2:0-Erfolg in Jeddeloh II: Phönix Lübeck verkürzt auf Hannover

Der 1. FC Phönix Lübeck nutzte das Nachholspiel beim SSV Jeddeloh II aus, um näher an Tabellenführer Hannover II heranzurücken, musste zunächst allerdings Geduld beweisen.

Leander Fritzsche bereitet den Weg für Lübeck. (Archivfoto)

Leander Fritzsche bereitet den Weg für Lübeck. (Archivfoto)

IMAGO/Susanne Hübner

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Die Gäste aus Lübeck verbuchten ein Übergewicht, taten sich gegen defensiv gut aufgestellte und kämpfende Gastgeber aber schwer, zu Torabschlüssen zu kommen. Es dauerte bis zur 29. Minute, ehe der 1. FC Phönix zum ersten Mal Torgefahr versprühte. Bergers flachen Abschluss, der am langen Pfosten nach einer Freistoßflanke an den Ball kam, konnte Jeddeloh II gerade noch abwehren. Den Nachschuss jagte Taritas deutlich drüber. Die beste Gelegenheit im ersten Abschnitt hatte allerdings Hyseni, der auf rechts den Ball behauptete, aber an Bohe scheiterte. Der Abpraller sprang Obushnyi vor die Füße, der die Kugel allerdings nicht unter Kontrolle brachte und ebenfalls noch geblockt wurde (37.).

Hälfte zwei startete mit der nächsten guten Möglichkeit für die favorisierten Gäste. Hartwigs Schuss, der sich aus kurzer Distanz im Fallen versuchte, verfehlte abgefälscht aber knapp sein Ziel (51.). Ein Phönix-Treffer lag nun in der Luft. Taritas ließ die nächste Gelegenheit, feuerte volley aus sieben Metern nach einer Flanke drüber (53.). Auf der Gegenseite zeigte sich Jeddeloh II nach einer Stunde mal gefährlich vor dem Lübecker Tor. Brinkmann köpfte allerdings knapp über den Querbalken und auch Janßen verpasste ein Zuspiel haarscharf. In der 69. Minute war dann für Engel vorzeitig Schluss, der nach einem Foul mit der Ampelkarte vorzeitig vom Feld musste. Sieben Minuten später platzte der Lübecker Knoten. Nach einem Steckpass tauchte Fritzsche alleine vor Bohe und platzierte die Kugel im langen Eck zur verdienten Führung. Ähnlich fiel auch der zweite Treffer. Diesmal wurde Bennets steil geschickt, der drei Minuten vor dem Ende für die Entscheidung sorgte.

Während der 1. FC Phönix Lübeck durch den 2:0-Erfolg seine Meisterchancen wahrt, wird die Luft im Tabellenkeller für den SSV Jeddeloh II immer dünner.

Nach Tätlichkeit im Havelse-Spiel: Jeddeloh II suspendiert Gottschling für Rest der Saison

Marcel Gottschling wird in dieser Saison nicht mehr für den SSV Jeddeloh II auflaufen. Der 29-Jährige wurde nach einer Tätlichkeit für die restliche Saison vom Verein suspendiert.

Marcel Gottschling wurde nach seiner Tätlichkeit im Spiel gegen TSV Havelse bis Saisonende suspendiert.

Marcel Gottschling wurde nach seiner Tätlichkeit im Spiel gegen TSV Havelse bis Saisonende suspendiert.

IMAGO/Agentur 54 Grad

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Marcel Gottschling wird in dieser Saison nicht mehr auf dem Platz stehen. Der Mittelfeld-Routinier wurde nach seiner roten Karten im Spiel gegen den TSV Havelse vom SSV Jeddeloh II für den Rest der Saison vom Trainings- und Spielbetrieb suspendiert. Ob Gottschling in diesem Zusammenhang überhaupt noch einmal für die Ammerländer auflaufen wird, ist zumindest fraglich.

“Die Aktion widerspricht ganz klar unseren Werten im Verein”, begründet Olaf Blancke, sportlicher Leiter, in einer Meldung des Vereins die Entscheidung, die gemeinsam in Absprache mit dem Trainerteam getroffen wurde. Weiter: “Wir distanzieren uns von diesem Verhalten und ziehen daraus eine klare Konsequenz. Marcel Gottschling hat sich bei der Mannschaft entschuldigt und die Entscheidung des Vereins akzeptiert”, wird Blancke weiter zitiert.

Tätlichkeit nach Rudelbildung

Gottschling hatte sich am vergangenen Mittwochabend beim Nachholspiel gegen den TSV Havelse, das mit 0:4 verloren ging, bei einer Rudelbildung kurz vor Spielende zu einer Tätlichkeit hinreißen lassen und sah dafür die Rote Karte von Schiedsrichter Julian Meckfessel. Zugleich schickte der Unparteiische auch den Garbsener Florian Riedel mit Rot vom Feld.

0:4 gegen Havelse: Jeddelohs Lage verschärft sich weiter

Jeddeloh II muss nach der Rückkehr von Björn Lindemann weiter auf einen Sieg warten. Gegen den TSV Havelse setzte es eine deutlich 0:4-Pleite.

Torschütze zum 1:0 und Rot-Sünder: Florian Riedel (Archivbild)

Torschütze zum 1:0 und Rot-Sünder: Florian Riedel (Archivbild)

IMAGO/Lobeca

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Die Hausherren starteten engagiert und hatten durch Hoffrogge die erste gute Abschlussgelegenheit. TSV-Keeper Opitz wehrte den Versuch zur Ecke ab. Diese flog den Gastgebern dann jedoch um die Ohren. Havelse konterte, auf links ließ Riedel seinen Gegenspieler aussteigen, zog Richtung Zentrum und versenkte die Kugel wunderbar im rechten Knick (7.). Mit der frühen Führung im Rücken übernahm Havelse zunächst das Kommando und versuchte den zweiten Treffer nachzulegen. Jeddeloh brauchte etwas, fand Mitte der ersten Hälfte dann aber besser ins Spiel und hatte durch Janssens Pfosten-Kopfball, nachdem Opitz unter einer Flanke durchgesegelt war, die Riesenchance zum Ausgleich (26.). Bis zum Halbzeitpfiff hatten beide Teams weitere gute Chancen. Bennert scheiterte nach schönem Steckpass an Opitz (43.), während Mittelstädt in der darauffolgenden Szene auf der anderen Seite nur das Außennetz traf. Mit der letzten Aktion des ersten Durchgangs erhöhte Havelse auf 2:0. Einen Freistoß bekamen die Gastgeber nicht aus dem Gefahrenbereich, Minz drückte die Kugel letztlich aus fünf Metern über die Linie (45.+2).

