VfB: Karazors Heimkehr als Kapitän

Beim direkten Verfolger Dortmund muss der VfB Stuttgart fast auf seine komplette Innenverteidigung inklusive seines Kapitäns Waldemar Anton verzichten. Den Neu-Nationalspieler wird Atakan Karazor vertreten, der einst für die Borussia gespielt hat.

In Dortmund Stuttgarts Anführer: Atakan Karazor.

In Dortmund Stuttgarts Anführer: Atakan Karazor.

IMAGO/Avanti

Zwar waren es zwischen Sommer 2015 und Sommer 2017 letztlich “nur” 59 Partien (ein Tor) in der Regionalliga West für den BVB II, aber dennoch wird es eine spezielle Heimkehr für den Mittelfeldspieler. “Ata kommt nach Hause, zu dem Klub, für den er schon mal gespielt hat. Mit der Binde am Arm. Das ist schon etwas Besonderes”, meint auch Sebastian Hoeneß, der die Führungsrolle in der Mannschaft allerdings nicht alleine auf den Deutsch-Türken abgewälzt sehen will.

“Natürlich ist die Hoffnung und die Erwartung ein Stück weit da, dass er das tut”, so der Cheftrainer der Schwaben zu einem Anführer Karazor. “Aber nicht alleine. Das hat Waldi auch nie alleine gemacht. Auch wenn er die Binde am Arm hatte.”  Da mit dem Neu-Nationalspieler jetzt eine Führungsfigur fehlt, “müssen automatisch die Aufgaben verteilt werden. Das wird sich nicht nur auf Ata projizieren. Ganz sicher nicht. Das wäre auch nicht gut und nicht richtig”. Wer für den 41-Jährigen für die Vorreiterrolle im Signal-Iduna-Park prädestiniert ist, macht er auch gleich deutlich: “Spieler, wie Serhou Gutrassy, Deniz Undav, Alexander Nübel oder Angelo Stiller kann man dazuzählen. Wir haben ein paar, die jetzt noch ein bisschen mehr in die Bresche springen müssen, um die Dinge auszugleichen.”

Stenzels Mittelhand gebrochen: Einsatz dennoch wahrscheinlich

Neben den vielen Ausfällen in der Innenverteidigung mit Dan-Axel Zagadou (Kreuzbandriss), Anthony Rouault (Kieferbruch) und Anton, der jüngst beim 3:3 gegen Heidenheim die 5. Gelbe Karte gesehen hat, vermeldete Hoeneß heute zwei weitere Ausfälle: Roberto Massimo und Silas sind erkrankt. Dass Pascal Stenzel sich am vergangenen Wochenende einen Mittelhandbruch zugezogen hat, sei dagegen ärgerlich, aber nicht dramatisch. “Er hat trotzdem trainiert mit einer Schiene. Das ist auch soweit ganz gut. Wir sind ganz optimistisch, dass das funktioniert”, erklärt Hoeneß, der nach Krankheit heute zumindest Ersatzkeeper Fabian Bredlow im Training begrüßen konnte.

In den zwei Tagen bis zum Spiel in Dortmund muss sich der Chefcoach etwas einfallen lassen, um die Lücken in der stark ausgedünnten Abwehr zu füllen. “So richtig viele Optionen gibt’s ja nicht, trotzdem haben wir noch ein paar”, sagt Hoeneß, der sich nicht in die Karten blicken lässt. “Wir machen uns natürlich Gedanken: über das Personal, die Taktik, da geht’s natürlich darum, ob Dreierkette oder Viererkette. Wir haben Spieler, die auf der Position spielen können und das auch schon getan haben. Und wir haben andere Spieler, die auf der Position noch nicht so oft gespielt haben und jetzt möglicherweise aushelfen können. Ich möchte jetzt aber noch nicht zu viel verraten.”

So richtig viele Optionen gibt’s ja nicht, trotzdem haben wir noch ein paar.

