“Ein Jahrhundert voller Emotionen”: AEK feiert seinen 100. Geburtstag

Der griechische Meister feiert sein 100. Jubiläum und träumt von weiteren Erfolgen. Der Startschuss für die Feierlichkeiten fiel am Samstagnachmittag in der neuen Arena. Dabei spielte ein gelber Heißluftballon eine große Rolle.

Der ehemaliger Frankfurter und Hoffenheimer Mijat Gacinovic jubelt aktuell für AEK.

Der ehemaliger Frankfurter und Hoffenheimer Mijat Gacinovic jubelt aktuell für AEK.

IMAGO/One Inch Productions

AEK wurde am 13. April 1924 im Zentrum Athens gegründet. Ein Großteil der 41 Gründer waren Flüchtlinge aus dem heutigen Istanbul. Hundert Jahre danach weist der drittgrößte griechische Fußballverein 13 Meister- und 16 Pokaltitel auf. Doch sein größter Erfolg ist die Tatsache, dass man auch ein Jahrhundert danach weitestgehend so emotional denkt und agiert wie einst bei der Gründung.

Olympiakos ist in Hellas der erfolgreichste Klub mit den meisten Titeln, Panathinaikos der mit den meisten europäischen Highlights und PAOK mit den treuesten und verrücktesten Fans. AEK darf damit trumpfen, der emotionalste Verein Griechenlands zu sein. Selten war es in den hundert Jahren bei und rund um AEK langweilig. Erfolge und Abstürze (auch finanzieller Art) wechselten sich regelmäßig ab.

So konnten die einstigen Flüchtlinge das erste Double im griechischen Fußball im weit zurückliegenden Jahr 1939 feiern. Oder den ersten europäischen Titel in einem Mannschaftssport, als 1968 im Finale des Basketball-Pokals der Pokalsieger Slavia Prag vor 100.000 Zuschauern geschlagen wurde. Im Freien, im alten Panathinaiko Stadion, das für Olympia 1896 gebaut wurde. AEK war auch das erste griechische Team in einer Champions-League-Gruppenphase im Jahr 1994. Und hält heute immer noch den eher unrühmlichen Rekord als einziges Team ungeschlagen aus einer CL-Gruppenphase ausgeschieden zu sein (2002). Tiefpunkt war der Abstieg 2013. Erst im Jahr 2015 kehrte AEK ins Oberhaus zurück und krönte die Saison mit dem Pokalsieg gegen Olympiakos. Es folgten der Meistertitel 2018 und das letztjährige Double.

Jugendspieler von Partizan Belgrad

Jugendspieler von Partizan Belgrad trugen 1999 ebenfalls Shirts mit einer Friedensbotschaft.
picture-alliance / dpa

Friedensbotschaft in Belgrad

Das außergewöhnlichste Spiel sollte jedoch das am 7. April 1999 in Belgrad sein. Über Nacht flog das Team nach Ungarn und fuhr von dort heimlich mit dem Bus nach Belgrad. Der Auftrag, in der damals von der NATO bombardierten serbischen Hauptstadt war simpel: “Stopp the war”, was auch auf den Trikots beider Teams vor 30.000 Zuschauern stand. Denn sie kannten sich mit Krieg und Flucht aus. Klubboss war damals, wie auch heute Dimitris Melissanidis, der noch heute vor seinem größten Moment schwärmt. Eigentlich seinem zweitgrößten, denn Ende September 2022 eröffnete er nach 19-jährigen Kampf die neue AEK-Arena mit dem geschichtsträchtigen Namen “Hagia Sophia”.

Dort stand am heutigen Samstag im Mittelkreis ein riesiger gelber Heißluftballon, dessen Botschaft den Startschuss der Feierlichkeiten gab: “Gemeinsam fliegen wir höher.” Mit dieser Botschaft wird der Heißluftballon in den nächsten 100 Tagen ganz Griechenland überfliegen. Gefeiert wird aber übers ganze Jahr. Die aktuelle Mannschaft, aber auch Legenden von früher waren am Samstag Zeugen der Geburtstagsfeier. In den nächsten Tagen soll auch das neue AEK-Museum eröffnet werden, was wohl auch eine Mischung aus einem Jahrhundert Geschichte und Sport wird. Am 29. Mai findet in der neuen Arena das UEFA-Conference-League-Finale statt.

Soziales Phänomen

Der frühere argentinische Nationalspieler und heutige AEK-Trainer Matias Jesus Almeyda, der im zweiten Jahr in Athen von den Fans fast schon vergöttert wird, brachte es auf den Punkt: “AEK ist etwas viel Tieferes als ein Fußballverein, es ist ein soziales Phänomen, das seit hundert Jahren anhält. Ich bin sehr stolz, ein kleiner Teil dieser beeindruckenden Geschichte zu sein.” Da untertreibt der impulsive Argentinier wohl. Denn der letztjährige Doublegewinn war erst der dritte der Geschichte und der erste seit 45 Jahren. Da er einen Vertrag bis 2028 unterschrieb, ist sein Glückwunsch vor 32.000 Fans in perfektem Griechisch auch ein Erfolgsversprechen: “Chronia polla AEK!”