Nachholspiele

Der zweite Abschnitt begann mit einem Paukenschlag. Jeddeloh machte Druck, treffen sollten aber wiederum die Gäste, die durch Düker auf 3:0 davonzogen (49.). Der SSV versuchte angesichts der nun deutlichen Hypothek mutig zu bleiben, kam auch immer wieder zu Abschlüssen. Doch trotz bester Gelegenheiten durch Hamid (59.) und Brinkmann (60.) war gegen die vielbeinige Abwehr der Garbsener und deren Torwart kein Vorbeikommen. Obwohl der Spielstand deutlich war, wurde es zehn Minuten vor dem Ende noch einmal hektisch, da Jeddeloh die Intensität in der einen oder anderen Aktion erhöhte. Infolge einer solchen Szene kam es zur Rudelbildung, in der sich Gottschling und Riedel jeweils glatt Rot abholten (85.). In der Nachspielzeit sorgte Stuhlmacher mit einem weiteren sehenswerten Treffer in den linken Winkel noch für den 4:0-Endstand aus Gästesicht.

Lindemann: “Ich hatte Gefühlschaos im Kopf”

Björn Lindemann will den SSV Jeddeloh II vor dem Abstieg retten. Mit dem kicker spricht der Ex-Profi über sein Comeback im Ammerland, die Ausrichtung des Kaders und seine Pläne für den Fall, dass der Klassenerhalt nicht gelingt.

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Herr Lindemann, die ersten beiden Spiele seit Ihrer Rückkehr zum SSV liegen hinter Ihnen. Wie fallen Ihre Eindrücke nach dem 1:1 gegen Teutonia Ottensen und dem 2:4 beim Bremer SV aus?

Nach dem Ottensen-Spiel hatten wir natürlich ein anderes Gefühl als nun nach der Partie in Bremen. Die ganze Saison ist ein Auf und Ab, es gibt keine Konstanz. Das Teamgefüge war nicht ganz so gut, als ich kam. Das muss ich ehrlich sagen. Die meisten haben mehr auf den anderen als auf sich selbst geschaut. Die Mannschaft war verunsichert und es wurden viele Ausreden gesucht. Nun heißt es nach vorne schauen und Gas im Training geben. Die Spieler müssen einfach besser ihr Potenzial ausschöpfen.

Ein Punkt gegen Ottensen ist in Ordnung, aber das direkte Duell am Ostermontag beim Bremer SV verloren zu haben, war im Kampf um den Klassenerhalt eine schmerzhafte Niederlage.

Das tat sehr weh, aber wir waren selber schuld. Wir sind die erste Halbzeit nicht so angegangen wie die Bremer. Da wollten wir zu viel Fußballspielen, aber das geht auf den Plätzen aktuell einfach nicht. Gebraucht hätten wir mehr Leidenschaft. Wir sind maximal unten drin. Das heißt: Erst kämpfen, dann Fußball spielen.

Im vergangenen Sommer trennten der Klub und Sie sich nach nur einer Saison. Sind Sie selbst überrascht davon, dass Sie nun zurück sind?

Als der Anruf von Olaf (Blancke, Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.) kam, war ich dienstagmittags gerade im Auto mit der Familie. Ich hatte, ehrlich gesagt, gar nicht mehr damit gerechnet, bis zum Sommer einen Trainerjob anzutreten. Es gab ein paar Gespräche, aber dann ging es schnell immer um das Thema Erfahrung. Ich habe deshalb beim JFV Calbenberger Land die U 19 in der Regionalliga übernommen. Das hat mir Spaß gemacht. Da konnte ich auch mal ein paar Dinge ausprobieren. Das hat mir auch als Trainer weitergeholfen, um mich zu entwickeln. Dann kam der Anruf von Olaf .

Und Sie waren direkt Feuer und Flamme?

Ich hatte erst mal Gefühlschaos im Kopf und habe Olaf auch nicht direkt zugesagt. Zunächst wollte ich mit meiner Frau darüber sprechen. Mal ehrlich: Es ist ja schon eine komische Situation. Im Sommer trennen der Klub und ich uns – und dann kommt so ein Anruf. Meine Kleine hat sich sofort gefreut. Sie will immer gerne nach Jeddeloh und hat direkt gefragt: ‘Papa, wann können wir hinfahren?’ Und meine Frau meinte dann auch: ‘Komm, mach das. Du hast doch die A-Lizenz für solche Aufgaben gemacht.’ Dann habe ich zugesagt. Ich hatte zuvor ja auch keine Probleme mit jemandem in Jeddeloh.

“Bevor es in der neuen Saison einmal eklig wird, gehen wir jetzt lieber im Guten auseinander”, sagten Sie im Juni im Gespräch mit dem kicker. Warum sind Sie sich nun sicher, dass es definitiv nicht eklig wird?

Manchmal unterschätzt man den Trainermarkt vielleicht auch ein bisschen. Ich wollte einen Schritt nach vorne machen und dachte mir: ‘Dann konzentrierst du dich jetzt erstmal auf den Trainerschein und nimmst dann das nächste Angebot an.’ Aber so einfach ist es nicht. Ich bin jetzt nicht zurückgekommen, um einfach so weiterzumachen. Der Verein weiß schon, dass er etwas machen und neue Wege einschlagen muss. Da werden wir einen guten Mittelweg finden.

