Weshalb Kroos ohne Kuchen kam

Weshalb Kroos ohne Kuchen kam

Überraschungen sind bei Toni Kroos selten an der Tagesordnung. Deutschlands Mittelfeldchef ist ein Muster an Verlässlichkeit und demonstrierte dies selbst auf der Pressekonferenz am Mittwoch im “Home Ground”. Seine entscheidende Botschaft: Es soll nicht seine letzte gewesen sein.

Ganz gelassen - ob auf dem Platz oder dem Pressekonferenzpodium: Toni Kroos.

Ganz gelassen – ob auf dem Platz oder dem Pressekonferenzpodium: Toni Kroos.

picture alliance/dpa

Toni Kroos war natürlich auf die Frage nach dem Ende vorbereitet. Sie kam gleich am Anfang. Der K.-o.-Modus und die Klasse des Gegners bedingen, dass das Viertelfinale am Freitagabend (18 Uhr, LIVE! bei kicker) gegen seine sportliche Wahlheimat Spanien das letzte seiner nach dem Turnier endenden Karriere sein könnte. “Pressekonferenzen”, sagt der 34-jährige Weltstar und lächelt etwas herausfordern in die Runde, “werde ich weniger vermissen als Fußballspiele.” Ans Vermissen aber denkt der gebürtige Greifswalder ohnehin noch nicht: “Ich bin nicht nostalgisch. Ich habe keinen Kuchen mitgebracht, ich gehe nicht davon aus, dass das hier meine letzte Pressekonferenz und dass am Freitag mein letztes Spiel ist.”

Zum Spiel:

Es soll auch nach dem Abend von Stuttgart weitergehen. Für Deutschland und für Kroos. Der im März als Anführer zurückgekehrte Mittelfeldmann ist weit davon entfernt, das Viertelfinale gegen Spanien als Bonusspiel anzusehen. “Mit Blick darauf, wie groß die Zweifel an uns waren, was nach den letzten Turniere ja auch berechtigt war, haben wir jetzt unser Minimalziel erreicht”, erklärt er, “man kann jetzt in jedem Fall nachher nicht mehr von einer Katastrophe sprechen.”

Kroos aber ist in seiner Laufbahn nie nur angetreten, um Katastrophen oder Niederlagen abzuwenden, sondern stets, um Großes zu gewinnen. “Es geht nicht um einen Bonus. Wir sind jetzt in einer Phase des Turniers, in die wir unbedingt wollten. Aber wir alle haben auch das Ziel, dieses Turnier zu gewinnen.”

Das Ziel, Europameister zu werden, hatte der frühere Bayern-Profi schon zu einem Zeitpunkt, da hierzulande kaum jemand davon auch nur zu träumen gewagt hatte – nämlich vor seinem Comeback, mit dem das Wendemanöver erst begann. “Der EM-Titel hätte für mich eine Riesen-Bedeutung und er wäre ein sensationelles Ende. Wenn ich den Glauben daran nicht gehabt hätte, dann hätte ich es auch überhaupt nicht gemacht.” Dass sein Real-Kollege, Spaniens-Stürmer Joselu, angekündigt hat, ihn nun in Rente schicken zu wollen, quittiert Kroos mit einem Lächeln: “Ich kann verstehen, was seine Idee dahinter ist. Ich lasse ihm den Wunsch, werde aber alles dafür tun, dass der nicht in Erfüllung geht.”

“Es geht nicht immer nur darum, Dinge weiterzugeben, du musst es fühlen”

Kroos strahlt während der rund 30 Minuten auf dem Pressekonferenzpodium jene Gelassenheit aus, die er auch im Spiel versprüht, er antwortet zum Schluss auch auf Spanisch, strahlt aus, dass ihn nichts aus der Ruhe bringt. Ob er diese als Real-Gen titulierte Identität auch in die DFB-Elf bringen könnte, wurde Kroos gegen Ende gefragt. Er antwortete darauf mit der Tiefe eines Schnittstellen-Passes. “Es geht nicht immer nur darum, Dinge weiterzugeben, du musst es fühlen. Und das geht über Ergebnisse und Erlebnisse.”

Die Nationalelf sieht er hinsichtlich dieses Gefühls auf dem richtigen Weg. “Der späte 2:1-Sieg im März gegen die Niederlande hat uns viel gegeben. Es lief auch seitdem nicht alles glatt, aber man sieht unsere Schritte und, dass wir immer daran glauben. Wir haben jetzt einen anderen Glauben und gewinnen inzwischen Spiele, die wir vor einiger Zeit deutlich verloren hätten.” Der Freitag wäre ein geeigneter Zeitpunkt, den nächsten Beweis für diese These zu liefern.

Sebastian Wolff