Kanga & Co.: So läuft es bei Herthas Leihspieler-Sextett

Sechs Profis hat Hertha BSC aktuell verliehen. Einer, U-21-Nationalspieler Julian Eitschberger, kommt im Sommer zurück nach Berlin. Andere vergrößern gerade ihren Markt.

Herthas Wilfried Kanga trumpft bei Leihklub Standard Lüttich auf.

Herthas Wilfried Kanga trumpft bei Leihklub Standard Lüttich auf.

IMAGO/Photo News

Belgien, Italien, Schottland, die Slowakei, die Türkei und Sachsen-Anhalt: Herthas Leihspieler-Sextett spielt weit verstreut – und liefert unterschiedliche Leistungen ab. Bei einem Trio winken dem Berliner Zweitligisten, der weiter unter großem Kostendruck steht, im Sommer signifikante Transfereinnahmen. Der kicker sagt, wie es für die Leihspieler läuft und welche Perspektive sie haben.

Wilfried Kanga (26, Standard Lüttich): Plötzlich läuft’s wieder. Der Mittelstürmer, 2022 mit der Empfehlung von 15 Toren in 33 Super-League-Spielen für knapp fünf Millionen Euro Ablöse aus der Schweiz (Young Boys Bern) nach Berlin gekommen und dort ein uneingelöstes Versprechen geblieben, trumpft bei Leihklub Standard Lüttich ohne die Sprachbarriere und mit Selbstvertrauen auf. Der Franko-Ivorer ist aktuell Lüttichs Top-Torschütze (neun Treffer, drei Assists in 27 Jupiler-Pro-League-Spielen). Eine Kaufoption besitzt Standard, wie Hertha im Portfolio von US-Investor 777 Partners, nicht. Kanga steht bei Hertha bis 2026 unter Vertrag, der Klub strebt einen Verkauf im Sommer an. Dass sich Lüttich eine Festverpflichtung leisten kann, gilt aktuell als eher unwahrscheinlich. Kanga, für den es im Vorsommer auch Nachfragen aus dem arabischen Raum und seiner Heimat Frankreich gab, hat mit seiner Saison-Performance nach kicker-Informationen Interesse im Benelux-Raum und in der Ligue 1 geweckt.

Suat Serdar (26, Hellas Verona): Stieg mit Schalke 2021 und mit Hertha 2023 aus der Bundesliga ab und wollte danach den Schritt ins Ausland machen. Der Start in Verona verlief für den deutschen Ex-Nationalspieler, für den Hertha 2021 acht Millionen Euro Ablöse gezahlt hatte, schleppend. Seit Mitte Januar ist er Stammspieler auf der Doppel-Sechs neben dem Ex-Herthaner Ondrej Duda. Im kicker-Interview sagte Serdar in der Vorwoche: “Ich habe mich komplett in Italien verliebt.” Hellas hat eine Kaufoption, die nach kicker-Informationen bei über vier Millionen Euro liegt. Wie es für Serdar im Sommer weitergeht, ist offen und hängt nicht zuletzt davon ab, ob Hellas die Klasse hält. Ein mögliches Modell: Bei einem Serie-A-Verbleib kauft Verona den Mittelfeldspieler und verkauft ihn anschließend weiter. Serdars Vertrag in Berlin läuft bis 2026. Ein Comeback bei Hertha ist sportlich und finanziell allenfalls bei einem Bundesliga-Aufstieg denkbar.

Myziane Maolida (25, Hibernian Edinburgh): Der damalige Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic lotste Maolida im August 2021 für vier Millionen Euro Ablöse von OGC Nizza nach Berlin und labelte ihn als “Phantasiespieler”. Nizza hatte das vermeintliche Top-Talent im Sommer 2018 für zehn Millionen Euro aus Lyon geholt. In Berlin kam Maolida, der von der U 16 bis zur U 21 für alle französischen Auswahlteams am Ball war, nie auf Touren. Taktische Defizite, Einstellungsprobleme, dazu die vielen Trainerwechsel und die lange Zeit vorhandene toxische Unruhe im und um den Klub: Maolida kam in der Bundesliga in 17 Einsätzen auf ein Tor (dazu zwei Relegationsspiele im Mai 2022 gegen den HSV). Seine Leihe in der Rückrunde der Saison 2022/23 zu Stade Reims war auch keine Erfolgsgeschichte.

In der Hinrunde dieser Saison wurde er in Herthas U 23 abgeschoben (zehn Regionalligaspiele, drei Tore) und von Hertha-Coach Pal Dardai im November öffentlich abgekanzelt: “Er hat sehr viele Chancen bekommen und war so faul wie ganz wenige Spieler, die ich in meinem Leben gesehen habe.” Im Januar wechselte der Angreifer auf Leihbasis und ohne Kaufoption zum schottischen Erstligisten Hibernian Edinburgh. Dort zündet er. Bilanz: fünf Tore, ein Assist in zehn Premiership-Einsätzen, dazu ein Tor im schottischen FA-Cup gegen Inverness CT. Der Nationalspieler der Komoren, von Haus aus Linksaußen, kommt bei den Hibs öfter als Mittelstürmer zum Zug. Sein starker Einstand in Schottland macht ihn auch für den englischen Markt interessant. Hertha, wo er bis 2025 unter Vertrag steht, trägt aktuell wie auch bei Kanga und Kelian Nsona einen Teil des Gehalts. Klares Ziel für den Sommer: ein Verkauf von Maolida. Die Chancen darauf steigen mit jedem Tor.

