Hürzeler spricht über St. Paulis Sommer-Schwur

Der Plan steht. Am Pfingstmontag wird der FC St. Pauli um 14 Uhr als Aufsteiger im Hamburger Rathaus empfangen, um 17:30 Uhr beginnt die Aufstiegsparty auf dem Spielbudenplatz – tags zuvor wollen Fabian Hürzeler und seine Mannschaft dafür sorgen, dass eine Meisterfeier daraus wird.

Hat die Zweitliga-Meisterschaft im Blick: St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler.

Hat die Zweitliga-Meisterschaft im Blick: St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler.

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St. Paulis Saisonabschluss

Die Meisterfelge der DFL ist am Sonntag nicht beim Spiel des aktuellen Spitzenreiters in Wehen Wiesbaden, sondern bei der Partie des Zweiten Holstein Kiel in Hannover. Die DFL würde die Meister-Zeremonie bei einem Titelgewinn der Hamburger auf der Reeperbahn vornehmen, und der Trainer lässt auch nach den ersten Trainingseindrücken seit dem geschafften Aufstieg keine Zweifel daran aufkommen, dass alle in braun und weiß die gleichen Ambitionen haben. “Das Ziel”, sagt er, “haben vom ersten Tag der Vorbereitung alle verinnerlicht.”

Schon Kapitän Jackson Irvine hatte am Sonntag nach dem 3:1 gegen Osnabrück verraten, dass die Mannschaft nach der erfolgreichen Rückrunde der Vorsaison im vergangenen Sommer “das höchste Ziel” gesteckt habe, Hürzeler bestätigt dies nun und sagt, dass von den Spielern selbst der Impuls kam, die Messlatte so hoch wie nur möglich zu legen: “Das ist das, was sie vorgegeben haben, und das ist das, wonach sie auch jetzt streben.” Obwohl der Aufstieg schon erreicht ist. “Natürlich ist dadurch eine gewisse Anspannung abgefallen, und das ist auch menschlich. Aber insbesondere am Donnerstag habe ich die Mannschaft sehr fokussiert wahrgenommen. Ich verlange von der Mannschaft, dass sie diesen letzten Schritt jetzt auch gehen will, dass sie nochmal bereit ist, zu leiden.”

Und für alle ist klar: Eine Feier ist am schönsten mit Schale.

Fabian Hürzeler

Der Fokus nach der ersten Party ist auch sein ganz persönliches Thema. “Auch ich”, sagt der 31-jährige Erfolgs-Coach, “habe nach dem Aufstieg die Zügel mal etwas locker gelassen, aber je näher das Spiel rückt, desto fokussierter bin ich wieder. Das ist ein innerer Rhythmus. Ich denke ja nicht, ich muss die Mannschaft auf Wiesbaden vorbereiten, das ist für mich Leidenschaft und kein Zwang. Ich mache es unfassbar gern, es ist ein Dürfen und kein Müssen.” Und er registriert bei den Seinen ganz viel Willen. “Die Feier am Montag”, verrät Hürzeler, “ist innerhalb der Mannschaft ein großes Thema. Und für alle ist klar: Eine Feier ist am schönsten mit Schale.”

Sebastian Wolff

Star-Zugang für St. Paulis Schach-Team: Carlsen kommt

Nicht nur die Fußballer des FC St. Pauli sind in die Bundesliga aufgestiegen. Auch den Schachspielern gelingt das Kunststück. Und sie erhalten für die neue Saison eine sensationelle Unterstützung.

Ein Ex-Weltmeister für St. Pauli: Magnus Carlsen.

Ein Ex-Weltmeister für St. Pauli: Magnus Carlsen.

IMAGO/Newspix

Das Schach-Team des FC St. Pauli bekommt nach seinem Aufstieg in die Bundesliga einen spektakulären Zugang für die kommende Saison. Der ehemalige Weltmeister Magnus Carlsen wird für die Hamburger spielen. Ermöglicht wird die Verpflichtung des 33 Jahre alten Norwegers durch die Kooperation der Weissenhaus Chess Academy des Unternehmers Jan Henric Büttner mit dem FC St. Pauli.

Ich freue mich, Teil der coolsten Marke in Deutschland zu sein.

