Schokomünzen auf dem Rasen: DFB-Sportgericht bittet Freiburg zur Kasse

Weil im vergangenen Dezember beim Spiel gegen den 1. FC Köln und im Februar beim Duell mit Eintracht Frankfurt unter anderem Schokoladenmünzen und Modellflugzeuge auf den Rasen flogen, muss der SC Freiburg nun eine Geldstrafe begleichen.

Schauplatz Europa-Park-Stadion: Eine Schokomünze liegt beim Freiburger Duell mit Köln auf dem Rasen.

Schauplatz Europa-Park-Stadion: Eine Schokomünze liegt beim Freiburger Duell mit Köln auf dem Rasen.

picture alliance/dpa

Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes hat den SC Freiburg wegen zweier Fälle unsportlichen Verhaltens seiner Anhänger mit Geldstrafen in Gesamthöhe von 30.000 Euro belegt. Davon kann der Bundesligist aus dem Breisgau bis zu 9800 Euro für sicherheitstechnische oder gewaltpräventive Maßnahmen verwenden, heißt es in der Mitteilung des DFB vom Dienstag.

Dies wäre dem Verband dann auch im Laufe des Jahres nachzuweisen. “Der Kontrollausschuss regt diesbezüglich an, den Strafnachlass für Fan-Dialoge zu nutzen”, schreibt der DFB.

In der 13. Minute des Bundesligaspiels gegen den 1. FC Köln am 17. Dezember 2023 – die Hausherren gewannen durch späte Jokertore mit 2:0 – hatten Freiburger Anhänger im Rahmen der Protest-Aktionen gegen einen möglichen DFL-Investor diverse Gegenstände, insbesondere Schokoladen-Goldmünzen, auf den Rasen geworfen. Die Partie musste daraufhin für insgesamt fünf Minuten unterbrochen werden.

Gegen Frankfurt fliegen Modellflugzeuge

Während des Ligaduells mit Eintracht Frankfurt am 18. Februar 2024 – ein wildes 3:3-Spektakel mit SC-Ausgleich in der 90. Minute – warfen Freiburger Zuschauer aus demselben Grund mehrfach diverse Gegenstände, insbesondere Süßigkeiten und zwei Modellflugzeuge, auf den Rasen. Das Spiel musste aufgrund dessen für insgesamt zehn Minuten unterbrochen werden.

Der SC hat dem Richterspruch bereits zugestimmt, der somit rechtskräftig ist.

Streich: “Die Jungs mit 21 denken dann, sie sind allein auf der Welt”

Nach dem 1:1 der Freiburger gegen Mainz war SC-Trainer Christian Streich eigentlich ganz zufrieden, mit dem “Fight” den seine Mannschaft geliefert hatte. Trotzdem musste er seinen Ärger über Social-Media-Kritik am jungen Torwart Noah Atubolu loswerden, der sich offenbar schon länger in ihm angestaut hatte.

Stellt sich vor seinen Keeper Noah Atubolu: SC-Coach Christian Streich.

Stellt sich vor seinen Keeper Noah Atubolu: SC-Coach Christian Streich.

IMAGO/Sven Simon

Schon während des Heimspiels gegen Mainz hatte sich Streich verärgert umgedreht und wütend etwas in Richtung Haupttribüne gerufen, von wo aus ihn wohl Zwischenrufe erreicht hatten. Im Stadion herrschte angesichts der spielerisch nicht besonders attraktiven, dafür aber sehr umkämpften Partie keine Jubelstimmung, so dass auch Gegrummel und – für Freiburg unüblich – sogar ein paar Pfiffe zu hören waren, unter anderem nach einem missratenen Abschlag von Noah Atubolu. Das dürfte mit dazu beigetragen haben, dass der SC-Coach später zum Rundumschlag ausholte.

“Es ist mir zu unruhig um ihn”, sagte er über Beschimpfungen, die der junge Keeper auf Instagram, Facebook und Co. über sich lesen muss. “Es ist viel zu viel Theater in den sozialen Medien oder teilweise asozialen Medien”, erklärte Streich, der zwar selbst dort nicht aktiv ist, sich aber Kommentare zeigen lassen hat. “Wir sind der SC Freiburg und haben einen 21-jährigen Torwart aus der eigenen Jugend, aus der eigenen Stadt – genau das ist unser Weg.” Abgesehen davon habe der deutsche U-21-Nationaltorhüter in seinen 41 Pflichtspielen in dieser Saison vielleicht “zwei oder drei Fehler gemacht”, und gegen Mainz “sensationell gehalten in der ersten Halbzeit”. Nach dem frühen Führungstor von Michael Gregoritsch und noch vor dem Ausgleich von Jonathan Burkardt hat er gegen den späteren Torschützen pariert und einen Schuss von Brajan Gruda um den Pfosten gelenkt.

Atubolu bliebt neunmal ohne Gegentreffer

Über die gesamte Saison habe Atubolu dabei mitgeholfen, dass der Sport-Club nach dem Remis gegen Mainz auf dem siebten Platz steht und weiter auf die dritte Europapokal-Teilnahme in Folge hoffen kann. Streich verwies auch auf die neun weißen Westen seines Torhüters, der in der Liga nur von Leverkusens Lukas Hradecky übertroffen werden, der in 14 Spielen kein Gegentor kassierte. Er selbst gehe mit der Kritik gut um. “Er macht es total gut, er ist cool”, sagte Streich über Atubolu. “Wir werden sehen, ob er sich durchsetzt, aber ich bin fest davon überzeugt, dass er das tut.”

