Neuers Paraden gegen die Zweifel

Neuers Paraden gegen die Zweifel

Manuel Neuer war gegen Ungarn in entscheidenden Momenten zur Stelle und lässt seine Kritiker durch starke Aktionen verstummen.

Schon jetzt ein Bild dieser EM: Joshua Kimmich und Jonathan Tah feiern Manuel Neuer gegen Ungarn.

Schon jetzt ein Bild dieser EM: Joshua Kimmich und Jonathan Tah feiern Manuel Neuer gegen Ungarn.

picture alliance / GES/Marvin Ibo G?ng?r

Im Eröffnungsspiel gegen Schottland hatte Manuel Neuer praktisch keine Gelegenheit zur Auszeichnung – beim Ehrentreffer durch Antonio Rüdigers Eigentor war er chancenlos. Und so musste sich der Weltmeister und Teamsenior zu Wochenbeginn bei der Pressekonferenz im DFB-Quartier noch immer Fragen gefallen lassen nach seinen Patzern und Schwächemomenten in den vergangenen zwei Monaten und zu seiner aktuellen Form.

Neuer ließ die versteckte Kritik abprallen wie an guten Tagen die Schüsse der Gegner. “Ich habe mir um diese Debatten keine großen Gedanken gemacht. Ich habe das eher von außen betrachtet und mir nichts durchgelesen”, entgegnete der Münchner und betonte, was für ihn von Bedeutung sei: “Wichtig ist das Vertrauensverhältnis mit den Spielern und dem Trainerteam, und da ist das Vertrauen sehr groß.”

Sallai und Szoboszlai verzweifeln an Neuer

Tatsächlich hatten Bundestrainer Julian Nagelsmann und die Nationalspieler in den vergangenen drei Wochen immer wieder und im Brustton der Überzeugung betont, wie wertvoll ihre Nummer 1 als Rückhalt sei, wie beruhigend Neuers Ausstrahlung und Körpersprache auf die Vorderleute wirke.

Gegen die Ungarn ließ der Hochgelobte gleich in der ersten Minute Taten sprechen, indem er nach Joshua Kimmichs verunglückter Abwehraktion reaktionsschnell nach vorn eilte und den Ball vor dem heranstürmenden Freiburger Roland Sallai aus der Gefahrenzone beförderte. Und er ließ in der 26. Minute eine zweite beeindruckende Parade gegen die Zweifel folgen, als er einen Freistoß des Liverpooler Kunstschützen Dominik Szoboszlai aus dem rechten Torwinkel fischte und beim Nachschuss mit dem Fuß zur Stelle war.

Kimmich und Jonathan Tah herzten danach anerkennend den Keeper, von den Rängen gab es tosenden Beifall für die Rettungstat. Dass er kurz vor Schluss eine Szoboszlai-Flanke nicht festhielt und sich bei Kimmich bedanken konnte, dass dieser akrobatisch den Anschlusstreffer verhinderte, war an diesem Abend nicht mehr als eine Nebensächlichkeit. Erstmals seit dem 3:0-Achtelfinalsieg gegen die Slowakei am 26. Juni 2016 blieb Deutschland damit in einem EM-Spiel ohne Gegentor.

Wir können uns bei Manuel Neuer bedanken, er hat einen sehr guten Job gemacht.

Antonio Rüdiger

“Wir wollten unbedingt das Spiel gegen Schottland bestätigen, und wir wissen auch, dass es in der Vergangenheit nicht so leicht war, gegen Ungarn zu spielen und das zweite Gruppenspiel siegreich zu bestreiten. Deshalb freut es uns, dass wir hier in Stuttgart so einen dominanten Aufgalopp gehabt haben und gewonnen haben”, sagte Neuer nach der Partie, die sein 17. EM-Einsatz war. Damit zog er mit Italiens Torwart-Denkmal Gianluigi Buffon als EM-Rekordkeeper gleich und kann ihn am Sonntag gegen die Schweiz überflügeln.

Das Spiel gegen ungarn zum Nachlesen

Zu seiner eigenen Leistung äußerte sich Neuer nicht, über die sprachen dafür andere. “Wir können uns bei Manuel Neuer bedanken, er hat einen sehr guten Job gemacht”, sagte Abwehrchef Antonio Rüdiger, ähnlich äußerte sich Maximilian Mittelstädt. “Er hat das eine oder andere Mal exzellent pariert und uns im Spiel gehalten. Genau dafür ist er da”, sagte der Stuttgarter Linksverteidiger und ergänzte: “Es gibt uns da vorn ein gutes Gefühl, ihn hintendrin zu haben.”

Das Gefühl will Neuer seinen Vorderleuten auch am Sonntag gegen die Schweiz (21 Uhr, LIVE! bei kicker) vermitteln – und möglichst noch vier weitere Male in diesem Turnier. Und dann? “Das kann ich jetzt noch nicht verraten”, entgegnete er, “aber ich werde mir meine Gedanken nach dem Turnier machen.”

Oliver Hartmann