Magnus Carlsen

Die Zusammenarbeit sei langfristig angelegt und werde auch gemeinsame kommunikative Maßnahmen mit Carlsen beinhalten, hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung der Chess Academy. “Ich freue mich, Teil der coolsten Marke in Deutschland zu sein”, sagte der Schach-Superstar. Neben den Schachspielern hatten auch die Fußballer am Sonntag den Aufstieg in die Bundesliga perfekt gemacht.

Weltmeister von 2013 bis 2023

Carlsen gilt als einer der besten Schachspieler der Geschichte. Von 2013 bis 2023 war er Weltmeister. Vor einem Jahr verzichtete er auf den Titel. Zudem hat er bislang mehrmals WM-Titel im Blitz- und Schnellschach gewonnen.

Trainingsstart ohne Irvine – wegen Hochzeits-Panne

Am Mittwoch startete der FC St. Pauli nach zwei freien und Feier-Tagen in das Unternehmen “Meisterfelge” beim SV Wehen Wiesbaden. Nicht mit an Bord bei der ersten Trainingseinheit nach dem Aufstieg war Jackson Irvine. Der Grund: Eine Hochzeits-Panne.

St.-Pauli-Kapitän Jackson Irvine (Mi.) ließ sich in den letzten Tagen das ein oder andere

St.-Pauli-Kapitän Jackson Irvine (Mi.) ließ sich in den letzten Tagen das ein oder andere “1. Liga”-Bier schmecken – und erlebte eine Hochzeits-Panne.

picture alliance/dpa

Der Australier und seine Lebensgefährtin Jemilla hatten eigentlich alles perfekt geplant. Nach den Aufstiegsfeiern hatte das Paar einen Kurz-Trip ins nahegelegene Dänemark geplant, um dort am Dienstag zu heiraten und die Hochzeitsnacht zu verbringen – Irvine wäre somit zum Start in die Trainingswoche am Mittwochnachmittag rechtzeitig wieder in der Hansestadt gewesen

Sein Fehlen war letztlich jedoch abgesprochen und vor allem auch bereits öffentlich angekündigt. Jemilla hatte am Dienstag in ihrer Instagram-Story ein Foto von dem angehenden Brautpaar im Hochzeits-Outfit gepostet, dazu schrieb sie diesen Text: “Wenn du zwei Tage betrunken warst und vergisst, deinen Pass zum Hochzeitstermin mitzunehmen…” Wer von beiden der “Schuldige” war, ging nicht aus dem Post hervor, dafür aber stand darunter: “Dann versuchen wir es eben morgen nochmal.”

Erst Aufstieg, dann Hochzeit – emotionale Tage also für St. Paulis emotionalen Anführer, der schon am Sonntag nach dem 3:1 gegen den VfL Osnabrück tiefe Einblicke in sein Innerstes gewährt hatte. Nach einer innigen Umarmung mit Teamkollege Eric Smith hatten den 31-Jährigen die Gefühle übermannt, mitten im Interview in der Mixedzone rang er mit den Tränen und nach Worten, presste schließlich mit tränenerstickter Stimme hervor: “Ich habe meine gesamte Karriere darauf gewartet, Teil eines solchen Vereins und einer solchen Mannschaft zu sein. Meine Emotionen spielen verrückt, so etwas habe ich noch nie gefühlt. Ich spüre Dankbarkeit, Freude, einfach alles.”

Als Irvine seine Emotionen wieder halbwegs unter Kontrolle hatte, setzte er mit Landsmann Connor Metcalfe einen australischen Brauch fort. Der hatte angekündigt “so viel wie möglich” trinken zu wollen. Das taten beide dann, wie auf einem Video festgehalten wurde, auch aus ihren Fußballschuhen. Offenbar war es für Irvine genug, um den Überblick zu verlieren, was für eine Hochzeit nötig ist …

Sebastian Wolff

St. Pauli: Was der kleine Eklat um Smith aussagt

Fabian Hürzeler stand ganz besonders im Mittelpunkt der Aufstiegs-Feierlichkeiten auf St. Pauli und verriet direkt nach Abpfiff, dass ihm der Jubel um seine Person eigentlich fast etwas zu viel war. Seine Gedanken sind bereits wieder bei Wehen Wiesbaden.

Bei den Aufstiegsfeierlichkeiten nach Abpfiff war der kleine Eklat zwischen Eric Smith (l.) und FCSP-Coach Fabian Hürzeler bereits wieder vergessen.

