“Waren wir Favorit in der Gruppe? Oder gegen Atletico?”

“Waren wir Favorit in der Gruppe? Oder gegen Atletico?”

Zwei Halbfinalspiele gegen Paris Saint-Germain trennen Borussia Dortmund noch vom ersten Finaleinzug in der Champions League seit 2013. Der BVB geht die Herausforderung gegen die favorisierten Pariser mutig an. Trainer Edin Terzic gibt dabei den Takt vor.

Edin Terzic schwor seine Mannschaft auf das Champions-League-Halbfinale ein.

Edin Terzic schwor seine Mannschaft auf das Champions-League-Halbfinale ein.

IMAGO/Beautiful Sports

Es war Julian Brandt, der nach dem 4:2-Erfolg gegen Atletico Madrid, der Dortmund erstmals seit 2013 ins Halbfinale der Champions League brachte, sagte, es mache keinen Sinn, auszuscheiden, wenn man schon mal im Halbfinale sei. Es war ein typischer Brandt-Satz voller Wahrheit – den BVB-Trainer Edin Terzic vor dem morgigen Hinspiel gegen Paris Saint-Germain dankend aufnahm. “Jeder muss jetzt erkennen, welche Möglichkeit wir haben, etwas Großes zu erreichen”, sagte der 41-Jährige auf der Pressekonferenz am Tag vor dem Spiel im Dortmunder Stadion und gab damit den Takt vor. Aggressivität, Intensität, Widerstandsfähigkeit – all das müsse man am Mittwochabend investieren. “Wenn wir dazu bereit sind, dann bekommen wir die nötige Portion Glück. Dann haben wir eine Riesenmöglichkeit. Und die sollten wir nutzen.”

“Wenn die Chance da ist, muss man sie ergreifen”

Erfrischend mutig und offensiv trat Terzic bei seinem gut halbstündigen Pressegespräch auf, auch wenn auf dem Papier die Rollen klar verteilt sind: Das mit katarischem Geld finanzierte PSG verfolgt seit Jahren das ambitionierte Ziel, die Königsklasse zu gewinnen, und ist bereit, dafür massiv in den eigenen Kader zu investieren. Bei der Borussia dagegen werden die Spieler zwar auch nicht mit Erdnüssen bezahlt, aber dennoch ist bereits der Halbfinaleinzug der größte internationale Erfolg seit 2013, als man im Champions-League-Finale in Wembley dem FC Bayern mit 1:2 unterlag.

“Wenn wir 44 Spiele gegen Paris spielen, dann wird es schwierig für uns”, sagte Terzic, “aber es sind nur zwei Spiele – und da ist alles drin für uns.” Zumal seine Mannschaft auch in der jüngeren Vergangenheit nicht immer als die stärkere Mannschaft eingeschätzt wurde. “Waren wir Favorit in der Gruppe? Oder gegen Atletico?”, fragte er rhetorisch und fügte dann hinzu: “Wir sind vielleicht die Mannschaft mit der zu diesem Zeitpunkt wenigsten Erfahrung. Aber vielleicht auch die mit dem größten Hunger. Das müssen wir zu unserem Vorteil ausnutzen.” Ihm sei es egal, ob Paris der Favorit sei. “So lange wir eine Chance haben. Diese Chance sehe ich. Und wenn sie da ist, muss man sie ergreifen.”

PSGs Offensive: Mehr als Mbappé

Wie groß die sportliche Herausforderung ist, belegt ein Blick in die Offensivabteilung von Paris: Superstar Kylian Mbappé traf in dieser Saison in 44 Pflichtspielen 43 Mal. Doch sich alleine auf ihn zu konzentrieren, wäre ein schlechtes Mittel, um Paris zu bremsen, stehen doch auch Ausnahmekönner wie die Ex-Dortmunder Ousmane Dembélé und Achraf Hakimi, Goncalo Ramos oder der frühere Frankfurter Randal Kolo Muani im Kader von Trainer Luis Enrique.

“PSG ist extrem flexibel, extrem schnell. Sie können die Positionen jederzeit anpassen und die Grundordnung wechseln”, sagte Terzic und verwies auf die beiden Gruppenspiele des BVB gegen Paris. Im ersten waren die Dortmund in Paris deutlich unterlegen, weil das eigene Ballbesitzspiel nicht wie gewünscht funktionierte und die vorhandenen Konterräume nicht genutzt wurden. Im Rückspiel dagegen war die Partie wesentlich offener, beide Teams hatten Chancen auf den Sieg – dem der BVB am Ende einen Tick näher war als PSG. “Die Leistung von damals müssen wir jetzt noch mal toppen. Dass wir das können, haben wir in dieser Saison bereits gezeigt.” Im Rückspiel gegen Atletico etwa, oder beim Sieg in München in der Liga (2:0). Nicht wegzudiskutieren sind allerdings auch viele schwächere Spiele des BVB – wie zuletzt beim 1:4 in Leipzig.

Das Gute an engen Spielen? “Man kann sie gewinnen!”

Am Mittwoch allerdings dürfte die Situation anders sein als am vergangenen Samstag. Schon allein aufgrund der Kulisse. “Morgen Abend wird ein besonderer Abend werden”, sagte Terzic, der auf das Champions-League-Gesicht seiner Mannschaft hoffen dürfte. Die Maßgabe für seine Spieler ist klar, die Prinzipien für das eigene Spiel kommuniziert. Etwa, dass die Abstände eng gehalten und immer das eigene Tor und der Ball bei der Positionierung im Blick gehalten werden sollen. “Wir haben einen genauen Plan, was wir tun müssen, aber wir dürfen auch nicht übercoachen”, erklärte Terzic die Herangehensweise, die zu zwei engen Spielen führen soll. “Und das Gute an engen Spielen ist: Man kann sie gewinnen!”

Matthias Dersch