“Einfache Fehler”: Wird es für Nürnberg nochmal “kribbelig”?

In der Offensive zu ungenau und harmlos, im eigenen Ballbesitz zu fehleranfällig. Beim 1. FC Nürnberg läuten nach der Niederlage auf Schalke leise die Alarmglocken.

Konnte die Niederlage trotz starker Paraden nicht verhindern: FCN-Keeper Carl Klaus.

Konnte die Niederlage trotz starker Paraden nicht verhindern: FCN-Keeper Carl Klaus.

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Zwei Kritikpunkte kristallisierten sich bei den Nürnberger Akteuren in der Nachbetrachtung der 0:2-Niederlage auf Schalke heraus. Während sich der Club das Leben aufgrund eigener Fehler selbst schwermachte, fehlte es vor dem gegnerischen Gehäuse schlichtweg – und zum wiederholten Male – an der nötigen Präzision.

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Uzuns Fehler wird “bestraft”

Diese Auffassung teilte unter anderem FCN-Coach Cristian Fiel, der am Sky-Mikrofon vor allem auf zwei Szenen zu sprechen kam, die sinnbildlich für den Auftritt der Franken bei den befreundeten Schalkern gewesen waren.

So wurde nach Ansicht des Trainers etwa eiskalt “bestraft”, dass Can Uzun vor dem ersten Gegentreffer nahe der Mittellinie aufdrehte, ohne zu ahnen, dass ihm S04-Innenverteidiger Marcin Kaminski bereits dicht auf die Pelle gerückt war. “Wenn du nicht weißt, was in deinem Rücken ist, darfst du nicht aufdrehen. Weil die Gefahr, dann den Ball zu verlieren, einfach sehr groß ist”, erklärte der Spanier.

Fiel sei bewusst, dass sein 18-jähriges Mittelfeldjuwel “noch jung ist” und bei ihm entsprechend noch viel Lernpotenzial bestünde. “Er muss das lernen, wir reden da auch drüber. Heute wurde es bestraft”, so der 44-Jährige.

Fiel: “Dann musst du sie irgendwann auch mal machen”

Zuspruch in der Kabine dürfte er dabei vom starken Schlussmann Carl Klaus erhalten, der nach dem Schlusspfiff ähnlich deutliche Worte für den Auftritt der Nürnberger fand. “Wir machen in den entscheidenden Situationen zu sehr dummen Zeitpunkten einfache Fehler, die bitterböse bestraft werden. Das darf nicht passieren, da muss man schnellstens dazulernen, weil wir so unsere eigenen Spiele killen.”

Ein solches Lern- bzw. Verbesserungspotenzial lässt sich derweil auch im Hinblick auf die Chancenverwertung nicht abstreiten. Nicht selten hatten sich die Franken vor das Schalker Gehäuse kombiniert, waren dann aber entweder an Torhüter Marius Müller oder dem eigenen Unvermögen verzweifelt.

Dass wenige Sekunde vor dem Ende auch der eingewechselte und wieder genesene Felix Lohkemper eine Großchance ungenutzt ließ, passte zum Abend der Gäste. “Er weiß selber, ich glaube den muss man machen. Das ist einfach so. Aber ja, es hilft nichts. Wir arbeiten weiter daran, ich wiederhole das gerne: Was du dafür brauchst, sind die Chancen, aber dann musst du sie irgendwann auch mal machen”, fiel diesbezüglich die treffende Analyse des FCN-Trainers aus.

37 Punkte werden in diesem Jahr sicher nicht reichen.

Carl Klaus

Auch für Sechser und Ex-Schalker Florian Flick ist klar, in welchen Bereichen die Nürnberger im Endspurt der aktuellen Spielzeit zulegen müssen. “Erwachsener werden, Profifußball spielen, zielstrebig – da gibt es verschiedene Begriffe, wie man es eingrenzen kann. Aber auf jeden Fall ist es so, dass wir es umsetzen müssen, ansonsten bleiben wir nicht torgefährlich.”

Gelingt dies in den kommenden Spielen nicht, blüht dem Club, der nach dem 25. Spieltag noch elf Punkte Vorsprung auf die Abstiegszone aufweisen konnte, aus Sicht von Keeper Klaus ein “kribbeliges” Saisonfinale. “Es sind noch fünf Spiele, aber wir haben zum Punkten auch nicht ewig Zeit. 37 Punkte werden in diesem Jahr sicher nicht reichen”, blickt der 30-Jährige voraus.