Den einfachen Tipp, wie er selbst auf Social Media zu verzichten, könne er dem SC-Keeper aber nicht mit auf den Weg geben: “Ich kann nicht zu ihm sagen, schalte alle deine sozialen Medien ab. Diese Jungs mit 21 denken dann, sie sind allein auf der Welt. Das ist für die wie für mich am Morgen die Hose anzuziehen.” Im Verein werde Atubolu von allen unterstützt, “die Mit-Torhüter unterstützen ihn, die ganze Mannschaft unterstützt ihn”, vor allem aber habe er den “Toptorwarttrainer Michael Müller”, der vom jetzigen Bundes-Torwarttrainer Andreas Kronenberg ausgebildet worden sei. “Und wir stehen auf dem Platz auf dem wir stehen – auch durch seine guten Leistungen. Da musst du Tomaten auf den Augen haben, wenn du das nicht über die ganze Saison siehst”, sagte der SC-Coach.

“Sie sollen stolz darauf sein, dass solche Spieler bei uns spielen”

Zur Vereinsphilosophie gehöre es, immer wieder junge Spieler auszubilden. Und in der laufenden Saison, in der die Freiburger ungewöhnlich viele Verletzungsausfälle haben, sind einige dieser jungen Spieler auch oft gefordert. Namentlich nannte Streich auch Linksverteidiger Jordy Makengo, der gegen Mainz in der zweiten Halbzeit für Kapitän Christian Günter eingewechselt wurde, den er in der Hinrunde ersetzen musste. “Sie sollen stolz darauf sein, dass solche Spieler bei uns spielen”, forderte er von den Fans.

Gegen Mainzer “in ihrer besten Phase der Saison” konnte Streich mit dem Remis leben. Auch wenn der Mannschaft “mit dem Ball nicht alles gelungen” sei, habe sie “diszipliniert gearbeitet”. Er war deshalb “mit dem Fight zufrieden und mit dem Punkt”. Beunruhigt ist er vor dem zweiten Heimspiel in Folge am kommenden Samstag gegen Wolfsburg aber nicht nur wegen der Kritik an Atubolu, sondern auch wegen der weiterhin schwierigen Personalsituation. Der eingewechselte Merlin Röhl sei etwas angeschlagen gewesen, außerdem wird Verteidiger Lukas Kübler wegen einer Gelbsperre fehlen.

Daniela Frahm

Röhl: Der Plan mit dem Millionen-Juwel

U-21-Nationalspieler Merlin Röhl (21) ist eine der Entdeckungen dieser Saison und heiße Aktie im Freiburger Kader. Speziell in England weckt er Interesse. So sieht der Plan mit dem Youngster aus.

Seine starken Leistungen in der laufenden Saison haben zahlreiche Teams aus dem In- und Ausland auf den Plan gerufen: Merlin Röhl.

Seine starken Leistungen in der laufenden Saison haben zahlreiche Teams aus dem In- und Ausland auf den Plan gerufen: Merlin Röhl.

IMAGO/Steinsiek.ch

Sein mit seinem ersten Bundesliga-Tor gekrönter Sololauf beim 1:3 in Leipzig im November 2023 ist ein Internet-Hit. Merlin Röhl ist aber alles andere als ein One-Hit-Wonder, der Freiburger zählt zu den Entdeckungen dieser Saison. Zwei Treffer und vier Assists sind es in 23 Liga-Spielen, ein Tor in acht Europa-League-Einsätzen sowie zwei Treffer und eine Vorlage in sieben Auftritten für das U-21-Nationalteam. Auch dort hat sich Röhl seit September 2023 schnell etabliert – weil er deutlich mehr zu bieten hat als beachtliche Scorerwerte für einen zentralen Mittelfeldspieler.

Der 2022 für 2,9 Millionen Euro aus Ingolstadt verpflichtete 1,91-Meter-Mann ist dank Dynamik und Tempo (Top-Speed 34,9 km/h) auch offensiv variabel einsetzbar, als Zehner, hängende Spitze oder auf der Halbposition. Als Achter schafft er durch seine Antritte mit Ball und Tiefenläufen aussichtsreiche Räume, ist dazu jung und entwicklungsfähig. “Mein Traum ist es, ein Box-to-Box-Spieler zu sein”, sagte Röhl im Januar 2023.

Positionsdisziplin, Entscheidungsfindung, Defensivverhalten, körperliche Robustheit, Offensivkopfball – für Röhl gibt es naturgemäß noch einiges zu verbessern. Ebenso logisch aber ist, dass sein Gesamtpaket längst Interesse bei Klubs aus dem In- und Ausland, speziell aus England, geweckt hat.

Rühl im Portrait

Der SC kann inzwischen auch mal Nein sagen

Röhl ist das nächste Millionen-Juwel beim SC, dessen Strategie auch lukrative Spielerverkäufe beinhaltet. 2023 wechselten Kevin Schade, mit 25 Millionen Euro Rekordtransfer, und Mark Flekken (13 Mio.) nach Brentford, 2022 Nico Schlotterbeck (20 Mio.) zum BVB. Der SC kann durch seine starke sportliche Entwicklung und komfortable Finanzlage inzwischen aber auch mal Nein zu finanzkräftigen Angeboten sagen. Wie bei Schade, der schon im Sommer 2022 von Brentford gelockt wurde.

