Fiel: “Hier kann man unfassbar viel entfachen”

Fiel: “Hier kann man unfassbar viel entfachen”

Berlin kennt er schon – aus seiner Zeit als Union-Profi zu Beginn des Jahrtausends. Jetzt will Cristian Fiel (44) Hertha BSC als Trainer in die Spitzengruppe der 2. Liga führen.

Herthas neuer Chefcoach Cristian Fiel ist voller Tatendrang.

Herthas neuer Chefcoach Cristian Fiel ist voller Tatendrang.

IMAGO/Nordphoto

Seit zwölf Tagen ist Cristian Fiel in Berlin, aber der schönste Tag kommt nach eigener Angabe erst noch. “Ich wollte in Ruhe ankommen und mir ein Bild von allem machen. Ich habe die Zeit genutzt, um mich in Ruhe auf das, was kommt, vorzubereiten”, sagte der neue Hertha-Coach bei seiner Vorstellung am Dienstag. “Um ehrlich zu sein: Es ist jetzt Zeit, dass es losgeht, dass wir auf den Platz können, dass wir arbeiten können. Der schönste Moment kommt morgen, wenn wir auf dem grünen Rasen stehen und der Ball wieder unterwegs ist. Dann bin ich als Trainer in meinem Element.”

25 Spieler wird der Nachfolger von Pal Dardai zur ersten Trainingseinheit am Mittwoch um sich scharen. Neben EM-Fahrer Marton Dardai (Ungarn) fehlen zum Auftakt auch Haris Tabakovic (Bosnien) und Andreas Bouchalakis (Griechenland), die im Juni noch für ihre Nationalteams unterwegs waren. Auch die zuletzt verliehenen Wilfried Kanga (Standard Lüttich) und Myziane Maolida (Hibernians Edinburgh) sollen erst am 1. Juli dazustoßen, falls sich nicht vorher ein Abnehmer für die beiden Verkaufskandidaten findet. Der in der Rückrunde ebenfalls verliehene Kelian Nsona (MSK Zilina) ist bereits zurück in Berlin, wird aber vorläufig mit der U 23 trainieren.

Die Vorfreude auf seine neue Mannschaft ließ Fiel am Dienstag immer wieder anklingen. Er wolle “die Vorbereitung nutzen, um meine Idee in die Jungs reinzukriegen. Da geht es um alle Phasen des Spiels: mit Ball, gegen den Ball, Umschalten.” Er sehe in Berlin “eine große Möglichkeit, Dinge umzusetzen, die in meinem Kopf sind.” Und – ganz wichtig: “Ich habe die Spieler, die meine Idee umsetzen möchten.”

Seine fußballerische Kernidee skizzierte der gebürtige Esslinger mit den spanischen Wurzeln wie folgt: “Ich will diesen Ball haben. Ich will, dass wir das Spiel kontrollieren. Ich will, dass wir den Gegner in seiner Hälfte immer wieder vor Aufgaben stellen. Es geht um eine gute Balance. Wir müssen gut verteidigen und den Gegner von unserem Tor weit weghalten, auch darum wird es in der Vorbereitung gehen. Da geht es um gute Positionierung, dass du bei Ballverlust sofort Zugriff hast, und um kurze Abstände, aber auch um Verantwortung.”

Wenn ich nicht druckresistent wäre, wäre es besser, nicht hier zu sein.

Cristian Fiel

Nach dem Übergangsjahr, das Hertha unter Pal Dardai auf Platz 9 abschloss, soll es 2024/25 in Richtung Zweitliga-Spitze gehen. “Wenn ich nicht druckresistent wäre, wäre es besser, nicht hier zu sein”, betonte Fiel. “Mir ist bewusst, bei welchem Verein ich bin und was erwartet wird. Wir können eine der Mannschaften sein, die oben mit dabei sind. Mit diesem Kader wäre es falsch, nicht oben ran zu wollen.”

“Der Verein hat eine sehr große Strahlkraft”

Fiel, der zwischen Juli 2001 und Januar 2003 für den Stadtrivalen Union gespielt hat (48 Zweitliga-Einsätze, vier UEFA-Cup-Spiele) und dessen Schwiegereltern in Berlin wohnen, sieht bei Hertha offenkundig mehr Potenzial als an seiner vorherigen Wirkungsstätte Nürnberg: “Als klar war, dass Hertha mir die Möglichkeit gibt, das zu machen, war für mich klar, dass ich es machen will. Der Verein hat eine sehr große Strahlkraft. Man kann hier unfassbar viel entfachen. Das ist die Aufgabe, die wir als Team haben.”

Rückt Ebert in den Profi-Staff auf?

Zu seinem Staff wird als Co-Trainer der Portugiese Jaime Monroy gehören, der erstmals für einen deutschen Klub arbeitet. Torwarttrainer Andreas Menger hat seinen Vertrag verlängert und bleibt an Bord, ebenso die Athletiktrainer Henrik Kuchno und Hendrik Vieth. Etienne Dzwonkowsky wird den Stab als Analyst ergänzen. Ex-Profi Patrick Ebert, der unter Fiel einst bei Dynamo Dresden spielte und der in der Vorsaison Co-Trainer in Herthas U 15 war, könnte noch zum Staff dazustoßen. Am Dienstagvormittag gab es in dieser Personalie weitere Gespräche.

Klar ist zudem, dass es nach Luca Schuler (Angriff/Magdeburg), Kevin Sessa (Mittelfeld/Heidenheim) und Michael Cuisance (Mittelfeld/Venedig) weitere Zugänge geben wird. Mit Sechser Diego Demme (Neapel) ist seit Wochen alles klar, ein neuer Rechtsaußen wird noch gesucht, womöglich auch ein weiterer Sechser.

Ein großes Faustpfand sollen auch unter Fiel die Spieler aus der eigenen Akademie sein. “Es wird weiter Teil unserer DNA sein, junge Spieler zu entwickeln”, sagte Sportdirektor Benjamin Weber am Dienstag bei Fiels Vorstellung. “Cristian ist genau diesen Weg in Dresden und Nürnberg gegangen.” So wird der vorjährige U-19-Stürmer Oliver Rölke, der Mitte Juni einen Profivertrag bis 2027 unterschrieben hatte, am Mittwoch beim Trainingsstart dabei sein. “Ich habe in Nürnberg gezeigt, dass ich den jungen Spielern eine Chance gebe”, erklärte Fiel. “Es geht um Qualität. Der Nachwuchs hier hat unfassbar viel Qualität.”

“Ich freue mich morgen auf den Platz”

Sein durchaus anspruchsvoller Job ist es ab sofort, die Qualität seines Kaders in Ergebnisse umzusetzen – und dabei einen Fußball mit Wiedererkennungswert spielen zu lassen. Fiels Wunsch nach der Sommerpause und zwei Tagen Leistungsdiagnostik der Hertha-Profis: “Jetzt will ich raus, mit den Jungs arbeiten und ihnen meine Idee von Fußball näherbringen. Ich freue mich morgen auf den Platz.”

Steffen Rohr