Wegen Hass-Gesängen: Serbien zieht Drohung mit EM-Rückzug zurück

Wegen Hass-Gesängen: Serbien zieht Drohung mit EM-Rückzug zurück

Der Generalsekretär des serbischen Fußball-Verbandes hat mit einem Rückzug seiner Nationalmannschaft gedroht, sollte die UEFA keine Sanktionen gegen Kroatien und Albanien aussprechen. Hintergrund sind Hass-Gesänge kroatischer und albanischer Fans.

Im ersten Vorrundenspiel musste Serbiens Nationaltrainer Dragan Stojkovic eine 0:1-Niederlage gegen England hinnehmen.

Im ersten Vorrundenspiel musste Serbiens Nationaltrainer Dragan Stojkovic eine 0:1-Niederlage gegen England hinnehmen.

IMAGO/Uwe Kraft

Die bestimmenden Bilder dieser EURO 2024 sind bislang weitgehend friedlich miteinander feiernde Fans aus verschiedenen Nationen, die in den deutschen Gastgeberstädten zusammenkommen. Doch es gibt auch weniger schöne Ausnahmen.

Wie der serbische Fußball-Verband erklärte, soll es in der zweiten Halbzeit beim Duell zwischen Kroatien und Albanien am Mittwoch (2:2) Hass-Gesänge aus beiden Fan-Lagern in Richtung Serbien gegeben haben. Nach Angaben des Verbandes sollen im Stadion in Hamburg Sprechchöre ertönt sein, in denen zum Töten von Serben aufgerufen wurde.

EM, Gruppe C

“Wir verlangen von der UEFA Sanktionen, letztlich auch um den Preis, dass wir die Europameisterschaft nicht fortsetzen”, sagte Jovan Surbatovic, der Generalsekretär des serbischen Fußball-Verbandes, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTS in Serbien.

Nach Informationen der Londoner Times wird es aber nicht zu einem Rückzug kommen, da die UEFA tatsächlich die geforderten Disziplinarmaßnahmen einleiten wollte und dies bereits angekündigt hatte. Ein Offizieller des Verbandes sagte der englischen Tageszeitung zudem, dass die UEFA mit dem serbischen Verband in Kontakt gestanden habe, ein Rückzug dabei aber nicht thematisiert worden sei.

Surbatovic gab nach dem 1:1 gegen Slowenien im zweiten Gruppenspiel dann zu, dass er aus der Emotion heraus gesprochen habe. “Genau genommen nein, das war die erste Reaktion”, so der Generalsekretär, der zuvor gedroht hatte, dass man sich für den Fall, dass die UEFA Albanien und Kroatien “nicht bestraft, wir uns überlegen werden, wie wir weiter vorgehen werden” – und damit sogar einen EM-Rückzug offengelassen hatte. Dieser ist nun vom Tisch, Surbatovic fordert dennoch von der UEFA, “die Verbände beider Auswahlen zu bestrafen”.

Surbatovic: “Appelliere an die Fans, Gentlemen zu bleiben”

Vor dem Spiel Serbien gegen England in Gelsenkirchen kam es unter anderem zu Auseinandersetzungen zwischen Fans beider Nationen. “Wir wurden für Einzelfälle bestraft”, meinte Surbatovic, “und unsere Fans haben sich viel besser verhalten als die anderen.” Von Seiten der UEFA läuft aktuell allerdings eine Untersuchung wegen eines angeblich diskriminierenden Verhaltens, im Spiel gegen England sollen Affenlaute in Richtung englischer Spieler gemacht worden sein. “Ein Fan wurde wegen rassistischer Beleidigungen bestraft, und wir wollen nicht, dass dies auf andere bezogen wird. Wir Serben sind Gentlemen und offenherzig, deshalb appelliere ich an die Fans, Gentlemen zu bleiben”, so Surbatovic.

Kroatien und Albanien haben während der laufenden EM bereits Geldstrafen von der UEFA aufgebrummt bekommen. Wegen “provokanter Botschaften” ihrer Fans, wie es von Seiten der UEFA hieß, mussten beide Verbände Strafen in Höhe von jeweils 10.000 Euro zahlen.

Kosovarischer TV-Reporter von EM ausgeschlossen

Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass ein kosovarischer TV-Reporter wegen einer provokanten Geste in Richtung serbischer Fans vom Turnier ausgeschlossen wurde. Nach dem Zeigen der umstrittenen Doppeladler-Geste am Rande des EM-Spiels England gegen Serbien muss TV-Reporter Arlind Sadiku abreisen. Die UEFA bestätigte am Donnerstag auf dpa-Anfrage, dass einem Journalisten wegen eines Fehlverhaltens die EM-Akkreditierung entzogen worden sei. Den Namen und die Nationalität der Person nannte der Dachverband nicht.

Zuvor hatte die Schweizer Zeitung Blick über den Fall berichtet. “Es ist ein gefährlicher Präzedenzfall”, sagte Sadiku dem Blatt. “Ich habe niemanden beleidigt oder provoziert. Ich bin einfach nur stolz auf das Symbol, das uns repräsentiert.”

Der Doppeladler gilt als Zeichen der Heimatverbundenheit aller ethnischen Albaner und ziert auch die Nationalflagge Albaniens. Die Handgeste hatte bereits bei der WM 2018 für riesigen Wirbel gesorgt. Damals wurde sie von den Schweizer Nationalspielern Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri nach ihren Treffern beim 2:1-Sieg gegen Serbien gezeigt.

Laut Berichten mehrerer Medien hatte Serbiens Fußball-Verband den Vorfall bei der Partie am vergangenen Sonntag in Gelsenkirchen der UEFA gemeldet und Konsequenzen gefordert. Der Reporter verwies darauf, er habe mit der Geste auf anti-kosovarische Gesänge der serbischen Anhänger reagiert.