Und bei Röhl? “Mindestens ein weiteres Jahr Freiburg, das ist der Plan”, sagt Sportdirektor Klemens Hartenbach. Auch wenn er im Fußball nie etwas ganz ausschließen könne, sei es in den Gesprächen mit Röhl und dessen Umfeld nur um einen Verbleib in 2024/25 gegangen.

Mannschaftsklima und die Verbindung zu Schuster

Kein Widerspruch von der Spielerseite. Röhl fühlt sich beim SC sehr wohl, schätzt das außergewöhnlich gute Mannschaftsklima und vor allem, dass er wie zu Christian Streich auch zum neuen Chefcoach Julian Schuster einen guten Draht pflegt. Als Verbindungstrainer war Schuster besonders in Röhls kompliziertem ersten Jahr mit Verletzungen und Rückschlägen ein sehr wichtiger Begleiter.

Röhl will in seiner jetzt schon tragenden Rolle weiter reifen. Bei einem größeren Klub müsste er sich als einer von vielen in einem raueren Umfeld erst wieder beweisen. Das wird wohl erst ab 2025 ein Thema.

Dieser Text erschien erstmals in der kicker-Donnerstagsausgabe am 18. April

Carsten Schröter-Lorenz

Topscorer Grifo gegen Mainz von Beginn an oder als Joker?

Vincenzo Grifo ist für den SC Freiburg ein wichtiger Spieler, mit seinen Scorerqualitäten und als Vizekapitän. In den vergangenen Spielen bekam er nicht so viel Einsatzzeit, und sein Trainer erklärte vor dem Heimspiel gegen Mainz (Sonntag, 19.30 Uhr) warum.

Freiburgs Topscorer Vincenzo Grifo bekam zuletzt nicht mehr soviel Spielzeit.

Freiburgs Topscorer Vincenzo Grifo bekam zuletzt nicht mehr soviel Spielzeit.

IMAGO/Crystal Pix

Vincenzo Grifo ist mit Abstand der Topscorer der Freiburger (acht Tore, acht Vorlagen). Trotzdem hatte er zuletzt nur kürzere Einsätze, wurde beim 3:0-Sieg in Gladbach erst in der Schlussphase eingewechselt, bei der 1:4-Niederlage gegen Leipzig, bei der er als einziger traf, kam er in der zweiten Halbzeit ins Spiel, und vergangenen Sonntag in Darmstadt blieb er beim 1:0-Sieg nach der Pause in der Kabine.

“Wir wollten Merlin Röhl 45 Minuten auf dem Platz haben, deswegen musste einer raus. Das ist hart bei einer Führung, normal wechseln wir nicht bei einer Führung. Solche Entscheidungen sind auch für den Spieler nicht einfach”, sagte Trainer Christian Streich. Es hätte auch Roland Sallai treffen können, erklärte der SC-Coach, der sich letztlich jedoch dazu entschied, Grifo vorzeitig in den Feierabend zu schicken.

Dabei hatte der Italiener seinen Trainer vor allem in einem Bereich überzeugt, der normalerweise nicht seine Paradedisziplin ist. “Vince war in Darmstadt gegen den Ball gut, sehr präsent”, fand Streich. Mit dem Ball sei es bei ihm jedoch nicht so gut gelaufen. Es gehe immer wieder um die Abwägung, was die Mannschaft gerade besonders brauche, “um mehr Stabilität oder mehr Körperlichkeit zu kriegen”, erklärte der SC-Coach. Und es gehe auch immer um die Zusammensetzung innerhalb des Teams aus den “ganz unterschiedlichen Spielertypen”. In den vergangenen Saisons, in denen der Sport-Club nicht so viele Verletzte hatte, hat er oft Viererkette gespielt. “Dann tragen sie sich gegenseitig”, so Streich. Die Abläufe waren eingespielt.

Grifo glänzt im 3-4-4 nicht so wie im 4-4-2

In den vergangenen drei Spielen haben die Freiburger – auch wegen der Ausfälle in der Defensive – mal wieder im 3-4-3 gespielt, in dem Grifo meistens nicht ganz so glänzt wie im 4-4-2. Streich betonte, dass der Vizekapitän zuvor in der Rückrunde fast immer zur Startelf gehört hat, “weil er die Qualität hat und ein sehr guter Spieler ist”. In Gladbach und gegen Leipzig hat Lucas Höler auf seiner Position begonnen, der in Darmstadt wegen einer Gelbsperre fehlte. “Luci ist läuferisch stark, fußballerisch muss er manchmal noch ums ganz Gute kämpfen, aber das ist normal”, sagte Streich, “taktisch ist er gut, setzt sich voll für die Mannschaft ein gegen den Ball, und er hat sich wesentlich verbessert mit dem Ball.”

