Wenn Real Madrid heute Abend auf die SSC Neapel trifft, können beide fix das Achtelfinal-Ticket buchen. Was daran liegt, dass es dieses Duell 1987 schon mal gab.

Maradona angeleint – und dann schaut auch noch kaum einer zu: Real Madrid gegen SSC Neapel 1987.
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Für Leute wie Silvio Berlusconi wurde eine Ausnahme gemacht. Ansonsten fand das Landesmeister-Cup-Erstrundenspiel zwischen Real Madrid und der SSC Neapel im riesigen Estadio Santiago Bernabeu vor leeren Rängen statt. Weil Ausschreitungen bei den Königlichen im Vorjahres-Halbfinale gegen den FC Bayern ein Geisterspiel zur Folge hatten.
Medienmogul Berlusconi, der 1986 als Besitzer und Präsident bei der AC Mailand eingestiegen war und auch im Sinne seines neuen Projekts größer dachte, saß auf der verwaisten Tribüne und fasste sich an den Kopf. Dass der Weltklub Real Madrid und der Weltspieler Diego Maradona schon in der ersten Runde des Europapokals aufeinandertrafen und sich einer der beiden durch den gängigen K.-o.-Modus zwangsläufig schon im September aus dem größten europäischen Vereinswettbewerb verabschieden würde, machte Berlusconi fassungslos.
In einem Interview mit “World Soccer” bezeichnete er den Aufbau des Landesmeister-Cups in diesen Jahren einmal als “historischen Anachronismus”, als “ökonomischen Unsinn”, nicht als “modernes Denken”. Ein vor allem kommerzielles Denken natürlich.
Während die TV-Präsenz des Fußballs immer größer und für dessen Entwicklung immer entscheidender wurde, strebte der mächtige Berlusconi Änderungen an. Ziemlich entschlossen und ziemlich öffentlich. Schon in den späten 1980er Jahren feilte er – inklusive dieser Bezeichnung – an einer “Super League”, in der die besten Mannschaften Europas regelmäßig aufeinandertrafen, in der man sich der lukrativsten Spiele nicht selbst beraubte.
Die UEFA reagiert mit der Champions League
Er ließ ein konkretes Konzept erarbeiten, das zwar nicht das reine sportliche Interesse in den Vordergrund stellte, das die UEFA durch die unvermeidlichen wirtschaftlichen Potenziale dieser Idee aber zum Handeln zwang. Nachdem Berlusconis Milan 1989 und 1990 noch im Europapokal der Landesmeister triumphiert hatte – mit der Gefahr, schon in der ersten Runde auszuscheiden -, wich dieser Wettbewerb ab 1992/93 der Champions League, die gleich deutlich Top-Team-freundlicher daherkam. Die Gruppenphase macht’s möglich.
Heute steht Real Madrid, das sich damals mit 2:0 und 1:1 durchgesetzt hatte, bereits nach vier von sechs Gruppenspielen sicher im Achtelfinale, Neapel könnte den Königlichen am Mittwochabend (21 Uhr, LIVE! bei kicker) schon folgen.
Ab kommender Saison wird es angesichts der nächsten Champions-League-Reform sogar noch schwerer für die Schwergewichte, nicht international zu überwintern – eine nur bedingt ausgewogenere Alternative zur Super League, deren Umsetzung zuletzt Real-Präsident Florentino Perez vorantrieb. Berlusconi, im Juni im Alter von 86 Jahren verstorben, hätte wohl beides gefallen.