Georgios Vavritsas

Nur zwei Monate nach Verpflichtung: Olympiakos verlängert mit Mendilibar

Der griechische Rekordmeister Olympiakos hat vorzeitig den Vertrag mit Trainer José Luis Mendilibar um ein Jahr verlängert.

Soll weiterhin Trainer von Olympiakos Piräus bleiben: José Luis Mendilibar

Soll weiterhin Trainer von Olympiakos Piräus bleiben: José Luis Mendilibar

Anadolu via Getty Images

Der 63-jährige Baske übernahm im Februar den angeschlagenen Rekordmeister in einer unruhigen Phase. Mendilibar kam als siebter Trainer in den letzten 20 Monaten in Piräus an.

Nach nur zwei Monaten hat Mendilibar, der erstmals in seiner langjährigen Karriere außerhalb Spaniens arbeitet, dem Team seine Handschrift gegeben. Olympiakos steht im Viertelfinale der Europa-Conference-League und hat nach dem 3:2-Heimerfolg über Fenerbahce berechtigte Hoffnungen aufs Halbfinale. Der Baske hat in der vergangenen Saison immerhin als Trainer des FC Sevilla im Finale gegen die Roma die Europa League gewonnen. Auch in Andalusien übernahm damals Mendilibar den Klub in der Saisonendphase.

In der heimischen Superleague haben die Hafenstädter auch gute Titelchancen. Zwar belegt Olympiakos aktuell nur Rang vier, hat aber bei nur vier Zählern Rückstand auf Tabellenführer PAOK und noch sechs anstehenden Spieltagen ist auch für Olympiakos im Vierkampf auf den diesjährigen Titel wieder ein Kandidat.

Auch deshalb haben sich nun Klubführung und Mendilibar auf die Verlängerung des zum Saisonende auslaufenden Vertrags bis zum Sommer 2025 geeinigt.

Aus der Not zum Fortschritt: Wie Griechenland die Stadiongewalt bekämpft

Während die Spannung in der griechischen Superleague im Vierkampf um den Titel ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hat, bereiten sich Regierung und Liga auf den nächsten Schritt der Veränderungen im Ligafußball vor. Ab heute wird das digital personalisierte Ticket in der höchsten Spielklasse eingeführt.

In Griechenland blieben die Stadien lange leer.

In Griechenland blieben die Stadien lange leer.

IMAGO/One Inch Productions

Am vergangenen Wochenende erreichte der Vierkampf um den diesjährigen Meistertitel seinen vorläufig spannendsten Höhepunkt. Das Spitzenspiel zwischen Meister AEK und Tabellenführer PAOK endete 2:2, beide Teams liegen somit weiterhin nur einen Zähler auseinander (67 zu 66). Doch nach den Erfolgen von Panathinaikos (2:0 bei Aris) und Olympiakos (5:1 in Lamia) sind alle vier noch enger zusammengerückt. Zwischen den Plätzen eins und vier beträgt die Differenz nur vier Punkte. Bei noch sechs ausstehenden Spieltagen der Play-offs und sieben weiteren direkten Duellen zwischen den Vier wird die Entscheidung wohl erst am letzten Spieltag fallen.

Harte Maßnahmen nach Randalen im Dezember

Der am Sonntag absolvierte Spieltag war aber auch der letzte in seiner gewohnten Art und Weise. Denn ab heute wird in Griechenland das personalisierte Ticket für den Eintritt in den Stadien schrittweise eingeführt. Alles fing Anfang Dezember an. Mehrere Fanrandale erreichten ihren traurigen Tiefpunkt, als vor einer Volleyballhalle bei Ausschreitungen zwischen Hooligans und der Polizei ein Polizist so schwer von einer von dutzenden Leuchtkugeln getroffen wurde, dass er ein paar Tage später verstarb. Daraufhin schloss die Regierung alle Fußballarenen für Zuschauer aus und kündigte harte Maßnahmen an. Zwei Monate lang gab es in der Superleague die allen noch aus der Corona-Pandemie bekannten Geisterspiele.

Diese Zeit nutzte man, um die ersten Schritte anzugehen. Eine Gesetzesänderung verschärfte die Strafen für Wurfgeschosse und das Abbrennen und Werfen von Pyro, Knallkörpern und Leuchtkugeln. Nun drohen von saftigen Geldstrafen bis zu mehrjährigen Haftstrafen zusätzlich zum verbindlichen Stadionausschluss. Der nächste Schritt war die Installierung von hochauflösenden Überwachungskameras in allen Stadien. Während neuere Arenen wie das “Georgios-Karaiskakis” in Piräus oder das neue AEK-Stadion über solche schon verfügten, mussten anderswo neue Systeme neu eingebaut werden. Die Überwachung der Kameras wird am Vortag einer Partie an die zuständigen Behörden übergeben. Erst danach wird die Spielgenehmigung erteilt.

