der 27-Jährige zog sich die Verletzung am vergangenen Samstag in seinem 150. Pflichtspiel für Kiel beim 1:0-Auswärtssieg gegen den Hamburger SV zu. Schon nach 24 Minuten musste Coach Marcel Rapp reagieren und brachte Tom Rothe für die linke Seite. Ausgerechnet die Leihgabe von Borussia Dortmund war es dann, die in der 59. Minute den einzigen Treffer des Tages erzielte.

Jener Rothe dürfte seine linke Seite, die Porath am vergangenen Spieltag erstmals in dieser Saison bespielte, damit auch im Saisonendspurt wieder übernehmen. Für Poraths eigentlich angestammte rechte Seite kommt vor allem Timo Becker in Frage, der bereits gegen Hamburg aus der Innenverteidigung auf die Außenbahn rückte. Den Platz in der Dreierkette übernahm wiederum der Schwede Carl Johansson, der erstmals nach seinen langwierigen Patellasehnenproblemen wieder über 90 Minuten auflief und dort auch für die verbleibenden vier Spiele ein Kandidat sein dürfte.

Auch Holtby fehlt gegen Kaiserslautern

Dabei haben die Kieler den Aufstieg und sogar die Meisterschaft weiter in der eigenen Hand, die Relegation ist gar so gut wie sicher. Zwölf Punkte beträgt der Vorsprung auf Rang 4, sechs auf die drittplatzierte Fortuna aus Düsseldorf und einen auf Verfolger St. Pauli. Im Saisonendspurt trifft die Rapp-Elf noch auf die Kellerkinder Kaiserslautern (H) und Wiesbaden (A) sowie Fortuna Düsseldorf (H) und Hannover 96 (A).

Zumindest für das anstehende Spiel gegen Kaiserslautern am Samstag (13 Uhr), muss sich Rapp gleich doppelt Gedanken im Mittelfeld machen. Neben Porath, der vier Tore und vier Assists zu einer beeindruckenden Zweitliga-Saison der Kieler beisteuerte, wird auch Kapitän Lewis Holtby fehlen. Der Routinier hatte im Spiel gegen den HSV innerhalb kürzester Zeit Gelb und Gelb-Rot gesehen.

Holtby begeistert: “Die Jungs haben gekämpft wie Löwen”

Holstein Kiel rauscht im Eiltempo Richtung Bundesliga. Aber auch nach dem Sieg in Hamburg gibt es keine großen Töne von den Störchen. Lewis Holtby hielt die Füße still – und schwärmte von seiner Mannschaft.

Sah die Ampelkarte: Lewis Holtby.

Sah die Ampelkarte: Lewis Holtby.

IMAGO/Susanne Hübner

Kiel lag beim HSV mit 1:0 in Führung, das war es ausgerechnet Lewis Holtby, der es seinen Teamkollegen in der Schlussphase schwerer machte. Denn binnen zwei Minuten sah der ehemalige Hamburger (2014 bis 2019 bei den Rothosen aktiv) die Ampelkarte. Zunächst kam der 33-Jährige gegen Ignace van der Brempt zu spät, kurz später stempelte er Miro Muheim.

“Beim ersten Foul komme ich zu spät. Beim zweiten merke ich, dass Muheim vielleicht den Ball falsch einschätzt, das ist ein 50:50-Ball. Entweder spitzele ich ihn weg und gehe Richtung Tor, oder ich berühre den Ball leicht. Er (Muheim, d.Red.) ist dann da und ich trete auf seinen Schlappen”, blickte Holtby bei Sky auf die Szene und fügte mit einem Grinsen an: “Ich war auch schon mal schneller.”

Im Spielertunnel verfolgte die Nummer 10 der Störche dann die Schlussphase – und war nach dem eingetüteten 1:0 im kleinen Nordderby mächtig stolz. “Die Jungs haben gekämpft wie Löwen. Jeder hat sich reingeworfen, hat geblockt, geköpft, ist lange Wege gegangen”, sagte Holtby und holte kurz später zu einem Loblied auf seine Truppe aus: “Ich habe selten so eine Truppe gesehen. Das ist ein Team, das sind Brüder. Und dann wirst du zu hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben.”

