Azmoun in Hoffenheim: Härtetest für den Heilsbringer

Mit zwei souveränen Siegen bei abgeschlagenen Fürthern und gegen auf die Europa League fokussierte Frankfurter hat sich Bayer 04 im Rennen um die Champions-League-Qualifikation in eine gute Ausgangsposition gebracht. Entscheidenden Anteil daran hat Sardar Azmoun.

Spielte sich zuletzt in den Fokus: Sardar Azmoun.

Spielte sich zuletzt in den Fokus: Sardar Azmoun.

IMAGO/Treese

Am Samstag kann Bayer bei 1899 Hoffenheim die Qualifikation für die Champions League vorzeitig klarmachen. Gelingt dies nicht, kommt es am 34. Spieltag zum großen Finale gegen den direkten Mitbewerber SC Freiburg. Eine Konstellation, die sie in Leverkusen unbedingt vermeiden möchten.

Siegt die Werkself in Sinsheim, ist das wichtigste Saisonziel erreicht, zu dem Sardar Azmoun bis einschließlich des 30. Spieltags noch keinen entscheidenden Beitrag geleistet hatte: vier Kurzeinsätze standen bis dahin für ihn zu Buche und einer von Beginn an in Wolfsburg, als beim wenig überzeugenden 2:0-Sieg von Bayer deutlich wurde, dass der Iraner noch nicht die körperliche Verfassung hatte, um wirklich Akzente setzen zu können.

Bis zum 31. Spieltag also hätten sich Beobachter fragen können: Warum hat Bayer den Angreifer, der aufgrund der Winterruhe der russischen Liga und einer Fußverletzung aus einer fast zweimonatigen fußballlosen Pause kam, schon im Januar für 2,5 Millionen Euro und nicht erst im Sommer und dann ablösefrei verpflichtet? Die Antwort liefert der 27-Jährige seit zwei Partien.

Beim 4:1-Sieg in Fürth wusste der Mittelstürmer, der auch als hängende Spitze spielen kann und dies hinter Torjäger Patrik Schick inzwischen zweimal spielerisch glänzend machte, erstmals zu überzeugen. Nicht nur weil er seinen ersten Bundesligatreffer erzielte, sondern auch weil er als Ideengeber fungierte, schlaue Pässe spielte.

Am Montag beim 2:0-Sieg gegen Frankfurt schwang sich der Nationalspieler vor der Pause gar zum auffälligsten Akteur auf, sorgte für Spielwitz und übernahm die Rolle des Katalysators im Leverkusener Offensivspiel, die seit der Kreuzbandverletzung von Topstar Florian Wirtz Mitte März nicht mehr adäquat besetzt war.

Mit Azmoun kehrt die Leichtigkeit zurück

“Wir haben immer betont, dass die Zehnerposition als Verbindung zwischen Mittelfeld und Sturm für unser Spiel wichtig ist. Natürlich haben wir da einen Spieler wie Florian, den wir extrem vermissen, aber Sardar Azmoun hat die Fähigkeiten, diese Rolle ein bisschen anders zu interpretieren, in diesen Zwischenräumen zu agieren”, erklärt Seoane, der dem Rechtsfuß gegen Frankfurt eine “starke Leistung” attestiert.

Mit Azmoun ist wieder etwas spielerische Leichtigkeit in die Auftritte von Bayer 04 zurückgekehrt. Gelingt es dem Angreifer am Samstag bei 1899 Hoffenheim ähnlich erfolgreich, den Auftritt der Seoane-Elf zu inspirieren und diese zum dritten Sieg in Serie zu führen, wäre die Frage nach dem Grund für den Zeitpunkt seiner Verpflichtung beantwortet. Dann wäre Azmoun nämlich in der heißen Saisonphase das Zünglein an der Waage.

Abzuwarten bleibt, wie der Profi, der wegen zweier bakterieller Infekte in Leverkusen verspätet seine Form fand, nun gegen eine Mannschaft der Klasse der TSG zur Geltung kommt. Körperlich hat er entscheidend aufgeholt. “Sardar hat jetzt physisch eine gute Entwicklung genommen. Er hat extrem viel investiert”, lobt Seoane den Schleicher zwischen den Linien, der zudem “eine gewisse Erfahrung” mitbringe.

Fürth und Frankfurt forderten Azmoun wenig

Für Azmoun und Bayer wird die Partie in Sinsheim zum echten Härtetest. Beim abgeschlagenen Schlusslicht Fürth war es damals noch nicht ins Gewicht gefallen, dass Azmoun mehr als Stürmer denn als offensiver Mittelfeldspieler agierte und Bayer dadurch defensiv weniger kompakt agierte. Und auch die zwischen zwei Europa-League-Halbfinals nicht mit letztere Konsequenz und bester Besetzung antretende Frankfurter Eintracht stellte keinen Gegner dar, der Bayer und den noch nicht bei 100 Prozent befindlichen Azmoun in der Defensivarbeit wirklich forderte.

1899 Hoffenheim dürfte dazu trotz einer Sieglos-Serie von sieben Ligaspielen in der Lage sein. Seoane schätzt die TSG zurecht von der Homogenität und der Spielanlage her als “sehr stark” ein. Besteht Azmoun in seinem aktuellen Fitnesszustand auch diese Prüfung und verhindert Bayer ein Finale um die Champions-League-Qualifikation am letzten Spieltag gegen den SC Freiburg, wäre Bayers Transferplan aus dem Januar mit etwas Verspätung dann doch noch voll aufgegangen.

Stephan von Nocks