Julian Eitschberger (20, Hallescher FC): Herthas Plan, einem jungen Spieler über den Zwischenschritt in die 3. Liga Spielpraxis zu geben und reifen zu lassen, funktioniert bei Eitschberger wie schon im Vorjahr bei Marten Winkler und der Leihe zu Waldhof Mannheim. Eitschberger ist in Halle eine feste Größe, absolvierte bislang 23 Liga-Spiele und ist aktuell mit der deutschen U-21-Nationalmannschaft unterwegs, die in der EM-Qualifikation am Freitagabend in Chemnitz gegen den Kosovo antritt und am Dienstag in Halle gegen Israel. Der Rechtsverteidiger wird nach seinem Lehrjahr in Halle im Sommer nach Berlin zurückkehren und dann eine andere Konkurrenzsituation als vor dieser Saison vorfinden. Die Verträge von Deyovaisio Zeefuik und Peter Pekarik laufen aus und sollen nicht verlängert werden, Stammkraft Jonjoe Kenny – einer der Spieler mit einem vergleichsweise teuren Altvertrag – könnte es wegziehen. Für Eitschberger steht die Tür bei Hertha im Sommer weit offen.

Kelian Nsona (21, MSK Zilina): Der Franzose kam im Januar 2022 nach einem Kreuzbandriss für 500 000 Euro Ablöse vom französischen Zweitligisten SM Caen und in Berlin auch wegen einer weiteren Knie-OP nie wirklich auf die Beine. Hertha verlieh ihn Anfang Februar an Pekariks slowakischen Ex-Klub MSK Zilina. Auch beim Tabellenzweiten der Nike-Liga wartet er noch auf seinen Durchbruch: drei Teileinsätze in der Liga mit 89 Minuten Gesamtspielzeit, dazu ein 90-Minuten-Auftritt im Pokal-Achtelfinale gegen Slovan Bratislava (0:1). Der Flügelstürmer, der mit Frankreichs U-17-Auswahl 2019 EM-Halbfinalist war und bei dem Turnier in Irland damals an der Seite von Enzo Millot (VfB Stuttgart), Georginio Rutter (Leeds United, ehemals Hoffenheim), Tanguy Nianzou (FC Sevilla) und Brandon Soppy (Schalke) spielte, sucht nach langer Leidenszeit weiter seinen Rhythmus. Sein Vertrag in Berlin läuft bis 2026, eine Zukunft bei Hertha hat er eher nicht.

Ensar Aksakal (22, Göztepe Izmir): Der Linksaußen wechselte Mitte September zu Göztepe Izmir, aber die Leihe funktioniert nicht wie erhofft. Aksakal, der 2020 aus der A-Jugend des 1. FC Union zur U 23 von Hertha gewechselt war und im November 2022 einen Profivertrag bis 2025 unterschrieben hatte, kam für den türkischen Zweitliga-Zweiten lediglich zu zwei Teileinsätzen im November – mit 84 Minuten Gesamtspielzeit. Göztepe besitzt eine Kaufoption, wird die aber ziemlich sicher verstreichen lassen. Womöglich liegt die Zukunft von Aksakal, dessen Vater Sezgin einst ebenfalls bei Hertha BSC fußballerisch groß wurde (1981-88, später u.a. Türkiyemspor, Hertha Zehlendorf, elf Süper-Lig-Einsätze für Malatyaspor), dennoch weiter in der Türkei.

Steffen Rohr

Hertha: Phantom Rogel zurück auf der Bildfläche

Seit dem Sommer war er ein Phantom im Kader, jetzt ist er wieder da: Agustin Rogel (26) ist bei Hertha BSC ins Mannschaftstraining zurückgekehrt – nach neunmonatiger Leidenszeit.

Tauscht die Straßenklamotten wieder gegen Fußballkluft: Hertha-Verteidiger Agustin Rogel.

Tauscht die Straßenklamotten wieder gegen Fußballkluft: Hertha-Verteidiger Agustin Rogel.

IMAGO/Matthias Koch

Als Agustin Rogel letztmals für Hertha BSC spielte, stand Oliver Christensen im Tor und Maximilian Mittelstädt spielte hinten links. Lucas Tousart und Kevin-Prince Boateng bildeten die Doppel-Sechs. Dodi Lukebakio und Marco Richter besetzten die Flügel, und vor dem auf der Zehn aufgebotenen Suat Serdar stürmte Stevan Jovetic.

Die sind alle längst weg oder – wie Boateng – im fußballerischen Ruhestand. Rogel ist noch da. Oder besser: wieder da.

In besagter Aufstellung spielte Hertha am 20. Mai 2023 1:1 gegen den VfL Bochum. Ein Kopfballtor von VfL-Verteidiger Keven Schlotterbeck in der vierten Minute der Nachspielzeit stürzte den Hauptstadtklub seinerzeit ins Tal der Tränen, der Abstieg war besiegelt. Eine Woche darauf, als Trainer Pal Dardai in Wolfsburg der Zukunft ein Gesicht gab und den Youngstern um Pascal Klemens, Tjark Ernst und Ibrahim Maza eine Chance, saß Rogel nur noch auf der Bank. Danach verschwand er in den Krankenstand – wegen seiner Knie-Operation, die er zuvor über Monate verschoben hatte, um im Abstiegskampf nicht zu fehlen.

Wird die Karriere neu angeschoben?

Am Dienstag kehrte der uruguayische Innenverteidiger, der Ende August 2022 vom damaligen Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic nach starken Auftritten in der Copa Libertadores aus Argentinien (Estudiantes de La Plata) geholt worden war, ins Mannschaftstraining zurück.

Für den 1,91-Meter-Hünen, der im September 2022 für die Nationalmannschaft Uruguays debütiert, aber die WM in Katar verpasst hatte, steht auch seine dritte Europa-Station unter keinem guten Stern. In Russland (KS Samara, Saison 2018/19) und Frankreich (FC Toulouse, Sommer 2019 bis Februar 2021) hielt es ihn nicht lange. Mit Toulouse stieg er 2020 sang- und klanglos aus der Ligue 1 ab, mit Hertha 2022/23 aus der Bundesliga. Auf 20 Einsätze brachte es Rogel in Herthas Abstiegssaison, die Verkaufspläne des Klubs für den Sommer 2023 zerschlugen sich wegen der Knie-OP.