Holtby blickt nur auf Kaiserslautern

Der Sieg beim Hamburger SV, der sich den Aufstieg nun wohl abschminken muss, war bereits der sechste Dreier in Serie. In dieser Phase gab es 14 eigene Treffer und kein Gegentor. Kiel wird also auf jeden Fall den 30. Spieltag als Tabellenführer beenden. Der Vorsprung auf Platz 3 beträgt sechs Punkte, der auf Rang 4 bereits zwölf Zähler.

Die Relegation ist also schon fast sicher, aber auch in Sachen direkter Bundesliga-Aufstieg sieht es für die Störche extrem gut aus. Zu weit aus dem Fenster lehnen sich die Norddeutschen die ganze Saison schon nicht. Und diese Marschroute behalten sie auch bei. “Kaiserslautern, das nächste Spiel ist Kaiserslautern”, blickte Holtby wie so oft zitiert von Spiel zu Spiel. “Die kämpfen um alles, sie brauchen ihre Punkte. Da müssen wir wie in den letzten Wochen hinten dicht halten und nach vorne können wir immer ein Tor machen.”

Vier Spiele sind noch zu gehen, neben Kaiserslautern treffen die Kieler noch auf Wiesbaden (A), Düsseldorf (H) und Hannover (A). Und die Chancen, dann zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in die Bundesliga aufzusteigen, stehen besser denn je. Ob die Störche nun drüber reden wollen oder nicht…

“Taten statt Worte”: Rapp braucht keine Rechenspiele

Mit zuletzt 15 Punkten bei 13:0 Toren hat sich Holstein Kiel an die Tabellenspitze katapultiert und reist mit gehörigem Selbstbewusstsein zum Topspiel beim Hamburger SV (Samstag, 20.30 Uhr) an.

Marcel Rapp bleibt fokussiert, die Zielsetzung immergleich: Die nächsten drei Punkte dürfen es sein.

Marcel Rapp bleibt fokussiert, die Zielsetzung immergleich: Die nächsten drei Punkte dürfen es sein.

IMAGO/Eibner

Rund 100 Kilometer trennen Kiel und Hamburg – eine leichte Hürde, die die circa 6000 Anhänger der KSV bereitwillig auf sich nehmen, um ihr Team im ausverkauften Volksparkstadion zu unterstützen. Die räumliche Distanz zwischen den beiden Städten ist gering, die der Klubs im Tableau dagegen schon beträchtlich. Auf neun Zähler hat Holstein den viertplatzierten HSV distanziert, der unbedingt einen Sieg braucht, um im Aufstiegsrennen nicht noch mehr an Boden zu verlieren.

Rapp erwartet so auch einen “aggressiven” Gegner, der mit großer Intensität zur Sache gehen werde, eine große individuelle Klasse und gute Abläufe im letzten Drittel habe. Fast gelassen sagt dies der Kieler Trainer – im Wissen um die eigene Stärke: “Die Stimmung ist gut. Es ist alles angerichtet, jetzt liegt es an uns.” Auch der Rückenwind nach der letzten Siegesserie und das immer näher rückende Ziel Bundesliga lassen Rapp nicht die Bodenhaftung verlieren.

Wir wollten Fußstapfen hinterlassen.

