Gosens schlägt Alarm: “Wir werfen gerade alles weg”

Wieder nichts: Auch am Sonntag zur Mittagszeit gelang der AC Florenz kein Serie-A-Dreier. Vielmehr stand nach schwacher zweiter Hälfte eine verspielte Führung auf der Habenseite. Robin Gosens nahm das zum Anlass für fundierte Kritik.

Legt den Finger in die Wunde: Fiorentina-Profi Robin Gosens.

Legt den Finger in die Wunde: Fiorentina-Profi Robin Gosens.

IMAGO/ZUMA Press

Anfang Dezember war die Fußballwelt in der Toskana noch in Ordnung, sogar mehr als das. Der hiesige Traditionsklub aus Florenz hatte sich schließlich nach 14 Spieltagen mit 28 Punkten bei bis dato nur einer kassierten Niederlage mitten im Serie-A-Meisterschaftsrennen befunden.

Doch davon haben sich die Violetten inzwischen verabschiedet, nach dem verspielten 1:0 beim Heimspiel gegen den FC Turin (1:1 am Ende) stand vielmehr “nur” noch Platz 6 zu Buche. Verbunden mit der Gewissheit, dass die Verfolger aus Bologna der Fiorentina im Nacken sitzen (momentan punktgleich mit je 33 Zählern). Und dazu Milan mit neuem Trainer sowie die seit Wochen stabilisierte Roma um Mats Hummels Druck entfachen und nach oben stoßen wollen.

Alles zusammen genug Grund für Italien-Rückkehrer Robin Gosens, der seit seinem Union-Abschied Ende August für die AC aufläuft und die jüngsten Höhen als Stammspieler (19 Einsätze, zwei Tore) selbst mitgeprägt hat, mit sachlicher Kritik sich und das Team wachzurütteln.

“Die mentale Seite ist ein Schlüsselfaktor”

“Ganz klar … die Stimmung ist momentan nicht gut”, sagte Gosens kurz nach Spielschluss an diesem 21. Spieltag bei DAZN. Und ließ danach die Alarmglocken schrillen: “Wir versuchen, die aktuelle Phase zu verstehen, haben viel unter der Woche geredet und das Gefühl gehabt, uns bestmöglich vorbereitet zu haben. In der Tat haben wir dann auch eine gute Fiorentina in der ersten Hälfte gesehen (1:0-Führung durch Moise Kean inklusive; Anm. d. Red.).” Danach aber sei sein Team komplett blass geblieben, “wir sind verschwunden”.

Übrig blieb einmal mehr die Enttäuschung – verbunden mit der Gewissheit, nun schon seit sechs Ligaspielen (zwei Remis, vier Niederlagen) nicht mehr gewonnen zu haben. Die Viola, sie stolpert etwas unkontrolliert durchs italienische Oberhaus und droht dabei immer mehr, den Anschluss und zugleich immer mehr Ränge im Tableau zu verspielen.

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Deswegen legte Gosens den Finger gleich nochmals in die Wunde: “Es fühlt sich so an, als würden uns negative Momente aktuell zu sehr aus der Bahn werfen. Und das ist nicht okay.” Denn natürlich wollen die Toskaner die sportliche Krise abschütteln, wieder auf die Beine kommen. “Erst vor wenigen Wochen haben wir noch eine richtig starke Saison gespielt, jetzt aber werfen wir alles weg, was wir erreicht haben.”

Sein Lösungsansatz für die kommenden Wochen etwa mit dem Gastspiel bei Lazio Rom am nächsten Sonntag (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker): “Wir müssen zusammenhalten. Das klingt viel zu einfach und abgedroschen, aber wir müssen uns einfach jede Woche wieder als Team beweisen. Zusammen leiden, zusammen kompakt stehen, weil wir es nur zusammen da raus schaffen.” Und dabei aus Gosens’ Sicht irgendwie positiv denken. “Die mentale Seite ist ein Schlüsselfaktor.”

Matchwinner Maldini: Auch Schlusslicht Monza lässt Florenz stolpern

Die AC Florenz hat den Stecker gezogen bekommen – so auch an diesem Montagabend von Schlusslicht Monza. Der wochenlange Negativtrend hält an.

Hat nach langer Zeit mal wieder getroffen - und dann gleich zum wichtigen Sieg: Monzas Daniel Maldini.

Hat nach langer Zeit mal wieder getroffen – und dann gleich zum wichtigen Sieg: Monzas Daniel Maldini.

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Nach 14 absolvierten Partien in dieser Serie-A-Saison hatte manch ein Fiorentina-Fan sogar schon von der Meisterschaft geträumt – 31 Punkte bei nur einer Niederlage waren aber auch eine Ansage. Seither aber steckt der Wurm drin – und die Toskaner stolpern plötzlich unkontrolliert in Italiens Oberhaus.