Sebastian Hoeneß

Nicht allein aus Gründen der Geheimhaltung. “Es ist noch nichts final entschieden”, so der Trainer, der erst heute konkreter die taktischen Möglichkeiten in die Trainingsarbeit einfließen ließ. “Wir haben heute ein bisschen begonnen, uns Dinge anzuschauen. Morgen haben wir noch mal Training, da werden wir sicher noch mal schauen, wie wir es anstellen werden.” Vieles spricht für eine Dreierkette und die Installierung von Karazor im Abwehrzentrum. Unterstützt von Hiroki Ito und einem von rechts einrückenden Josha Vagnoman. Allerdings wäre auch Leonidas Stergiou eine Option für einen der beiden Alternativverteidiger. “Egal wer auf dem Platz steht, egal mit welcher Grundformation wir spielen: Wir freuen uns auf das Spiel”, sagt Hoeneß, der an die eigenen Stärken appelliert und glaubt.

“Das ist ein Spiel mit Chancen für uns. Obwohl wir wissen, dass es wahrscheinlich sogar das schwerste Spiel aktuell ist, mit Leverkusen vielleicht. Die Dortmunder sind in einer richtig guten Verfassung”, so der Stuttgarter Übungsleiter. Der BVB, der zuletzt bei Rekordmeister FC Bayern mit 2:0 gewann, verfüge über einen “unfassbaren Kader in Tiefe und Breite. Deswegen ist der Respekt da. Trotzdem haben wir auch Selbstvertrauen genug, zu sagen: Wir fahren hin und geben unser Bestes, was möglicherweise dazu führen kann, dass wir ein gutes Ergebnis erzielen”.

Am elften Spieltag der Hinrunde und im DFB-Pokal-Achtelfinale konnten die Schwaben die Dortmunder vor heimischer Kulisse mit 2:1 und mit 2:0 besiegen. “Trotzdem kann man das jetzt nicht für dieses Spiel anführen. In Dortmund zu spielen, ist einfach anders. Damals waren sie zudem nicht in ihrer Topferfassung und sie haben in der Winterpause nochmal zwei unglaubliche Qualitätsspieler dazugeholt (Jadon Sancho und Ian Maatsen, Anm. d. Red.).”

Hoeneß fühlt: “Chancen größer als Risiken”

In der Bundesliga treffen die beiden Traditionsklubs zum 108. Mal aufeinander. Die Bilanz dieses Duells  ist mit jeweils 41 Siegen und 25 Unentschieden ausgeglichen. Entsprechend wolle man sich nicht verstecken, so Hoeneß, dessen persönliche Bilanz positiv ist. Er ist einzige Trainer, auf den BVB-Kollege  Edin Terzic in der Bundesliga schon dreimal traf und bei zwei Remis und einer Niederlage sieglos blieb. “Aus unserer Sicht sind die Chancen größer als die Risiken”, so Hoeneß. “Das ist zumindest das, was ich fühle. Und ich glaube auch das, was die Mannschaft fühlt.”

George Moissidis

Karazors Pech könnte Dahoud Glück bringen

Im Winter aus Brighton nach Stuttgart gekommen musste sich Mahmoud Dahoud bisher mit der Reservistenrolle zufriedengeben. Der drohende krankheitsbedingte Ausfall von Atakan Karazor könnte für den Leihspieler aus England zur Chance auf einen Startplatz gegen Heidenheim werden.

Wer von den beiden beginnt beim VfB gegen Heidenheim? Mahmoud Dahoud und Atakan Karazor (v.l.).

Wer von den beiden beginnt beim VfB gegen Heidenheim? Mahmoud Dahoud und Atakan Karazor (v.l.).

AFP via Getty Images

Ostersonntag soll nicht nur ein kirchlicher, sondern auch ein fußballerischer Feiertag werden. Der VfB Stuttgart empfängt zu seinem 1000. Bundesliga-Heimspiel den 1. FC Heidenheim und möchte Revanche nehmen für das verlorene Hinrunden-Duell. Am 31. August 1963 rollte der Ball erstmals im damaligen Neckarstadion in der Bundesliga. Die Schwaben besiegten Hertha BSC vor 40.000 Zuschauern mit 2:0.