Da Stürmer Michael Gregoritsch in Gladbach und gegen Leipzig im Zentrum gespielt hat, musste Höler nach außen ausweichen. “Er hat jetzt mit Gregerl ein paar Mal zusammen gespielt und jedes Spiel hilft, dass man sich besser kennenlernt”, weiß Streich, “aber sie haben nicht so ein blindes Verständnis wie Grifo und Christian Günter, die genau ihre Stärken und genau ihre Abläufe kennen.” Es bleibt also spannend, für welche Konstellation sich der SC-Coach im Heimspiel gegen Mainz entscheidet. Zumal Röhl seine Bauchmuskelprobleme wohl überwunden hat und wieder ein Kandidat für die erste Elf ist, in der diesmal aber Sallai wegen einer Gelbsperre fehlen wird.

Daniela Frahm

Streich: “Froh, wenn wir ein zweites Heimspiel gewinnen”

Im Jubiläumstrikot die schlechte Heimbilanz der Rückrunde aufbessern – das ist der Plan des SC Freiburg zum Abschluss des 30. Bundesligaspieltags gegen Mainz am Sonntag (19.30 Uhr).

Da geht's lang: SC-Trainer Christian Streich gibt Anweisungen.

Da geht’s lang: SC-Trainer Christian Streich gibt Anweisungen.

IMAGO/Schüler

Im Freiburger Europa-Park Stadion wurden in diesem Kalenderjahr schon Siege bejubelt, aber vor allem in den internationalen Spielen: im Rückspiel der Europa-League-Playoffs gegen Lens (3:2 n.V.) und im Achtelfinal-Hinspiel gegen West Ham United (1:0). In der Bundesliga war es hingegen nur einer, gleich zum Start im Januar gegen Hoffenheim (3:2).

“Es nervt total, dass wir in der Rückrunde zuhause nur einmal gewonnen haben”, sagte Trainer Christian Streich, “aber wir hatten auch keine so schlechten Gegner zu Gast. Wenn du gegen die einen Punkt holst, dann bist du auch sehr glücklich.” Leipzig, Leverkusen und Bayern hießen die jüngsten Freiburger Gäste, und zumindest gegen die Münchner holte der Sport-Club einen Punkt.

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Streich wäre “froh, wenn wir ein zweites Heimspiel gewinnen”, zeigte sich aber erst mal erleichtert, dass sein Team “den Bock umgestoßen und dreimal auswärts gewonnen” hat, “das ist super”. Dass dabei “nicht immer Zauberfußball gespielt” wurde, kann er angesichts der neun Punkte gut verschmerzen. “Wir haben gefightet”, lobte er die Spieler.

“Wir sind nicht in der Situation der letzten Jahre, da waren die Abläufe klar, weil immer die gleichen gespielt haben”, sagte der SC-Coach in Bezug auf die vielen Verletzten über die ganze Saison hinweg. “Wir basteln seit August.” Umso wichtiger sei deshalb, dass alle, die auf dem Platz sind, “zu hundert Prozent ihre Arbeit erfüllen”. Gegen den FSV wird zusätzlich zu den Verletzten Roland Sallai (fünfte Gelbe Karte) fehlen, dafür kehrt Lucas Höler nach abgesessener Gelbsperre zurück.

Streichs Lob für Mainzer Entwicklung

Mainz musste in der Hinrunde ebenfalls auf einige wichtige Spieler verzichten, was für Streich mitverantwortlich dafür ist, dass der FSV im Abstiegskampf steckt. “In der Vorrunde haben sie auch gar nicht schlecht gespielt, aber hatten viele unglückliche Ergebnisse. Jetzt stehen sie mit viel Energie auf dem Platz.”

Beim jüngsten 4:1-Heimsieg nach 0:1-Rückstand hatten sie laut Streich “so viel Energie, dass sie Hoffenheim fast überrannt haben – das war beeindruckend”. Nach seiner Ansicht “gehören sie nicht dahin, wo sie gerade stehen”, ergänzte der 58-Jährige, der davon überzeugt ist, dass die Mainzer den Klassenerhalt schaffen.

Punkte in Freiburg gönnt er ihnen trotzdem nicht. “Wir müssen unsere maximale Energie auf den Platz bringen, brauchen hundertprozentige Präsenz und mannschaftliche Geschlossenheit”, forderte er von seinem Team, das noch die erneute Europapokal-Qualifikation vor Augen hat. Von den verbleibenden fünf Gegnern der Freiburger stecken bis auf die Heidenheimer alle im Abstiegskampf, und gegen schlechter platzierte Teams hat der Sport-Club auch in dieser Saison recht zuverlässig gepunktet.

Eine weitere internationale Platzierung würde auch gut zum Jubiläumsjahr passen. In diesem Jahr feiert der Verein sein 120-jähriges Bestehen mit verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen. Der Startschuss fällt beim Heimspiel gegen Mainz, in dem die Freiburger in einem Sondertrikot auflaufen. Ob sie darin erfolgreich sein werden, wird sich erst am Sonntag zeigen. Unabhängig davon ist es im Fanshop bereits vergriffen, obwohl es erst seit gestern verkauft wurde.

Daniela Frahm

Der SC Freiburg in Europa? Warum die Aussichten bestens sind

Das Restprogramm spielt dem SC Freiburg im Saisonfinale in die Karten. Im Grunde muss das Team nichts Außergewöhnliches leisten, um sich für Europa zu qualifizieren.