Sie hatten sich im vergangenen Sommer vor allem Verbesserungen bei den Trainingsmöglichkeiten gewünscht. “Der Klub möchte nicht so viel verändern. Wir hatten einfach unterschiedliche Vorstellungen”, sagten Sie seinerzeit. Nun sind Sie also auf einen Nenner gekommen? Oder hat sich einfach ihre Kompromissbereitschaft erhöht?

Mit einigen Dingen muss ich mich bei einem Verein wie Jeddeloh einfach arrangieren. Der Verein arbeitet aber daran, auch für die Wintermonate bessere Möglichkeiten zu finden. Das ist auch unabdingbar.

Der Verein weiß schon, dass er etwas machen und neue Wege einschlagen muss.

Björn Lindemann

War auch ein bisschen Genugtuung dabei, als der Anruf von Olaf Blancke kam?

Natürlich dachte ich mir auch: ‘Na, vielleicht war doch nicht alles verkehrt, was ich gemacht und gesagt habe.’ Also war es auch ein schönes Gefühl. Aber natürlich ist das auch eine Aufgabe, die vor uns liegt. Die Mannschaft müsste aus meiner Sicht gar nicht dort sein, wo sie aktuell steht. Ich will jetzt zeigen, dass ich es gemeinsam mit den Jungs schaffe.

Ihr Vorgänger Key Riebau sagte hingegen zuletzt im kicker-Interview, dass der SSV in der Tabelle genau dort stünde, wo er hingehört. Dies sehen Sie also explizit anders?

Ja. Es ist aber ja auch gut, dass wir nicht alle gleich sind. Ich sehe, was an Potenzial aus den Spielern rausgeholt werden kann. Die Puzzle-Teile müssen richtig zusammengesetzt werden, damit jeder dem Team einen Mehrwert gibt. Da sollte man es sich nicht so einfach machen und sagen: ‘Okay, ich habe keinen guten Kader. Deshalb klappt es nicht.’ Die Jungs haben vorher ja nicht in der Kreisliga gespielt, sondern viele besitzen schon Erfahrung in der Regionalliga.

Im vergangenen Sommer gab es auch unterschiedliche Vorstellungen bei der Zusammenstellung des Kaders. Konnten auch diese ausgeräumt werden?

Ich brauche nicht die besten Spieler. Ich möchte die beste Mannschaft haben. Wichtig ist für mich, dass meine Jungs einen Schritt nach vorne machen. Das ist für mich das Spannende am Trainersein. Ich will, dass wir hier mit vielen Spielern aus der Umgebung arbeiten und diese weiterbringen. Wir müssen das Ammerland zurückgewinnen und brauchen dafür ein festes Gerüst aus der Region. Dafür sollten wir keine Kohle für Spieler von weit weg verschleudern, sondern die Jungs hier vor Ort langfristig fördern.

Ein wichtiger Spieler war in den vergangenen Jahren für den SSV häufig Stürmer Julian Bennert. Im März 2023 sprachen Sie schon davon, dass dieser regelmäßig davon rede, in die Kreisliga zu wechseln. Nun verlässt er im Sommer den Klub nach zehn Jahren und wechselt zu GW Firrel in die Landesliga. Welche Rolle kann Bennert beim “Projekt Klassenerhalt” noch spielen?

Würden Sie sich nach so langer Zeit mit einem Abstieg verabschieden wollen? Benne ist manchmal ein Pappenheimer, aber er ist auch extrem ehrgeizig und durch und durch Fußballer. Er will garantiert nicht als Absteiger gehen und wird für uns noch sehr wichtig sein.

Ihr Vertrag läuft über das Saisonende hinaus. Sie würden mit dem SSV also auch im Fall der Fälle in die Oberliga gehen?

Das würde ich auf jeden Fall machen. Aber das ist Zukunftsmusik. Ich gehe stark davon aus, dass wir es schaffen werden und uns am letzten Spieltag in den Armen liegen. Notfalls auch erst nach der Relegation.

Wir müssen das Ammerland zurückgewinnen. Dafür sollten wir keine Kohle für Spieler von weit weg verschleudern, sondern die Jungs hier vor Ort langfristig fördern.

Björn Lindemann

Sehr eng war Ihr Draht in der vergangenen Saison zu ihrem Co-Trainer Kevin Samide, mit dem Sie sehr gut befreundet sind. Wie sehr schmerzt es, dass er nun nicht dabei ist?

Bei Kevin und mir passt es wie die Faust aufs Auge. Wir verstehen uns blind und telefonieren auch jetzt jede Woche. Er ist zwar nicht wieder als Co-Trainer dabei, aber schaut sich trotzdem auch mal die Spiele der Gegner an. Ihn würde ich immer mit Kusshand nehmen. Er hat jetzt ein Haus gebaut, wollte mal mehr Zeit für die Familie haben und hat auch den Job gewechselt. Das akzeptiere ich natürlich. Trotzdem ist er nah dran an Jeddeloh. Sein Herz schlägt ja weiterhin für diesen Verein.

Und ab dem Sommer ist er womöglich dann auch wieder ihr Co-Trainer?

Mit Koka (Konstantin Engel, Anm. d. Red.) habe ich jetzt einen spielenden Co-Trainer, den ich ja auch seit Jahren kenne. Mit ihm habe ich genauso viel Fachwissen dabei wie bei Kevin. Koka ist aber etwas diplomatischer (lacht). Er bringt aus dem Profifußball jede Menge Erfahrung mit und zerreißt sich, wenn wir ihn reinwerfen. Vielleicht ginge es auch mit Koka und Kevin als meine Co-Trainer. Das wäre natürlich ein Dreamteam. Aber darüber können wir nach der Saison reden. Jetzt geht es erstmal darum, dass wir die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holen.

Interview: Karsten Lübben

Lindemann: “Ich hatte Gefühlschaos im Kopf”

Björn Lindemann will den SSV Jeddeloh II vor dem Abstieg retten. Mit dem kicker spricht der Ex-Profi über sein Comeback im Ammerland, die Ausrichtung des Kaders und seine Pläne für den Fall, dass der Klassenerhalt nicht gelingt.

