Das schwere Los von Last-Minute-Experte Schick

Angreifer Patrik Schick schießt Bayer zum 2:1-Sieg gegen Hoffenheim. Zum wiederholten Mal trifft er in der Nachspielzeit – rundum glücklich kann der 28-Jährige allerdings nicht sein.

Bayer-Angreifer Patrik Schick beim Jubel gegen Hoffenheim.

Bayer-Angreifer Patrik Schick beim Jubel gegen Hoffenheim.

IMAGO/Jürgen Schwarz

Es war eine dieser Szenen, die ein Mittelstürmer liebt. Über die rechte Seite brach Bayer durch, Josip Stanisic bediente den mit Tempo eingestarteten Nathan Tella, der wiederum nicht lange zögerte und den Ball scharf und halbhoch in die Mitte flankte – Angreifer Patrik Schick hatte sich dort schon in Position gebracht und traf aus kurzer Distanz zum 2:1-Sieg gegen Hoffenheim.

Bereits in den beiden Europa-League-Achtelfinalduellen mit Qarabag Agdam hatte der Tscheche insgesamt drei Tore in der Nachspielzeit erzielt beim 2:2 und 3:2. Gegen die TSG am vergangenen Samstag gelang ihm nun sein vierter Last-Minute-Treffer binnen drei Wochen – so langsam entwickelt sich der 28-Jährige, der wettbewerbsübergreifend elf Tore in seiner Bilanz stehen hat, ganz offensichtlich zu einem Spezialisten für diese Großtaten kurz vor Schluss.

Schick ist gegen Hoffenheim nur 18-mal am Ball

Schick sprach danach von einem “unglaublich harten Spiel, leider mussten wir erneut bis zur letzten Minute kämpfen”. Er sei “sehr glücklich” über das “unglaubliche Finish”, erklärte er lächelnd, allerdings bemerkte Bayers Nummer 14 auch: “Ich würde glücklicher sein, wenn das früher kommt.” Das siegbringende, das entscheidende Tor.

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Zuvor indes mangelte es der Werkself gegen Hoffenheim an Effizienz. Und Schick an Aktionen. Zwar besaß er vor seinem Siegtreffer zwei Schusschancen – eine gute (76.) und eine eher mittelgute (82.) -, war aber zum wiederholten Mal nur sehr bedingt eingebunden. Letztlich hatte Schick 18 Ballkontakte in dieser Partie, die er lediglich wegen seines Tores und der dadurch ausgelösten Emotionen in Erinnerung behalten dürfte.

Hoffenheim steht gegen Bayer extrem tief

Denn, so formulierte es der Bayer-Profi: “Diese Spiele sind nicht schön für einen Stürmer. Du spielst viel ohne Ball, alle Gegenspieler sind hinter dem Ball, und es ist schwierig, zu Chancen zu kommen.” Wie so einige der Leverkusener Gegner in diesen Monaten stand die TSG sehr tief, formierte fünf Verteidiger in der letzten Linie, stellte das Zentrum zu und oftmals nur Maximilian Beier als Konterspieler ab.

Dementsprechend wenig Raum ergab sich dem eifrig arbeitenden Angreifer, der zudem lange auf die passenden, verwertbaren Zuspiele wartete. Hereingaben flogen zwar durchaus in den Strafraum – auch in der ersten Hälfte, in der Leverkusen zu weniger Abschlussaktionen kam und logischerweise noch nicht all seine Offensivkräfte bündelte -, doch sie blieben oft ungenau oder wurden von der tiefen, vielbeinigen TSG-Abwehr geklärt.

Schick findet Bayers Spiel “nicht so fesselnd”

Es ist das schwere Los des Mittelstürmers, wenn er in solch einer dominanten Mannschaft spielt, die auf Kontrolle setzt und sich den oft abwartenden und lauernden Gegner zurechtlegen muss: Der ohnehin schon nicht üppige Platz in der Gefahrenzone schrumpft immer weiter zusammen, es wimmelt nur so vor Gegnerbeinen – und wird ungleich komplizierter für einen Neuner wie ihn.

“Wir spielen spanisches Tiki-Taka, was für einen Stürmer nicht so fesselnd ist”, hatte Schick unlängst bereits in einem TV-Interview dem “Tschechischen Fernsehen” gesagt. Nachvollziehbar. Doch er arrangiert sich damit, will und muss “zur richtigen Zeit am richtigen Platz sein”, wie er seinen Auftrag nun selbst umriss – und lieferte zuletzt beständig. In den vergangenen fünf Pflichtspielen steuerte Schick fünf Tore bei, er ist wieder ein wichtiger Faktor, nachdem er in diesem Jahr zwischenzeitlich noch auf sein erstes Tor warten musste.

Xabi Alonso und Rolfes loben Schick

Am Samstag verdiente er sich daher ein Extralob seiner Chefs. “In der ersten Halbzeit”, rekapitulierte Trainer Xabi Alonso, “hatten wir nicht so viele Aktionen. Tim Drexler, Florian Grillitsch und Ozan Kabak haben es gut kontrolliert, waren in der Nähe, darum gab es nicht viel Raum. Ein Stürmer muss aber geduldig sein, muss daran glauben, dass sich eine Chance ergibt – und Patrik war im richtigen Moment da.”

Schick verfüge über eine “hohe Abschlussqualität”, lobte derweil Geschäftsführer Simon Rolfes. Diese Klasse habe der Angreifer unter Beweis stellen können, nachdem er zuvor viel für das Team hatte arbeiten müssen. “Als Stürmer musst du bis zur letzten Sekunde auf deine Chance warten, und das macht er.” Gegen die TSG traf Schick – knapp nicht im Abseits – zum 23. Ligasieg des Fast-Meisters. Es war eine dieser Szenen, die ein Mittelstürmer liebt. Und die Bayers Neuner gegen Düsseldorf im Pokal gewiss wieder suchen wird.

Leon Elspaß