Startet der SC die nächste Reise? Die Freiburger Fans beim bisher letzten Europa-League-Spiel in London gegen West Ham.

Startet der SC die nächste Reise? Die Freiburger Fans beim bisher letzten Europa-League-Spiel in London gegen West Ham.

IMAGO/Shutterstock

Früher war die Qualifikation für die Europäischen Wettbewerbe vor allem eins: einfacher zu verstehen. Die Europapokalreform, nach der Champions League und Co. ab kommender Saison in einem neuen Modus gespielt werden, ist der vorläufige Gipfel der Verkomplizierung. Wer inzwischen den Überblick verloren hat, ist damit nicht allein. Für Fans des SC Freiburg gibt es aber einen guten Grund, doch noch mal etwas tiefer in die Materie einzusteigen und Borussia Dortmund die Daumen zu drücken – aber nur in der Champions League, nicht in der Bundesliga.

Der Bundesliga winkt ein fünfter Startplatz in der Königsklasse

Der Reihe nach: Durch das gute Abschneiden der deutschen Teams in den laufenden internationalen Wettbewerben winkt der Bundesliga ein fünfter Startplatz in der Champions League. Unter einer Bedingung würden sogar sechs Bundesligisten in der Königsklasse an den Start gehen: Dafür müsste Borussia Dortmund die Champions League gewinnen und in der Bundesliga am Ende Fünfter oder schlechter werden. Schließt der BVB auf dem vierten Platz oder besser ab, führt die doppelte Qualifikation durch Liga und Champions-League-Sieg nicht zu einem weiteren Platz in der Bundesliga. Für die Bayern gilt diese Rechnung ebenfalls, doch der Vorsprung der Münchner auf Rang 5 beträgt schon sieben Punkte.

Keine Niederlagen gegen Kellerklubs

So kompliziert alles ist, so einfach ist die Schlussfolgerung. Der SC Freiburg ist mit drei Punkten hinter Platz 6 voll im Rennen um Europa. Im Extremfall, in dem das BVB-Szenario aufgeht und Leverkusen den DFB-Pokal gewinnt, führen sogar Platz 7 und 8 in die Europa League, Platz 9 in die Conference League. Die halbe Liga wäre international dabei.

Die Aussichten, dass sich Christian Streich am 18. Mai mit der dritten Europacup-Qualifikation in Serie verabschiedet, sind im Grunde bestens. Erst recht beim Blick auf den Spielplan. Am Sonntag empfängt der SC den Tabellen-16. Mainz 05, zwei Wochen darauf geht es zum Vorletzten aus Köln. Die jüngere Vergangenheit verheißt Gutes. Freiburg verlor keines der jüngsten 17 Duelle mit einem Team, das einen der letzten drei Plätze belegte (14 Siege, 3 Remis). Die fünf Duelle in dieser Saison wurden alle gewonnen bei nur einem Gegentor.

Kein Großkaliber im Finale

Im Grunde müssen die Breisgauer im Saisonfinale nichts besonderes leisten. Sie müssen einfach nur ihre gewohnte Stärke der letzten Jahre abrufen. Vergangene Saison wurde es extrem deutlich. Freiburg wurde am Ende Fünfter und holte in den Spielen gegen die Teams auf den Rängen 6 bis 18 satte 56 Punkte. Genauso viel wie der FC Bayern, nur zwei weniger als Dortmund. Gegen die Top-Mannschaften lief dafür kaum etwas zusammen, nur drei Punkte resultierten aus den acht Spielen.

In dieser Saison ist es zwar nicht ganz so extrem. Doch abgesehen von den fünf Top-Klubs dieser Saison ist der SC Freiburg mit 35 Punkten gegen die Teams von Platz sechs ab abwärts wieder der fleißigste Sammler. Und die übrigen Gegner heißen Wolfsburg, Heidenheim und Union Berlin, allesamt keine Großkaliber. In der Hinrunde holte Freiburg in den letzten fünf Spielen zehn Punkte. Wiederholt sich diese Ausbeute, dürfte sich der SC gegen die ärgsten Konkurrenten aus Frankfurt und Augsburg durchsetzen. Speziell der Eintracht spielt das Restprogramm nämlich weniger in die Karten (unter anderem Bayern, Leverkusen, Leipzig).

Moritz Kreilinger

Europacup-Tickets: Bleibt Freiburg “bei der Musik dabei”?

Plötzlich ist sogar Platz 6 wieder greifbar. Um im Rennen um die Europacup-Tickets weiter gute Karten zu haben, will Freiburg gegen formstarke Mainzer nachlegen. Aus dem Lazarett kehrt wohl niemand zurück und die Offensive muss erneut umgebaut werden.

Auf einmal ist Europa wieder drin: Freiburgs Kapitän Christian Günter.

Auf einmal ist Europa wieder drin: Freiburgs Kapitän Christian Günter.

IMAGO/Steinsiek.ch

Es war kein Leckerbissen, was Freiburg und Darmstadt am Sonntag auf dem Rasen am Böllenfalltor serviert haben. “Wir haben gewusst, es wird eklig. Für Darmstadt war es gefühlt der letzte Aufhänger, uns war klar, dass die alles reinwerfen. Es ging darum, einfach ein gutes Ergebnis zu holen”, sagte SC-Kapitän Christian Günter nach dem 1:0-Arbeitssieg.

