Neuer – großer Stolz und ein Wackler

Neuer – großer Stolz und ein Wackler

Das Comeback von Manuel Neuer, 550 Tage nach seinem letzten Länderspiel bei der WM in Katar, war das beherrschende Thema vor der Partie gegen die Ukraine. Und das war es auch nach dem 0:0 – weil ein Fehler des 38-Jährigen beinahe folgenschwer gewesen wäre.

Manuel Neuer gab am Montag sein Comeback im DFB-Tor.

Manuel Neuer gab am Montag sein Comeback im DFB-Tor.

IMAGO/Sven Simon

Bis zur vorletzten Minute in Nürnberg hatte der Münchner einen stabilen Vortrag abgeliefert, dann einen etwas zu kurz geratenen Rückpass von Robin Koch gut antizipiert, im Anschluss aber die falsche Entscheidung getroffen und den Ball direkt auf Andriy Yarmolenko gespielt. Einzig der Gedanke des Ex-Dortmunders, den im Abseits postierten Artem Dovbyk anzuspielen, anstatt selbst das verwaiste Tor anzuvisieren, bewahrte die deutsche Elf vor dem 0:1 – und Manuel Neuer vor noch größeren Diskussionen. Ganz und gar ersticken lassen sich die Debatten um den früheren Welttorhüter dennoch nicht, weil er zuletzt immer wieder Mal einzelne Aussetzer hatte.

Spielbericht

Neuer sieht in der Analyse der Situation keinen Fehler. “Robin hat den Ball gespielt, der ist ein bisschen zu kurz gewesen. Im Blickfeld habe ich Yarmolenko gar nicht gesehen, sondern nur Maxi Mittelstädt. Robin hat sich auch etwas nach links fallen lassen. Es war für mich eigentlich eine klare Situation, dass ich den Ball chippe.” So klar wie der Keeper hat selbst sein früherer Teamkollege Bastian Schweinsteiger den fast entscheidenden Moment in seiner Rolle als ARD-Experte nicht bewertet: “Ich weiß auch nicht, was er da gesehen hat, aber den Ball muss er wegschießen. Das weiß er auch selbst.”

Bei Neuer überwiegen die positiven Emotionen

Was unterm Strich bleibt, ist ein emotionales Comeback, bei dem der Weltmeistertorwart von 2014 jedoch nicht die jüngst hinterlassenen Eindrücke völlig ausradieren konnte, obwohl er bis zu besagter Szene überaus verlässlich agiert hatte. Bei ihm indes überwiegen die positiven Emotionen, dass ihn sein langer Weg nach dem Beinbruch nun zurück ins DFB-Tor gebracht hat. “Ich verspüre auf jeden Fall Stolz. Es war ein langer und steiniger Weg, ich habe hart dafür gearbeitet.” Wie hart, sagt er offen und ehrlich: “Wenn ich nicht drangeblieben wäre, dann hätte ich es nicht geschafft.”

Die Beharrlichkeit und die Ausstrahlung in den ersten Monaten nach dem Comeback hatten Julian Nagelsmann dazu bewogen, sich auf Neuer als Nummer 1 bei der Heim-EM festzulegen, obwohl Marc-André ter Stegen leistungsmäßig aus dem Schatten des Münchners getreten war. Neuer äußert durchaus Mitgefühl für den Rivalen: “Marc kennt die Situation, leider für ihn. Es ist ein bekanntes Problem, dass die Entscheidung auf der Torhüter-Position immer schwer ist. Es wird sich häufig frühzeitig festgelegt, damit eine gewisse Sicherheit hergestellt ist.”

Nun ist es an Neuer, Sicherheit auszustrahlen. Wie bei seinen letzten Bayern-Auftritten ist ihm dies über weite Strecken gelungen. Aber nicht durchgängig.

Sebastian Wolff