Gosens: “Da müssen wir hart mit uns ins Gericht gehen”

Der 1. FC Union Berlin hat nicht nur gegen Bayern München verloren, sondern eine herbe 1:5-Klatsche kassiert. Vor den entscheidenden Duellen im Keller nimmt Robin Gosens das Team und sich in die Pflicht.

Unions Robin Gosens (l.) nimmt sich vor den

Unions Robin Gosens (l.) nimmt sich vor den “Wochen der Wahrheit” selbst in die Pflicht.

IMAGO/Contrast

Natürlich ist sich auch Gosens bewusst, dass ein Sieg gegen den FC Bayern alles andere als eine Pflicht für Union Berlin ist. “Wir wussten, dass das Spiel gegen Bayern ein Bonuspunkt oder vielleicht drei Bonuspunkte sein können”, sagte der linke Schienenspieler nach dem 1:5 am Mikrofon von Sky.

Ausgerechnet haben sich die Eisernen dennoch etwas, immerhin war der Deutsche Rekordmeister unter der Woche erfolgreich in der Champions League unterwegs (1:0 gegen Arsenal; d.Red). Doch die Hoffnung, dass deshalb den Bayern die “Körner fehlen”, erfüllte sich nicht. Dabei sah Gosens trotz des 0:2-Pausenstands eine brauchbare erste Hälfte der Berliner: “Sie war vom Engagement gut von uns, wir sind gut reingestartet und haben Nadelstiche gesetzt”, sagte der 29-Jährige.

Und in der Halbzeit haben die Eisernen an den Auftritt der Bayern beim 1. FC Heidenheim erinnert. Auch vor zwei Wochen führte der FCB nach einem starken ersten Durchgang mit 2:0, musste sich auf der Alb aber noch mit 2:3 geschlagen geben. “Wenn du ein frühes Tor machst, kann hier noch einmal was gehen”, sprachen sich Gosens & Co. in der Kabine Mut zu. Und tatsächlich fiel in Hälfte zwei ein frühes Tor – allerdings für den FC Bayern, der damit für eine Vorentscheidung sorgte. “Da hat mir die Reaktion der Mannschaft gar nicht gefallen” kritisierte Gosens. “Da sind wir ein bisschen zerfallen, das ist auch nicht union-like.”

Durch die dritte Niederlage in Folge steckt Union Berlin wieder mittendrin im Abstiegskampf. “Wir brauchen mindestens noch vier Punkte”, rechnete Gosens vor. Und diese sollen in den kommenden drei Wochen eingefahren werden: Denn nacheinander stehen Union Berlin bei Borussia Mönchengladbach (28. April), gegen den VfL Bochum (5. Mai) und beim 1. FC Köln (11. Mai) drei Duelle gegen direkten Konkurrenten bevor. “Jetzt kommen genau die Spiele, wo wir was holen müssen”, forderte Gosens. Allerdings nicht mit einer Leistung wie gegen die Bayern. “Da müssen wir hart mit uns ins Gericht gehen. Denn sonst werden wir nächste Woche in Gladbach wahrscheinlich auch nichts holen.”

Gosens zur Nationalmannschaft: “Ich habe das mit meinen eigenen Leistungen in der eigenen Hand

Dabei sei jeder gefordert so Gosens und nahm sich selbst davon nicht aus. “Ich nehme mich selbst in die Pflicht, nehme Kritik an”, gestand Gosens. Denn eine eigene bessere Leistung soll nicht nur die noch notwendigen Punkte für den Klassenerhalt Unions bringen, sondern auch Gosens noch das Ticket für die Heim-EM. Seinen letzten Nationalelf-Einsatz hatte Gosens im vergangenen Herbst bei der USA-Reise, anschließend wurde er von Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht mehr berücksichtigt. “Ich habe das mit meinen eigenen Leistungen in der eigenen Hand”, sagte Gosens. “Solange die Tür noch nicht zu 100 Prozent zu ist, werde ich jeden Tag 110 Prozent geben, um noch auf den Zug aufzuspringen. “Und die Tür ist meiner Meinung nach noch nicht zu.”

Bjelica über Gosens: “Er weiß ganz genau, dass er einen Fehler gemacht hat”

Union Berlin muss in Augsburg auf Robin Gosens verzichten. Der Linksverteidiger entschuldigte sich bei den Fans.