Die zentrale Erkenntnis für Günter mit Blick auf das Rennen um die Europacup-Tickets: “Jetzt sind wir bei der Musik dabei und haben zwei Heimspiele.” Zunächst geht es am Sonntag gegen äußerst formstarke Mainzer, die gerade dabei sind, sich aus der Abstiegszone herauszuarbeiten und danach gegen inzwischen ebenso abstiegsgefährdete Wolfsburger: “Diese zwei Spiele werden sehr schwer, weil Mainz gerade gefühlt das Team der Stunde ist.”

Yannik Keitel erwartet wie in Darmstadt wieder “ein Kampfspiel”. Es gelte erneut dagegenzuhalten, fordert Günter, “um den Druck” auf die Rivalen “auszubauen”. Eintracht Frankfurt, die auf Platz sechs nur noch drei Punkte entfernt liegt, empfängt am Freitag den FC Augsburg: “Vielleicht klaut der eine dem anderen Punkte, dann müssen wir da sein”, so Günter, mahnt aber gleichzeitig: “Wir müssen auf uns schauen, denn wir können viel reden, wenn wir aber dann die Spiele dumm verlieren, bringt es uns nichts.”

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Offensive: Steigerung – und mindestens eine Umstellung nötig

Defensiv war die Leistung beim Tabellenletzten ein klarer Fortschritt gegenüber dem 1:4 zuvor gegen Leipzig. Offensiv wird hingegen mutmaßlich eine Steigerung nötig sein, um gegen Mainz erfolgreich sein zu können. Es gilt, die Zwischenräume und die Tiefe besser zu bespielen, insgesamt die Ballsicherheit zu erhöhen.

Trainer Christian Streich muss dabei seine Angriffsformation mindestens auf einer Position verändern. Der in Darmstadt nicht so wirkungsvolle Roland Sallai wird wegen seiner fünften Gelbe Karte fehlen. Wie gut, dass dafür Dauerbrenner Lucas Höler nach seiner Gelbsperre zurückkehrt. Ein Eins-zu-eins-Wechsel ist wahrscheinlich, zumal Merlin Röhl weiterhin leichte Beschwerden im Bauchmuskelbereich hat.

Der U-21-Nationalspieler kam in Darmstadt erst zur zweiten Hälfte. Sollte er wieder vollständig fit sein, könnte Röhl eine Alternative zu Vincenzo Grifo darstellen. Mittelstürmer Michael Gregoritsch hat seine Sache nach seinem wirkungslosen Auftritt zuvor gegen Leipzig in Darmstadt gut gemacht und für sich geworben.

Lienhart fehlt weiter, auch Weißhaupt noch nicht zurück

Aus dem Lazarett sind derweil keine Rückkehrer zu erwarten. Innenverteidiger Philipp Lienhart (Knieprobleme) wird weiterhin fehlen, Außenbahnspieler Noah Weißhaupt (Sprunggelenkblessur) hat ebenfalls noch nicht wieder mit der Mannschaft trainiert.

Carsten Schröter-Lorenz

Wie Gregoritsch mit Streichs Kritik umgeht

Michael Gregoritsch schießt wichtige Tore, auch in der ÖFB-Auswahl. Beim SC Freiburg zählt er zu den Schlüsselspielern. Christian Streich ist aber nicht immer mit seinem Stürmer zufrieden, setzt ihn öfter mal auf die Bank. Nach dem 1:0 in Darmstadt bezog Gregoritsch Stellung zur Trainerkritik.

In ständigem Austausch: Michael Gregoritsch und Christian Streich (re.).

In ständigem Austausch: Michael Gregoritsch und Christian Streich (re.).

IMAGO/Sportfoto Rudel

Michael Gregoritsch trat in dieser Saison schon oft positiv und spielentscheidend in Erscheinung. Nach längerer Durstrecke in der Hinrunde ließ er seinen Torknoten im Verein Ende November mit einem Hattrick beim 5:0 in der Europa League gegen Piräus platzen. Direkt danach folgten die Siegtore in Mainz und Wolfsburg.

Trotz guter Ausbeute: Was Gregoritsch manchmal fehlt

Seine bisher sechs Bundesliga-Saisontore führten zu 16 Punkten aus sechs Partien, in der K.-o.-Phase der Europa League erzielte der Österreicher die Siegtore in den Heimspielen gegen Lens und West Ham. Im Nationalteam lieferte Gregoritsch im November eine starke Leistung beim 2:0 gegen Deutschland, beim 6:1-Kantersieg gegen die Türkei jüngst im März gelang ihm sogar wieder ein Hattrick.

Beim SC bekam er nach dem 3:2 gegen Hoffenheim zum Rückrundenstart auch ohne Scorerpunkt Komplimente von Streich. Insgesamt steht er bisher bei elf Toren und sechs Assists in 39 Pflichtspielen – so richtig als Stammkraft gesetzt ist Gregoritsch trotzdem nicht. 18-mal brachte Streich seinen zentralen Angreifer erst als Joker, weil der SC-Trainer eben nicht immer zufrieden war mit den Auftritten des 1,93-Meter-Manns.