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Herr Lindemann, die ersten beiden Spiele seit Ihrer Rückkehr zum SSV liegen hinter Ihnen. Wie fallen Ihre Eindrücke nach dem 1:1 gegen Teutonia Ottensen und dem 2:4 beim Bremer SV aus?

Nach dem Ottensen-Spiel hatten wir natürlich ein anderes Gefühl als nun nach der Partie in Bremen. Die ganze Saison ist ein Auf und Ab, es gibt keine Konstanz. Das Teamgefüge war nicht ganz so gut, als ich kam. Das muss ich ehrlich sagen. Die meisten haben mehr auf den anderen als auf sich selbst geschaut. Die Mannschaft war verunsichert und es wurden viele Ausreden gesucht. Nun heißt es nach vorne schauen und Gas im Training geben. Die Spieler müssen einfach besser ihr Potenzial ausschöpfen.

Ein Punkt gegen Ottensen ist in Ordnung, aber das direkte Duell am Ostermontag beim Bremer SV verloren zu haben, war im Kampf um den Klassenerhalt eine schmerzhafte Niederlage.

Das tat sehr weh, aber wir waren selber schuld. Wir sind die erste Halbzeit nicht so angegangen wie die Bremer. Da wollten wir zu viel Fußballspielen, aber das geht auf den Plätzen aktuell einfach nicht. Gebraucht hätten wir mehr Leidenschaft. Wir sind maximal unten drin. Das heißt: Erst kämpfen, dann Fußball spielen.

Im vergangenen Sommer trennten der Klub und Sie sich nach nur einer Saison. Sind Sie selbst überrascht davon, dass Sie nun zurück sind?

Als der Anruf von Olaf (Blancke, Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.) kam, war ich dienstagmittags gerade im Auto mit der Familie. Ich hatte, ehrlich gesagt, gar nicht mehr damit gerechnet, bis zum Sommer einen Trainerjob anzutreten. Es gab ein paar Gespräche, aber dann ging es schnell immer um das Thema Erfahrung. Ich habe deshalb beim JFV Calbenberger Land die U 19 in der Regionalliga übernommen. Das hat mir Spaß gemacht. Da konnte ich auch mal ein paar Dinge ausprobieren. Das hat mir auch als Trainer weitergeholfen, um mich zu entwickeln. Dann kam der Anruf von Olaf .

Und Sie waren direkt Feuer und Flamme?

Ich hatte erst mal Gefühlschaos im Kopf und habe Olaf auch nicht direkt zugesagt. Zunächst wollte ich mit meiner Frau darüber sprechen. Mal ehrlich: Es ist ja schon eine komische Situation. Im Sommer trennen der Klub und ich uns – und dann kommt so ein Anruf. Meine Kleine hat sich sofort gefreut. Sie will immer gerne nach Jeddeloh und hat direkt gefragt: ‘Papa, wann können wir hinfahren?’ Und meine Frau meinte dann auch: ‘Komm, mach das. Du hast doch die A-Lizenz für solche Aufgaben gemacht.’ Dann habe ich zugesagt. Ich hatte zuvor ja auch keine Probleme mit jemandem in Jeddeloh.

“Bevor es in der neuen Saison einmal eklig wird, gehen wir jetzt lieber im Guten auseinander”, sagten Sie im Juni im Gespräch mit dem kicker. Warum sind Sie sich nun sicher, dass es definitiv nicht eklig wird?

Manchmal unterschätzt man den Trainermarkt vielleicht auch ein bisschen. Ich wollte einen Schritt nach vorne machen und dachte mir: ‘Dann konzentrierst du dich jetzt erstmal auf den Trainerschein und nimmst dann das nächste Angebot an.’ Aber so einfach ist es nicht. Ich bin jetzt nicht zurückgekommen, um einfach so weiterzumachen. Der Verein weiß schon, dass er etwas machen und neue Wege einschlagen muss. Da werden wir einen guten Mittelweg finden.

Sie hatten sich im vergangenen Sommer vor allem Verbesserungen bei den Trainingsmöglichkeiten gewünscht. “Der Klub möchte nicht so viel verändern. Wir hatten einfach unterschiedliche Vorstellungen”, sagten Sie seinerzeit. Nun sind Sie also auf einen Nenner gekommen? Oder hat sich einfach ihre Kompromissbereitschaft erhöht?

Mit einigen Dingen muss ich mich bei einem Verein wie Jeddeloh einfach arrangieren. Der Verein arbeitet aber daran, auch für die Wintermonate bessere Möglichkeiten zu finden. Das ist auch unabdingbar.

Der Verein weiß schon, dass er etwas machen und neue Wege einschlagen muss.

Björn Lindemann

War auch ein bisschen Genugtuung dabei, als der Anruf von Olaf Blancke kam?

Natürlich dachte ich mir auch: ‘Na, vielleicht war doch nicht alles verkehrt, was ich gemacht und gesagt habe.’ Also war es auch ein schönes Gefühl. Aber natürlich ist das auch eine Aufgabe, die vor uns liegt. Die Mannschaft müsste aus meiner Sicht gar nicht dort sein, wo sie aktuell steht. Ich will jetzt zeigen, dass ich es gemeinsam mit den Jungs schaffe.

Ihr Vorgänger Key Riebau sagte hingegen zuletzt im kicker-Interview, dass der SSV in der Tabelle genau dort stünde, wo er hingehört. Dies sehen Sie also explizit anders?

Ja. Es ist aber ja auch gut, dass wir nicht alle gleich sind. Ich sehe, was an Potenzial aus den Spielern rausgeholt werden kann. Die Puzzle-Teile müssen richtig zusammengesetzt werden, damit jeder dem Team einen Mehrwert gibt. Da sollte man es sich nicht so einfach machen und sagen: ‘Okay, ich habe keinen guten Kader. Deshalb klappt es nicht.’ Die Jungs haben vorher ja nicht in der Kreisliga gespielt, sondern viele besitzen schon Erfahrung in der Regionalliga.

Im vergangenen Sommer gab es auch unterschiedliche Vorstellungen bei der Zusammenstellung des Kaders. Konnten auch diese ausgeräumt werden?