Robin Gosens verlässt nach seinem Platzverweis das Feld.

Robin Gosens verlässt nach seinem Platzverweis das Feld.

IMAGO/Matthias Koch

Bei Instagram postete Robin Gosens unmittelbar nach dem Schlusspfiff eine Story, in der er sich bei den Fans entschuldigte und betonte, dass die Niederlage auf seine Kappe gehen würde. Der Linksverteidiger hatte sich mit einem törichten und zugleich unnötigen Foul kurz vor der Grundlinie zurecht einen Platzverweis abgeholt. Es war der große Knackpunkt im Spiel gegen den Tabellenführer Leverkusen.

Spielbericht

“Es war ein verdienter Platzverweis. Was soll ich zu einem Spieler sagen, der 29 Jahre alt ist und letztes Jahr im Finale der Champions League stand?”, meinte Trainer Nenad Bjelica, der ihm jedoch gleichzeitig die volle Rückendeckung zusicherte. “Er weiß ganz genau, dass er einen Fehler gemacht hat. Aber natürlich kriegt er die volle Unterstützung von uns.”

So mussten die Berliner mehr als eine Halbzeit lang in Unterzahl agieren. Aber von einer totalen Unterlegenheit war nach dem Seitenwechsel nichts zu sehen. Viel mehr berappelten sich die zuvor harmlosen Köpenicker und stemmten sich mit allen Kräften dagegen. “In der ersten Halbzeit waren die eroberten Bälle zu schnell weg, wir haben dann hinterher mutiger Fußball gespielt”, befand Kapitän Christopher Trimmel.

Die ganze Wahrheit ist aber eben auch, dass sich die Mannschaft von Bjelica trotzdem keine einzige nennenswerte Torchance erspielen konnte. Bis zum Sechzehner sah das teilweise ganz ordentlich aus, aber dann fehlte einmal mehr die letzte Durchschlagskraft. So war der Sieg der Leverkusener eigentlich nie in Gefahr. “Wir müssen uns mit anderen Gegnern messen, wo wir mehr Chancen haben, Punkte zu sammeln”, erklärte Trimmel. Dafür müssen aber mal wieder Tore her. In den zurückliegenden fünf Partien gelangen den Eisernen lediglich zwei Treffer.

Ein paar Zähler müssen die Berliner auch noch einheimsen, da die Kellerkinder ein Lebenszeichen gesendet haben. Sowohl Köln als auch Mainz haben am Wochenende gewonnen. Der Vorsprung auf die Abstiegsränge ist geschrumpft. “Es wird enger. Aber das wirft uns jetzt nicht zurück. Es war auch viel Positives zu sehen.” Genau das muss dann jetzt mitgenommen werden in das nächste Spiel – am Freitag gastieren die Hauptstädter beim FC Augsburg. Nur dann eben ohne Gosens.

Jannis Klimburg

DFB-Formcheck: Raum bedrängt Mittelstädt – Hummels lässt nicht locker

Noch 73 Tage bis zum EM-Auftakt der DFB-Elf. Der kicker wertet die Leistungen der 44 EM-Kandidaten im Monat März aus.

Nicht-berücksichtige EM-Kandidaten und ein neuer Platzhirsch: Robert Andrich (li.), Mats Hummels (Mi.) und David Raum.

Nicht-berücksichtige EM-Kandidaten und ein neuer Platzhirsch: Robert Andrich (li.), Mats Hummels (Mi.) und David Raum.

imago images/Grafik: kicker

Die heiße Phase vor der Heim-EM 2024 ist angebrochen. Der kicker hat eine Liste von 44 Profis zusammengestellt, die für Bundestrainer Julian Nagelsmann in Frage kommen dürften.

Unmittelbar vor den Länderspielen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) hatte der kicker die EM-Kandidaten einem Formcheck der bisherigen Jahresleistung unterzogen. Nun wird die Performance im Monat März inklusive den beiden jüngsten DFB-Spielen sowie den am letzten März-Wochenende stattfindenden Liga-Spieltagen unter die Lupe genommen.