Marcel Rapp

Das Wort Aufstieg kommt Rapp nicht über die Lippen. Der 45-Jährige lässt sich nicht aus der Reserve locken, auch nicht, als man ihm angesichts der Tabellensituation die Relegation als Minimalziel in den Mund zu legen gedachte: “Wir wollen in jedem Spiel drei Punkte holen, das ist das Ziel. Es ist viel zu früh, ein Fazit zu ziehen.” Ein kleines gab es dann aber doch, immerhin “gestand” der Ex-Profi: “Wir wollten Fußstapfen hinterlassen.” Und dies sei ja quasi schon geglückt, “wir stehen vor einem Topspiel beim HSV. Doch wir sind noch nicht zufrieden.” Aber bei einem Sieg wäre doch Kiel zumindest der Relegationsplatz nicht mehr zu nehmen, oder? Auch dieses Nachhaken wehrt Rapp erfolgreich ab und will lieber “Taten statt Worte” und “keine Rechenspiele” folgen lassen.

Spieler zwischen “Euphorie und Fokus”

Wie immer ist der Auftritt des gebürtigen Pforzheimers auf der Spieltags-Pressekonferenz kein Spektakel. Was das richtige Stichwort ist. In den letzten Spielen gab es “wenig Spektakel , weil wir gut verteidigt haben”, weiß Rapp und wünscht sich dies auch gegen den HSV als Basis.  Dazu die “Ruhe bewahren, Druck auf den Ball machen und mutig sein, gutes Positionsspiel – alles Dinge der letzten Wochen, die die Jungs gut umgesetzt haben”. Seine Schützlinge hätten wie er “voll Bock auf das Spiel” und seien in einem Zustand zwischen “Euphorie und Fokus”. Gute Vorzeichen für “guten Fußball am Wochenende”, meint der Coach.

Rapp ist klar, dass der HSV mit den Fans im Rücken viel Wucht entwickeln und die Stimmung auf den Platz überschwappen könne. “Das kann passieren, wenn sie in Spiellaune kommen. Aber wir werden alles dagegensetzen”, sagte er und blickte in den Rückspiegel: “Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir gegen den HSV immer selbstbewusst aufgetreten sind, weil wir eine Art von Fußball spielen, gegen die nicht so einfach zu spielen ist.”

Stimmt, schließlich verlor Kiel gegen den HSV in bisher elf Zweitliga-Vergleichen nur ein einziges Mal (4/6/1).

Rapp: “Wenn jemand sagt, dass Kiel in Hamburg Favorit ist …”

Porath hat “richtig Bock” 16.04.2024

Rapp: “Wenn jemand sagt, dass Kiel in Hamburg Favorit ist …”

1:43Die Euphorie in Kiel greift um sich, der erstmalige Aufstieg in die Bundesliga scheint greifbar. Vor dem Duell gegen Verfolger HSV will sich Trainer Marcel Rapp auf das Wesentliche konzentrieren und die Favoriten-Rolle noch nicht annehmen.

Holstein feiert mit der Tor-Hymne des HSV

Philipp Sander stand noch in der Mixed-Zone des Holstein-Stadions Rede und Antwort, als seine Kieler Teamkollegen in der Kabine bereits das 4:0 gegen den VfL Osnabrück feierten – laut und deutlich hörbar mit der HSV-Tor-Hymne von “Scooter”. Eine perfekte Einstimmung auf den Hit am kommenden Samstag.

Die 1. Liga winkt: Die Kieler Störche bejubeln den Heimsieg gegen Osnabrück.

Die 1. Liga winkt: Die Kieler Störche bejubeln den Heimsieg gegen Osnabrück.

picture alliance/dpa

Den Tor-Song des nächsten Gegners und einst großen Aufstiegsfavoriten in der Kabine einzuspielen, drückt durchaus das Selbstverständnis und Selbstvertrauen der Störche aus. Marcel Rapp jedoch relativiert den musikalischen Ausflug in die Nachbarstadt: “Das lief in der Kabine nicht zum ersten Mal, es ist einfach ein cooles Lied.”

