Mbappé in Sorge: “Dürfen uns nicht von der Welt abkoppeln”

Mbappé in Sorge: “Dürfen uns nicht von der Welt abkoppeln”

Kylian Mbappé hat sich am Sonntag angesichts des Rechtsrucks in Frankreich besorgt gezeigt – und eine Botschaft vor dem EM-Auftaktspiel gegen Österreich angekündigt.

Kylian Mbappé zeigte am Sonntag klare Kante.

Kylian Mbappé zeigte am Sonntag klare Kante.

IMAGO/NurPhoto

Aus Düsseldorf berichtet Nikolaus Fink

Es war wahrlich keine gewöhnliche Pressekonferenz, die am Sonntagabend in den Katakomben der Merkur Spiel-Arena in Düsseldorf über die Bühne ging. Denn anstatt über die Chancen der Equipe Tricolore bei der EM sowie das bevorstehende Auftaktspiel gegen Österreich (Montag, 21 Uhr, LIVE! bei kicker) zu sprechen, wurde Kapitän Kylian Mbappé von den anwesenden Journalisten nahezu ausschließlich über die aktuelle politische Situation in Frankreich befragt. Und zeigte dabei äußerst klare Kante.

EM-Gruppenphase – 1. Spieltag

“Wir befinden uns in einem entscheidenden Moment in der Geschichte unseres Landes. Man muss abwägen und die Prioritäten sehen. Wir sind in erster Linie Bürger und dürfen uns nicht von der Welt abkoppeln. Wir befinden uns in einer völlig neuen Situation”, erklärte Mbappé mit besorgter Miene. “Wir sehen, dass die Extreme an der Schwelle zur Macht stehen.”

Macron ruft Neuwahl des Parlaments aus

Hintergrund: Bei der Europawahl belegte die als rechtspopulistisch bis rechtsextrem geltende Partei von Marine Le Pen “Rassemblement national” (RN) mit mehr als 31 Prozent der Stimmen klar den ersten Platz. Präsident Emmanuel Macron rief daraufhin eine Neuwahl des Parlaments aus, die in zwei Durchgängen am 30. Juni und 7. Juli stattfinden wird. Aktuelle Umfragen prognostizieren dem RN ein ähnliches Ergebnis wie bei der Europawahl.

In zahlreichen französischen Städten fanden am Wochenende Demonstrationen gegen Le Pens Partei statt. Dass die Situation im eigenen Land auch das Nationalteam nicht kaltlässt, hatte Ex-Gladbacher Marcus Thuram bereits am Samstag klargestellt. Volle Zustimmung erhielt der 26-Jährige einen Tag später von seinem Kapitän. “Ich stehe hinter ihm. Für mich ist er nicht zu weit gegangen. Wir sind in einem Land, in dem es Meinungsfreiheit gibt”, meinte Mbappé. Er selbst sei “gegen die Extreme” und Ideen, die zur Spaltung der Gesellschaft führen.

Dass die Situation in Frankreich gewissermaßen auch den EM-Auftakt beeinflusst, stellte Mbappé erst gar nicht in Abrede. “Man muss trennen, was wichtig ist und was nicht. Das Spiel ist extrem wichtig. Es gibt aber auch Dinge, die wesentlich wichtiger sind als das Spiel morgen”, betonte der Neuzugang von Real Madrid. Aber: “Das hat uns nicht davon abgehalten, uns gut auf das morgige Spiel vorzubereiten. Natürlich ist es eine andere Situation, aber wir sind große Spieler und müssen uns anpassen.”

Mbappé appelliert an junge Generation

Wie Mbappé ankündigte, werde das französische Nationalteam vor dem Anpfiff eine Botschaft in die Heimat senden. An die “junge Generation” richtete der 25-Jährige bereits am Sonntag einen Appell. “Wir können etwas verändern. Wir haben die Zukunft unseres Landes in unserer Hand”, sagte Mbappé. “Ich rufe alle jungen Menschen auf, zur Wahl zu gehen. Die Menschen müssen sich mit unseren Werten identifizieren können.”

“Jede Stimme zählt. Ich hoffe, dass wir die richtige Wahl treffen und stolz darauf sein werden, am 7. (Juli, Anm. der Redaktion) wieder dieses Trikot zu tragen”, so Mbappé. Teamchef Didier Deschamps gab sich – auf die Worte seines Kapitäns angesprochen – deutlich zurückhaltender. “Nach der Euro können wir gerne darüber sprechen”, meinte der 55-Jährige. Und beschritt somit den Weg des französischen Fußballverbandes, der bereits am Samstagabend vor einer zu großen Politisierung des eigenen Teams gewarnt hatte. Eine Botschaft, die bei Mbappé und Co. offenbar nicht so recht ankommen wollte.