Klaus’ ehrliche Analyse: “Nicht reif genug”

In Berlin kam der 1. FC Nürnberg trotz zweimaliger Zwei-Tore-Führung nicht über ein Remis hinaus. Sowohl Carl Klaus als auch Cristian Fiel waren ganz und gar nicht zufrieden.

Waren nach dem Remis in Berlin unzufrieden: Carl Klaus (li.) und Cristian Fiel.

Waren nach dem Remis in Berlin unzufrieden: Carl Klaus (li.) und Cristian Fiel.

IMAGO/eu-images

“Ich hatte das Gefühl, dass wir alles hatten, was es braucht, um hier zu gewinnen”, sagte Carl Klaus nach dem Spiel am Sky-Mikrofon. Offensiv traf diese These definitiv zu, doch zur Wahrheit gehörte auch, dass der FCN in der Defensive zu nachlässig agierte. Denn als Can Uzun kurz nach der Pause bereits den zweiten Zwei-Tore-Vorsprung des Abends markierte, wusste der Club diesen nicht zu verwalten.

Gespräche zwischen Klaus und dem FCN

Noch vor Minute 60 brachte Haris Tabakovic die Alte Dame zurück ins Spiel und entriss dem FCN mit seinem Doppelpack innerhalb von rund zwei Minuten den sicher geglaubten Sieg. “Insgesamt ist es sehr, sehr bitter”, gab Klaus zu. “Wir hatten einen herausragenden Plan.” Ab der 30. Minute habe der Schlussmann der Nürnberger aber das Gefühl gehabt, passiver geworden zu sein. “Das ärgert mich ungemein”, hielt der 30-Jährige fest, dessen Zukunft angesichts des auslaufenden Vertrags noch nicht geklärt ist (“Es gibt Gespräche, die es aber immer gibt. Es ist aber nichts Konkretes”). Diesen Vorsprung “so schnell herzuschenken” ordnet Klaus als “absolut unnötig” ein.

“Insgesamt muss man sagen, dass wir als Mannschaft noch nicht reif genug sind, um dieses Ergebnis nach Hause zu spielen.” In der Tat verschenkte Nürnberg eher zwei Punkte als dass es im Olympiastadion einen gewann. Etliche Konterchancen auf mögliche Vorentscheidungen – etwa aufs 3:0 oder 4:1 – ließ der Club ungenutzt und musste sich somit mit dem 3:3 bei Hertha zufrieden geben.

Fiel hadert mit dem Remis: “Wir hätten einfach so weiter spielen müssen”

Auch Trainer Cristian Fiel, der wegen seines intensiven Coachings merklich heißer war, wusste, dass “wir dieses Spiel gewinnen müssen”. Weil “manche Situationen einfach nicht passieren dürfen”, sei der 44-Jährige “über dieses Unentschieden sauer”. Etwa Nathaniel Browns unnötiges Foulspiel im eigenen Sechzehner, das den Elfmeter und den späteren Ausgleich verursachte. “Du kannst nicht so offen stehen, wir hätten einfach so weiter spielen müssen”, haderte Fiel mit dem Spielausgang. Besonders auf die Palme brachte den Trainer der leichtfertige Ballverlust unmittelbar vor dem 1:2-Anschlusstreffer kurz vor der Pause. “Dadurch bringst du den Gegner in ein bestimmtes Gefühl.” Dieses Gefühl wurde durch Uzuns Solo-Tor direkt nach dem Seitenwechsel eigentlich im Keim erstickt, doch der FCN schaffte es nicht, dieses Ergebnis über die Zeit zu bringen.

Trotz des aus Sicht der Nürnberger unnötigen Ausgangs war der Auftritt ein Hoffnungsschimmer, nachdem die Stimmung rund um den neunfachen deutschen Meisters besonders wegen der chancenlosen 0:2-Niederlage gegen Tabellenführer St. Pauli zuletzt gedrückt war. Einen neuen Versuch, drei Punkte einzufahren, startet der 1. FC Nürnberg am kommenden Samstag gegen Aufstiegsaspirant Holstein Kiel (13 Uhr, LIVE! bei kicker).