Aufgeteilt nach den sieben taktischen Positionen der kicker-Rangliste checkt der kicker Monat für Monat seit Jahresbeginn die jeweils aktuelle Form der EM-Kandidaten. Grün signalisiert “voll in EM-Form”, Rot steht für “aktuell nicht in EM-Form” (möglicherweise auch aus Verletzungsgründen) und Gelb bedeutet “EM-Kandidat, darf aber nicht nachlassen”.

Ter Stegens Bilanz beeindruckt trotz einiger Wackler

Nach der verletzungsbedingten Absage von Manuel Neuer stand Marc-André ter Stegen bei beiden Länderspielen im März im Tor und hielt gegen Frankreich seinen Kasten sauber, gegen die Niederländer hatte er er paar kleinere Wackler. Insgesamt kassierte er im März mit Verein und Nationalelf in sieben Spielen lediglich zwei Gegentore, in fünf Partien spielte er zu Null. In der Liga blieb er sogar den kompletten Monat unbezwungen, musste dort zuletzt am 17. Februar hinter sich greifen.

Rüdiger und Tah spielen sich ein – Hummels setzt ein Zeichen

Während Antonio Rüdiger und Jonathan Tah im DFB-Trikot 180 Minuten Seite an Seite verteidigten, konnte bzw. musste ein Dortmunder Trio im Verein trainieren. Ein Ausrufezeichen nach der Länderspielpause setzten nun Nico Schlotterbeck und Mats Hummels, die in München ein Bollwerk bildeten. An Schlotterbeck (Note 1,5) und Hummels (Note 1) prallte in der Allianz-Arena fast alles ab, der 35-jährige Routinier wurde vom kicker gar zum Spieler des Spieltags gekürt, erst zum dritten Mal in seiner Bundesliga-Karriere (zuvor am 6. Spieltag 2020/21 und am 24. Spieltag 2010/11).

Mittelstädt brilliert, doch Raum sitzt ihm im Nacken

In den beiden März-Länderspielen hieß das Außenverteidiger-Duo jeweils Kimmich/Mittelstädt. Der Stuttgarter Mittelstädt debütierte gegen die Franzosen und stand auch gegen die Niederlande im Fokus. Zunächst spielte er einen Fehlpass, der zum 0:1 führte. Sieben Minuten später hatte er selbst per Distanzschuss den Ausgleich besorgt. Ihm dicht im Nacken sitzt David Raum, der eine starke Form im Verein hat. Drei Scorerpunkte und drei Berufungen in die Elf des Tages im März belegen dies.

Chef Kroos – Andrich nimmt den Schwung mit

Das Comeback von Toni Kroos war das Thema der März-Länderspiele, er war sofort der Chef auf dem Platz und in beiden Partien notenbester DFB-Akteur. Neben dem nun 108-maligen Nationalspieler etablierte sich Robert Andrich als Partner auf der Doppelsechs. In der Liga kam er zwar im März zweimal nur von der Bank, war aber bei Bayer maßgeblich dafür verantwortlich, dass Leverkusen weiter unbesiegt blieb. Im Europa-League-Spiel bei Qarabag Agdam bereitete er in der Nachspielzeit den 2:2-Ausgleich vor, in der Liga erzielte der den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich gegen Hoffenheim am vergangenen Wochenende sogar selbst.

Musiala toppt Wirtz – und Brandt hält mit

Die Zauberer Wirtz und Musiala halten ihre Topform der vergangenen Wochen und zeigten auch gegen die Top-Nationen Frankreich und Niederlande überzeugende Leistungen. Wirtz traf im März viermal, damit kann unter allen im Formcheck untersuchten Spielern sonst nur Musiala mithalten. Der Bayern-Spieler ist auch bei den Assists die Nummer 1. Fünf Torvorlagen hat im März sonst nur noch Dortmunds Julian Brandt vorzuweisen, der bei den vergangenen Länderspielen nicht berücksichtigt wurde.

Adeyemi meldet sich zurück

Dreimal stand Karim Adeyemi im Monat März in der Dortmunder Startelf, dreimal trug er sich in die Torschützenliste ein. Bei den beiden 2:0-Siegen in Berlin und München erzielte er das jeweilige 1:0, beim 3:1-Sieg gegen Frankfurt sorgte er nach Rückstand für den wichtigen 1:1-Ausgleichstreffer. Damit schoss der BVB-Flügelspieler im März genauso viele Tore wie die drei anderen Kandidaten zusammen: Gnabry kommt auf zwei, Führich auf eines, Sané blieb torlos, sammelte aber immerhin einen Assist.