So auch zum Abschluss des 20. Spieltags, als es bei Schlusslicht AC Monza ein nicht unverdientes 0:2 setzte. Es war bereits die vierte Niederlage aus den jüngsten fünf Ligaspielen sein – nur beim 2:2 bei Rekordmeister Juventus ergatterte man zumindest noch einen Punkt.

Maldinis Lieblingsgegner

Dabei hatten die favorisierten Violetten in Monza sogar ganz ordentlich begonnen – Chancen für Gudmundsson (5.) und Sottil (12.) inklusive. Ein Elfmeterpfiff nach Einsteigen von Pablo Mari gegen Sottil wurde den Gästen derweil vom VAR aberkannt, da war zu viel Show dabei (19.).

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Mit fortschreitender Zeit fanden sich aber auch die heimischen Lombarden gut zurecht – und sorgten nach einem knapp vorbeisausenden Distanzhammer von Bondo dafür, dass sich Fiorentina-Schlussmann de Gea echauffierte (24.): Der Routinier ärgerte sich über das Abwehrverhalten seiner Vorderleute.

Das erst recht in Minute 44, als Monza plötzlich in Führung lag: Nach Abschlussversuch von Daniel Maldini und zu kurzer Klärung von Florenz’ Comuzzo schoss der anrauschende Ciurria eiskalt ins linke untere Eck ein. Maldini hätte fast noch vor der Pause (45.+2) nachgelegt, vertagte das dann aber auch noch in den zweiten Abschnitt des Spiels.

Maldini trifft gern gegen Florenz

Hier nämlich taten sich die Gäste aus der Toskaner weiterhin schwer und fielen abgesehen von einem guten Distanzschuss von Gosens (60.) offensiv mit akuter Ideenarmut auf. Und so war es eben Maldini vorbehalten, das 2:0 zu machen: Eine saubere Flanke von Pedro Pereira nahm der Sohnemann von Paolo Maldini und Enkel des bereits verstorbenen Cesare Maldini direkt und ließ mit seinem Einschuss ins linke untere Eck de Gea keine Abwehrchance (63.).

Das war im Übrigen erst das zweite Saisontor des seit Januar 2024 für Monza auflaufenden Jung-Nationalspielers. Das erste glückte ihm kurioserweise ausgerechnet am 3. Spieltag beim 2:2 in Florenz.

Den erst zweiten Saisonsieg brachten die Biancorossi schließlich über die Zeit, fingen sich nur noch durch einen Elfmeter von Beltrani das 1:2 (74.) – und tankten insgesamt neues Selbstvertrauen im Abstiegskampf. Florenz dagegen stand abermals mit leeren Händen da und spürt so langsam den Druck der Verfolger (etwa Milan) im Nacken.

Zum Thema: Mio Maldini – Wie Vater und Sohn Weltklub Milan geprägt haben

Zehn Geschichten: Darum lohnt sich ein Blick auf Inter vs. Juventus

Wenn sich Inter Mailand und Juventus Turin an diesem Mittwochabend (21 Uhr, LIVE! bei kicker) im Finale der Coppa Italia gegenüberstehen, dann steht neben dem Titel auch Prestige auf dem Spiel. Und dazu individuelle Dinge.

Jubeltraube: Verteidigt Juventus beim Klassiker gegen Inter den Titel in der Coppa Italia?

Jubeltraube: Verteidigt Juventus beim Klassiker gegen Inter den Titel in der Coppa Italia?

picture alliance / AA

1. Der Klassiker: Inter und Juventus sind die beiden erfolgreichsten italienischen Klubs der Geschichte – und folglich seit langer, langer Zeit Rivalen. Seit den 60er Jahren hat sich der heute bekannte Zusatz “Derby d’Italia” etabliert, zumal sich die Mailänder und Turiner insgesamt schon weit über 200-mal in Pflichtspielen duelliert haben. Allein in der Serie A sind es 178 Partien (85 Juve-Siege, 45 Remis, 48 Inter-Erfolge).

2. Titelsammler: Die Alte Dame hat gegenüber den Nerazzurri aber deutlich mehr Titel gewonnen. Sind es in der Serie A schon ganze 36 Scudetti (Inter hat 19), gibt es an diesem Abend die Chance der Coppa-Titelverteidigung – und damit die Chance auf Erfolg Nummer 15. Für die Mailänder stehen im Pokal bis dato “nur” sieben Triumphe zu Buche, damit liegt der Traditionsklub auf Rang drei hinter der Roma (9).

3. Die Dirigenten: Auch in Sachen Trainer haben die Turiner statistisch die Nase vorn. Massimiliano Allegri hat mit Juventus schon fünf Scudetti sowie vier Pokalsiege gesammelt und zweimal das Champions-League-Finale erreicht (gegen Barcelona und Real verloren). Für Gegenüber Simone Inzaghi, der vor dieser Saison als Nachfolger von Antonio Conte zu Inter gekommen ist, steht mit Ex-Klub Lazio dagegen ein Coppa-Sieg zu Buche (2018/19).

