Möller schlägt EM-Reform vor: “Würde die Sache einfacher machen”

Möller schlägt EM-Reform vor: “Würde die Sache einfacher machen”

Für den kicker schreibt Andreas Möller die EM-Kolumne. Er warnt vor Deutschlands Achtelfinalgegner Dänemark, plädiert für Innenverteidiger Robert Andrich – und schlägt eine EM-Reform vor.

Ohne Sieg im EM-Achtelfinale - aber auch ohne Niederlage: Yussuf Poulsen und die dänische Nationalelf.

Ohne Sieg im EM-Achtelfinale – aber auch ohne Niederlage: Yussuf Poulsen und die dänische Nationalelf.

IMAGO/Sven Simon

Von Andreas Möller

Die Popularität des Fußballs beruht darauf, dass jeder Mensch das Spiel versteht. Schwieriger wird es, wenn umfangreiche Turnierbestimmungen und Statistiken zu Rat gezogen werden müssen, um den nächsten Gegner zu ermitteln. Wenn am Ende die geringere Anzahl an Gelben Karten entscheidet, dass – im aktuellen Fall – Dänemark im Achtelfinale Gegner Deutschlands wird. Da lässt sich trefflich streiten, ob eine Verwarnung berechtigt war oder ein Spieler mit einem blauen Augen davongekommen war, weil seine Aktion nicht zu Gelb geführt hatte. Und es ist ein gewisser Nachteil für Außenseiter, die über robustes Spiel Favoriten Paroli bilden können. Einfacher würde es werden, die EM-Endrunde auf 32 Nationen zu erweitern. Die beiden jeweils ersten Teams von dann acht Gruppen würden ins Achtelfinale einziehen, die Rechenspiele um die besten Gruppendritten somit entfallen und die Sache einfacher machen. Ich würde das als eine sinnvolle Reform ansehen.

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Als Minimalist ist Dänemark ins Achtelfinale eingezogen. Die “Nullnummern-Gruppe C” mit drei torlosen Spielen, fünf Unentschieden, insgesamt nur sieben Toren, nur einem Sieger (England mit 1:0 gegen Serbien) und nur 13 vergebenen Punkten ist in der Gesamtbetrachtung der überwiegend attraktiven und spannungsgeladenen 36 Spiele in der Gruppenphase gegenüber den fünf anderen Gruppen abgefallen. Die beiden torlosen Spiele England gegen Slowenien und Dänemark gegen Serbien am Dienstagabend rissen niemanden aus dem Sitz. Dänemark zog mit drei Unentschieden und einem Torverhältnis von 2:2 ins Achtelfinale ein. Sieglos – und dabei bleibt es hoffentlich am Samstag im Spiel gegen unsere Nationalmannschaft in Dortmund.

Aber: Vorsicht! In vier Spielen bei Welt- und Europameisterschaften gewannen sowohl Deutschland als auch Dänemark je zweimal. Und eine große Rechnung ist noch zu begleichen. Unerwartet gewann Dänemark 1992 in Schweden das EM-Finale gegen den amtierenden Weltmeister Deutschland mit 2:0. Es ist eine der großen Sensationen in der EM-Geschichte, hatten sich doch die Dänen sportlich gar nicht für die Endrunde qualifiziert. Sie waren nachgerückt, nachdem die UEFA zehn Tage vor dem EM-Start am 10. Juni 1992 Jugoslawien von der Endrunde ausgeschlossen hatte. “We are red, we are white, we are Danish dynamite!”, jubelten die Dänen nach dem Triumph über unser Nationalteam im Finale in Göteborg.

Vielleicht zieht Nagelsmann Andrich in die Innenverteidigung

Eigene Gesetze greifen bei K.-o.- Spielen. Die Aufgabe gegen Dänemark ist machbar, aber natürlich muss unsere Mannschaft dafür an die Leistungsgrenze gehen. Obwohl die Engländer nach der Gruppenphase sehr stark in der Kritik stehen, ist es nach meinem Gefühl gut, dass wir jetzt (noch) nicht auf sie treffen. Denn bei der Qualität, die in diesem Team steckt, kann zu jeder Zeit der Knoten platzen. Ich meine, dass Dänemark unserer Mannschaft eher liegen sollte.

Der Ausfall von Jonathan Tah wegen Gelbsperre wiegt schwer. Sollte auch Antonio Rüdiger bis Samstag nicht fit sein, müsste die Innenverteidigung komplett neu formiert werden. Vielleicht zieht der Bundestrainer Robert Andrich in die Innenverteidigung an die Seite von Nico Schlotterbeck und setzt auf einen neuen Back-up für Toni Kroos. Das würde einen größeren Umbau in der so wichtigen Innenverteidigung verhindern und Automatismen in unserem Spiel beibehalten, zumal ich gegen die Dänen mit einem hohen Ballbesitzanteil rechne. Aber natürlich hat Julian Nagelsmann mit Waldemar Anton und Robin Koch weitere gute Alternativen, da hätte ich überhaupt keine Bedenken.

Andreas Möller

Europameister 1996: Andreas Möller mit der Trophäe.

Andreas Möller (56) bestritt 85 Länderspiele, war Weltmeister 1990 und gehörte 1996 dem deutschen Team an, das zum bisher letzten Mal den Europameistertitel holte. Im Halbfinale verwandelte er im Elfmeterstechen gegen England den letzten, entscheidenden Elfmeter für den Einzug ins Endspiel. Im Finale durfte er aber wegen einer Gelbsperre nicht mitwirken. Andreas Möller wird bis zum Abpfiff dieser EM als kicker-Kolumnist im Einsatz sein.