Undav beflügelt – Füllkrug trifft immerhin beim DFB

Im Verein blieb Niclas Füllkrug seit dem 17. Februar torlos. Für Deutschland sorgte er mit seinem Schultertor gegen die Niederlande für Euphorie und sicherte als Einwechselspieler den Sieg gegen Oranje. Sein Debüt für den DFB gab Stuttgarts Deniz Undav, der den Schwung der Nominierung mitnahm und in den beiden Ligaspielen nach Bekanntgabe des Länderspielkaders jeweils zwei Scorerpunkte einfuhr.

Christoph Huber

Gosens zur Nicht-Nominierung: “Ein bisschen überrascht”

Julian Nagelsmann hatte den Kader der Nationalmannschaft zuletzt radikal umgebaut. Ein prominentes Opfer war Robin Gosens, der nicht wirklich mit seiner Nicht-Nominierung gerechnet hatte.

Hat mit Union Berlin schwere Monate hinter sich: Robin Gosens.

Hat mit Union Berlin schwere Monate hinter sich: Robin Gosens.

IMAGO/Beautiful Sports

Dass er für die Länderspiele in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) nicht von Bundestrainer Julian Nagelsmann berücksichtigt worden war, habe ihn “schon ein bisschen überrascht”, gab der 29-Jährige im Aktuellen Sportstudio zu und verwies auf seine Nominierung im vergangenen Oktober. Zudem wäre er auch im November dabei gewesen, dort habe er aber aus persönlichen Gründen abgesagt. Gosens, der mittlerweile 20 Länderspiele hat, war nochmals Vater geworden.

“Ich fühle mich nicht meilenweit von der Nationalmannschaft entfernt”

Deshalb sei er auch der Meinung gewesen, “dass man Teil der Nationalmannschaft ist”, sagte Gosens und verwies auch auf seine Performance bei Union: “Ich glaube auch, dass meine Leistungen gepasst haben.” Der linke Außenverteidiger gehört bei den Berlinern, die eine schwierige Saison spielen, noch zu den besten Spielern und ist mit seinen sechs Treffern obendrein bester Torschütze im Team.

“Solange die Tür nicht zu ist, kann man noch durchgehen”, gibt sich der 29-Jährige kämpferisch für den Endspurt. Die Nicht-Nominierung habe er abgehakt, “es gibt noch einige Spiele, wo ich viel beweisen kann. Und das werde ich machen. Ich fühle mich nicht meilenweit von der Nationalmannschaft entfernt.”

Nagelsmann: “Es ist schwerer, wenn du nicht dabei bist”

Julian Nagelsmann hält die Türe im Gespräch mit dem ZDF jedenfalls noch offen. “Ich habe mit ihm gesprochen, dass der Zug nicht abgefahren ist”, so der Bundestrainer, schränkt aber auch ein: “Es ist schwerer, wenn du nicht dabei bist.”

Nach den erfolgreichen Spielen weiß sich Nagelsmann in seinem Kurs schließlich bestätigt und hat angekündigt, dass der EM-Kader der jüngsten Auswahl gleichen wird und nicht mehr viele Veränderungen zu erwarten sind. In Bezug auf Gosens unterstrich Nagelsmann, dass Stuttgarts Maximilian Mittelstädt seine Sache auf der rechten Seite eben auch “sehr, sehr gut gemacht” hat. Daneben war noch Leipzigs David Raum für die linke Seite im Kader.

Gosens sei “ein Spieler mit großem Charakter und Herzen”, lobte der DFB-Coach noch, “ein Spieler, der für den Klub und das Land immer alles gibt. Da ist weiter die Türe offen.” Auch wenn es womöglich nur noch einen Spalt weit ist.

DFB-Formcheck: Musiala mit Top-Werten – Füllkrug & Co. schwächeln

Noch 84 Tage bis zum EM-Auftakt der DFB-Elf. Vor den Länderspielen im März wertet der kicker die Leistungen der 48 EM-Kandidaten im Kalenderjahr 2024 aus.

Im Fokus, aber nicht immer nominiert: Maximilian Mittelstädt, Jamal Musiala und Niklas Süle.

