Nur zwei Siege: Bayerns negative Bilanz im Bernabeu

Zum 14. Mal tritt der FC Bayern am Mittwochabend bei Real Madrid an. Nach dem 2:2 im Halbfinal-Hinspiel braucht er einen Sieg, egal welcher Art, um ins Finale einzuziehen. Ein Rückblick auf denkwürdige Spiele.

1999/2000: Obwohl Bayern Real in der Zwischenrunde herspielte, war beim Wiedersehen im Halbfinale Endstation.

1999/2000: Obwohl Bayern Real in der Zwischenrunde herspielte, war beim Wiedersehen im Halbfinale Endstation.

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Das Bernabeu: Ein Mythos, eine Kathedrale des Weltfußballs, Siege dort gegen Real Madrid fühlen sich erhaben, königlich an. Oder sind gar historisch wie der des FC Bayern am 29. Februar 2000 in der damals existierenden Zwischenrunde. Das 4:2 der wie entfesselt aufspielenden Bayern bedeutet den ersten Erfolg einer deutschen Mannschaft dort. Thorsten Fink, heute 56, trifft zum 3:1, dazu Mehmet Scholl, Stefan Effenberg und Paulo Sergio.

“Das war etwas ganz Besonderes, bei Real trifft nicht jeder”, erinnert sich Fink, betont dabei “die damalige Qualität, den Hunger und die Furchtlosigkeit” der von Ottmar Hitzfeld trainierten Mannschaft. “Das ist schon ein Hexenkessel, aber wir wollten damals überall gewinnen, flogen nicht hin und sagten, vielleicht geht ja was.”

Noch im Halbfinale des selben Jahres geht dann nicht mehr viel, 0:2, das Aus. Dafür klappt es ein Jahr später beim 1:0-Auswärtssieg im Hinspiel des Halbfinals. Fink fehlt verletzt, Oliver Kahn hält famos, Giovane Elber trifft. Ein paar Wochen später holen die Münchner in Mailand gegen den FC Valencia den Henkelpott. Das 1:0 ist der zweite und bis heute vorletzte Sieg einer deutschen Mannschaft im Bernabeu, nur Schalke 04 siegt danach noch, 2015 im Rückspiel mit 4:3, scheidet aber aus.

FC Bayern gastiert bei Real Madrid

29. Februar 2000: Der FC Bayern um die Torschützen Fink und Effenberg siegt erstmals im Bernabeu.
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Der FC Bayern wird zum 14. Mal im Wohnzimmer Reals antreten, die Bilanz ist mit zwei Siegen, zwei Remis und neun Niederlagen negativ. In einem Rückspiel haben sie dort bislang nie gewonnen – und feiern in der Champions League doch einmal das Weiterkommen, den Einzug ins “Finale dahoam” 2012. Nach einem 2:1 im Hinspiel in der Allianz-Arena liegt Bayern dort schnell mit 0:2 hinten, rettet sich in die Verlängerung und siegt im Elfmeterschießen. Manuel Neuer hält gegen Cristiano Ronaldo und Kaka, Sergio Ramos hämmert den Ball über die Latte, Bastian Schweinsteiger verwandelt als Letzter. Auch 1987, noch im Landesmeister-Cup, klappt es, bringt die Mannschaft um den überragenden Jean-Marie Pfaff einen 4:1-Hinspielsieg trotz des 0:1 in Madrid über die Zeit.

Seit sieben Spielen ist Bayern gegen Real sieglos

Damit nicht genug der Dramen. 2017 im Viertel- und 2018 im Halbfinale spielen die Bayern im Bernabeu groß auf, die Bürde einer schlechten Ausgangsposition wegen des jeweils mit 1:2 in der Allianz-Arena verlorenen Hinspiels erweist sich jedoch als zu groß. 2017 steht es nach 90 Minuten 2:1 für die Bayern, in der Verlängerung aber dreht Real die Partie, siegt mit 4:2. Ein Jahr später genügt den Madrilenen ein erzittertes 2:2.

