Füchse Berlin retten nach 27:22 am Ende ein Remis gegen Nantes

Beim 27:22 schienen die Füchse Berlin auf dem Weg zu einem beruhigendem Polster für das Rückspiel des Viertelfinals in der European League Handball in Nantes. Doch dann drehten die Gäste das Spiel, bevor Tim Freihöfer mit dem Treffer zum 33:33 ein Remis rettete.

Lasse Andersson und die Füchse Berlin gerieten gegen Nantes aus dem Tritt.

Lasse Andersson und die Füchse Berlin gerieten gegen Nantes aus dem Tritt.

Foto Lächler

Die Füchse Berlin gingen keineswegs als klarer Favorit in das Duell mit HBC Nantes: Während der Handball Bundesligist den Umweg über die Play-offs gehen musste, holte sich Nantes als Gruppensieger das direkte Ticket ins Viertelfinale – und ließ auf dem Weg dahin mit den Rhein-Neckar Löwen und der TSV Hannover-Burgdorf gleich zwei deutsche Vertreter hinter sich.

Und während die Füchse das Pokalfinale gegen Magdeburg vor kurzem verloren, schaltete Nantes am Wochenende im Endspiel in Frankreich den Favoriten Paris Saint-Germain aus. Die Füchse sind zwar Titelverteidiger, doch 2022 schieden die Berliner im Achtelfinale gegen Nantes aus.
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Entsprechend vorgewarnt waren Jaron Siewert und sein Team, in der heimischen Max-Schmeling-Halle wollten sie vorlegen – dabei mussten die Gastgeber allerdings auf den verletzten Nils Lichtlein verzichten, der im Topspiel gegen Kiel am Sonntag vom Parkett gehumpelt war. Auch Nantes ging allerdings mit einigen personellen Sorgen in das Hinspiel.

Der Gast aus Frankreich legte aber dennoch zunächst vor. Routinier Jorge Maqueda erzielte das erste Tore des Abends und die Ausgleichstreffer von Mathias Gidsel und Fabian Wiede wurden jeweils umgehend beantwortet. Und auch über eine erste Unterzahl hinaus konnte Nantes die Führung zunächst behaupten.

Füchse übernehmen Führung

Ein Doppelschlag durch Lasse Andersson und Tim Freihöfer brachte den Füchsen Berlin beim 7:6 dann aber die erste Führung. Nach dem 8:7 von Mijajlo Marsenic und einer Parade von Dejan Milosavljev bot sich den Gastgebern die Chance auf die Zwei-Tore-Führung, Mathias Gidsel wartete im folgenden Angriff jedoch vergeblich auf einen Pfiff. Den bretonischen Gegenangriff unterband dann aber Mijajlo Marsenic mit einem Steal und lief im Gegenstoß am gerade wieder aufgestandenen Welthandballer vorbei zum 9:7.

Es folgte eine mehrminütige Phase mit Ballverlusten und Fehlwürfen auf beiden Seiten, doch die Füchse Berlin schienen das Heft in die Hand zu bekommen: Wiede erhielt Szenenapplaus für einen starken Rückzug, Dejan Milosavljev war mehrfach zur Stelle und nach einer Dreier-Serie stand ein 12:8 auf der Anzeigetafel – ein Siebenmeter von Hans Lindberg, ein Gegenstoß von Tim Freihöfer in das in Unterzahl verwaiste Tor der Gäste sowie ein Treffer von Hakun West av Teigum hatten für den ersten Vier-Tore-Abstand gesorgt.

Es folgte allerdings eine Strafzeit gegen die Füchse und so kam Nantes wieder etwas heran. Mit zwei Glanztaten konnte Dejan Milosavljev den Anschluss noch verhindern, stattdessen erhöhte Mathias Gidsel auf 15:12. Doch Nantes war nach einem Doppelschlag dann doch wieder auf Tuchfühlung, auch weil der eingewechselte Ignacio Biosca Garcia erste Paraden verbuchte. Das letzte Wort im ersten Abschnitt hatten aber die Füchse Berlin, Paul Drux sorgte für den 17:15-Pausenstand.

Füchse bleiben trotz Unruhe auf Kurs

Nach Wiederbeginn schien es für die Füchse Berlin zunächst nach Plan zu verlaufen, Hakun West av Teigum und Lasse Andersson hatten mit einem Doppelschlag auf 19:15 erhöht. Doch die nächsten Angriffe der Gastgeber gingen ins Leere und die slowakischen Unparteiischen Andrej Budzak und Michal Zahradnik sorgten für Unruhe in der Halle, als sie Mathias Gidsel, der nach einer Berührung auf dem Rücken landete, mit einer Nachahmung eine schauspielerische Einlage unterstellten.

Theo Avelange Demouge hatten die Verwirrung um diese Aktion zum Anschlusstreffer genutzt, doch Lasse Andersson setzte mit einer Einzelaktion ein Ausrufezeichen auf das Dejan Milosavljev und Tim Freihöfer weitere folgen ließen – die Halle hatte Betriebstemperatur und die Füchse Berlin führten beim 21:18 wieder mit drei Toren. Nantes hielt dagegen, ein Doppelschlag des zurückkehrten Mathias Gidsel brachte die Berliner dann beim 24:20 aber wieder mit vier Treffern in Vorlage.