Spielbericht

Klar ist: Im Topspiel des 30. Spieltages wollen es der Trainer und seine Spieler möglichst gar nicht hören. 10.000 Kieler werden die Mannschaft begleiten, und es gibt zumindest deutliche Hinweise darauf, dass der Plan aufgehen könnte. Gegen das Schlusslicht siegte Holstein zum fünften Mal in Folge zu null, und demonstrierte abermals eindrucksvoll die Klasse, und, dass Platz 2 sowie die nahende Ziellinie im Aufstiegsrennen keine Verkrampfung auslösen, sondern scheinbar von Runde zu Runde beflügeln.

Rapp sieht im Spiel mit dem Ball Luft nach oben

Restlose Zufriedenheit herrscht bei den Protagonisten trotz des streckenweise eindrucksvollen Vortags nicht. “Wir haben es über die gesamten 90 Minuten sehr, sehr gut verteidigt”, lobt Rapp zwar, bemängelt aber: “Im Spiel mit dem Ball habe ich noch sehr viel Luft nach oben gesehen. Wir sind nicht gut ins Spiel gestartet, haben keine Lösungen gefunden. Das Tor machen wir aus unserer ersten Balleroberung.” Was aus des Trainers Munde nach einem holprigen Start klingt, bedarf jedoch dieser Einordnung: Das erste Tor erzielte die KSV durch Steven Skrzybski bereits nach neun Minuten, danach legte sie sich den überforderten Gegner, abgesehen von knapp 15 Minuten nach der Pause regelrecht zurecht. Auch Timo Becker, als Innenverteidiger gestartet, nach der Pause als rechter Schienenspieler auffällig und schließlich als Torschütze aus der Partie gegangen, befindet: “Ein 4:0 klingt sehr gut, aber für unseren Anspruch war es nicht unser bestes Spiel, es war nicht alles rosig.”

Was der Anspruch ist, stellt Rapp klar: “Wir haben uns vor der Saison vorgenommen, deutlich weniger Gegentore zu bekommen als im Vorjahr.” Da waren es am Ende 61, die drittmeisten der Liga. Jetzt gab es schon fünf Mal nacheinander keines. “Das”, erklärt der Erfolgstrainer, “ist die Basis von allem.” Auch beim anstehenden Hit in Hamburg. Die Tor-Hymne des HSV soll es erst möglichst erst der Partie geben. In der Holstein-Kabine.

Sebastian Wolff

Dreht Kiel wieder am Glücksrad?

Tabellarisch eine klare Sache ist das Duell zwischen dem zweitplatzierten Aufstiegsanwärter Holstein Kiel und Schlusslicht VfL Osnabrück. Ein Selbstläufer aber gleichwohl nicht, meint KSV-Coach Marcel Rapp.

Gewohntes Bild: Kiel jubelt, wie hier beim jüngsten Sieg in Nürnberg.

Gewohntes Bild: Kiel jubelt, wie hier beim jüngsten Sieg in Nürnberg.

IMAGO/Zink

Man sollte “schnell vom Tabellenplatz wegkommen”, warnte Rapp vor der vermeintlich klaren Rollenverteilung beim ausverkauften Heimspiel des aktuellen Tabellenzweiten gegen die Niedersachsen – man müsse sich nur einmal die letzten Ergebnisse der Osnabrücker ansehen (2:0 gegen Fürth, 1:0 bei Wehen Wiesbaden, Anm. d. Red.). Der 44-Jährige bleibt geerdet, daran hat auch seine Zufriedenheit am jüngsten Auftritt in Nürnberg (4:0) nichts geändert. Eine gute Leistung habe er gesehen und dies auch dem Team kommuniziert, euphorisch sei man deswegen nicht: “Wir schweben dennoch nicht auf einer Wolke.”

Wir haben Lust auf die Geschichte.

Marcel Rapp

Rapp hält es wie immer mit einer “seriösen Vorbereitung”, auch wenn die Erfolgsstory Veränderungen mit sich bringt: Dem Training wohnten viele Zaungäste bei – den gebürtigen Pforzheimer freut’s: “Das sind mehr als sonst, die Leute haben Bock auf uns.” Ob er denn auf der Zielgeraden eine veränderte Anspannung spüre? “Nö”, antwortete der Coach kurz und knapp. Und: “Wir haben Lust auf die Geschichte.”

