Lange Fehler-Liste: Türkei bremst sich selber aus

Lange Fehler-Liste: Türkei bremst sich selber aus

Mit der Hoffnung auf den Gruppensieg war die Türkei ins Spiel gegen Portugal gestartet, im Verlauf der Partie wuchs dann die Ernüchterung von Minute zu Minute. Fast alles lief schief, nicht nur beim Eigentor.

Die Türken verloren das zweite Gruppenspiel klar.

Die Türken verloren das zweite Gruppenspiel klar.

IMAGO/Team 2

0:3-Ernüchterung statt Gruppensieg-Ekstase: Die Türkei hat es in Dortmund gegen Portugal verpasst, ihren an selber Stelle errungenen Auftakterfolg gegen Georgien (3:1) mit dem vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale zu veredeln. Im finalen Gruppenspiel gegen Tschechien am Mittwoch in Hamburg (21 Uhr, LIVE! bei kicker) darf sich die Mannschaft von Trainer Vincenzo Montella nicht erneut derart gravierende Schnitzer erlauben wie gegen das Team um Weltstar Cristiano Ronaldo.

Ankreiden lassen muss sich Montella, dass seine Wechsel in der Startelf nicht aufgegangen sind. Fragwürdig war vor allem die Entscheidung, mit Arda Güler und Mert Müldür ausgerechnet die beiden Spieler aus der Anfangsformation zu nehmen, die sich gegen Georgien mit zwei Traumtoren enormes Selbstvertrauen geholt hatten. Arda Güler, laut Montella “etwas müde”, wurde gegen Portugal nach 70 Minuten wenigstens eingewechselt (die türkischen Fans im Stadion forderten seine Hereinnahme zuvor lautstark), doch da war die Partie beim Stand von 0:3 längst entschieden.

Einen bitteren Moment erlebte Samet Akaydin bei seinem völlig missratenen Rückpass, den er spielte, ohne sich vorher zu vergewissern, wo sich sein Torwart Altay Bayindir befindet. Besonders ärgerlich: Mit seinem Eigentor zum 0:2 trübte Akaydin seine Abwehrleistung – als Hauptbewacher von Cristiano Ronaldo legte der Türke eigentlich einen recht umsichtigen Auftritt hin.

Unglücklich für die Türkei: Der Pausenpfiff war noch nicht ertönt, da mussten drei der vier Abwehrspieler aus der Viererkette bereits mit einer Verwarnung auf der Hut vor einem Platzverweis sein. Abdülkerim Bardakci sah nach einem Foul an Joao Cancelo (25.) schon seine zweite Gelbe des Turniers, der Innenverteidiger ist nun gegen Tschechien gesperrt. Akaydins Verwarnung nach einem Klärungsversuch gegen Rafael Leao (42.) war zwar strittig, nicht aber die persönliche Strafe für Mehmet Zeki Celik, der sich daraufhin bei Schiedsrichter Felix Zwayer beschwerte.

Enttäuschende Leistung von Calhanoglu

Eine zweite Gelbe Karte und damit Gelb-Rot leistete sich niemand der Vorbelasteten, dafür aber unterlief Celik ein Missgeschick, das den Türken den Stecker zog. Sein Team wollte bei einem Angriff der Portugiesen auf Abseits spielen (56.), doch der Außenverteidiger hob die Falle auf. Dieser Patzer mündete im 0:3 durch Bruno Fernandes nach uneigennütziger Vorarbeit von Cristiano Ronaldo.

Der Auftritt der Türken war nicht annähernd so begeisternd wie noch gegen Georgien. Die Elf erspielte sich jeweils durch Kerem Aktürkoglu (6., 31.) nur zwei Torchancen, agierte ansonsten rund um den Strafraum viel zu kompliziert und umständlich.

Eine besondere Enttäuschung war die Leistung von Hakan Calhanoglu, dem es als eigentlichem Dreh- und Angelpunkt zu keiner Zeit gelang, der Partie seinen Stempel aufzudrücken. Gegen Tschechien muss der frühere Bundesliga-Profi (HSV, Bayer Leverkusen) so vorangehen, wie er das im Liga-Alltag bei Italiens Meister Inter Mailand oft hinbekommt. Gelingt es ihm, die Türkei am Mittwoch mindestens zu einem Unentschieden zu führen, wäre das Weiterkommen gesichert.

Toni Lieto