Im Fokus, aber nicht immer nominiert: Maximilian Mittelstädt, Jamal Musiala und Niklas Süle.

imago images (3), Grafik: kicker

Die heiße Phase vor der Heim-EM 2024 ist angebrochen. Der kicker hat nach den Nominierungen von Julian Nagelsmann vor den März-Länderspielen eine aktualisierte Liste von 48 Profis zusammengestellt, die für den Bundestrainer mit Perspektive Europameisterschaft in Frage kommen dürften.

Wie lief es im Jahr 2024 bei den 48 EM-Kandidaten?

Aufgeteilt nach den sieben taktischen Positionen der kicker-Rangliste checkt der kicker die bisherige Form der EM-Kandidaten im Kalenderjahr 2024. Grün signalisiert “voll in EM-Form”, Rot steht für “aktuell nicht in EM-Form” (möglicherweise auch aus Verletzungsgründen) und Gelb bedeutet “EM-Kandidat, darf aber nicht nachlassen”.

Neuer ist zurück und glänzt – Keiner pariert wie Leno

Ex-Kapitän Manuel Neuer wurde erstmals seit dem WM-Aus 2022 wieder fürs DFB-Aufgebot nominiert, musste aber verletzt wieder abreisen. Nach der Winterpause zeigte Bayerns Nummer 1 starke Leistungen und erhielt in seinen 13 benoteten Spielen 2024 nie eine schlechtere Note als die 3,5. Bernd Leno überzeugt in diesem Jahr beim FC Fulham. Unter allen Stammkeepern in der Premier League hat seit Anfang Januar kein Keeper eine bessere Paradenquote als der 32-Jährige. Gleiches gilt übrigens für Marc-Andre ter Stegen in La Liga.

Anton, der Höhenflieger – Süle verdrängt und außen vor

Mit Hummels, Schlotterbeck und Süle stehen gleich drei Dortmunder Innenverteidiger im erweiterten Kreis, keiner aus diesem Trio schaffte es ins aktuelle Aufgebot. Süle musste beim BVB zuletzt sogar auf die Rechtsverteidiger-Position ausweichen und enttäuschte dort selbst beim 2:0-Sieg in der Champions League gegen Eindhoven. Verdrängt wurden die drei Borussen u.a. von Rückkehrer Robin Koch, der vor allem von seiner Zweikampfstärke profitiert sowie von Debütant Waldemar Anton, der maßgeblich an Stuttgarts Höhenflug beteiligt ist.

Was für ein Lob für Neuling Mittelstädt

Viel Bewegung gab es auf der defensiven Außenbahn. Nagelsmann zauberte mit Heidenheims Jan-Niklas Beste und Stuttgarts Maximilian Mittelstädt zwei Neulinge aus dem Hut. Mittelstädt adelte der Bundestrainer sogar aktuell als einen der Top-Linksverteidiger weltweit. Auch Beste überzeugte in dieser Saison, wenngleich vorrangig auf der offensiven Außenbahn beim FCH. Zwölf Standards von Beste (acht Ecken, vier Freistöße) führten in der Liga zu Toren für den Aufsteiger, auch ein Grund für die Nominierung des 30-maligen U-Nationalspielers. Zum Debüt wird es nun allerdings nicht kommen, Beste verließ wie Neuer mit einer Adduktorenverletzung das DFB-Team vorzeitig.

Licht und Schatten beim nicht nominierten Goretzka

Zu seiner ersten Nominierung kam auch der formstarke Münchner Aleksandar Pavlovic, der aber wegen eines Infekts absagen musste. Schwankende Leistungen dagegen zeigte der Partner auf Münchens Doppelsechs Leon Goretzka. Neben überzeugenden Auftritten wie gegen Mainz (kicker-Note 1 mit zwei Toren und zwei Assists) waren in den letzten Wochen auch schwache Partien wie in der Liga in Leverkusen und Bochum (jeweils Note 5), in Freiburg oder in Champions League bei Lazio (jeweils 4,5).

Havertz trifft in Serie – Musiala mit zwei Top-Werten

Die meisten Scorerpunkte aller 48 berücksichtigten Spieler hat in diesem Jahr Jamal Musiala. Neben vier Assists traf der 21-Jährige siebenmal selbst – auch das ist alleiniger Topwert unter allen EM-Kandidaten. Alleine in seinen letzten fünf Bundesligapartien war Musiala an neun Treffern direkt beteiligt. Kai Havertz schaffte zuletzt auch ein Novum und traf erstmals in seiner Karriere in vier Premier-League-Spielen in Serie.