Die “Geschichte”, damit ist wohl der Aufstieg gemeint. Zunächst aber das nächste Spiel, bei dem man “als Holstein Kiel, egal ob als Zweiter, Fünfter oder Zwölfter – bei allem Respekt vor Osnabrück – mit dem Anspruch in ein Heimspiel gegen den VfL” gehe, um drei Punkte zu holen. “Aber allein den Anspruch zu haben, bringt nichts, man muss es auf dem Platz beweisen und wissen, was wir dafür investieren müssen”, betont Rapp gleichzeitig und erwartet ein “ähnliches Spiel wie gegen Rostock”, in dem man mehr den Ball haben werde.

Die Störche bewiesen mit vier Siegen und 9:0 Toren in den letzten vier Spielen Stabilität wie Effizienz. Auch eine Essenz aus den Trainingseinheiten und Abfolgen: “Die Jungs wissen schon, was zu tun ist. Die Spielvorbereitung dauert nicht mehr so lange, einige Abläufe sind schon klar.” Dennoch bleibt Rapp akribisch, denn es gebe es immer wieder Details zu wiederholen und zu verbessern.

Kabinenparty mit Glücksrad

Die Zielsetzung ist also klar, der fünfte Sieg in Folge und gerne auch erneut ohne Gegentor darf es sein. Was sich, wie ein Spieler verraten habe, positiv auf die Kabinenparty auswirken könne. Rapp grinste und erklärte, dass man vor der Saison eingeführt habe, sollte man zu null spielen, sich ein Glücksrad drehe. Dabei gebe es verschiedene Kategorien, die auch immer wieder aufgepeppt würden. “Die Jungs haben Bock drauf, da sind schon viele gute Bilder entstanden”, verriet der Trainer. “Hoffen wir, dass sich das Glücksrad noch ein paar Mal dreht bis zum Rundenende.”

Dann endet die Geschichte wohl tatsächlich mit dem Aufstieg.

Kiels Rapp: “Es gibt Regeln und daran muss man sich halten”

Der Kieler Ausflug nach Nürnberg wurde zum unerwartet leichten Spaziergang, was an einem frühen Platzverweis lag.

Der Kieler Coach Marcel Rapp feierte mit dem Team in der Gästekurve den Erfolg in Nürnberg.

Der Kieler Coach Marcel Rapp feierte mit dem Team in der Gästekurve den Erfolg in Nürnberg.

IMAGO/Lobeca

Die Geschichte der Partie zwischen Nürnberg und Holstein Kiel ist schnell erzählt. In der fünften Minute kam Joseph Hungbo zu spät gegen Lewis Holtby. Das gleiche Szenario mit den beiden Spielern wiederholte sich in der zwölften Minute. Referee Richard Hempel zeigte beide Male die Gelbe Karte und das Topteam aus dem Norden war fortan in Überzahl. Bereits nach 45 Minuten lagen die Gäste mit 3:0 in Führung und die Partie (Endstand 4:0) war entschieden.

In der Pressekonferenz nach dem Spiel wurden die Trainer zu der entscheidenden Szene gefragt. Kiels Coach Marcel Rapp hält da wenig vom sogenannten “Fingerspitzengefühl. Wo fängt man an und wo hört man auf?”, fragte er in die Journalistenrunde zur vertretbaren Ampelkarte. “Es gibt Regeln und daran muss man sich halten.” Da sei es dann egal, welche Minute der Partie gerade laufe.

Holtby lobt die Team-Chemie

Saison 2023/24

So geht der Höhenflug der Störche weiter und die Euphorie wächst entsprechend. “Wir müssen jetzt beharrlich bleiben und uns weiterhin alles selbst erarbeiten”, kommentierte Holtby auf der Website des Klubs den souveränen Auftritt. “Dass wir zum vierten Mal in Folge zu Null gespielt haben, ist top. Zudem hat man auch heute wieder gesehen, welche Qualität dann auch noch von der Bank ins Spiel kommt. Wir haben eine gefestigte Mannschaft, in der eine tolle Team-Chemie herrscht und jeder für den anderen läuft.”