Etwa beim 0:3 in Dortmund wurde Gregoritsch Streichs Ansprüchen nicht gerecht. Beim 1:4 gegen Leipzig am vorletzten Spieltag musste Gregoritsch zur Halbzeit in der Kabine bleiben, nach starker Leistung und Tor zuvor beim 3:0-Sieg in Gladbach. Manchmal scheint beim kopfballstarken und fußballerisch versierten Stürmer der letzte Punch im Anlaufen, in der Zweikampfführung, bei manch offensivem Laufweg zu fehlen.

Österreicher punktet gegen Darmstadt

“Gregerl, Präsenz”, diese beiden Worte formulierte Streich vor dem Spiel in Darmstadt, als es um den möglichen Ersatz für den gelb-gesperrten, lauf- und kampfstarken Lucas Höler ging. Die Ausprägung der Präsenz ist ein zentrales Thema bei Gregoritsch. Bringt er die in dem gerade beim SC geforderten hohen Maße auf den Platz, oder nicht?

Gregoritsch stand in Darmstadt in der Startelf, dürfte aber auch davon profitiert haben, dass Merlin Röhl angeschlagen erst zur zweiten Halbzeit kam. Sonst wäre auch eine Offensive ohne Höler und Gregoritsch denkbar gewesen. Gregoritsch nutzte seine abermalige Chance bei einer insgesamt mäßigen Offensivleistung, legte Ritsu Doans Siegtor durch Präsenz mit dem Rücken zum Tor gut auf, war auch selbst gefährlich und äußerte sich danach zu Streichs Kritikpunkt.

Das ist absolut in Ordnung, weil er mit mir total ehrlich genauso kommuniziert.

Michael Gregoritsch über Christian Streichs öffentliche Kritik

“Wenn der Trainer das so kommuniziert in der Öffentlichkeit, ist das absolut in Ordnung, weil er es mit mir total ehrlich genauso kommuniziert. Der Trainer ist für mich die mit Abstand wichtigste Ansprechperson, was das angeht”, sagte Gregoritsch, musste bei dem Thema aber auch schmunzeln, “weil ich glaube, aus mir wird nie mehr der 14-Kilometer-Spieler.”

Er versuche immer sein Bestes: “Ich habe andere Qualitäten, die bei mir ausgeprägter sind. Trotzdem glaube ich, habe ich mich in diesem Defensivverhalten deutlich verbessert, ich bin ein anderer Spieler geworden als noch vor drei Jahren.” Kein Widerspruch. Ein Verdienst von Streich und seinem Trainerstab, aber natürlich auch von Gregoritsch, der mit Ende 20 bereit war, intensiv an seinen Schwächen zu arbeiten.

Wo “Gregerl” noch Entwicklungspotenzial sieht

Er versuche, über die ganze Saison hinweg das Komplettpaket anzubieten. Mit dem Verweis auf sein Pensum seit dem Wechsel nach Freiburg im Sommer 2022 – inklusive Nationalteam waren es bisher 93 Partien – schränkt er aber ein: “Es ist nicht einfach, jedes Mal diese Vollpräsenz hinzukriegen. Manchmal kommt man gar nicht in gewisse Situationen, dass man den Innenverteidiger wegpresst und in den Körperkontakt geht. Manchmal hat man nicht den Zugriff und muss versuchen, es anders zu lösen.”

Gregoritschs Fazit: “Es ist absolut in Ordnung, wenn der Trainer mich wie letzte Woche mal auswechselt in der Halbzeit oder das Thema anders sieht und Verbesserungsvorschläge hat. Ich habe null Problem mit Kritik allgemein und mit Trainerkritik. Ich spreche mit ihm darüber, versuche mich da zu verbessern. Ich habe mich, wie gesagt, schon verbessert, aber auf jeden Fall noch Entwicklungspotenzial.”

Carsten Schröter-Lorenz

Streich: Warum er wirklich aufhört & was ihn zum politischen Appell drängt

Making of – Christian Streich 16.04.2024

Streich: Warum er wirklich aufhört & was ihn zum politischen Appell drängt

15:30Christian Streich hört auf. Der scheidende Trainer gilt als Bundesliga-Legende, die nicht nur außergewöhnliche Erfolge mit dem Sportclub feierte, sondern als “das Gewissen der Liga” gilt, der mit politischen und gesellschaftlichen Appellen auffällt. Gemeinsam mit seinem “Ziehvater” Lutz Hangartner erklären wir in “Making of” den Menschen Christian Streich.

Wie Doan aus einem ernsten Gespräch mit Streich gelernt hat

Die nach dem 1:4 gegen Leipzig überraschend unveränderte Freiburger Defensive hielt in Darmstadt die Null. Den 1:0-Arbeitssieg sicherte bei mäßiger Offensivleistung ein SC-Profi, der auf beiden Seiten glänzte und sich ein ernstes Gespräch mit dem Trainer zu Herzen genommen hat.

Ritsu Doan zeigte in Darmstadt eine reife Leistung auf der rechten Außenbahn.

Ritsu Doan zeigte in Darmstadt eine reife Leistung auf der rechten Außenbahn.

picture alliance / Eibner-Pressefoto

Das war so nicht zu erwarten. Christian Streich nominierte inklusive der Doppelsechs und den Schienenspielern am Sonntag die gleiche Siebener-Defensive, die er nach dem 1:4 gegen Leipzig noch völlig zu Recht deutlich kritisiert hatte.