Führich unangefochten – Gnabry fehlt noch was

Leroy Sané fehlt wegen seiner Rotsperre beim März-Lehrgang der Nationalelf. Sein Teamkollege Serge Gnabry meldete sich in der Liga nach langer Verletzungspause zuletzt mit zwei Jokertoren hintereinander zurück, zu einem Comeback im DFB-Trikot war es jedoch noch zu früh. So bleibt Stuttgarts Chris Führich weiter der offensive Außen mit der besten Form.

Ausnahme Hack: Nagelsmann beruft alle, die treffen

Die besten deutschen Torschützen im Jahr 2024 in der Bundesliga sind alle fürs Nationalteam nominiert. Hinter Mittelfeldspieler Musiala rangieren dort Niclas Füllkrug und Maximilian Beier (je sechs). Deniz Undav folgt mit fünf Treffern, genauso viele hat übrigens auch Gladbachs Robin Hack. Füllkrug traf zuletzt jedoch am 17. Februar, Undavs letzter eigener Torerfolgt stammt vom 11. Februar. So ist es durchaus auch denkbar, dass Kai Havertz im Sturmzentrum agieren könnte.

Christoph Huber

Zehn Geschichten: Darum lohnt sich ein Blick auf Inter vs. Juventus

Wenn sich Inter Mailand und Juventus Turin an diesem Mittwochabend (21 Uhr, LIVE! bei kicker) im Finale der Coppa Italia gegenüberstehen, dann steht neben dem Titel auch Prestige auf dem Spiel. Und dazu individuelle Dinge.

Jubeltraube: Verteidigt Juventus beim Klassiker gegen Inter den Titel in der Coppa Italia?

Jubeltraube: Verteidigt Juventus beim Klassiker gegen Inter den Titel in der Coppa Italia?

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1. Der Klassiker: Inter und Juventus sind die beiden erfolgreichsten italienischen Klubs der Geschichte – und folglich seit langer, langer Zeit Rivalen. Seit den 60er Jahren hat sich der heute bekannte Zusatz “Derby d’Italia” etabliert, zumal sich die Mailänder und Turiner insgesamt schon weit über 200-mal in Pflichtspielen duelliert haben. Allein in der Serie A sind es 178 Partien (85 Juve-Siege, 45 Remis, 48 Inter-Erfolge).

2. Titelsammler: Die Alte Dame hat gegenüber den Nerazzurri aber deutlich mehr Titel gewonnen. Sind es in der Serie A schon ganze 36 Scudetti (Inter hat 19), gibt es an diesem Abend die Chance der Coppa-Titelverteidigung – und damit die Chance auf Erfolg Nummer 15. Für die Mailänder stehen im Pokal bis dato “nur” sieben Triumphe zu Buche, damit liegt der Traditionsklub auf Rang drei hinter der Roma (9).

3. Die Dirigenten: Auch in Sachen Trainer haben die Turiner statistisch die Nase vorn. Massimiliano Allegri hat mit Juventus schon fünf Scudetti sowie vier Pokalsiege gesammelt und zweimal das Champions-League-Finale erreicht (gegen Barcelona und Real verloren). Für Gegenüber Simone Inzaghi, der vor dieser Saison als Nachfolger von Antonio Conte zu Inter gekommen ist, steht mit Ex-Klub Lazio dagegen ein Coppa-Sieg zu Buche (2018/19).

4. Fragezeichen: Die Juve-Mannschaft hat in dieser Spielzeit viele Täler durchlaufen müssen (schwacher Serie-A-Start, verfrühtes CL-Aus). Immerhin ist zuletzt die erneute Qualifikation für die Königsklasse – das absolute Mindestziel – gelungen. Allegri befindet sich mit seinem Team inmitten eines Umbruchs, der mit dem Abgang von Cristiano Ronaldo kurz nach Saisonstart endgültig begonnen hat. Der Trainer dazu: “Es ist doch klar, dass es schwierig war, als Ronaldo nur drei Tage vor Ende des Sommertransferfensters gegangen ist. Federico Chiesa haben wir dann auch noch verloren (Kreuzband; Anm. d. Red.). Wir haben uns vielen Problemen stellen müssen. Wir haben mit der Champions-League-Qualifikation aber ein wichtiges Ziel erreicht und versuchen nun einfach weiter, uns zu verbessern.”