Bei den Aufstiegsfeierlichkeiten nach Abpfiff war der kleine Eklat zwischen Eric Smith (l.) und FCSP-Coach Fabian Hürzeler bereits wieder vergessen.

IMAGO/osnapix

Zwei Bilder bleiben besonders hängen vom Sonntag: Hürzeler auf den Schultern der Fans, und: der Trainer, wie er mit seinem Assistenten Peter Nemeth in den Abendstunden ein Bengalo zündet und dabei “Die Nummer 1 der Stadt sind wir” intoniert. Sein erster Gedanke am Morgen danach, verrät er, sei gewesen, wie St. Pauli nun auch die Nummer 1 in der Liga bleibt. “Als ich am Montagmorgen aufgewacht bin, dachte ich tatsächlich zuerst daran, wie wir gegen Wehen Wiesbaden spielen.” Was im ersten Moment nicht ganz glaubwürdig klingt, wird von dem 31-Jährigen glaubhaft unterfüttert: “Wir wollen jetzt auch Meister werden.”

Pikanterweise würde der Kiez-Klub mit einem Sieg beim aktuell Sechzehnten ausgerechnet dem Erz-Rivalen Hansa Rostock nochmal verhelfen können, im Abstiegskampf einen Fuß in die Tür zu bekommen. Hürzeler aber stellt klar, dass es nicht um Schützenhilfe, sondern ausschließlich um die Schale geht. Die will der 31-Jährige für sich – und für seine Spieler. “Ich finde, es ist noch einmal etwas anderes, ob im Lebenslauf Aufsteiger oder Zweitliga-Meister steht. Außerdem geht es darum, dass die Mannschaft das gewinnt, was sie meiner Meinung nach auch verdient hat für eine überragende Saison – und das ist die Meisterschaft.”

Zwei freie Tage hat er seinen Profis nach dem 3:1 gegen den VfL Osnabrück und der Party gewährt, ab Mittwoch beginnt die Vorbereitung auf den Saisonkehraus, und der Coach ist sicher: “Die Mannschaft ist total motiviert.” Belegbar ist dies unter anderem durch einen beinahe handfesten Disput, der im Aufstiegstaumel ein wenig untergegangen ist: Als Hürzeler den zuvor drei Wochen verletzten Eric Smith in der Schlussphase ausgewechselt hat, ist der Schwede wutentbrannt auf seinen Trainer losgegangen, beide schubsten sich gar kurz. Smith hat sich umgehend dafür entschuldigt, sagt: “Es war zu viel Adrenalin, ich habe viel zu hart reagiert.” Hürzeler findet das selbstredend ebenfalls, erklärt aber auch: “Diese Szene zeigt auch, wie sehr die Jungs brennen.”

Am kommenden Montag hat der FC St. Pauli die große Aufstiegsparty auf dem Spielbudenplatz auf der Reeperbahn geplant – es soll außerdem eine Meisterfeier werden.

Sebastian Wolff

St. Pauli: Was der kleine Eklat um Smith aussagt

Fabian Hürzeler stand ganz besonders im Mittelpunkt der Aufstiegs-Feierlichkeiten auf St. Pauli und verriet direkt nach Abpfiff, dass ihm der Jubel um seine Person eigentlich fast etwas zu viel war. Seine Gedanken sind bereits wieder bei Wehen Wiesbaden.

Bei den Aufstiegsfeierlichkeiten nach Abpfiff war der kleine Eklat zwischen Eric Smith (l.) und FCSP-Coach Fabian Hürzeler bereits wieder vergessen.

Bei den Aufstiegsfeierlichkeiten nach Abpfiff war der kleine Eklat zwischen Eric Smith (l.) und FCSP-Coach Fabian Hürzeler bereits wieder vergessen.

IMAGO/osnapix

Zwei Bilder bleiben besonders hängen vom Sonntag: Hürzeler auf den Schultern der Fans, und: der Trainer, wie er mit seinem Assistenten Peter Nemeth in den Abendstunden ein Bengalo zündet und dabei “Die Nummer 1 der Stadt sind wir” intoniert. Sein erster Gedanke am Morgen danach, verrät er, sei gewesen, wie St. Pauli nun auch die Nummer 1 in der Liga bleibt. “Als ich am Montagmorgen aufgewacht bin, dachte ich tatsächlich zuerst daran, wie wir gegen Wehen Wiesbaden spielen.” Was im ersten Moment nicht ganz glaubwürdig klingt, wird von dem 31-Jährigen glaubhaft unterfüttert: “Wir wollen jetzt auch Meister werden.”