Ich brauche nicht die besten Spieler. Ich möchte die beste Mannschaft haben. Wichtig ist für mich, dass meine Jungs einen Schritt nach vorne machen. Das ist für mich das Spannende am Trainersein. Ich will, dass wir hier mit vielen Spielern aus der Umgebung arbeiten und diese weiterbringen. Wir müssen das Ammerland zurückgewinnen und brauchen dafür ein festes Gerüst aus der Region. Dafür sollten wir keine Kohle für Spieler von weit weg verschleudern, sondern die Jungs hier vor Ort langfristig fördern.

Ein wichtiger Spieler war in den vergangenen Jahren für den SSV häufig Stürmer Julian Bennert. Im März 2023 sprachen Sie schon davon, dass dieser regelmäßig davon rede, in die Kreisliga zu wechseln. Nun verlässt er im Sommer den Klub nach zehn Jahren und wechselt zu GW Firrel in die Landesliga. Welche Rolle kann Bennert beim “Projekt Klassenerhalt” noch spielen?

Würden Sie sich nach so langer Zeit mit einem Abstieg verabschieden wollen? Benne ist manchmal ein Pappenheimer, aber er ist auch extrem ehrgeizig und durch und durch Fußballer. Er will garantiert nicht als Absteiger gehen und wird für uns noch sehr wichtig sein.

Ihr Vertrag läuft über das Saisonende hinaus. Sie würden mit dem SSV also auch im Fall der Fälle in die Oberliga gehen?

Das würde ich auf jeden Fall machen. Aber das ist Zukunftsmusik. Ich gehe stark davon aus, dass wir es schaffen werden und uns am letzten Spieltag in den Armen liegen. Notfalls auch erst nach der Relegation.

Wir müssen das Ammerland zurückgewinnen. Dafür sollten wir keine Kohle für Spieler von weit weg verschleudern, sondern die Jungs hier vor Ort langfristig fördern.

Björn Lindemann

Sehr eng war Ihr Draht in der vergangenen Saison zu ihrem Co-Trainer Kevin Samide, mit dem Sie sehr gut befreundet sind. Wie sehr schmerzt es, dass er nun nicht dabei ist?

Bei Kevin und mir passt es wie die Faust aufs Auge. Wir verstehen uns blind und telefonieren auch jetzt jede Woche. Er ist zwar nicht wieder als Co-Trainer dabei, aber schaut sich trotzdem auch mal die Spiele der Gegner an. Ihn würde ich immer mit Kusshand nehmen. Er hat jetzt ein Haus gebaut, wollte mal mehr Zeit für die Familie haben und hat auch den Job gewechselt. Das akzeptiere ich natürlich. Trotzdem ist er nah dran an Jeddeloh. Sein Herz schlägt ja weiterhin für diesen Verein.

Und ab dem Sommer ist er womöglich dann auch wieder ihr Co-Trainer?

Mit Koka (Konstantin Engel, Anm. d. Red.) habe ich jetzt einen spielenden Co-Trainer, den ich ja auch seit Jahren kenne. Mit ihm habe ich genauso viel Fachwissen dabei wie bei Kevin. Koka ist aber etwas diplomatischer (lacht). Er bringt aus dem Profifußball jede Menge Erfahrung mit und zerreißt sich, wenn wir ihn reinwerfen. Vielleicht ginge es auch mit Koka und Kevin als meine Co-Trainer. Das wäre natürlich ein Dreamteam. Aber darüber können wir nach der Saison reden. Jetzt geht es erstmal darum, dass wir die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holen.

Interview: Karsten Lübben

SSV Jeddeloh II: Lindemann widerspricht Riebau und will das Ammerland zurückgewinnen

Björn Lindemann will den SSV Jeddeloh II vor dem Abstieg retten. Mit dem kicker spricht der Ex-Profi über sein Comeback im Ammerland, die Ausrichtung des Kaders und seine Pläne für den Fall, dass der Klassenerhalt nicht gelingt.

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Herr Lindemann, die ersten beiden Spiele seit Ihrer Rückkehr zum SSV liegen hinter Ihnen. Wie fallen Ihre Eindrücke nach dem 1:1 gegen Teutonia Ottensen und dem 2:4 beim Bremer SV aus?

Nach dem Ottensen-Spiel hatten wir natürlich ein anderes Gefühl als nun nach der Partie in Bremen. Die ganze Saison ist ein Auf und Ab, es gibt keine Konstanz. Das Teamgefüge war nicht ganz so gut, als ich kam. Das muss ich ehrlich sagen. Die meisten haben mehr auf den anderen als auf sich selbst geschaut. Die Mannschaft war verunsichert und es wurden viele Ausreden gesucht. Nun heißt es nach vorne schauen und Gas im Training geben. Die Spieler müssen einfach besser ihr Potenzial ausschöpfen.

Ein Punkt gegen Ottensen ist in Ordnung, aber das direkte Duell am Ostermontag beim Bremer SV verloren zu haben, war im Kampf um den Klassenerhalt eine schmerzhafte Niederlage.

Das tat sehr weh, aber wir waren selber schuld. Wir sind die erste Halbzeit nicht so angegangen wie die Bremer. Da wollten wir zu viel Fußballspielen, aber das geht auf den Plätzen aktuell einfach nicht. Gebraucht hätten wir mehr Leidenschaft. Wir sind maximal unten drin. Das heißt: Erst kämpfen, dann Fußball spielen.

Im vergangenen Sommer trennten der Klub und Sie sich nach nur einer Saison. Sind Sie selbst überrascht davon, dass Sie nun zurück sind?

Als der Anruf von Olaf (Blancke, Sportlicher Leiter, Anm. d. Red.) kam, war ich dienstagmittags gerade im Auto mit der Familie. Ich hatte, ehrlich gesagt, gar nicht mehr damit gerechnet, bis zum Sommer einen Trainerjob anzutreten. Es gab ein paar Gespräche, aber dann ging es schnell immer um das Thema Erfahrung. Ich habe deshalb beim JFV Calbenberger Land die U 19 in der Regionalliga übernommen. Das hat mir Spaß gemacht. Da konnte ich auch mal ein paar Dinge ausprobieren. Das hat mir auch als Trainer weitergeholfen, um mich zu entwickeln. Dann kam der Anruf von Olaf .