Diesmal will Stuttgart in der heutigen MHP-Arena Aufsteiger Heidenheim bezwingen. Am liebsten ebenfalls ohne Gegentor. Am 10. Spieltag hatte Heidenheim den VfB vor eigenem Haus noch mit 2:0 geschlagen. Es sollte neben dem 0:3 beim FC Bayern (15. Spieltag) und dem 0:1 beim VfL Bochum (18. Spieltag) die erste von bisher drei Saisonniederlagen der Schwaben ohne eigenen Treffer sein.

Der Trainer erwartet im zweiten Bundesligaduell der beiden Landesrivalen keine größeren Überraschungen. Bei Heidenheim habe sich “personell nicht viel verändert”, so Sebastian Hoeneß. Heidenheims Bester, Jan-Niklas Beste, sei fraglich. “Aber ansonsten ist es die gleiche Mannschaft.” Und entsprechend die Spielweise.

“Sie sind sehr konstant und stabil unterwegs. Das ist eine Mannschaft, die extrem fleißig ist, unglaublich viel investiert mit und gegen den Ball. Und die darüber hinaus eine Sonderwaffe besitzt mit ihren Standards. Es wird sicher eine große Aufgabe sein, nicht so viele Standards zu produzieren. Das haben wir im Hinspiel nicht hinbekommen.” Der signifikanteste Unterschied liege darin, “dass sie im Hinspiel zu Hause gespielt haben. Ich würde schon sagen, dass das eine heimstarke Mannschaft ist. Obwohl sie auch immer wieder bei guten Mannschaften auswärts mal gepunktet haben”.

“Positive Tendenz” bei Millot und Ito

Seine eigene Mannschaft wird Hoeneß möglicherweise ein bisschen verändern müssen. “Enzo Millot war krank, ist heute zurück und trainiert individuell”, erzählt der 41-Jährige. “Wir müssen abwarten, wie er darauf reagiert. Die Tendenz ist aber positiv.” Ähnlich sieht es auch bei Hiroki Ito aus, der mit leichten Rückenproblemen aus Japan zurückgekehrt ist. “Er ist da und wird behandelt. Wir gehen davon aus, dass wir das hinkriegen.”

Anders als bei zwei anderen: Ersatzkeeper Fabian Bredlow ist krank und wird definitiv ausfallen. Atakan Karazor konnte bereits gestern krankheitsbedingt nicht trainieren. “Bei ihm gibt es noch keine positive Tendenz. Da müssen wir abwarten.”

Fall Syrien: Dahoud wird es Hoeneß erklären

Sollte der Deutsch-Türke nicht rechtzeitig gesunden, wird wohl die Stunde von Winterneuzugang Dahoud schlagen. Der frühere Dortmunder, der bisher angesichts der guten Leistungen der Kollegen Karazor und Angelo Stiller im defensiven Mittelfeld nur zu Kurzeinsätzen gekommen ist, wäre Nachfolgekandidat Nummer 1. Warum der 28-Jährige seine Reise zur syrischen Nationalmannschaft vorzeitig und unverrichteter Dinge abgebrochen hat, kann Hoeneß momentan nicht beantworten. “Ich kenne noch keine Details, deswegen kann ich dazu auch nichts sagen.” Zwar sei das “erstmal ein Stück weit seine Sache und die des syrischen Verbands. Aber wir haben verabredet, dass wir morgen mal die Köpfe zusammenstecken und er mir kurz erklärt, was war”.

Wohlbehalten und voller Tatendrang ist dagegen das Stuttgarter DFB-Quartett zurückgekehrt. Gerade von Maximilian Mittelstädt, Chris Führich, Deniz Undav und Waldemar Anton erhofft sich Hoeneß, “dass die Jungs den Schwung mitnehmen. Sie sind mit einem guten Gefühl zurückgekommen, hatten ein großartiges Erlebnis. Das waren zwei richtig gute Spiele und die Jungs waren Teil davon. Das gibt ihnen ein gutes Gefühl”.

George Moissidis