Pikanterweise würde der Kiez-Klub mit einem Sieg beim aktuell Sechzehnten ausgerechnet dem Erz-Rivalen Hansa Rostock nochmal verhelfen können, im Abstiegskampf einen Fuß in die Tür zu bekommen. Hürzeler aber stellt klar, dass es nicht um Schützenhilfe, sondern ausschließlich um die Schale geht. Die will der 31-Jährige für sich – und für seine Spieler. “Ich finde, es ist noch einmal etwas anderes, ob im Lebenslauf Aufsteiger oder Zweitliga-Meister steht. Außerdem geht es darum, dass die Mannschaft das gewinnt, was sie meiner Meinung nach auch verdient hat für eine überragende Saison – und das ist die Meisterschaft.”

Zwei freie Tage hat er seinen Profis nach dem 3:1 gegen den VfL Osnabrück und der Party gewährt, ab Mittwoch beginnt die Vorbereitung auf den Saisonkehraus, und der Coach ist sicher: “Die Mannschaft ist total motiviert.” Belegbar ist dies unter anderem durch einen beinahe handfesten Disput, der im Aufstiegstaumel ein wenig untergegangen ist: Als Hürzeler den zuvor drei Wochen verletzten Eric Smith in der Schlussphase ausgewechselt hat, ist der Schwede wutentbrannt auf seinen Trainer losgegangen, beide schubsten sich gar kurz. Smith hat sich umgehend dafür entschuldigt, sagt: “Es war zu viel Adrenalin, ich habe viel zu hart reagiert.” Hürzeler findet das selbstredend ebenfalls, erklärt aber auch: “Diese Szene zeigt auch, wie sehr die Jungs brennen.”

Am kommenden Montag hat der FC St. Pauli die große Aufstiegsparty auf dem Spielbudenplatz auf der Reeperbahn geplant – es soll außerdem eine Meisterfeier werden.

Sebastian Wolff

St. Pauli: Nach der Party geht der Kampf um Hartel weiter

Am Tag danach bat der FC St. Pauli zur Elefantenrunde. Mit Oke Göttlich, Andreas Bornemann und Fabian Hürzeler saßen Präsident, Sportchef und Trainer auf dem Podium im Pressekonferenzraum, zogen Bilanz über die Saison und die Aufstiegsfeierlichkeiten und blickten voraus – auch auf die Königspersonalie.

Aufstiegsheld am Millerntor: Marcel Hartel.

Aufstiegsheld am Millerntor: Marcel Hartel.

IMAGO/osnapix

Mit 17 Toren und 13 Vorlagen hat Marcel Hartel mehr geliefert als sich alle Protagonisten von dem in der Vergangenheit stets laufstarken, aber eher torungefährlichen Mittelfeldspieler versprochen hatten. Ganz Wort gehalten aber hat der 28-Jährige nicht. “Heute reißen wir erstmal das Millerntor ab”, hatte er nach dem 3:1 gegen Osnabrück am Sonntag eine ekstatische Party angekündigt. Tatsächlich gingen die Feierlichkeiten in den VIP-Räumen der Südtribüne mit Freunden und Familien lange und wurden zu späterer Stunde noch im NOHO Club fortgesetzt. Das Stadion aber stand noch als Göttlich, Bornemann und Hürzeler nach dem “Tag für die Ewigkeit”, wie ihn Kapitän Jackson Irvine nannte, zur Pressekonferenz luden.

Ein zentraler Punkt der Medienrunde war zum einen tatsächlich das letzte Spiel am kommenden Sonntag bei Wehen Wiesbaden, für das der Trainer einen unmissverständlichen Auftrag formuliert: “Wir wollen unbedingt Meister werden.” Folglich gab es keine vorgezogene Mannschaftsfahrt, sondern nur zwei freie Tage, ehe am Mittwoch das Unternehmen “Meisterfelge” gestartet wird.