Und Sie waren direkt Feuer und Flamme?

Ich hatte erst mal Gefühlschaos im Kopf und habe Olaf auch nicht direkt zugesagt. Zunächst wollte ich mit meiner Frau darüber sprechen. Mal ehrlich: Es ist ja schon eine komische Situation. Im Sommer trennen der Klub und ich uns – und dann kommt so ein Anruf. Meine Kleine hat sich sofort gefreut. Sie will immer gerne nach Jeddeloh und hat direkt gefragt: ‘Papa, wann können wir hinfahren?’ Und meine Frau meinte dann auch: ‘Komm, mach das. Du hast doch die A-Lizenz für solche Aufgaben gemacht.’ Dann habe ich zugesagt. Ich hatte zuvor ja auch keine Probleme mit jemandem in Jeddeloh.

“Bevor es in der neuen Saison einmal eklig wird, gehen wir jetzt lieber im Guten auseinander”, sagten Sie im Juni im Gespräch mit dem kicker. Warum sind Sie sich nun sicher, dass es definitiv nicht eklig wird?

Manchmal unterschätzt man den Trainermarkt vielleicht auch ein bisschen. Ich wollte einen Schritt nach vorne machen und dachte mir: ‘Dann konzentrierst du dich jetzt erstmal auf den Trainerschein und nimmst dann das nächste Angebot an.’ Aber so einfach ist es nicht. Ich bin jetzt nicht zurückgekommen, um einfach so weiterzumachen. Der Verein weiß schon, dass er etwas machen und neue Wege einschlagen muss. Da werden wir einen guten Mittelweg finden.

Sie hatten sich im vergangenen Sommer vor allem Verbesserungen bei den Trainingsmöglichkeiten gewünscht. “Der Klub möchte nicht so viel verändern. Wir hatten einfach unterschiedliche Vorstellungen”, sagten Sie seinerzeit. Nun sind Sie also auf einen Nenner gekommen? Oder hat sich einfach ihre Kompromissbereitschaft erhöht?

Mit einigen Dingen muss ich mich bei einem Verein wie Jeddeloh einfach arrangieren. Der Verein arbeitet aber daran, auch für die Wintermonate bessere Möglichkeiten zu finden. Das ist auch unabdingbar.

Der Verein weiß schon, dass er etwas machen und neue Wege einschlagen muss.

Björn Lindemann

War auch ein bisschen Genugtuung dabei, als der Anruf von Olaf Blancke kam?

Natürlich dachte ich mir auch: ‘Na, vielleicht war doch nicht alles verkehrt, was ich gemacht und gesagt habe.’ Also war es auch ein schönes Gefühl. Aber natürlich ist das auch eine Aufgabe, die vor uns liegt. Die Mannschaft müsste aus meiner Sicht gar nicht dort sein, wo sie aktuell steht. Ich will jetzt zeigen, dass ich es gemeinsam mit den Jungs schaffe.

Ihr Vorgänger Key Riebau sagte hingegen zuletzt im kicker-Interview, dass der SSV in der Tabelle genau dort stünde, wo er hingehört. Dies sehen Sie also explizit anders?

Ja. Es ist aber ja auch gut, dass wir nicht alle gleich sind. Ich sehe, was an Potenzial aus den Spielern rausgeholt werden kann. Die Puzzle-Teile müssen richtig zusammengesetzt werden, damit jeder dem Team einen Mehrwert gibt. Da sollte man es sich nicht so einfach machen und sagen: ‘Okay, ich habe keinen guten Kader. Deshalb klappt es nicht.’ Die Jungs haben vorher ja nicht in der Kreisliga gespielt, sondern viele besitzen schon Erfahrung in der Regionalliga.

Im vergangenen Sommer gab es auch unterschiedliche Vorstellungen bei der Zusammenstellung des Kaders. Konnten auch diese ausgeräumt werden?

Ich brauche nicht die besten Spieler. Ich möchte die beste Mannschaft haben. Wichtig ist für mich, dass meine Jungs einen Schritt nach vorne machen. Das ist für mich das Spannende am Trainersein. Ich will, dass wir hier mit vielen Spielern aus der Umgebung arbeiten und diese weiterbringen. Wir müssen das Ammerland zurückgewinnen und brauchen dafür ein festes Gerüst aus der Region. Dafür sollten wir keine Kohle für Spieler von weit weg verschleudern, sondern die Jungs hier vor Ort langfristig fördern.

Ein wichtiger Spieler war in den vergangenen Jahren für den SSV häufig Stürmer Julian Bennert. Im März 2023 sprachen Sie schon davon, dass dieser regelmäßig davon rede, in die Kreisliga zu wechseln. Nun verlässt er im Sommer den Klub nach zehn Jahren und wechselt zu GW Firrel in die Landesliga. Welche Rolle kann Bennert beim “Projekt Klassenerhalt” noch spielen?

Würden Sie sich nach so langer Zeit mit einem Abstieg verabschieden wollen? Benne ist manchmal ein Pappenheimer, aber er ist auch extrem ehrgeizig und durch und durch Fußballer. Er will garantiert nicht als Absteiger gehen und wird für uns noch sehr wichtig sein.

Ihr Vertrag läuft über das Saisonende hinaus. Sie würden mit dem SSV also auch im Fall der Fälle in die Oberliga gehen?

Das würde ich auf jeden Fall machen. Aber das ist Zukunftsmusik. Ich gehe stark davon aus, dass wir es schaffen werden und uns am letzten Spieltag in den Armen liegen. Notfalls auch erst nach der Relegation.

Wir müssen das Ammerland zurückgewinnen. Dafür sollten wir keine Kohle für Spieler von weit weg verschleudern, sondern die Jungs hier vor Ort langfristig fördern.

Björn Lindemann

Sehr eng war Ihr Draht in der vergangenen Saison zu ihrem Co-Trainer Kevin Samide, mit dem Sie sehr gut befreundet sind. Wie sehr schmerzt es, dass er nun nicht dabei ist?

