Ein Sprint, zu schnell sogar für Kritiker

Gegen Ende seiner Zeit in Madrid wurde Gareth Bale beinahe zur Persona non grata. Dass er trotzdem als Real-Legende ging, hängt auch mit einem Abend vor zehn Jahren zusammen.

Ein Tor für die spanischen Geschichtsbücher: Gareth Bale im Pokalfinale 2014.

Ein Tor für die spanischen Geschichtsbücher: Gareth Bale im Pokalfinale 2014.

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100 Millionen Euro war nicht einmal Cristiano Ronaldo schwer gewesen – und außerdem saß der Portugiese nur angeschlagen auf der Tribüne. Am späten Abend des 16. April 2014 strahlten die Scheinwerfer bei Real Madrid also auf Gareth Bale, als es die Königlichen im spanischen Pokalfinale mit dem FC Barcelona zu tun bekamen. Clasico.

Auf der Gegenseite hieß der prominente Neuzugang Neymar, CR7-Gegenpart Lionel Messi war fit – aber Bale eben der damals teuerste Fußballer der Welt, im Trikot von deren berühmtestem Verein. Eine Situation, die dem damals 24 Jahre alten Waliser aber augenscheinlich kaum zu schaffen machte.

Das ganz große Scheinwerferlicht war in Madrid Cristiano Ronaldo sicher, doch nicht mal unbedingt in dessen Schatten würde Bale seine erste Saison in Spanien mit 22 Toren und 19 Vorlagen beenden – im Schnitt also jedes Spiel eine Torbeteiligung, hochgerechnet auf 44 Pflichtspiele 2013/14.

Bale sprintet durch Barcas Coaching Zone

Seine obligatorische Torbeteiligung war Bale noch schuldig, als das Pokalfinale, der Clasico, an einem Mittwochabend im Mestalla zu Valencia in die Schlussphase ging. Angel di Maria hatte die Mannschaft von Carlo Ancelotti früh in Führung gebracht, Marc Bartra im zweiten Durchgang für die von Gerardo “Tata” Martino ausgeglichen. Meister würde ein paar Wochen später übrigens Diego Simeones Atletico werden.

Es brach gerade die 85. Minute an, als Real mal wieder zu einem Konter ansetzte. Linksverteidiger Fabio Coentrao spielte den Ball die linke Seitenlinie entlang, wo Bale quasi nur noch Absicherung Bartra im Weg stand. Der Waliser nahm kurz den Kopf hoch, erkannte die Situation und legte den Ball gleich mit dem ersten Kontakt an Barcelonas Torschützen vorbei.

Der damals 23-jährige Verteidiger war zwar noch mit dem Vorhaben erfolgreich, Bale einfach aus dem Spielfeld zu drängen, doch dieser sprintete einfach weiter, einen großen Bogen durch Martinos Coaching Zone, am bemitleidenswerten Bartra vorbei auf den Fünfmeterraum zu, wo er den Ball frech durch die Beine von Barcas Ersatztorhüter José Pinto steckte. Real Madrid war Pokalsieger.

Fünfeinhalb Wochen später standen die Königlichen in einem noch größeren Endspiel dem nächsten spanischen Gegner gegenüber – Stadtrivale Atletico im Finale der Champions League, die sie seit zwölf Jahren nicht mehr gewonnen hatten. Sergio Ramos erzielte in der dritten Minute der Nachspielzeit den umjubelten Ausgleich, die erzwungene Verlängerung gewann Real schließlich deutlich.

Doch das wichtige 2:1 erst in der 110. Minute, das Atletico schließlich brach, hatte per Kopf wieder Bale besorgt, der somit die beiden wohl wertvollsten Tore in einer legendären königlichen Saison schoss, was seine enorme Ablösesumme vielleicht gleich im ersten Jahr schon rechtfertigte.

Reals Endspiele 2013/14

Acht weitere Jahre würde Bale noch in Madrid bleiben, mindestens die letzten drei würden jedoch als verschwendet abgestempelt werden. Anhaltendes Verletzungspech und wohl auch schwindendes Interesse ließen eine eigentlich erfolgreiche Liaison fast schon ein wenig tragisch ausklingen. Die gegenseitige Entfremdung war unverkennbar.

Harsche Kritik prägte die zweite Hälfte seiner Real-Zeit weitaus mehr als Lob, und doch ist es dem einstigen 100-Millionen-Mann gelungen, den größten Verein der Welt 2022 als Legende zu verlassen. Dafür hat Bale, der seine Karriere 2023 beendete, für zu viele große Tore und Titel gesorgt – angefangen mit seinem Fabellauf im Mestalla, der sich am heutigen Dienstag zum zehnten Mal jährt.