Klar ist: Rogel (Vertrag bis 2026) bleibt ein Abgangskandidat, Herthas Zukunft in der Innenverteidigung soll vor allem den Eigengewächsen Linus Gechter, Marton Dardai, Pascal Klemens und Tim Hoffmann gehören. Nach seinem Bundesliga-Debüt Anfang Oktober 2022 gegen die TSG Hoffenheim (1:1) hatte Rogel gesagt: “Ich habe versucht, es zu genießen.” Allzu viel Genuss kam seitdem für ihn in Berlin nicht dazu. Jetzt ist der Abwehrspieler, der 2017 mit Uruguays U-20-Auswahl WM-Vierter in Südkorea war, zurück, um seine Karriere neu anzuschieben.

Steffen Rohr

Wie lange geht Herthas Top-Talent Maza den “Berliner Weg” mit?

Die Hinrunde verpasste Ibrahim Maza, jetzt dreht er bei Hertha BSC auf. Die Frage ist: Wie lange geht der 18-Jährige den “Berliner Weg” mit?

Aufsteigender Stern am Berliner Himmel: Ibrahim Maza.

Aufsteigender Stern am Berliner Himmel: Ibrahim Maza.

IMAGO/eu-images

Beim DFB hat Ibrahim Maza die nächste Stufe erklommen. Bislang war die U-18-Nationalmannschaft sein Habitat, in dieser Woche gastiert er mit der deutschen U 19 in Kroatien. In der zweiten EM-Qualifikationsrunde geht es für Maza und seine Klubkollegen Pascal Klemens und Tim Goller gegen Gastgeber Kroatien, Rumänien und die Türkei. Hertha-Abwehrspieler Tim Hoffmann steht für das Team von Christian Wörns auf Abruf bereit.

Auch im Verein ist Maza gerade dabei, den nächsten Schritt zu gehen. Beim 5:2-Kantersieg gegen Schalke am Sonntag stand Herthas Eigengewächs zum zweiten Mal in dieser Saison in der Startelf, dazu kamen bislang vier Joker-Einsätze. Der Eindruck, der sich von Woche zu Woche verfestigt: Maza macht Herthas Offensivspiel mit seinem Mix aus Technik, Torgefährlichkeit und Intuition unberechenbarer. In Ballbesitz gab er gegen Schalke den Zehner mit großem Aktionsradius und dem Mut zum Dribbling, gegen den Ball lief er in einem 4-4-2 in vorderster Linie neben Haris Tabakovic an.

“Was ist das dann für ein Spieler?”

Auch wenn ihm kein Tor gelang und nicht jede Entscheidung saß: Maza, der sich im Juli im Österreich-Trainingslager schwer am Meniskus verletzt und die Hinrunde verpasst hatte, wird immer wichtiger. “Ibo ist ein superguter Fußballer”, sagte Linksaußen Fabian Reese nach Herthas stärkstem Rückrundenauftritt. “Er kann noch viel lernen, er muss noch viel lernen. Er ist ein demütiger Junge, der herausragende Qualitäten am Ball hat. Er hat gut gespielt, aber er ist noch lange nicht an seinem Maximum. Wenn er manche Entscheidungen noch besser löst, was ist das dann für ein Spieler?” Reeses Fazit: “Wir können uns sehr glücklich schätzen, so ein herausragendes Talent in unseren Reihen zu haben.”

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Die Frage ist nur: Wie lange noch? Mazas Vertrag, im April 2023 unterschrieben und bis 2026 gültig, beinhaltet zwar nach kicker-Informationen für den Sommer 2024 keine Ausstiegsklausel. Aber der Newcomer steht längst bei mehreren Erstligisten auf dem Zettel. Und neben der Frage, welchen Karriereweg das Top-Talent einschlagen will, könnten im Sommer auch Herthas Sparzwänge zum Faktor werden.

Pal Dardai

Er muss mit finanziellen Zwängen klarkommen: Hertha-Coach Pal Dardai.
IMAGO/osnapix

Womöglich müssen die Berliner, die für die aktuelle Saison mit einem Minus von 22 Millionen Euro kalkulieren, durch Verkäufe mehrerer Profis Transfererlöse generieren. Mazas Mitspieler Bence Dardai hat sich in der Vorwoche für einen Sommer-Wechsel zum VfL Wolfsburg entschieden. “Dass Bence geht, berührt uns schon”, erklärte Maza nach dem Schalke-Spiel. “Das ist schade. Aber er hat lange mit seiner Familie darüber gesprochen und die Entscheidung getroffen. Man muss respektieren, was er macht. Jeder geht seinen Weg.”

Ehrliche Antwort eines aufgeräumt wirkenden Talents

Wie lange er selbst den vom Klub ausgerufenen “Berliner Weg” noch mitgehe, wurde Maza gefragt. Seine Replik: “Das kann ich leider noch nicht sagen, das überlege ich noch mit meiner Familie.” Es war eine ehrliche Antwort des aufgeräumt wirkenden Youngsters, der auch auf dem linken Flügel spielen kann, aber am besten als hängende Spitze oder Zehner zur Geltung kommt. Bis jetzt liegt weder der Spielerseite noch dem Klub ein konkretes Angebot vor. Fakt ist: Ein Maza-Abgang würde Hertha zwar finanziell versüßt, aber sportlich deutlich härter treffen als der ablösefreie Wechsel von Bence Dardai.