Hürzeler: “Es wird jetzt nicht mehr lange dauern”

Der andere zentrale Punkt war Hartel. Der Top-Scorer ist der einzige Eckpfeiler, dessen Vertrag noch nicht verlängert ist. Ein Bekenntnis gab er am Sonntag nicht ab. Hürzeler, der ein enges Verhältnis zu dem filigranen Mittelfeldmann pflegt und nach eigener Auskunft täglich mit ihm spricht und das Zukunftsthema dabei nicht ausspart, sagt: “Es wird jetzt nicht mehr lange dauern.” Wie der Poker ausgeht, sagen weder der Trainer noch der Sportchef. Klar scheint nur: Es wird auch im Trennungsfall kein böses Blut geben. “Es wurde die ganze Zeit über klar und transparent kommuniziert, dass für Cello die Spielklasse entscheidend ist”, erklärt Bornemann, “jetzt haben wir diesbezüglich Klarheit, und jetzt ist der Zeitpunkt, an dem wir die große gegenseitige Wertschätzung abwägen gegenüber persönlichen Dingen.” Die persönlichen Dinge sind vor allem lukrativere Offerten, und dabei geht es nicht ausschließlich um die wirtschaftlichen Möglichkeiten, sondern auch um die sportlichen Aussichten.

Bornemann weiß, dass St. Pauli mit einem Top-Klub nicht mithalten könnte. Dass der sportliche Reiz dann größer wäre beim Profi, die Verdienstmöglichkeiten sowieso. “Es gibt gewisse Grenzen”, sagt der Sportchef. Zur klaren und transparenten Kommunikation gehört auch, dass Bornemann beim Spieler und dessen Berater Dirk Hebel hinterlegt hat, dass St. Pauli für Hartel an die Grenzen gehen will.

Sebastian Wolff

St. Pauli: Großer Erfolg und große Gefühle

Ein Punkt war nötig für die Bundesliga, drei sind es geworden. Der FC St. Pauli feiert nach einem 3:1 gegen den VfL Osnabrück die Rückkehr in die Bundesliga – und das Ganze mit ganz großen Gefühlen.

Der Jubel kennt keine Grenzen: St. Paulis Coach Fabian Hürzeler (Mi.) erhält die obligatorische Bierdusche.

Der Jubel kennt keine Grenzen: St. Paulis Coach Fabian Hürzeler (Mi.) erhält die obligatorische Bierdusche.

IMAGO/Noah Wedel

Jackson Irvine hat in seiner Karriere schon viel erlebt, am Sonntag übermannten den Australier seine Emotionen. In der Mixedzone des Millerntor-Stadions hatte der Kapitän zunächst über den Erfolg und die Besonderheit des Klubs referiert, ehe ihn Teamkollege Eric Smith aus dem Gespräch riss und innig an sich drückte. Bei beiden flossen Tränen, und Irvine hatte Mühe, danach wieder Rede und Antwort stehen zu können. Unter Tränen der Rührung presste der 31-Jährige hervor: “Ich habe die ganze Zeit meiner Karriere darauf gewartet, Teil eines solchen Vereins und einer solchen Gruppe zu sein.”

Wir wollten es selbst regeln und nicht auf der Couch aufsteigen.

Marcel Hartel

Irvine ist weit mehr als nur ein Teil des Vereins und dieser Gruppe, sondern der personifizierte Anführer. Als dieser war er auch gegen den Absteiger Osnabrück vorwegmarschiert, hatte das frühe erste Tor eingeleitet, war beim zweiten Assistgeber und damit Weichensteller in einer Partie, in der die Ausgangslage klar war. Nach dem Düsseldorfer Unentschieden wussten St. Paulis Profis, dass sie einen Punkt brauchen, und Marcel Hartel verrät, dass ihm dieses Szenario lieb war. Für rund eine Stunde war der Kiez-Klub bereits am Samstagabend aufgestiegen, ehe Kiel gegen die Fortuna noch den Ausgleich erzielt hatte. “Ich habe das Spiel natürlich gesehen, und ich habe diese Konstellation bevorzugt. Wir wollten es selbst regeln und nicht auf der Couch aufsteigen.”