Digitale Identifizierung der Ticketinhaber

Zwei Monate nach Wiedereröffnung der Stadien haben die Erstligateams diese Auflagen erfüllt. Man merkt an jedem Spieltag, dass es ziemlich ruhig zugeht und wenn überhaupt nur kleinere Vergehen registriert werden. Und seit heute läuft der eigentlich schwierigere Schritt: die Identifizierung der Fans. Doch da überrascht – wie schon zu Pandemiezeiten – die Regierung positiv und fortschrittlich.

In der Bürgerapp “gov.gr”, mit der man über 2000 alltägliche Angelegenheiten mit dem Staat seitdem abwickelt sind viereinhalb Millionen registriert. Diese können nun simpel ihr gekauftes Ticket auf der “gov.gr”-App einscannen und so nur das Handy mit ins Stadion nehmen. Warteschlangen, Kontrollen und Personal dafür fallen weg. Genauso einfach können Eltern ihre Kinder registrieren, die sie ins Stadion begleiten. Seit der Ankündigung haben sich über 150.000 in der Plattform neu registriert. Bis Saisonende gibt es eine Übergangsphase mit dem alten und dem neuen System. So können sich zum Beispiel Rentner (über 67-Jährige) und Nicht-griechische-Staatsbürger auch weiterhin ihr Ticket “altmodisch” gegen Erfassung ihres Ausweises am Schalter kaufen.

Regierung und Liga im Gleichschritt

Dimitrios Papastergiou, Oberhaupt des Ministeriums für Digitalisierung erklärt dem kicker die Idee: “Die Stadien sollen wieder Stätten des Sports und der Unterhaltung werden. Deshalb bin ich der Ansicht, dass der Plan der Regierung von Kyriakos Mitsotakis neue und mutige Wege zu gehen, richtig ist. Gesetzesanpassung, Überwachungskameras und Identifizierung ist unser Sicherheitsfahrplan. Ab heute können die Fußballfans digital auf simple und benutzerfreundliche Art in die Stadien eintreten. Für die Identifizierung des Zuschauers reicht das Einscannen des Tickets im “gov.gr”-Wallet. Für Griechen im Ausland, also auch für die, die in Deutschland leben und die womöglich noch über keine Zugangsdaten für “gov.gr” verfügen, reicht das Einscannen ihres Reisepasses.”

Dimitrios Papastergiou

Dimitrios Papastergiou, das Oberhaupt des Ministeriums für Digitalisierung.
www.gov.gr

Die Übergangsphase bis Saisonende wird zur Eingewöhnung dienen, aber auch eventuelle Einzelfälle aufklären. So könnte theoretisch auch die Weitervergabe einer Dauerkarte über “gov.gr” erfasst werden, wenn es die Ligaklubs begrüßen.

Die Liga sieht das ganze Vorhaben positiv, wie es Ligachef Minas Lysandrou gegenüber dem kicker begrüßt: “Damit wir ein sicheres Umfeld in den Stadien schaffen, müssen wir alle zusammenarbeiten. Wir sind im dauerhaften Austausch mit den zuständigen Ministerien für Innere Sicherheit, Digitalisierung und Sport, denn unser aller Ziel ist identisch. Der Fußball muss auch die Technologie nutzen, um die Sicherheit der Stadien und den Komfort der Fans zu gewährleisten. Schritt für Schritt werden wir weiter vorankommen.”

Die aktuelle Lage in den Stadien scheint beiden jetzt schon Recht zu geben. Beim Spitzenspiel in Athen waren mehr als 30.000, in Thessaloniki bei Aris-Panathinaikos über 10.000 und in Lamia ein paar tausend Fans, darunter erstmals auch 500 Olympiakos-Fans – allesamt friedlich und gänzlich ohne nennenswerte Vorfälle. In keinem der sieben Erstligastadien gab es auch nur ein einziges Wurfgeschoss. Nicht mal die früher eher harmlos üblichen Bierbecher, Wasserflaschen, nicht mal ein Feuerzeug. Schon jetzt ein enormer Gewinn.

Und der Sport selbst besorgt den Rest. Denn niemand will im spannendsten Titelrennen seit 1980 (damals kämpften fünf Teams bis zum letzten Spieltag um den Titel, der dann in einem Entscheidungsspiel zwischen Olympiakos und Aris endete) riskieren, das nächste Spiel oder gar die nahende Titelentscheidung zu verpassen. Eine Win-Win-Situation. Genauer genommen eine Win-Win-Win-Situation. Für Fußballfans, Liga und Regierung.

Georgios Vavritsas