Bis zu einer Entscheidung dürfte noch einige Zeit vergehen, zunächst will Maza die jüngsten Leistungen bestätigen. “Ich habe die Mannschaft im Rücken”, sagte er. “Auch wenn ich mal Fehler mache, motivieren die anderen mich und machen mich nicht runter. Wir sind wie eine Familie. Deswegen macht man die Meter für seine Mitspieler gerne und kämpft für sie.” Gegen Schalke ging der Plan auf: “Die fast 70.000 Zuschauer haben Vollgas gegeben und wir auch, man muss alles zurückgeben.”

Dem gebürtigen Berliner mit den algerisch-vietnamesischen Wurzeln gelingt das in diesen Wochen auffallend gut. Selbstverständlich ist das nicht. “Es ist gerade Ramadan, Ibo fastet”, sagte Reese. “Dann so eine Leistung als Hochleistungssportler zu bringen, davor habe ich Hochachtung – und das in seinem Alter.”

Steffen Rohr

Das Becken: Ernst sagt Trip zur deutschen U 20 ab

Hertha-Stammkeeper Tjark Ernst hat wegen seiner Verletzung die Reise zur deutschen U-20-Auswahl abgesagt. Sein Ziel: die Rückkehr ins Tor nach der Länderspielpause im Zweitliga-Spiel gegen den 1. FC Nürnberg am 30. März.

Herthas Torhüter Tjark Ernst plagt sich mit einer Beckenkammprellung.

Herthas Torhüter Tjark Ernst plagt sich mit einer Beckenkammprellung.

IMAGO/eu-images

Ernst habe für die beiden anstehenden Länderspiele der U-20-Nationalmannschaft gegen Frankreich im spanischen Oliva Nova südlich von Valencia (22. und 25. März) abgesagt, teilte Hertha BSC am Montagvormittag mit. Der Torhüter hatte sich vor neun Tagen im Abschlusstraining vor dem Berliner Auswärtsspiel beim FC St. Pauli (0:2) bei einer Parade im Bereich der Hüfte und des Beckens verletzt und nicht nur in Hamburg, sondern auch am Sonntag beim Heimspiel gegen Schalke 04 (5:2) ausgesetzt. Wegen der Beckenkammprellung der Nummer 1 kam in beiden Partien Ersatzmann Marius Gersbeck zum Zug. Weil auch Robert Kwasigroch noch Trainingsrückstand hat, saß gegen Schalke als Back-up für Gersbeck U-19-Keeper Tim Goller auf der Bank.

Etliche andere Hertha-Profis gehen derweil für ihre Verbände auf Reisen. Marton Dardai, der bislang für die U-Mannschaften des DFB aufgelaufen war, steht nach seinem Verbandswechsel vor seinem Debüt für den deutschen EM-Gegner Ungarn, der gegen die Türkei und Kosovo testet.

Routinier Peter Pekarik, der in der Schlussphase gegen Schalke zu seinem ersten Liga-Einsatz seit Anfang September kam, trifft mit der ebenfalls für die EM qualifizierten Slowakei in zwei Freundschaftsspielen auf Österreich (23. März/Bratislava) und Norwegen (26. März/Oslo).

Ernst wird es hingegen für ein Berliner Trio im Rahmen der EM-Playoffs: Andreas Bouchalakis empfängt mit der griechischen Auswahl am Donnerstag in Athen Kasachstan. Bei einem Sieg wartet auf den Europameister von 2004 der Gewinner des Duells zwischen Georgien und Luxemburg. Für Haris Tabakovic, dem gegen Schalke sein fünfter Zweitliga-Doppelpack gelang, und Smail Prevljak geht es am Donnerstag mit Bosnien-Herzegowina in den Play-offs in Zenica gegen die Ukraine. Kommen die Bosnier weiter, wartet am 26. März der Sieger der Partie Israel gegen Island.

Für die U 21 des DFB sind Linus Gechter und Julian Eitschberger, der nach seiner Leihe zu Drittligist Halle im Sommer zu Hertha zurückkehrt, in der EM-Qualifikation gegen Kosovo (22. März in Chemnitz) und Israel (26. März in Halle) im Einsatz. Zur U 19 reisen Keeper Goller, Pascal Klemens und erstmals Ibrahim Maza, der sich nach verpasster Hinrunde (Meniskus-OP) in den vergangenen Wochen in den Fokus spielte und gegen Schalke in der Startelf stand. Gegner in der zweiten EM-Qualifikationsrunde in Kroatien sind der Gastgeber, Rumänien und die Türkei. Bence Dardai, ab Sommer beim VfL Wolfsburg, wurde von U-18-Coach Hanno Balitsch für das anstehende Turnier im spanischen Pinatar nominiert. Die Gegner dort: die Niederlande (20. März), England (22. März) und Tschechien (25. März). Angreifer Gustav Christensen trifft mit Dänemarks U 20 auswärts auf Portugal.

Steffen Rohr

Hertha zwischen “Ebba” und Flut

Nach zähen Wochen schafft Hertha BSC einen Befreiungsschlag: Beim 5:2 gegen Mit-Absteiger Schalke 04 gelingt die beste Rückrundenleistung – mit der jüngsten Startelf seit 1995.

Gebührend gefeiert: Fabian Reese

Gebührend gefeiert: Fabian Reese “putzt” Torschütze Marten Winkler die Schuhe.

IMAGO/Metodi Popow

Die Wahl der Schuhe war für Marten Winkler nicht ganz einfach. “Seit zwei Tagen trainiere ich mit meinen neuen Schuhen”, sagte er nach getaner Arbeit in den Katakomben des Olympiastadions. “Alle haben erstmal gesagt: ‘Warum spielst du denn mit Straßenschuhen?’ Ich war vor dem Spiel noch unschlüssig, ob ich sie anziehe. Zum Glück habe ich sie angezogen.” Zum Glück für ihn und zum Glück für Hertha BSC: Rechtsaußen Winkler war am Sonntagnachmittag beim auch in der Höhe restlos verdienten 5:2 gegen Schalke einer der Protagonisten. “Wenn man gewinnt und auch noch so deutlich”, befand der Doppeltorschütze, “dann macht es umso mehr Spaß. Wir wollen alle kicken – und wie man heute gesehen haben, können wir das auch.”