Hürzeler denkt auch an Vorgänger Schultz

St. Pauli regelte es mit einem 3:1 selbst – und erinnerte insbesondere in der Anfangsphase und über weite Strecken der zweiten Hälfte wieder an jene Mannschaft, die Teile der Saison wie das heiße Messer durch die Butter geglitten ist. Zuletzt war der Aufstiegsmotor ins Stottern geraten, Fabian Hürzeler aber fand die richtigen Hebel, ihn wieder anzuwerfen. Der Aufstiegstrainer wurde von den Anhängern auf den Schultern über den mit Menschen gefluteten Rasen getragen und verrät: “Das ist mir fast ein wenig zu viel.” Im Moment des Triumphes dachte er auch an seine Anfänge als Co-Trainer und will den Erfolg nicht nur an den eineinhalb Jahren unter seiner Regie als Chef festmachen: “Das hier hat nicht vor eineinhalb Jahren begonnen, sondern es wurde schon in der Zeit mit Timo Schultz eine Basis geschaffen.”

Eine Basis, die so stabil erscheint, dass sich Hürzelers am Sonntag unterlegener Trainerkollege Uwe Koschinat überzeugt zeigt, dass der Aufstieg erst der Anfang ist. “St. Paulis Entwicklung ist absolut beeindruckend. Und ich bin überzeugt, dass der Weg noch nicht zu Ende ist.”

Sebastian Wolff

Göttlichs Idee und Bornemanns Werk – von Hürzeler veredelt

13 Jahre nach dem Abstieg ist der FC St. Pauli zurück in der Bundesliga. Und anders als beim letzten Gastspiel muss es für den Hamburger Stadtteilklub dieses Mal kein einjähriger Aufenthalt im Oberhaus sein. Ein Kommentar von kicker-Reporter Sebastian Wolff.

Blickrichtung Bundesliga: Der FC St. Pauli um Trainer Fabian Hürzeler steht als Aufsteiger fest.

Blickrichtung Bundesliga: Der FC St. Pauli um Trainer Fabian Hürzeler steht als Aufsteiger fest.

imago images

Der Begriff “ausgerechnet” wird im Fußball gern überstrapaziert. Ausgerechnet im Volkspark hatte St. Pauli den ersten Matchball liegen gelassen, ausgerechnet an jenem Wochenende aber, an dem das Scheitern des einst großen Nachbarn HSV feststand, hat sich der einst kleine Nachbar nach oben verabschiedet. Es ist die Krönung einer Entwicklung, die mit der Einstellung von Sportchef Andreas Bornemann 2019 Fahrt und seit der Inthronisierung von Fabian Hürzeler als Coach vor eineinhalb Jahren rasant Tempo aufnahm.

33. Spieltag

Vereinsoberhaupt Oke Göttlich, anfangs von vielen Kritikern in erster Linie als Fan-Präsident wahrgenommen, hat sich früh daran gestört, dass “sein” St. Pauli in der Öffentlichkeit immer wieder als ambitionslos bezeichnet wurde. Unter seiner Führung hat der Kiez-Klub soziale Projekte und Marketingmaßnahmen noch größer geschrieben als zuvor, der Musikunternehmer hat aber immer darauf hingewiesen, dass in erster Linie der Sport den Ton angeben soll. Mit Bornemann gelang ihm seine wohl wichtigste Verpflichtung, weil der gebürtige Badener den Leistungsgedanken implementierte. Nicht mehr die Länge der Vereinszugehörigkeit oder alte Verdienste spielten die Hauptrolle, sondern die Inhalte.

Hürzelers Anstellung war Bornemanns deutlichstes Signal

Mit dieser Herangehensweise zog sich Bornemann zahlreiche blaue Flecke zu, nach der Freistellung von Vereinsikone und Trainer Timo Schultz im Dezember 2022 gar auch dicke Beulen, die Entwicklung aber spricht für sich. Und für ihn. Der Sport-Geschäftsführer krempelte den Kader um, schuf Transferwerte und hatte den Mut, Hürzeler mit gerade einmal 29 Jahren den Cheftrainerjob anzuvertrauen, obwohl St. Pauli seinerzeit im Zweitligaabstiegskampf steckte – es war das deutlichste Signal, dass ihm Überzeugung in eine Idee wichtiger ist als eine politische Entscheidung in eigener Sache.

Hürzeler wiederum veredelte das von Göttlich angeschobene und von Bornemann mit Leben gefüllte Werk auf eindrucksvolle Weise. Er vermittelte der Mannschaft eine Handschrift, mit der sie über weite Strecken dieser Spielzeit Fans und Gegner gleichermaßen beeindruckte. Er gab ihr aber auch ein Rüstzeug, mit dem sie bestehen konnte, als gegen Ende dieser Saison Widerstände auftraten und die Konkurrenz ausgelesen hatte, wie St. Pauli verwundbar ist.