4. Fragezeichen: Die Juve-Mannschaft hat in dieser Spielzeit viele Täler durchlaufen müssen (schwacher Serie-A-Start, verfrühtes CL-Aus). Immerhin ist zuletzt die erneute Qualifikation für die Königsklasse – das absolute Mindestziel – gelungen. Allegri befindet sich mit seinem Team inmitten eines Umbruchs, der mit dem Abgang von Cristiano Ronaldo kurz nach Saisonstart endgültig begonnen hat. Der Trainer dazu: “Es ist doch klar, dass es schwierig war, als Ronaldo nur drei Tage vor Ende des Sommertransferfensters gegangen ist. Federico Chiesa haben wir dann auch noch verloren (Kreuzband; Anm. d. Red.). Wir haben uns vielen Problemen stellen müssen. Wir haben mit der Champions-League-Qualifikation aber ein wichtiges Ziel erreicht und versuchen nun einfach weiter, uns zu verbessern.”

5. Abschied I: Eines der Juve-Probleme ist auch wieder einmal Paulo Dybala (28) gewesen. Der 2015 aus Palermo gekommene Argentinier, über dessen fußballerische Qualitäten es keine Zweifel gibt (u.a. zehn Serie-A-Tore, fünf Vorlagen in dieser Saison), hat einmal mehr oft verletzt oder angeschlagen gefehlt. Das hat nach langen Diskussionen am Ende nicht zu einer Vertragsverlängerung geführt. So hat “La Joya” nach fünf errungenen Meisterschaften und vier Pokalsiegen mit diesem Coppa-Finale nur noch diese letzte Chance auf einen Titel mit Juve.


Paulo Dybala

Zwei Geschichten und eine Gewissheit: Der spielerisch starke und oft verletzte Paulo Dybala verlässt die Juve.

6. Offenes Ziel: Apropos! Wohin es Dybala in der neuen Saison ziehen wird, ist noch gänzlich offen. Einer der großen Interessenten soll aber Inter, also der heutige Gegner, sein. Sollte es wirklich dazu kommen, könnte der Argentinier seinem baldigen Arbeitgeber im Stadio Olimpico mit einer an diesem Abend starken Leistung gehörig in die Suppe spucken.

7. Abschied II: Gibt es darüber hinaus noch ein weiteres Juve-Ciao? Der seit 2004 für die Alte Dame auflaufende Giorgio Chiellini, der zuletzt schon sein Karriereende in der Nationalmannschaft offiziell gemacht hat, will sich in den nächsten Tagen äußern. Und es könnte laut italienischen Medien durchaus sein, dass der 37-jährige Routinier und Europameister von 2021 einen Schlussstrich unter seine erfolgreiche Juve-Zeit (u.a. neun Scudetti) ziehen wird.

8. Der DFB-Legionär: Auch aus deutscher Sicht lohnt sich ein Blick auf dieses Pokalfinale zwischen diesen beiden Giganten des italienischen Fußballs. Der im Winter von Atalanta Bergamo zum FC Internazionale gestoßene DFB-Nationalspieler Robin Gosens, der wegen einer Oberschenkelverletzung mit einem Handicap zum Team gekommen ist und seither Jokereinsätze ansammelt (sechs Serie-A-Einwechslungen), kann nun seinen ersten großen Titel seiner steilen Profikarriere eintüten.

9. Die Kampfansage: Nach zwischenzeitlich neun Meisterschaften in Serie hat Inter dem großen Konkurrenten aus Turin zuletzt den Rang abgelaufen. In der Serie A können die Nerazzurri einerseits nach dem Scudetto 2021 den Titel in diesem Jahr direkt verteidigen (Duell mit Milan) – und in der Coppa eben den Rivalen beim direkten Vergleich entthronen. Sportchef Beppe Marotta, früher viele Jahre für Juventus im Management tätig, führt dazu gegenüber “Sky Sport Italia” aus: “Die Spieler haben das Ziel klar vor Augen und sind besonders motiviert. Sie und wir wollen den Fans ein ganz besonders Geschenk mit einem Sieg über Juve machen.”

10. Die Stars: Auch ohne ein Fanherz für den italienischen Fußball lohnt ein Blick auf dieses Spiel an diesem Mittwochabend (21 Uhr, LIVE! bei kicker im Ticker und im Stream bei DAZN). Es treffen zwei taktisch hervorragend trainierte Mannschaften aufeinander, die sich seit vielen Jahrzehnten intensive Duelle liefern und auch in diesem Jahr reihenweise Top-Spieler auffahren. Während bei Inter etwa Akteure wie Milan Skriniar, Stefan de Vrij, Nicolo Barella, Hakan Calhanoglu, Lautaro Martinez oder Routinier Edin Dzeko auflaufen, schicken sich die Bianconeri etwa mit Alex Sandro, Juan Cuadrado, Top-Wintereinkauf Dusan Vlahovic und eben auch Paulo Dybala Richtung Titel an.