Mit Moral und Matchglück zum Etappenziel: Jetzt kommt die Kür

Mit Moral und Matchglück zum Etappenziel: Jetzt kommt die Kür

Die deutsche Mannschaft trotzt widrigen Bedingungen und einem starken Gegner und wendet in ihrem Lieblings-Stadion das jähe Turnier-Aus ab. Doch im weiteren Weg gegen die richtig großen Kontrahenten muss sie sich erheblich steigern und stabilisieren. Ein Kommentar von kicker-Chefreporter Oliver Hartmann.

Daumen nach oben: Antonio Rüdiger feiert den Viertelfinal-Einzug des DFB-Teams

Daumen nach oben: Antonio Rüdiger feiert den Viertelfinal-Einzug des DFB-Teams

IMAGO/Eibner

Die schwarzen Wolken, die sich pünktlich zum Anpfiff über dem Dortmunder Stadion zusammenzogen, waren unheilvolle Vorboten einer in vielerlei Hinsicht denkwürdigen und magischen Fußball-Nacht. Es braute sich lange Zeit etwas zusammen über der deutschen Mannschaft, die im Achtelfinale gegen Dänemark erst Blitz, Donner, einen heftigen Wolkenbruch und eine knapp halbstündige Unterbrechung über sich ergehen lassen musste. Und die dann nur um Haaresbreite – oder treffender um eine Stiefelspitze – einer kalten Dusche durch die Skandinavier und womöglich einem albtraumhaft frühen Turnier-K.-o. entging.

2:0, Deutschland bleibt im Rennen, die Party auf den Fanmeilen geht noch mindestens bis zum Viertelfinale am Freitag in Stuttgart weiter. Im Endeffekt war dieser Sieg gegen die in ihren drei Gruppenspielen sieglosen Skandinavier eine Pflichterfüllung, bei deren Bewältigung sich die deutsche Mannschaft heftiger Gegenwehr ausgesetzt sah, diese aber mit einem couragierten Auftritt, mit viel Moral, mit ganz viel Unterstützung durch ein phantastisches Publikum und mit reichlich Matchglück in den entscheidenden Szenen überwand.

Spielbericht

Handelfmeter-Regel nicht im Sinne des Fußballs

Der große Knackpunkt der Partie war die 48. Minute, in der die Dänen schon ihre Führung durch Joachim Andersen bejubelten, die nach einer gefühlt ewig langen Unterbrechung durch den VAR wegen einer äußerst knappen Abseitsstellung von Thomas Delaney einkassiert wurde. Praktisch im Gegenzug wurde Andersen endgültig zur tragischen Figur, als der Ball bei David Raums Flanke kaum erkennbar die Hand touchierte und Kai Havertz den Strafstoß zum 1:0 verwandelte. Auch wenn die Entscheidung des ansonsten indisponierten Schiedsrichter Michael Oliver regelkonform war, ist und bleibt diese Handelfmeter-Regel nicht im Sinne des Fußballs.

Dass die deutsche Elf auch unmittelbar vor der 2:0-Vorentscheidung durch Jamal Musiala eine arg brenzlige Situation – Manuel Neuer klärte gegen Rasmus Höjlund – überstehen musste, passte ins Bild des Abends. Unterm Strich war dieser Sieg verdient, weil sich die deutsche Mannschaft mit großer Moral immer wieder aus der Bedrängnis befreite und sich am Ende ein klares Chancenplus von 9:5 erspielte.

Mit viel Rückenwind ins Viertelfinale

Nagelsmann hatte seine Startelf auf drei Positionen umgestellt, aber nicht Volkes Stimme nachgegeben, die den Einsatz von Niclas Füllkrug gefordert hatte. Stattdessen überraschte er mit der Nominierung von Leroy Sané, der wegen einer Schambeinentzündung seit Monaten seinen Rhythmus sucht und auch bei den Einwechslungen in den drei Gruppenspielen nicht für sich werben konnte. Doch der Münchner zeigte eine ansprechende Leistung, wie auch der für Maximilian Mittelstädt aufgebotene Raum seine Startelf-Chance nutzte.

Das Etappenziel ist erreicht und damit auch der Punkt, an dem man deutsche Sieger nicht mehr als Pflichterfüllung erwarten kann. Jetzt kommt die Kür gegen die Mitfavoriten, im Viertelfinale wahrscheinlich gegen Spanien, das am Sonntag auf den krassen Außenseiter Georgien trifft (21 Uhr, LIVE! bei kicker. Die deutsche Mannschaft muss sich erheblich steigern und stabilisieren, wenn sie auch gegen solche Hochkaräter bestehen will. Aber seit Samstag ist klar: Sie geht mit viel Rückenwind in die entscheidenden Turnierwochen.