Gosens’ Tränen: “Einer der schlimmsten Tage meines Lebens”

Dass er bei der EM nur Zuschauer ist, hat Robin Gosens “alles unter den Füßen weggerissen”. In einer Doku spricht der Union-Profi offen über Julian Nagelsmanns Worte, seine Tränen – und eine SMS von Sandro Wagner.

Stand zuletzt im Oktober bei der USA-Reise im Kader der deutschen Nationalmannschaft: Robin Gosens.

Stand zuletzt im Oktober bei der USA-Reise im Kader der deutschen Nationalmannschaft: Robin Gosens.

IMAGO/Matthias Koch

Als die Bundesliga-Saison vorbei war, musste Robin Gosens (29) erst einmal weg aus Berlin, aber nicht nach Dubai, Ibiza oder in die USA, sondern nach Emmerich, seinen Geburtsort am Rhein. Obwohl er im letzten Moment mit Union den Klassenerhalt geschafft hatte, ging es ihm darum, sich “ein bisschen bei Mama und Papa auszuheulen”: Kurz vor dem 34. Spieltag hatte Gosens die Nachricht erhalten, dass er nicht für die Heim-EM nominiert wird.

“Nagelsmann sagte: Die Saison bei Union fliegt dir leider um die Ohren”

“Es hat sich absolut scheiße angefühlt”, berichtet der 20-malige Nationalspieler in der ZDF-Doku “Heimvorteil” von Julian Nagelsmanns Anruf am 14. Mai. “Ich war gerade auf dem Weg zum Training nach der Köln-Niederlage, die ultrabitter war (2:3, Anm. d. Red.), und hatte sowieso schon übelst schlechte Laune. Er meinte: ‘Robin, tut mir unfassbar leid, aber ich kann dich nicht mitnehmen. Glaub mir, es ist mir nicht leichtgefallen, ich schätze dich als Typ total und glaube auch, dass du der Mannschaft helfen kannst, aber die Saison bei Union fliegt dir leider um die Ohren.'”

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Als beide aufgelegt hatten, flossen erst mal Tränen. “Ich habe für mich selber geweint, dann sofort meine Frau angerufen und gesagt: ‘Hey Schatz, ich habe es leider nicht geschafft.’ Dann haben wir noch zwei Minuten zusammen am Telefon geweint”, sagt Gosens in dem Interview, das sechs Tage später geführt wurde. “Du kannst dich auf so einen Moment nicht vorbereiten. Wenn du alles dem unterordnest, wenn das ein absoluter Kindheitstraum ist, der sich da mal eben in Luft auflöst. Diese Gewissheit zu haben – das reißt dir alles unter den Füßen weg.”

“Ich sortiere mich im Sommer neu”

Und das wenige Tage vor dem entscheidenden Saisonspiel mit Union. “Ich wusste, der Verein kann darauf jetzt keine Rücksicht nehmen, er hat gerade ganz andere Probleme. Der braucht aber gerade einen Robin Gosens als Führungsspieler, der positiv vorangeht und das richtige Mindset hat. Gleichzeitig war das einer der schlimmsten Tage meines Lebens, weil gerade alles zusammengebrochen ist”, beschreibt er diesen inneren Konflikt. “Deswegen bin ich einfach nur heilfroh, dass zumindest die Saison für den Verein und dementsprechend auch für mich mit einem Happy End zu Ende gegangen ist.”

Und die “komplette Leere”, die er nach Nagelsmanns Anruf gespürt hatte, das Gefühl, “ich will mit dem ganzen Scheiß nichts mehr zu tun haben”, hatte schon am nächsten Tag sein Kämpferherz geweckt, als ihn Nagelsmanns Assistent kontaktierte. “Sandro Wagner hat mir geschrieben: ‘Hey, tut mir leid, dass du nicht dabei bist.’ Dann habe ich ihm zurückgeschrieben, und das meinte ich auch aus voller Überzeugung: ‘Ist zwar gerade richtig scheiße, aber ich sortiere mich im Sommer, und glaub mir eins: Dann greife ich wieder voll an.”

Ob er dann noch Union-Profi ist, steht trotz eines Vertrags bis 2028 in den Sternen. Erst einmal hat sich Gosens, der bei der EM 2021 aufgetrumpft, die WM 2022 aber verpasst hatte, bei aller Enttäuschung vorgenommen, die Spiele bei der Heim-EM zu schauen. “Ich werde am 14. Juni wahrscheinlich im Stadion oder vor dem Fernseher sitzen und die Jungs nach vorne peitschen.”