“Offensichtlich gut funktioniert”: Köln hofft auf den Zweiersturm

Beim 1:1 gegen den FC Augsburg stürmten erstmals in dieser Saison Sargis Adamyan und Davie Selke nebeneinander. Welchen Vorteil das haben kann, war beim Tor zu sehen, doch das Duo ist auf seine Mitspieler angewiesen.

Sofort wieder erfolgreich: Davie Selke erzielte gegen Augsburg sein sechstes Saisontor.

Sofort wieder erfolgreich: Davie Selke erzielte gegen Augsburg sein sechstes Saisontor.

picture alliance / BEAUTIFUL SPORTS

Zwei Torschüsse reichten Davie Selke, um sich sofort zurückzumelden. An der Mittellinie hatte er gemeinsam mit Sargis Adamyan gelauert, war nach dem tollen, langen Zuspiel des ansonsten schwachen Kapitäns Florian Kainz in die Tiefe gestartet. Und hatte in der 38. Minute beim 1:1 in Augsburg tatsächlich wieder eingenetzt, nachdem der Armenier ihn vorbildlich bedient hatte. Ein Erfolgserlebnis nach elf Wochen: Zuvor hatte Selke zuletzt beim 1:1 gegen Heidenheim Anfang des Jahres in der Startelf gestanden – und auch in diesem Spiel getroffen.

Selke, das ist jedem in Köln klar, ist unersetzbar für den 1. FC Köln. “Wenn er fit ist, wird er auch spielen”, bestätigte FC-Trainer Timo Schultz am Sonntag nach dem Spiel. Selke hat den Torriecher und die Präsenz im Strafraum, die den Geißböcken so lange so schmerzlich gefehlt hatte. Nun hat der 29-Jährige bereits sechs Saisontore auf dem Konto.

Sinnlose Fragen, die trotzdem quälen

“Davie ist mit seiner Präsenz nicht nur in den 90 Minuten, sondern auch davor und danach in der Kabine, ein Spieler, den wir schwer ersetzen können”, lobt Schultz, und in dem Satz schwingt wohl neben Anerkennung für diese Rolle auch etwas das Gefühl mit, dass es besser wäre, Selke adäquater ersetzen zu können. Das aber gibt der Kader nicht her: Steffen Tigges und Florian Dietz etwa schafften es mal wieder nicht einmal in den Kader.

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“Er gewinnt viele Luftduelle und reibt sich in den Zweikämpfen immer auf. Davie versucht, vorne immer Druck auf den Ball zu bekommen”, zählt der Coach weitere Qualitäten seines Vorzeige-Angreifers auf. Die Frage danach, wie diese Spielzeit mit einem fitteren Selke verlaufen wäre ist, sinnlos, nagt aber wohl doch in so einigen Köpfen rund ums Geißbockheim.

Zu wenig Unterstützung aus dem Mittelfeld

Die Fußverletzung, die Selke zuletzt stoppte, ist jedenfalls auskuriert. “Er wollte viel früher runter”, berichtete Schultz über die Belastung im ersten Bundesliga-Startelfeinsatz seit Januar und betonte: “Ich hätte ihn am liebsten durchspielen lassen.” Denn gemeinsam mit Adamyan machte Selke einen guten Eindruck. Der Zweiersturm Selke/Adamyan macht derzeit die meiste Hoffnung: Weil Adamyan sich ebenso kämpferisch aufopfert, Vorstöße initiiert und auch Torgefahr erzeugt. Und, weil er in Selke nun einen Partner gefunden haben könnte, mit dem er das Ganze im Duett umsetzen kann.

“Das Zusammenspiel hat zumindest in einer Situation offensichtlich sehr gut funktioniert”, lobte auch Schultz in Anspielung auf den Ausgleichstreffer. Der Coach dürfte aber auch gesehen haben, dass die beiden Angreifer viel selbst anschieben mussten. Faride Alidou blieb wirkungslos nach vorn, Kainz trat nur mit dem vorletzten Pass beim Tor in Erscheinung. Und auch die Doppelsechs aus Dejan Ljubicic und Denis Huseinbasic schob viel zu wenige Angriffe an. Dabei sind beide eigentlich eher offensiv veranlagte und denkende Akteure.

Bei Waldschmidt wird Schultz unvernünftig

Drei Chancen kamen so für den 1. FC Köln zustande. Mal wieder zu wenig im Kampf um den Klassenerhalt. Selke und Adamyan werden die Unterstützung ihrer Hinterleute benötigen, wenn sie ihre Rolle als Hoffnungsträger erfüllen sollen. Luca Waldschmidt könnte da helfen: Der 27-Jährige stand sogar erstmals seit dem 0:2 kurz vor Weihnachten bei Union Berlin wieder auf Bundesligarasen. Er kam, als Selke völlig entkräftet seine Auswechslung erbeten hatte.

Die kommenden Kölner Aufgaben

“Manchmal muss man als Trainer Entscheidungen treffen, die unvernünftig sind”, gab Schultz zu. Er hatte wohl auf ein entscheidendes Tor gehofft und Waldschmidt reingeworfen, obwohl der nach seinem Wadenbeinbruch ebenfalls quälend lange gefehlt hatte. “Er war fast zehn Wochen raus und hat nicht eine Trainingswoche voll mitgemacht”, berichtete der Trainer, schilderte aber auch: “In den zehn Minuten auf dem Platz hat man gesehen, wieso ich ihn eingewechselt habe. Er ist ein absoluter Unterschiedsspieler für uns.”

Einer, der vorne für zusätzlichen Druck sorgen kann und soll. Ein Startelfeinsatz am kommenden Samstag gegen Bochum, wenn es für den 1. FC Köln um die letzte Chance auf den direkten Klassenerhalt geht, dürfte aber zu früh kommen. Oder doch nicht? “Luca ist deutlich vor dem Zeitplan”, deutete Schultz an, bekräftigte aber, “kein Risiko eingehen zu wollen”. Es gebe ja noch viele wichtige Spiele. Eines davon ist das gegen den VfL. Und Schultz sagte ja selbst: Manchmal treffen Fußballtrainer unvernünftige Entscheidungen …

Jim Decker