Auch Alexander Bernhardsson hebt den speziellen Spirit heraus: “Es ist ein großartiges Gefühl, dass jeder für jeden kämpft.” Die Kieler haben den Aufstieg jedenfalls selbst in der Hand, stehen doch in den nächsten Wochen noch Duelle gegen die direkten Konkurrenten und Verfolger HSV und Düsseldorf an. Doch zunächst geht es kommenden Samstag gegen Schlusslicht Osnabrück.

Holtby macht es “à la Özil” – und “bleibt demütig”

Die Anzeichen verhärten sich, dass erstmals eine Mannschaft aus Schleswig-Holstein in der Saison 2024/25 in der Bundesliga aufschlagen wird. Doch davon wollen die Störche auch nach dem nächsten souveränen Dreier noch nichts hören.

Deckel drauf: Lewis Holtby (Mi.) erzielte gegen Rostock das 2:0.

Deckel drauf: Lewis Holtby (Mi.) erzielte gegen Rostock das 2:0.

Getty Images

“Jedes Spiel ist ein Genuss im Moment”, stellte Lewis Holtby, der am Ende gegen Rostock mit der Binde auflaufen durfte, nach dem 2:0-Sieg gegen die Kogge bei Sky fest. Auch nach der Länderspielpause und ohne den erkrankten Patrick Erras und Colin Kleine-Bekel, der im Saisonendspurt mit einem Kreuzbandriss fehlen wird, überzeugte die neu-formierte Dreierkette der Störche und blieb im dritten Spiel in Serie ohne Gegentreffer.

“Mit der Mannschaft zu fighten, das freut mich am meisten”, so Holtby, der dabei sinnbildlich den indirekten Freistoß der Rostocker nannte. In den Freistoß von der Fünfmeterlinie schmissen sich die Störche im Verbund erfolgreich. “Das ist geil!”, so Holtby.

Topscorer Holtby mit seinem besonderen Moment

Der 33-Jährige, der in seiner langen und intensiven Profikarriere noch nie aufsteigen konnte, ging gegen harmlose Hanseaten voran und erzielte im zweiten Abschnitt auch noch seinen vierten Saisontreffer, wodurch er nun mit elf Torbeteiligungen die Scorerliste des Tabellenzweiten anführt. Das 2:0, es war ein besonderes Tor für Holtby: “Ich zittere, weil der auf meinen Rechten kommt – und dann mache ich den à la Özil irgendwie mit so einem Dropschuss”, beschreibt Holtby die Szene. Im Anschluss gedachte der Mittelfeldmann seiner Tochter und seinem am vergangenen Freitag verstorbenen Großvater.

Der Treffer raubte Rostock früh jegliche Hoffnung und da Kiel einmal mehr besonders abgeklärt blieb, festigten sie den zweiten Rang. Noch nie gab eine Mannschaft seit Einführung der Drei-Punkte-Regel einen solchen Vorsprung zu diesem Zeitpunkt her – sieben Spiele fehlen noch, dann heißt der erste Bundesligist aus Schleswig-Holstein Holstein Kiel.

Holtby demütig: “Müssen den Mund halten und dann schauen wir mal”

Davon will Holtby aber noch nichts wissen. “Wir müssen weiter hart arbeiten und demütig bleiben. Es sind noch sieben schwere Spiele. Wir müssen den Mund halten und dann schauen wir mal im Mai, ob wir hier was zu feiern haben.”

Den Anfang des Saisonfinals macht in der kommenden Woche die Begegnung mit Nürnberg, dann folgt Schlusslicht Osnabrück – und am 30. Spieltag gastiert die KSV Holstein dann im Spitzenspiel beim Hamburger SV.