Nach drei sieglosen Spielen und einer ersten Rückrundenhälfte, in der Herthas schwerster Gegner nicht selten die eigene Lethargie war, lieferte der temperamentvolle Auftritt gegen Schalke eine Ahnung davon, welche Wucht dieser Kader offensiv entfalten kann. “Wir konnten an diesem Nachmittag viele Häkchen an die richtige Stelle setzen”, bilanzierte Fabian Reese, der kein Tor, aber drei Assists verbuchte. “Schönes Wetter, volles Stadion, gute Stimmung, Heimsieg, drei Punkte – rundum ein wunderschöner Sonntag. Wir haben unseren Matchplan sehr gut auf Schalke angepasst und eins gegen eins über den gesamten Platz gespielt.”

Es war für erbarmungswürdig schlecht verteidigende Schalker ein Nachmittag des Grauens, während Hertha auf den ängstlichen Auftritt beim FC St. Pauli (0:2) mit maximaler Entschlossenheit antwortete – nach einer Woche, die es in sich hatte. Am Dienstag hatte Trainer-Sohn Bence Dardai (18, offensives Mittelfeld) den Bossen seinen ablösefreien Abgang im Sommer verkündet, ihn zieht es zum VfL Wolfsburg.

Und Dardai senior war seit Mitte der Woche sicht- und hörbar angefressen über den kicker, der die bis dahin maue Rückrundenbilanz und die im Sommer offene Trainerfrage thematisiert und berichtet hatte, dass es Ende Januar in Teilen der Chefetage Gedankenspiele um eine sofortige Trennung gab. “Es war eine schwierige Woche”, sagte Pal Dardai nach dem Kantersieg gegen Erzrivale Schalke. “Von außen kommt Druck, das hat intern keiner verstanden. Die Jungs haben in der Woche sehr gut trainiert, und ich habe gesagt: ‘Das möchte ich auch im Spiel sehen.'”

Defensive ein paar Wackler, aber offensive Stringenz

Pal Dardai

Gegen S04 hatte er viel Grund zur Freude: Pal Dardai.
IMAGO/Beautiful Sports

Defensiv offenbarte Hertha im ersten Abschnitt einige Wackler, offensiv hatte der Vortrag des Hauptstadtklubs eine Schlagkraft und Stringenz wie seit Wochen nicht. “Wir haben mit Ball sehr guten Fußball gespielt, schon in der ersten Halbzeit, wir hätten deutlicher führen sollen”, sagte der Coach. Und anders als in etlichen Spielen dieser Saison machten die Berliner gegen Schalke nach der Pause den Deckel drauf und, wie Dardai korrekt protokollierte, “im richtigen Moment die nötigen Tore”.

Das Offensivquartett um die Doppeltorschützen Winkler und Haris Tabakovic, Dreifach-Vorbereiter Fabian Reese und Spielgestalter Maza war nicht zu bändigen. “Es gab ein paar Veränderungen in der Startelf, wir hatten viele gute Fußballer auf dem Platz”, sagte Reese. “Ich glaube, das hat man gesehen. Wir haben Spielfreude gezeigt und schöne Tore geschossen.”

Überzeugendste Darbietung des Jahres 2024

Die überzeugendste Darbietung des Jahres 2024 gelang Hertha mit der jüngsten Startelf (23,93 Jahre im Schnitt) seit dem 10. Spieltag der Zweitligasaison 1995/96. Einige Etablierte – Kapitän Toni Leistner und Winter-Zugang Aymen Barkok – blieben 90 Minuten auf der Bank, andere wie Maza und Jeremy Dudziak (erster Startelfeinsatz seit Ende September) nutzten ihre Chance. Es war vor der imposanten Kulisse von 69.135 Zuschauern eine Leistung, die für die Berliner zum Maßstab im Saisonfinale werden soll. “Wir wollen auch die verbleibenden Spiele gewinnen, den Leuten guten Fußball bieten und schauen, wie viele Punkte wir noch holen können”, sagte Reese.

Nach der Länderspielpause geht’s am 30. März daheim gegen den 1. FC Nürnberg weiter. “Nächstes Heimspiel, was gibt es Besseres”, meinte der Linksaußen maximal gutgelaunt. “Da wollen wir bestmöglich an die heutige Leistung anknüpfen und wieder drei Punkte holen.” Bis dahin dürfte sich auch der Familienzuwachs im Hause Reese akklimatisiert haben.

Der Hertha-Profi und seine Freundin holen sich am Montag einen Zwergpudel namens Ebba. “Wir sind ein Paar aus dem Norden, der Name ist ein nostalgischer Gruß in die Heimat”, sagte Reese nach der Torflut gegen Schalke mit einem Lächeln.

Und Doppeltorschütze Winkler? Bekam vom Vorgesetzten Zuckerbrot. “Wenn ein Winkler von der 3. Liga nach einem halben Jahr Ausbildung bei uns zwei solche Tore schießt, dann lohnt es sich, sich oft mit ihm zu beschäftigen”, sagte Dardai. “Er hat immer wieder Vertrauen bekommen, natürlich auch mal einen Arschtritt. So bin ich, es ist nicht einfach mit mir.” Ist es nicht.

Steffen Rohr, sge

Hertha zwischen “Ebba” und Flut

Nach zähen Wochen schafft Hertha BSC einen Befreiungsschlag: Beim 5:2 gegen Mit-Absteiger Schalke 04 gelingt die beste Rückrundenleistung – mit der jüngsten Startelf seit 1995.