Also gab auch Aushilfsabwehrmann Yannik Keitel in Darmstadt wieder den Mittelmann einer Dreierkette, nachdem vor allem er gegen die Sachsen schlecht ausgesehen hatte. Man habe unter der Woche die Fehler und die daraus resultierenden Aufträge klar besprochen, sagte Keitel am Sonntag: “Die innere Linie und die Tiefe besser sichern und besser kommunizieren.”

Beim Tabellenletzten gelang dem Team defensiv eine Steigerung, was natürlich auch am großen Qualitätsunterschied der beiden jüngsten Gegner lag: “Leipzig ist offensiv, vor allem mit dem Tempo, schon eine Hausnummer”, räumte Keitel ein, betonte aber auch die eigenen Verbesserungen: “Wir waren wacher, haben die Tiefe besser gesichert und uns gegenseitig unterstützt.”

Offensivspiel auf mäßigem Niveau

Anders als am Spieltag davor stach Keitel diesmal in positiver Hinsicht innerhalb der Dreierkette heraus, die bereits beim 3:0-Sieg in Gladbach gut funktioniert hatte. Keitel gewann in Darmstadt trotz Größennachteils viele Kopfballduelle und brachte als gelernter Sechser auch immer wieder seine Stärken im Aufbau ein. Dafür bewegte sich das Freiburger Offensivspiel auf mäßigem Niveau, teilweise unter dem Level bei der deutlichen Niederlage gegen Leipzig.

“Mit dem Ball müssen wir es besser ausspielen, noch ballsicherer und klarer sein, dass wir den Gegner noch mehr laufen lassen, um selbst darüber mehr Luft zu holen. Am Ende müssen wir auch die Tore machen”, bestätigte Keitel diesen Steigerungsbedarf, resümierte aber mit einem Schmunzeln: “Alles in allem steht die Null, wir haben drei Punkte und sind happy.”

Komplimente für Doans lehrbuchreife Leistung als Schienenspieler

Bei wem er sich vor allem dafür zu bedanken hatte, wusste Keitel genau. In dem “Kampfspiel” sei das erste und letztlich einzige Tor “extrem wichtig” gewesen. Erzielt hat es Ritsu Doan. Der japanische Nationalspieler zeigte in der ersten Hälfte eine lehrbuchreife Leistung als rechter Schienenspieler.

Doan war defensiv präsent und mitentscheidend. Vor allem als er per Vollsprint in der 27. Minute noch zu Aaron Seydel aufschloss und ihn kurz vor der Torlinie bedrängte. Auch deswegen konnte Darmstadts Stürmer die Hereingabe von Oscar Vilhelmsson nicht verwerten. Vorne bereitete Doan zwei Chancen von Michael Gregoritsch vor und traf nach Doppelpass mit dem österreichischen Nationalspieler mit seinem starken linken Fuß sehenswert ins lange Eck.

“Das übt er echt oft im Training, immer wieder nach innen ziehen und aufs lange Eck schießen”, erzählte Keitel und sprach Doan ein großes Kompliment aus: “Er ist seit Wochen super, er marschiert gegen den Ball und ist in den Zweikämpfen richtig griffig. Da hat er extrem viel dazugelernt und ist für uns da außen sehr wichtig.”

Streich sagte zu Doan: “So kommst du nicht weiter!”

Streich hatte Doan bereits auf der Pressekonferenz vor der Partie gelobt. In einem ernsten Gespräch habe er dem etablierten Nationalspieler, der bei der WM 2022 mit seinem Tor zum deutschen Vorrundenaus beigetragen hatte, noch vor dem Asien-Cup im Januar 2024 klipp und klar gesagt: “So kommst du nicht weiter!”

Der SC-Coach forderte defensiv ein anderes Auftreten vom quirligen Dribbler, der laut Streich die gleiche Schwäche auch bei Japans überraschend frühem Ausscheiden beim Asien-Cup erkannt hat: “Ritsu musste sein Spiel ein Stück weit verändern und ich habe gewusst, dass er das kann. Er ist ein sehr guter Fußballer, sehr beweglich mit einem super Drehmoment, er ist nicht groß, hat aber Kraft und Leichtfüßigkeit. Er musste anders in die Zweikämpfe gehen”, erklärte Streich am Sonntag.

Schön sei, dass Doan dies inzwischen schon länger auf dem Rasen umsetze: “Interessanterweise macht er jetzt auch wieder Tore, seit der defensiv präsenter ist als vorher.” Vier Treffer und ein Assist sind es in den neun Ligaauftritten seit dem Asien-Cup, davor kam Doan auf nur einen Treffer und eine Vorlage in 16 Ligaeinsätzen.

Nur in den sechs Europa-League-Gruppenspielen (2 Tore, 3 Assists) stimmte schon vor der Winterpause die Effektivität beim gelernten Offensivspieler. Durch sein goldenes Tor in Darmstadt hat der 1,72-Meter-Mann die Chancen auf das dritte Freiburger Europacup-Ticket in Serie deutlich erhöht. Keitel, der im Sommer ablösefrei nach Stuttgart wechselt, wird mit dem VfB wahrscheinlich sogar in der Königsklasse aufschlagen.

Carsten Schröter-Lorenz