Bei Kevin und mir passt es wie die Faust aufs Auge. Wir verstehen uns blind und telefonieren auch jetzt jede Woche. Er ist zwar nicht wieder als Co-Trainer dabei, aber schaut sich trotzdem auch mal die Spiele der Gegner an. Ihn würde ich immer mit Kusshand nehmen. Er hat jetzt ein Haus gebaut, wollte mal mehr Zeit für die Familie haben und hat auch den Job gewechselt. Das akzeptiere ich natürlich. Trotzdem ist er nah dran an Jeddeloh. Sein Herz schlägt ja weiterhin für diesen Verein.

Und ab dem Sommer ist er womöglich dann auch wieder ihr Co-Trainer?

Mit Koka (Konstantin Engel, Anm. d. Red.) habe ich jetzt einen spielenden Co-Trainer, den ich ja auch seit Jahren kenne. Mit ihm habe ich genauso viel Fachwissen dabei wie bei Kevin. Koka ist aber etwas diplomatischer (lacht). Er bringt aus dem Profifußball jede Menge Erfahrung mit und zerreißt sich, wenn wir ihn reinwerfen. Vielleicht ginge es auch mit Koka und Kevin als meine Co-Trainer. Das wäre natürlich ein Dreamteam. Aber darüber können wir nach der Saison reden. Jetzt geht es erstmal darum, dass wir die nötigen Punkte für den Klassenerhalt holen.

Interview: Karsten Lübben

Ex-Trainer Riebau: “Jeddeloh steht genau dort, wo es hingehört”

Key Riebau musste jüngst beim SSV Jeddeloh II gehen. Eine Entscheidung, die der einstige “Nagelsmann der Regionalliga” nicht nachvollziehen kann.

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In der vergangenen Woche hat der SSV Jeddeloh II Key Riebau beurlaubt. Im Interview mit dem kicker spricht der 33-Jährige über sein Unverständnis für diese Entscheidung, eigene Fehler und die Punkte, an denen der Klub sich seiner Meinung nach verbessern muss.

Herr Riebau, in der vergangenen Woche hat der SSV Jeddeloh II sich von Ihnen getrennt. Weshalb hat Sie dies trotz nur 25 Punkten aus 23 Spielen überrascht?

Der Zeitpunkt hat mich extrem gestört. Kurz zuvor hatten wir mit drei Siegen in Folge einiges an Punkten aufgeholt. Dass wir in Hamburg nach einer kräftezehrenden Woche mit drei Spielen Federn lassen, kann passieren. Das folgende Spiel gegen Norderstedt dann als “Do-or-die” auszurufen, kann ich nicht nachvollziehen. Vermutlich wurde intern bereits das Lohne-Spiel als ein solches “Do-or-die”-Spiel ausgerufen. Dann haben wir dreimal in Folge unter meiner Regie gewonnen. Danach hätte aus meiner Sicht mal ein bisschen Ruhe einkehren müssen.

Zuvor hatten Sie während der Saison allerdings von Mitte September bis Ende Februar kein einziges Spiel gewonnen. Viele Klubs hätten vermutlich schon viel früher reagiert.

Da gehe ich mit. Wenn der SSV im Winter gesagt hätte, dass er aufgrund der Ergebnisse nicht mehr zufrieden ist und sich deshalb trennen möchte, hätte ich die Argumentation nicht okay gefunden, aber dann wäre es eben so gewesen. Nach zehn Punkten aus sieben Spielen in der Rückrunde ist der Schritt meiner Meinung nach aber nicht gerechtfertigt. Der Punkteschnitt ist völlig in Ordnung. Und wir müssen ehrlich sein: Jeddeloh steht mit Blick auf die Kadertiefe und das Verletzungspech in der Tabelle genau dort, wo es hingehört. Wir hätten auf der ein oder anderen Position einfach tiefer besetzt sein müssen.

Sie haben in der vergangenen Woche betont, Sie seien sich sicher, dass Sie mit dem SSV noch den Klassenerhalt geschafft hätten. Was macht Sie da so optimistisch?

Wenn wir das Norderstedt-Spiel rauslassen, war die Tendenz positiv. Durch die kämpferischen Leistungen konnten wir das Spielerische wettmachen. Jetzt werden die Plätze wieder besser. Das wäre uns entgegengekommen. Auch das Restprogamm hätte für uns gesprochen, weil wir noch zweimal gegen den Bremer SV, einmal gegen Eimsbüttel und zu Hause gegen Spelle-Venhaus gespielt hätten. Ich bin mir sicher, dass wir da die nötigen Punkte geholt hätten. Außerdem: Wir haben in 23 Spielen auch nur achtmal verloren. Dazu kamen viele unglückliche Unentschieden.

Die Trainingsbedingungen ab Ende Oktober bis in den März taugen nicht für die Regionalliga.

Key Riebau über die Verhältnisse bei Jeddeloh II

Schon Mitte November monierten Sie, dass beim SSV wieder der Schlendrian einkehrt. Warum wiederholt sich dieses Prozedere seit Jahren immer wieder?

Hier muss der Verein wirklich ganz dringend ansetzen, um ein erfolgreiches Arbeiten für uns Trainer besser zu unterstützen. Die Trainingsbedingungen ab Ende Oktober bis in den März taugen nicht für die Regionalliga. Die Jungs müssen im Training die Möglichkeit haben, an ihre Grenzen zu gehen. Nur dann können sie das auch auf dem Feld, wenn das Spiel angepfiffen wird.

Sie waren aber ja bereits zuvor einmal Trainer in Jeddeloh und kannten daher die Bedingungen. Haben Sie das Problem jetzt unterschätzt? Oder wurden einige Versprechungen nicht erfüllt?

Das habe ich ein Stück weit unterschätzt. Ich habe gedacht, dass wir den Kunstrasenplatz in Edewecht häufiger nutzen können. Ab Ende Oktober waren die Witterungsbedingungen eine Katastrophe. Dennoch hat es mich überrascht, dass der Klub seit meinem ersten Weggang im November 2018 infrastrukturell nicht besser geworden ist.

