Rückkehr auf die große Fußball-Bühne: Barbarez übernimmt Bosnien

Sergej Barbarez hat sich in der Bundesliga einen Namen gemacht, seit seinem Karriereende war es ruhig um ihn geworden. Jetzt kehrt er auf die große Bühne zurück.

Soll Bosnien wieder erfolgreich machen: Sergej Barbarez.

Soll Bosnien wieder erfolgreich machen: Sergej Barbarez.

IMAGO/Oliver Ruhnke

330 Bundesliga-Spiele für Dortmund, den HSV und Leverkusen hat Sergej Barbarez bestritten, dabei gelangen ihm 95 Tore – den Großteil seiner Karriere verbrachte er von 2000 bis 2006 beim Hamburger SV (208 Spiele, 73 Tore). Für Bosnien bestritt der ehemalige Stürmer 47 Länderspiele (17 Tore) – unter anderem als Kapitän.

Nach der Saison 2007/08 beendete Barbarez im Alter von 36 Jahren seine Profi-Karriere, hatte er angekündigt seinen Trainerschein machen zu wollen. Coach war er dann aber nirgends, vielmehr trat Barbarez sporadisch als TV-Experte auf und kam zudem zu einem gewissen Bekanntheitsgrad als Pokerspieler.

Fortsetzung folgt

Nun aber kehrt der mittlerweile 52-Jährige zum Fußball zurück und wird neuer Nationaltrainer von Bosnien-Herzegowina. “Es wird fortgesetzt”, schrieb er auf sozialen Medien und postete dabei die Flagge seines Heimatlandes. Barbarez bestätigte damit Medienberichte, wonach er Savo Milosevic als Nationaltrainer der Drachen beerben werde. Milosevic war in den Play-offs zur EM 2024 an der Ukraine gescheitert (1:2).

Noch sei der Vertrag nicht unterzeichnet, da noch einige Details zu klären seien. Jedoch hatte Verbandspräsident Vico Zeljkovic bereits verraten, das Barbarez unter allen möglichen Kandidaten “dem Posten des Nationaltrainers am nähesten” sei.

Barbarez soll die Bosnier, die in ihrer Geschichte bislang lediglich bei der WM 2014 eine Endrunde erreicht haben, wieder zu einem Großturnier führen. Auch heißt es, dass man langfristig mit ihm plane und ihn mit einem Vierjahresvertrag ausstatten möchte. Zunächst aber sind die Bosnier deutscher Gruppengegner in der kommenden Nations League, am 11. Oktober erwarten die Drachen das DFB-Team, ehe man am 16. November in Deutschland antritt.

Barbarez’ Wort-Kreation: “Das Bayer-Gen”

Im Sommer 2006 verpflichtete Bayer Leverkusen Sergej Barbarez mit fast 35 Jahren, weil er mit seiner Routine und Mentalität den talentierten Kader führen sollte. Heute sieht der Bosnier bei seinem Ex-Klub genau das lange vermisste Element und gebraucht dafür einen neuen Begriff: das Bayer-Gen.

Anführer der Bayer-Elf im Jahr 2008: Sergej Barbarez.

Anführer der Bayer-Elf im Jahr 2008: Sergej Barbarez.

picture-alliance / Sven Simon

Jahrzehntelang hieß Bayer 04 im Sprachgebrauch “Vizekusen”, dann da zu sein, wenn es darauf ankommt, war stets ein Kernmerkmal des FC Bayern. Der 52-Jährige aber schreibt in seiner kicker-Kolumne vom Montag über Xabi Alonso und sein Ensemble: “Sie haben nun genau die Mentalität, die sonst immer die Münchner hatten und die meinem Ex-Klub gefehlt hat: Leverkusen hat das Bayer-Gen.” Ausdrücklich ohne “n”.

Barbarez hat sich mit dieser Thematik beim Werksklub lange auseinandergesetzt und die Entwicklung nie aus den Augen verloren – auch, weil er seinerzeit nach seinem Abschied beim Hamburger SV vor allem auch deshalb von Bayer angestellt wurde, um dem hochqualifizierten, aber oft wankelmütigen Kader Widerstandsfähigkeit zu vermitteln. Jetzt sieht er genau diese: “Die Qualität, mit der Bayer durch die Hinrunde phasenweise geradezu spaziert ist, war nicht völlig neu. Schon vor, zu und nach meiner Zeit hatte dieser Klub immer besondere Spieler und besonders glanzvolle Phasen. Was immer fehlte, war die Mentalität, auch dann da zu sein, wenn es schwierig wird.”

Genau diese Tugend demonstriert die Mannschaft seit dem Jahresbeginn. Die Afrika-Cup-Teilnehmer hatten viele Experten als Stolperfalle betrachtet, gleich die erste Partie in 2024, beim FC Augsburg, geriet zur Geduldsprobe. “Das Siegtor fiel in der vierten Minute der Nachspielzeit, weil Bayer ruhig und doch beharrlich blieb”, sagt Barbarez. Seitdem sind Last-Minute-Siege Programm und der frühere Torjäger huldigt Team und Trainer dafür: “Was jahrelang für die Bayern galt, das gilt nun natürlich auch für Bayer: Immer Glück ist Können. Diese Mannschaft gewinnt so oft so spät, weil sie immer an sich und an ihren Plan glaubt. Das beeindruckt mich zutiefst.”

Barbarez ist sicher, dass Leverkusen neben der Meisterschaft in dieser Spielzeit mindestens auch den Pokal gewinnt. Vor dem Halbfinale gegen Düsseldorf verweist er zwar darauf, “dass die EM-Qualifikation von Georgien zwar einmal mehr gezeigt hat, dass im Fußball in einem Spiel alles passieren kann. Aber Bayer erweckt überhaupt nicht den Eindruck, anfällig für einen Stolperer zu sein.” Sebastian Wolff

Sebastian Wolff