Gebührend gefeiert: Fabian Reese

Gebührend gefeiert: Fabian Reese “putzt” Torschütze Marten Winkler die Schuhe.

IMAGO/Metodi Popow

Die Wahl der Schuhe war für Marten Winkler nicht ganz einfach. “Seit zwei Tagen trainiere ich mit meinen neuen Schuhen”, sagte er nach getaner Arbeit in den Katakomben des Olympiastadions. “Alle haben erstmal gesagt: ‘Warum spielst du denn mit Straßenschuhen?’ Ich war vor dem Spiel noch unschlüssig, ob ich sie anziehe. Zum Glück habe ich sie angezogen.” Zum Glück für ihn und zum Glück für Hertha BSC: Rechtsaußen Winkler war am Sonntagnachmittag beim auch in der Höhe restlos verdienten 5:2 gegen Schalke einer der Protagonisten. “Wenn man gewinnt und auch noch so deutlich”, befand der Doppeltorschütze, “dann macht es umso mehr Spaß. Wir wollen alle kicken – und wie man heute gesehen haben, können wir das auch.”

Nach drei sieglosen Spielen und einer ersten Rückrundenhälfte, in der Herthas schwerster Gegner nicht selten die eigene Lethargie war, lieferte der temperamentvolle Auftritt gegen Schalke eine Ahnung davon, welche Wucht dieser Kader offensiv entfalten kann. “Wir konnten an diesem Nachmittag viele Häkchen an die richtige Stelle setzen”, bilanzierte Fabian Reese, der kein Tor, aber drei Assists verbuchte. “Schönes Wetter, volles Stadion, gute Stimmung, Heimsieg, drei Punkte – rundum ein wunderschöner Sonntag. Wir haben unseren Matchplan sehr gut auf Schalke angepasst und eins gegen eins über den gesamten Platz gespielt.”

Es war für erbarmungswürdig schlecht verteidigende Schalker ein Nachmittag des Grauens, während Hertha auf den ängstlichen Auftritt beim FC St. Pauli (0:2) mit maximaler Entschlossenheit antwortete – nach einer Woche, die es in sich hatte. Am Dienstag hatte Trainer-Sohn Bence Dardai (18, offensives Mittelfeld) den Bossen seinen ablösefreien Abgang im Sommer verkündet, ihn zieht es zum VfL Wolfsburg.

Und Dardai senior war seit Mitte der Woche sicht- und hörbar angefressen über den kicker, der die bis dahin maue Rückrundenbilanz und die im Sommer offene Trainerfrage thematisiert und berichtet hatte, dass es Ende Januar in Teilen der Chefetage Gedankenspiele um eine sofortige Trennung gab. “Es war eine schwierige Woche”, sagte Pal Dardai nach dem Kantersieg gegen Erzrivale Schalke. “Von außen kommt Druck, das hat intern keiner verstanden. Die Jungs haben in der Woche sehr gut trainiert, und ich habe gesagt: ‘Das möchte ich auch im Spiel sehen.'”

Defensive ein paar Wackler, aber offensive Stringenz

Pal Dardai

Gegen S04 hatte er viel Grund zur Freude: Pal Dardai.
IMAGO/Beautiful Sports

Defensiv offenbarte Hertha im ersten Abschnitt einige Wackler, offensiv hatte der Vortrag des Hauptstadtklubs eine Schlagkraft und Stringenz wie seit Wochen nicht. “Wir haben mit Ball sehr guten Fußball gespielt, schon in der ersten Halbzeit, wir hätten deutlicher führen sollen”, sagte der Coach. Und anders als in etlichen Spielen dieser Saison machten die Berliner gegen Schalke nach der Pause den Deckel drauf und, wie Dardai korrekt protokollierte, “im richtigen Moment die nötigen Tore”.

Das Offensivquartett um die Doppeltorschützen Winkler und Haris Tabakovic, Dreifach-Vorbereiter Fabian Reese und Spielgestalter Maza war nicht zu bändigen. “Es gab ein paar Veränderungen in der Startelf, wir hatten viele gute Fußballer auf dem Platz”, sagte Reese. “Ich glaube, das hat man gesehen. Wir haben Spielfreude gezeigt und schöne Tore geschossen.”

Überzeugendste Darbietung des Jahres 2024

Die überzeugendste Darbietung des Jahres 2024 gelang Hertha mit der jüngsten Startelf (23,93 Jahre im Schnitt) seit dem 10. Spieltag der Zweitligasaison 1995/96. Einige Etablierte – Kapitän Toni Leistner und Winter-Zugang Aymen Barkok – blieben 90 Minuten auf der Bank, andere wie Maza und Jeremy Dudziak (erster Startelfeinsatz seit Ende September) nutzten ihre Chance. Es war vor der imposanten Kulisse von 69.135 Zuschauern eine Leistung, die für die Berliner zum Maßstab im Saisonfinale werden soll. “Wir wollen auch die verbleibenden Spiele gewinnen, den Leuten guten Fußball bieten und schauen, wie viele Punkte wir noch holen können”, sagte Reese.

Nach der Länderspielpause geht’s am 30. März daheim gegen den 1. FC Nürnberg weiter. “Nächstes Heimspiel, was gibt es Besseres”, meinte der Linksaußen maximal gutgelaunt. “Da wollen wir bestmöglich an die heutige Leistung anknüpfen und wieder drei Punkte holen.” Bis dahin dürfte sich auch der Familienzuwachs im Hause Reese akklimatisiert haben.

Der Hertha-Profi und seine Freundin holen sich am Montag einen Zwergpudel namens Ebba. “Wir sind ein Paar aus dem Norden, der Name ist ein nostalgischer Gruß in die Heimat”, sagte Reese nach der Torflut gegen Schalke mit einem Lächeln.