Und dieses Mal? Fink, Augenzeuge vor Ort beim 3:3 Reals gegen Manchester City im Viertelfinale, glaubt an Bayerns Chance: “Man hat im Hinspiel gesehen, dass Bayern auf diesem Niveau mithalten kann, solche Spiele werden durch kleine Momente, Details entschieden, ihre Chancen müssen sie allerdings nutzen.” Gelingt das, könnte es ein großer Fußballabend für die Münchner und ihren Trainer Thomas Tuchel werden. Allerdings sind sie seit mittlerweile sieben Partien in der Champions League gegen Real sieglos, die längste Serie gegen irgendein Team in ihrer Geschichte. Schaffen sie es trotzdem, wird dies als ähnlich historisch in die Annalen eingehen wie 2000, 2001 oder 2012.

Frank Linkesch

Fink im Interview: “Wir waren furchtlos und hatten enorme Qualität”

Beim ersten Bayern-Sieg im Bernabeu im Jahr 2000 stand Thorsten Fink auf dem Feld und traf. Der 56-Jährige teilt im kicker-Interview seine Erinnerungen und glaubt am Mittwoch an Bayerns Chance.

“Ich gebe dem FC Bayern in der Champions League immer alle Chancen”: Thorsten Fink.

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Vor dem Blick in die Historie die Aktualität: Wie schätzen Sie die Chance des FC Bayern am Mittwoch bei Real Madrid nach dem 2:2 im Hinspiel ein, Herr Fink?

Ich gebe dem FC Bayern in der Champions League immer alle Chancen. Solche Spiele werden durch kleine Momente, Details entschieden. Im Hinspiel hat man gesehen, dass die Bayern auf diesem Niveau mithalten können. Sie haben nicht mehr als zwei Fehler gemacht, aber die hat Real ausgenutzt. Es geht um Detailmanagement. Sie müssen einen kühlen Kopf bewahren und Reals kleinere Schwächen ausnutzen. Bayern wird Chancen bekommen.

Sie warem kürzlich Augenzeuge von Reals 3:3 im Viertelfinale gegen Manchester City. Ihr Eindruck?

Da haben sie auch nicht anders gespielt als gegen die Bayern vor einer Woche. Ein grandioses Spiel mit tollen Toren in grandioser Stimmung.

Stichwort Bernabeu: Sie gehörten zu jener Bayern-Mannschaft, die am 29. Februar 2000 in der damaligen Zwischenrunde als erste deutsche Mannschaft dort siegte, mit 4:2. Wie sind Ihre Erinnerungen?

Gar nicht mehr so präsent. Aber ich weiß schon noch, dass ich ein Tor geschossen habe. Das war etwas Besonderes, bei Real trifft nicht jeder. Wir führten 2:0 durch Mehmet Scholl und Stefan Effenberg, mein Tor war das 3:1. später traf noch Paulo Sergio.

War Ihnen damals bewusst, einen historischen Sieg gelandet zu haben?

Das kam erst später. Wir hatten damals eine enorme Qualität und Hunger im Team, dazu waren wir furchtlos. Wir wollten überall gewinnen und sind nicht nach Madrid mit dem Gedanken geflogen: Vielleicht geht ja was.

Was zeichnet den Mythos Bernabeu aus?

Es ist schon ein Hexenkessel, aber das ist der Signal-Iduna-Park in Dortmund auch. Die spanischen Emotionen machen es dennoch zu etwas Besonderem.

2000 mussten Sie gleich nochmal hin, verloren im Hinspiel des Halbfinals mit 0:2 und schieden aus.

Daran kann ich mich nicht mehr so gut erinnern … Dafür haben wir im Jahr darauf mit 1:0 durch den Treffer von Giovane Elber gewonnen, sind ins Finale gekommen und haben den Henkelpott geholt. Es war die große Stunde von Owen Hargreaves, ich war ja leider verletzt.

Abschließend noch mal in die Gegenwart: Konrad Laimer agierte im Hinspiel überragend. Erinnert er Sie ein bisschen an ihren Stil früher?

Nein, wir sind schon unterschiedliche Spielertypen, ich habe manchmal auch offensiver gespielt, war höchstens wie er ein harter Arbeiter. Konrad hat seine Sache im Hinspiel gut gemacht, viele Bälle gewonnen. Es war sein bestes Spiel im Bayern-Trikot. Wenn er das Niveau hält, kann er bei Bayern über Jahre ein wertvoller Teamplayer sein. Und: Für den Titel in der Champions League braucht es eine gute Mischung aus Kreativen und Arbeitern.

Interview: Frank Linkesch