Aus Fünf-Tore-Führung wird ein Rückstand

Berlin legte nach, nach dem 26:21 – das Junioren-Weltmeister Tim Freihöfer nach dem Einlaufen artistisch erzielte – nahm Nantes die Auszeit. Und diese sollte sich auszahlen, den nächsten Treffer der Gäste konnte Mathias Gidsel zwar noch beantworten, eine Parade von Dejan Milosavljev blieb aber ungenutzt. Statt der möglichen Sechs-Tore-Führung schrumpfte der Vorsprung, beim 28:27 war Nantes zehn Minuten vor dem Ende wieder auf ein Tor heran und nun mussten die Füchse ihrerseits mit einer Auszeit nachjustieren.

Mathias Gidsel sorgte mit dem 30:28 und dem 31:29 für wichtige Treffer, doch Nantes hielt dagegen. Ein Reflex von Dejan Milosavljev verhinderte zunächst noch den Ausgleich, auf der Gegenseite scheiterte Hans Lindberg aber mit einem Siebenmeter und ein Doppelschlag von Aymeric Minne ließ die Führung wieder zu den Gästen wechseln. Julien Bos erhöhte auf zwei Tore, doch Fabian Wiede antwortete – auch auf den nächsten Bos-Treffer. Nach einer weiteren Parade von Milosavljev konnte Tim Freihöfer im letzten Angriff so zumindest noch zum 33:33 ausgleichen.

Statistik zum Spiel folgt …

Nantes deklassierte erst PSG: Siewert sieht Füchse dennoch “nicht chancenlos”

Die Füchse Berlin haben am Sonntag die Bundesliga-Tabellenführung eingebüßt, müssen sich aber schnellstmöglich aufrichten: Das European-League-Duell mit HBC Nantes wird dem Hauptstadtklub alles abverlangen.

Unterschiedliche Gefühlswelten am Wochenende: Während die Füchse patzten, deklassierte Nantes im Pokalfinale PSG.

Unterschiedliche Gefühlswelten am Wochenende: Während die Füchse patzten, deklassierte Nantes im Pokalfinale PSG.

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Es war wohl fast nur eine Frage der Zeit, ehe sich die Füchse Berlin dem fortwährenden Druck des SC Magdeburg würden beugen müssen. Seit diesem Wochenende ist der SCM nun Bundesliga-Tabellenführer, bei einem mehr absolvierten Spiel liegen die Berliner nach dem 32:32 gegen Kiel ab sofort in der Verfolgerrolle.

Die lang ersehnte erste Deutsche Meisterschaft wird auch angesichts von noch anstehenden Auswärtspartien in Melsungen oder Hannover ein Husarenstück, das die Mannschaft von Trainer Jaron Siewert nicht mehr in der eigenen Hand hat.

Bliebe noch die Titelchance in der European League, in der nun binnen einer Woche über die Halbfinalisten entschieden wird. Die Füchse erwischten mit Nantes das vielleicht wohl schwerste Los im Topf. Wie stark die Franzosen aktuell sind, zeigten sie an diesem Wochenende eindrucksvoll: Im nationalen Pokalfinale wurde Krösus Paris Saint-Germain mit 31:23 abgekanzelt.

“Es zeigt, dass die Gruppe wächst, dass der Verein auch wächst”, erklärte der sichtlich stolze Nantes-Coach Gregory Cojean nach Abpfiff. Auch der Direktvergleich macht den Füchsen nur bedingt Hoffnung: Von vier Duellen gewann der Hauptstadtklub lediglich das im November 2014 (23:18), die letzten beiden gingen im Achtelfinale der European League im März und April 2022 an die Franzosen (24:25, 30:33).

Drux spricht von “offener Rechnung”

“Nantes spielt eine überragende Saison in der Liga, hat einen sehr guten Flow und zuletzt gegen Paris in der Liga und sehr deutlich im Pokalfinale gewonnen”, weiß Siewert: “Sie haben eine gute, breite Mannschaft. Nichtsdestotrotz sehe ich uns nicht chancenlos.” Dass die Füchse mit einem Heimspiel vorlegen können, sieht der 30-Jährige als Vorteil. “Wir spielen zuerst zu Hause, was in der Konstellation besser ist als morgen sofort die Reise antreten zu müssen.”

Siewert verspricht vollen Fokus auf die Aufgabe, am Dienstag (20.45 Uhr) will er sich “eine gute Ausgangsposition fürs Rückspiel schaffen”. Das “physisch starke” Nantes komme besonders “übers Tempospiel”, das es mit einer minimalen technischen Fehlerquote einzudämmen gilt.

“Wenn man gesehen hat, wie Nantes am Wochenende gegen Paris im Pokal gespielt hat, muss man mit großem Respekt an das Spiel gehen”, gesteht Berlins Kapitän Paul Drux: “Es ist eine sehr gute Mannschaft.” Mit Blick auf die Niederlagen vor ziemlich genau zwei Jahren sprach Drux auch von einer “offenen Rechnung”. Ob die zu begleichen ist?