Streich: “Die Jungs mit 21 denken dann, sie sind allein auf der Welt”

Nach dem 1:1 der Freiburger gegen Mainz war SC-Trainer Christian Streich eigentlich ganz zufrieden, mit dem “Fight” den seine Mannschaft geliefert hatte. Trotzdem musste er seinen Ärger über Social-Media-Kritik am jungen Torwart Noah Atubolu loswerden, der sich offenbar schon länger in ihm angestaut hatte.

Stellt sich vor seinen Keeper Noah Atubolu: SC-Coach Christian Streich.

Stellt sich vor seinen Keeper Noah Atubolu: SC-Coach Christian Streich.

IMAGO/Sven Simon

Schon während des Heimspiels gegen Mainz hatte sich Streich verärgert umgedreht und wütend etwas in Richtung Haupttribüne gerufen, von wo aus ihn wohl Zwischenrufe erreicht hatten. Im Stadion herrschte angesichts der spielerisch nicht besonders attraktiven, dafür aber sehr umkämpften Partie keine Jubelstimmung, so dass auch Gegrummel und – für Freiburg unüblich – sogar ein paar Pfiffe zu hören waren, unter anderem nach einem missratenen Abschlag von Noah Atubolu. Das dürfte mit dazu beigetragen haben, dass der SC-Coach später zum Rundumschlag ausholte.

“Es ist mir zu unruhig um ihn”, sagte er über Beschimpfungen, die der junge Keeper auf Instagram, Facebook und Co. über sich lesen muss. “Es ist viel zu viel Theater in den sozialen Medien oder teilweise asozialen Medien”, erklärte Streich, der zwar selbst dort nicht aktiv ist, sich aber Kommentare zeigen lassen hat. “Wir sind der SC Freiburg und haben einen 21-jährigen Torwart aus der eigenen Jugend, aus der eigenen Stadt – genau das ist unser Weg.” Abgesehen davon habe der deutsche U-21-Nationaltorhüter in seinen 41 Pflichtspielen in dieser Saison vielleicht “zwei oder drei Fehler gemacht”, und gegen Mainz “sensationell gehalten in der ersten Halbzeit”. Nach dem frühen Führungstor von Michael Gregoritsch und noch vor dem Ausgleich von Jonathan Burkardt hat er gegen den späteren Torschützen pariert und einen Schuss von Brajan Gruda um den Pfosten gelenkt.

Atubolu bliebt neunmal ohne Gegentreffer

Über die gesamte Saison habe Atubolu dabei mitgeholfen, dass der Sport-Club nach dem Remis gegen Mainz auf dem siebten Platz steht und weiter auf die dritte Europapokal-Teilnahme in Folge hoffen kann. Streich verwies auch auf die neun weißen Westen seines Torhüters, der in der Liga nur von Leverkusens Lukas Hradecky übertroffen werden, der in 14 Spielen kein Gegentor kassierte. Er selbst gehe mit der Kritik gut um. “Er macht es total gut, er ist cool”, sagte Streich über Atubolu. “Wir werden sehen, ob er sich durchsetzt, aber ich bin fest davon überzeugt, dass er das tut.”

Den einfachen Tipp, wie er selbst auf Social Media zu verzichten, könne er dem SC-Keeper aber nicht mit auf den Weg geben: “Ich kann nicht zu ihm sagen, schalte alle deine sozialen Medien ab. Diese Jungs mit 21 denken dann, sie sind allein auf der Welt. Das ist für die wie für mich am Morgen die Hose anzuziehen.” Im Verein werde Atubolu von allen unterstützt, “die Mit-Torhüter unterstützen ihn, die ganze Mannschaft unterstützt ihn”, vor allem aber habe er den “Toptorwarttrainer Michael Müller”, der vom jetzigen Bundes-Torwarttrainer Andreas Kronenberg ausgebildet worden sei. “Und wir stehen auf dem Platz auf dem wir stehen – auch durch seine guten Leistungen. Da musst du Tomaten auf den Augen haben, wenn du das nicht über die ganze Saison siehst”, sagte der SC-Coach.

“Sie sollen stolz darauf sein, dass solche Spieler bei uns spielen”

Zur Vereinsphilosophie gehöre es, immer wieder junge Spieler auszubilden. Und in der laufenden Saison, in der die Freiburger ungewöhnlich viele Verletzungsausfälle haben, sind einige dieser jungen Spieler auch oft gefordert. Namentlich nannte Streich auch Linksverteidiger Jordy Makengo, der gegen Mainz in der zweiten Halbzeit für Kapitän Christian Günter eingewechselt wurde, den er in der Hinrunde ersetzen musste. “Sie sollen stolz darauf sein, dass solche Spieler bei uns spielen”, forderte er von den Fans.

Gegen Mainzer “in ihrer besten Phase der Saison” konnte Streich mit dem Remis leben. Auch wenn der Mannschaft “mit dem Ball nicht alles gelungen” sei, habe sie “diszipliniert gearbeitet”. Er war deshalb “mit dem Fight zufrieden und mit dem Punkt”. Beunruhigt ist er vor dem zweiten Heimspiel in Folge am kommenden Samstag gegen Wolfsburg aber nicht nur wegen der Kritik an Atubolu, sondern auch wegen der weiterhin schwierigen Personalsituation. Der eingewechselte Merlin Röhl sei etwas angeschlagen gewesen, außerdem wird Verteidiger Lukas Kübler wegen einer Gelbsperre fehlen.

Daniela Frahm