Und Doppeltorschütze Winkler? Bekam vom Vorgesetzten Zuckerbrot. “Wenn ein Winkler von der 3. Liga nach einem halben Jahr Ausbildung bei uns zwei solche Tore schießt, dann lohnt es sich, sich oft mit ihm zu beschäftigen”, sagte Dardai. “Er hat immer wieder Vertrauen bekommen, natürlich auch mal einen Arschtritt. So bin ich, es ist nicht einfach mit mir.” Ist es nicht.

Steffen Rohr, sge

Dudziak: Startelf-Garantie von Dardai

Gegen Schalke 04 soll Jeremy Dudziak (28) am Sonntag erstmals seit Ende September wieder in Herthas Startelf stehen. Für den Allrounder ist es nach schwierigen Monaten der nächste Schritt nach vorn.

Jeremy Dudziak (mi.) sprintet drei Kielern davon.

Jeremy Dudziak (mi.) sprintet drei Kielern davon.

picture alliance / nordphoto GmbH

Noch ehe die Frage nach Jeremy Dudziak verklungen ist, kommt die Antwort. “Er spielt”, sagt Pal Dardai, “er spielt von Anfang an, als Sechser.” Die vom Trainer ohne Zögern ausgegebene Startelf-Garantie zeigt zweierlei: Dass sich Dudziak im Training aufgedrängt hat – und dass Dardai mit der Doppel-Sechs, die vor sechs Tagen beim FC St. Pauli (0:2) Winter-Zugang Aymen Barkok und Pascal Klemens bildeten, nicht zufrieden war. Dardai benötigt Dudziaks Ballsicherheit, Übersicht und Erfahrung jetzt auf dem Platz. “Ich brauche einen Ballverteiler, der in die Schnittstelle spielt”, sagt der Coach. “Jerry ist gut drauf im Training, er bietet sich an.”

Muss Barkok auf die Bank – oder darf er auf die Zehn?

Für Dudziak, den ein Ende September erlittener Mittelfußbruch Stammplatz und Rhythmus kosteten, ist es der nächste Schritt nach vorn. Nach viermonatiger Zwangspause stand er in den jüngsten sechs Zweitliga-Spielen im Kader, blieb aber fünfmal bis zum Abpfiff auf der Bank. Nur Anfang März gegen Kiel (2:2) gewährte Dardai dem Allrounder einen halbstündigen Joker-Einsatz. Jetzt kommt es zur Rückkehr in die Startelf, in der Dudziak bis zu seiner Verletzung in den ersten acht Saisonspielen gesetzt war. Auf den Nebenmann auf der Sechs hat sich Dardai auch schon festgelegt. “Wenn Pascal Klemens gesund ist, spielt er”, sagt der Ungar. Damit muss Mainz-Leihgabe Barkok gegen Schalke auf die Bank – falls Dardai ihn nicht weiter nach vorn, etwa auf die Zehn, beordert.

Jeden Montag sitzen wir bei der Analyse, und es ist immer das Gleiche. Da muss man langsam Personen austauschen.

Pal Dardai

Barkok könnte nicht der einzige Härtefall werden, auch Kapitän Toni Leistner droht die Versetzung auf die Bank. Gegen St. Pauli nahm Dardai den Abwehrspieler zur Pause raus. Linus Gechter und der in Hamburg für Leistner eingewechselte Marton Dardai könnten gegen Schalke als Innenverteidiger-Pärchen den Zuschlag erhalten, zumal Marc Oliver Kempf (nach Bänderanriss seit Mittwoch wieder im Mannschaftstraining) vermutlich noch ein paar mehr Trainingseinheiten braucht, um ein Startelf-Kandidat zu sein.

Nach dem ernüchternden 0:2 beim Tabellenführer St. Pauli, wo die Berliner eine Halbzeit hoffnungslos unterlegen waren, hatte Dardai gesagt: “Jeden Montag sitzen wir bei der Analyse, und es ist immer das Gleiche. Da muss man langsam Personen austauschen, dann wird vielleicht nach vorne verteidigt.” Leistner und Barkok könnte es treffen, Dudziak spielt. Der Vertrag des Ex-Fürthers endet am 30. Juni, falls Hertha nicht aufsteigt. Beide Seiten – der Klub und der Spieler – haben prinzipielles Interesse daran, die Zusammenarbeit über den Sommer hinaus fortzusetzen. Gespräche gab es noch nicht. Gegen Schalke bekommt Jeremy Dudziak die Chance dazu, weitere Argumente in eigener Sache zu liefern.

Steffen Rohr

Pal Dardai über Bences Abgang: “Als Trainer ist es schmerzhaft”

Trotz des bevorstehenden Abgangs von Bence Dardai befürchtet bei Hertha BSC niemand eine Talente-Flucht und einen Domino-Effekt. Der “Berliner Weg” soll weitergehen.

Gehen im Sommer getrennte Wege: Bence Dardai (#24) wird Hertha BSC um Traine Pal Dardai verlassen.

Gehen im Sommer getrennte Wege: Bence Dardai (#24) wird Hertha BSC um Traine Pal Dardai verlassen.

IMAGO/Beautiful Sports

Am Dienstag informierte Bence Dardai Sportdirektor Benjamin Weber über seinen Abschied im Sommer, am Freitag war den Verantwortlichen eine Portion Wehmut über die Personalie immer noch anzumerken.

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“Es ist ein hartes Thema für uns, ich habe es immer noch nicht ganz verarbeitet”, sagte Cheftrainer Pal Dardai in der Spieltagspressekonferenz zwei Tage vor dem Duell mit Schalke 04 (Sonntag, 13.30 Uhr, LIVE! bei kicker). “Ich glaube, Benni auch nicht. Wir haben mit den Jungs gearbeitet, seit sie klein waren, wir hatten unsere Vision mit ihnen. Jetzt geht Bence, aber das ist der Berliner Weg. Einige Spieler werden hier bleiben, einige werden uns verlassen.”