Die Stabilität bietet eine Perspektive in der Bundesliga

Die nachgewiesene Stabilität in der Führung und auf dem Platz, sowie wirtschaftliche Voraussetzungen, die St. Pauli in der Bundesliga zwar wieder in die einst geliebte und gelebte Rolle des Underdogs versetzen, aber nicht zum kleinsten Licht der Liga machen, bieten durchaus die Perspektive, dass der Kiez-Klub nicht zwangsläufig als Absteiger Nummer 1 in die neue Bundesliga-Spielzeit startet.

Selbstläufer Aufstieg? Der Angstgegner kommt!

Auf den ersten Blick scheinen die Vorzeichen klar. Ausgerechnet am Millerntor ist der VfL Osnabrück am Dienstag gegen Schalke (0:4) aus der 2. Liga abgestiegen, die Favoritenrolle scheint vor dem Sonntag klar. Reine Formsache ist St. Paulis Aufstieg dennoch nicht.

Erkennt in der jüngsten Phase so etwas wie eine

Erkennt in der jüngsten Phase so etwas wie eine “Mini-Krise”: St. Paulis Cheftrainer Fabian Hürzeler.

IMAGO/Jan Huebner

Die Erinnerungen von Fabian Hürzeler an die Niedersachsen sind lebendig. Und keineswegs positiv. In der Hinserie trotzte das Schlusslicht St. Pauli ein 1:1 ab, das Testspiel im Wintertrainingslager gewann der VfL gar mit 3:1.

“Sie waren mit die Ersten, die eine Spielweise gefunden haben gegen uns”, sagt der Trainer, “wir hatten im Hinspiel in der Liga große Probleme, und sie haben den Test verdient gewonnen”. Der 31-Jährige erklärt, worauf es ankommt, um die bevorstehenden Probleme zu lösen: “Wir müssen damit klarkommen, dass sie gegen uns sehr mannorientiert agieren. Das müssen wir auflösen, indem wir nicht zu statisch sind, viel rotieren. Dazu brauchen wir hohe Intensität gegen den Ball.” Und einen klaren Kopf.

“Am Ende nehmen wir es, wie es kommt”

Mögliche Feier-Szenarien wurden noch nicht entworfen. Weder für den Fall, dass der Aufstieg womöglich am Samstag durch einen Kieler Sieg gegen Düsseldorf feststeht, noch für den durch einen eigenen Erfolg tags darauf.

“Am Ende nehmen wir es, wie es kommt, und natürlich schauen wir uns das Spiel von Kiel an”, sagt Hürzeler, “aber entscheidend ist, dass wir es selbst entscheiden können. Wir müssen uns nicht auf andere verlassen. Das haben wir die gesamte Saison über nicht getan, und damit fangen wir auch jetzt zwei Spiele vor dem Ende nicht an.”

Drei Niederlagen in fünf Spielen, das hört sich vielleicht ein bisschen nach Mini-Krise an.

Fabian Hürzeler

Dass die zurückliegenden Wochen jedoch anders verlaufen sind als weite Teile der Saison, verhehlt Hürzeler nicht. St. Pauli geht nicht mehr wie das heiße Messer durch die Butter, und der Coach räumt sogar ein: “Drei Niederlagen in fünf Spielen, das hört sich vielleicht ein bisschen nach Mini-Krise an.”

Er nimmt nach der Enttäuschung und den streckenweise mutlosen Auftritt im Stadt-Derby beim HSV (0:1) in den letzten Tagen wieder “eine positivere Stimmung bei jedem Einzelnen” wahr. Eine besondere Form der Ansprache wählt er vor dem Sonntag (13.30 Uhr, LIVE! bei kicker) nicht. “Jeder Einzelne hat andere Bedürfnisse. Das war schon vor dem Stadt-Derby die Frage: Wie groß machen wir das Spiel? Einige sagen jetzt, wir haben es nicht groß genug gemacht, andere wiederum finden vielleicht, wir haben es zu groß gemacht.”

Klar ist: Gegen Absteiger Osnabrück soll Großes geschehen. Sebastian Wolff

Sebastian Wolff