War die Rückkehr nach Jeddeloh im Nachhinein ein Fehler?

Nein, ich würde diese Entscheidung wieder so treffen. Der Trainermarkt in der Regionalliga ist derart überlaufen, dass es immer ein Privileg ist, diesen Job machen zu dürfen. Ich kannte ja viele Verantwortliche und viele Spieler. Am Ende sind viele Dinge an der Kommunikation gescheitert. Da hätten wir einiges besser machen können.

Was lief aus Ihrer Sicht in der Kommunikation konkret falsch?

Ich weiß ja aus meiner ersten Zeit, wie es damals beim SSV war. Ansgar, Gerdi (der damalige Sportlicher Leiter Ansgar Schnabel und Geschäftsführer Gerhard Meyer, Anm. d. Red.) und ich haben damals eigentlich täglich geschnackt und uns über viele Themen ausgetauscht. Jetzt war es so, dass sich alle zurückgezogen haben. Jeder ist in seiner kleinen Jeddeloh-Welt und versucht, für sich das Bestmögliche zu machen. Aber sich mal an einen Tisch setzen und Probleme gemeinsam angehen? Das gab es einfach nicht. Es war nie so, dass man auf mich zukam und gefragt hat: “Hey, wie könntest du dir das vorstellen? Und was sollten wir aus deiner Sicht mal angehen?” Die Impulse gingen lediglich von mir aus. Im Team hätten wir viel mehr Kraft entwickeln können. In den Gesprächen mit den Spielern habe ich gemerkt, dass auch sie wenig Planungssicherheit haben. Ein Klub wie Jeddeloh muss den Kader aber einfach zweigleisig planen. Auch mit mir wurde nicht über meine Zukunft gesprochen. Nur im Winter gab es mal einen Austausch. Da habe ich schon gemerkt, dass es am seidenen Faden hängt.

Der Klub hat im Winter nochmal nachgelegt und Dennis Lerche, Bowen Wang, Allah Aid Hamid und Willem Hoffrogge verpflichtet. Warum hat es aus Ihrer Sicht dennoch nicht für den nachhaltigen Turnaround gereicht?

Trotzdem haben wir gesehen, welche Qualität der ein oder andere Spieler dem Team direkt geben kann. Lerche macht in seinen ersten vier Spielen gleich vier Tore. Wenn er dann aber direkt für sechs bis acht Wochen ausfällt, ist doch klar, dass dies etwas mit der Mannschaft macht. Das war im Sturmzentrum nicht zu kompensieren.

Mit Marcel Andrijanic, Ibrahim Temin, Shaun Minns und Miguel Fernandes sind vor der Saison mehrere Spieler mit Erfahrung gegangen. Hat dies stärker geschmerzt als der Klub zunächst dachte?

Was im Sommer gegangen ist, konnte qualitativ nicht aufgefangen werden. Temin hätte man niemals abgeben dürfen. Mit seiner Mentalität ist er für die Teamstruktur einfach enorm wichtig. Ja, wir haben einige talentierte Spieler dazugeholt. Und ja, mit Pierre Becken und Kamen Hadzhiev kam auch Erfahrung dazu. Aber am Grundgerüst des Teams wurde eben extrem gerüttelt. Und Hadzhiev hat uns im Winter dann ja auch wieder verlassen, weil es seinem kleinen Sohn in Bulgarien einfach besser geht. Dafür hatte ich nach einem guten Gespräch mit ihm totales Verständnis, aber für uns war das natürlich ein Verlust.

Ihm und vielen Jungs wünsche ich viel Erfolg. Tatsächlich mehr als dem Verein.

Key Riebau über Nachfolger Björn Lindemann

Ihr Vorgänger Björn Lindemann ist nun auch ihr Nachfolger. Im vergangenen Sommer betonte Lindemann, dass Ihr gutes Verhältnis darunter nicht leiden wird. Ist dies nun auch im umgekehrten Fall so?

Absolut. “Linde” ist ein geiler Typ. Wir haben auch schon telefoniert. Ihm und vielen Jungs wünsche ich viel Erfolg. Tatsächlich mehr als dem Verein.

Als Sie 2017 erstmals beim SSV mit gerade einmal 27 Jahren als Cheftrainer übernahmen, galten Sie als “Nagelsmann der Regionalliga”, führten den Klub ins Pokalfinale und spielten in der ersten Saisonphase ganz oben mit. Nun mussten Sie als Trainer zweimal in Jeddeloh und einmal in Delmenhorst gehen. Wie soll es für Sie persönlich als Trainer weitergehen?

Die Erfahrung, dies mit 27 schon machen zu dürfen, war extrem geil. Klar, ein oder zwei Sachen würde ich im Nachhinein anders angehen. Die Schnelllebigkeit im Geschäft ist schon krass. Mir ist es zu einfach, immer zu sagen, dass die Trainer nun ihren Stuhl räumen müssen. Auch in Delmenhorst waren viele Sachen gut. Ich habe aber Erfahrungswerte gesammelt, die ich anderen in meinem Alter voraushabe. Und ich bin ja auch erst 33 und will noch viele Dinge lernen.

NACHHOLSPIEL

Sie arbeiten als Lehrer, sind im Nordwesten also gebunden. Befürchten Sie, dass es das für Sie im höherklassigen Amateurbereich nun erst einmal war?

Der Markt ist brutal. Denken wir allein an Dario Fossi, Benedetto Muzzicato, Benjamin Duda oder Olufemi Smith. Alles sehr gute Trainer hier aus der Region, die aktuell ohne Verein sind. Ich denke, dass die Verantwortlichen anderer Vereine aber auch sehen, was ich an guter Arbeit geleistet habe. Immerhin bin ich mit 33 schon zweimal aus der Oberliga in die Regionalliga aufgestiegen. Mich würde es vor allem reizen, in den Leistungszentren oder mit einer U 23 zu arbeiten. Dort ist die Infrastruktur einfach eine ganz andere. Das könnte super zu mir passen.

Karsten Lübben