5. Abschied I: Eines der Juve-Probleme ist auch wieder einmal Paulo Dybala (28) gewesen. Der 2015 aus Palermo gekommene Argentinier, über dessen fußballerische Qualitäten es keine Zweifel gibt (u.a. zehn Serie-A-Tore, fünf Vorlagen in dieser Saison), hat einmal mehr oft verletzt oder angeschlagen gefehlt. Das hat nach langen Diskussionen am Ende nicht zu einer Vertragsverlängerung geführt. So hat “La Joya” nach fünf errungenen Meisterschaften und vier Pokalsiegen mit diesem Coppa-Finale nur noch diese letzte Chance auf einen Titel mit Juve.


Paulo Dybala

Zwei Geschichten und eine Gewissheit: Der spielerisch starke und oft verletzte Paulo Dybala verlässt die Juve.

6. Offenes Ziel: Apropos! Wohin es Dybala in der neuen Saison ziehen wird, ist noch gänzlich offen. Einer der großen Interessenten soll aber Inter, also der heutige Gegner, sein. Sollte es wirklich dazu kommen, könnte der Argentinier seinem baldigen Arbeitgeber im Stadio Olimpico mit einer an diesem Abend starken Leistung gehörig in die Suppe spucken.

7. Abschied II: Gibt es darüber hinaus noch ein weiteres Juve-Ciao? Der seit 2004 für die Alte Dame auflaufende Giorgio Chiellini, der zuletzt schon sein Karriereende in der Nationalmannschaft offiziell gemacht hat, will sich in den nächsten Tagen äußern. Und es könnte laut italienischen Medien durchaus sein, dass der 37-jährige Routinier und Europameister von 2021 einen Schlussstrich unter seine erfolgreiche Juve-Zeit (u.a. neun Scudetti) ziehen wird.

8. Der DFB-Legionär: Auch aus deutscher Sicht lohnt sich ein Blick auf dieses Pokalfinale zwischen diesen beiden Giganten des italienischen Fußballs. Der im Winter von Atalanta Bergamo zum FC Internazionale gestoßene DFB-Nationalspieler Robin Gosens, der wegen einer Oberschenkelverletzung mit einem Handicap zum Team gekommen ist und seither Jokereinsätze ansammelt (sechs Serie-A-Einwechslungen), kann nun seinen ersten großen Titel seiner steilen Profikarriere eintüten.

9. Die Kampfansage: Nach zwischenzeitlich neun Meisterschaften in Serie hat Inter dem großen Konkurrenten aus Turin zuletzt den Rang abgelaufen. In der Serie A können die Nerazzurri einerseits nach dem Scudetto 2021 den Titel in diesem Jahr direkt verteidigen (Duell mit Milan) – und in der Coppa eben den Rivalen beim direkten Vergleich entthronen. Sportchef Beppe Marotta, früher viele Jahre für Juventus im Management tätig, führt dazu gegenüber “Sky Sport Italia” aus: “Die Spieler haben das Ziel klar vor Augen und sind besonders motiviert. Sie und wir wollen den Fans ein ganz besonders Geschenk mit einem Sieg über Juve machen.”

10. Die Stars: Auch ohne ein Fanherz für den italienischen Fußball lohnt ein Blick auf dieses Spiel an diesem Mittwochabend (21 Uhr, LIVE! bei kicker im Ticker und im Stream bei DAZN). Es treffen zwei taktisch hervorragend trainierte Mannschaften aufeinander, die sich seit vielen Jahrzehnten intensive Duelle liefern und auch in diesem Jahr reihenweise Top-Spieler auffahren. Während bei Inter etwa Akteure wie Milan Skriniar, Stefan de Vrij, Nicolo Barella, Hakan Calhanoglu, Lautaro Martinez oder Routinier Edin Dzeko auflaufen, schicken sich die Bianconeri etwa mit Alex Sandro, Juan Cuadrado, Top-Wintereinkauf Dusan Vlahovic und eben auch Paulo Dybala Richtung Titel an.