Das ist der Berliner Weg. Einige Spieler werden hier bleiben, einige werden uns verlassen.

Pal Dardai über den Abgang von Bence Dardai

Weber sagte: “Es ist legitim, dass sich jemand für einen anderen Weg entscheidet. Wäre ich an dem Punkt, kein maximales Angebot gemacht zu haben, würde ich mich grämen. Ob ich enttäuscht bin? Ganz klar. Wir haben versucht, Bence von unserem Weg zu überzeugen.”

Das gelang angesichts der nationalen und internationalen Konkurrenz, die den jüngsten der drei Söhne von Hertha-Chefcoach Pal Dardai seit über einem Jahr umwarb, nicht. Der offensive Mittelfeldspieler, der im Sommer 2023 mit der deutschen U-17-Nationalmannschaft in Ungarn Europameister wurde, wechselt nach dieser Saison und dem Auslaufen seines Fördervertrages ablösefrei zum Bundesligisten VfL Wolfsburg. Hertha kassiert eine Ausbildungsentschädigung, die nach kicker-Informationen im sechsstelligen Bereich liegt.

Dardai: “Viele sehen etwas Besonderes in Bence”

Pal Dardai, unter dem Bence in dieser Saison bislang zu acht Zweitliga-Einsätzen kam, lobte Hertha für die vorgelegte Offerte: “Hertha hat einen maximalen, ehrlichen, sehr gut dotierten Vertrag angeboten. Beide Brüder (Palko und Marton, Anm. d. Red.) haben versucht, Bence zu überzeugen, auch die Mama ohne Ende. Die Mama hat sogar ein paar Tage geweint.”

Das habe “die Mutter von Lazar Samardzic (wechselte 2020 zu RB Leipzig, inzwischen bei Udinese Calcio, Anm. d. Red.) damals auch, als der Junge uns verlassen hat. Es hat jeder die Vorstellung, wenigstens bis 23 zu Hause zu bleiben. Aber die Jungs sind anders.” Das sei “die menschliche Seite, das andere ist die professionelle Seite”.

Dardai: “Als Trainer ist es schmerzhaft. Wie der Junge kickt, macht Spaß anzugucken. Er ist ein Charakter. Er ist innerhalb von zwei Tagen in der Kabine angekommen und war akzeptiert und geliebt, heute immer noch. Ob er ein großer Verlust ist, werden wir in ein paar Jahren sehen. Bence ist immer noch ein Talent, momentan ist er nichts anderes. Viele in Deutschland und Europa sehen etwas Besonderes bei ihm.”

Hertha bei anderen Talenten wie Maza zuversichtlich

Trotz der Entscheidung des 18-jährigen gegen seinen Ausbildungsklub befürchten die Bosse keinen Domino-Effekt und wollen den “Berliner Weg” weitergehen. “Wir haben in dieser Saison über zehn Spieler aus dem eigenen Nachwuchs, die schon Einsätze hatten”, erklärte Weber. “Wir haben mit die jüngste Mannschaft der 2. Liga. Man sieht, dass die jungen Spieler der Mannschaft und dem Verein den Stempel aufdrücken können. Es ist weiterhin das klare Ziel, junge Spieler auszubilden und in die Profi-Mannschaft zu bringen.”

Es ist weiterhin das klare Ziel, junge Spieler auszubilden und in die Profi-Mannschaft zu bringen.

Benjamin Weber über den “Berliner Weg”

Zuletzt hatten U-19-Nationaltorhüter Tim Goller (19/bis 2027) und Innenverteidiger-Talent Tim Hoffmann (19/2026) ihre Verträge verlängert. Die jungen Stammkräfte Tjark Ernst (21/2026) und Pascal Klemens (19/2026), der trotz Herthas Abstieg vor einem Jahr verlängert hatte, sind langfristig gebunden. Auch beim von Bundesligisten umworbenen Ibrahim Maza (18/2026) sehen sich die Berliner mit Blick auf den anstehenden Transfersommer keineswegs chancenlos – auch dank des Arguments regelmäßiger Spielpraxis.

Bence Dardai wird trotz Wechsel weiter gefördert

Bence Dardai übrigens soll auch in den letzten Monaten seiner Berliner Zeit in den Genuss der vollen Förderung kommen – anders als andere Talente, die sich in der Vergangenheit für einen Weggang entschieden. So durfte U-19-Nationalmannschaftskapitän Lukas Ullrich (19) nach Bekanntwerden seines Wechsels zu Borussia Mönchengladbach im März 2023 kein Spiel mehr für Hertha machen: nicht bei den Profis, nicht in der U23 und auch nicht in der U19, die ohne den Linksverteidiger seinerzeit im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft an Borussia Dortmund scheiterte.

Auch im Winter gab es einen ähnlich gelagerten Fall: Nach kicker-Informationen wäre Stürmer Leander Popp (18) im Januar mit ins Spanien-Trainingslager der Profis geflogen, wenn er zuvor seinen Vertrag verlängert hätte. Das machte Popp nicht, musste zu Hause bleiben – und wechselte Mitte Januar zu Zweitligist Greuther Fürth.

Arbeitsbeschneidungsmaßnahmen hat Bence Dardai nicht zu befürchten. “Er spielt vertikal. Er hat Spaß, unter Druck zu spielen. Er hat keine Angst vor dem Ball”, sagte Pal Dardai am Freitag. “Bei Hertha BSC spielt immer der Spieler, der uns zum Gewinnen bringt. Wir sind Hertha BSC, wir beschützen unsere Spieler. Hier wird keiner gemobbt und keiner rausgeschmissen – ob sie hierbleiben oder nicht. Wenn einer gut ist, spielt er. Wenn nicht, dann nicht.”

Steffen Rohr