Wie “Großmutter” Ilicic das Tal der Depressionen überwand

Wie “Großmutter” Ilicic das Tal der Depressionen überwand

Dass äußere Umstände einen Menschen schwer aus der Bahn werfen können, ist hinlänglich bekannt. Auch Fußballer sind davor nicht gewappnet, Josip Ilicic ist da ein prominentes Beispiel. Der Slowene litt an Depressionen, seine Karriere erschien beendet – und dann wendete sich doch alles zum Guten.

Hat seine dunklen Zeiten überwunden: Josip Ilicic.

Hat seine dunklen Zeiten überwunden: Josip Ilicic.

IMAGO/Sports Press Photo

Über viele Jahre spielte Josip Ilicic in Italien, zuerst in Palermo, dann in Florenz und zu guter Letzt in Bergamo. In der Lombardei blühte der Slowene auf, mit etlichen Assists und 60 Toren in 173 Spielen spielte er sich in die Herzen der Bergamasken, doch in Bergamo erlebte “La Nonna” (zu dt. Großmutter), wie Ilicic genannt wurde, weil er hin und wieder langsamer wurde, müde und melancholisch wirkte, bis er fast völlig abschaltete, auch seinen tiefsten Absturz.

Als die Corona-Pandemie 2020 begann, war Bergamo das europäische Epizentrum. Schlimme Bilder gingen um die Welt – und trafen die Menschen ins Mark. Auch Ilicic, der in Depressionen verfiel und laut Gazzetta dello Sport “mit jedem Tag tiefer fiel”. Der Angreifer kämpfte sich zwar wieder ran, war aber nicht mehr der Gleiche. Im Sommer 2022 folgte nach zwei Jahren ohne Spiel, die von Verletzungen und psychischen Problemen geprägt waren, dann der Abschied aus Italien, da war schon seit Langem klar, dass es so kommen würde.

Podcast

Jetzt die fünfte Folge hören: Er macht ihn!


38:13 Minuten

alle Folgen

Ruhe in der Heimat

Ilicic verließ die große Fußballbühne, ging zurück in seine Heimat und heuerte bei NK Maribor an. Wie sich jetzt herausstellt, genau der richtige Schritt. Abseits des enormen Erfolgsdrucks konnte der heute 36-Jährige seinen Fokus darauf legen, seine mentale Gesundheit wieder ins Lot zu bringen. Sein Ziel war, “das Spiel wieder zu genießen”, wie er selbst vor einigen Wochen erklärte – und das tat er dann auch. Neun Tore und zwölf Assists stehen für ihn in der abgelaufenen Saison für Maribor zu Buche.

Ilicics Leistungen sind auch Nationaltrainer Matjaz Kek nicht entgangen. Der 62-Jährige nominierte den Offensivspieler für die EM, wo es Slowenien in Gruppe C mit Dänemark, England und Serbien zu tun bekommt.

Wer es im Kopf kann, der kann es auch mit den Füßen.

Josip Ilicic

Und Ilicic? Der kann wieder lachen, war auch schon wieder zu Besuch bei seinen alten Kollegen in Bergamo und macht sich selbst keinen Druck mehr – und das aus gutem Grund. “Der Kopf ist das Wichtigste von allem, im Fußball und im Leben”, sagte er vor einem Jahr dem Sportnachrichtenportal sportal: “Wer es im Kopf kann, der kann es auch mit den Füßen.”

Dass er es noch kann, zeigte Ilicic direkt bei seinem Comeback in der Nationalelf. Im Test gegen Armenien vor knapp zwei Wochen wurde der Routinier eingewechselt und markierte kurz darauf das 2:1. Bei Ilicic (81 Länderspiele, 17 Tore) dürfte es zwar nicht mehr für 90 Minuten auf Top-Niveau reichen, aber dank seiner Erfahrung kann er dem Team weiterhelfen – mit einer genialen Szene, sei es ein tödlicher Pass oder ein exzellenter Freistoß, kann er noch immer Spiele entscheiden.

Ilicic nimmt es, wie es kommt. So erklärte er nach seiner Nominierung, einfach nur froh zu sein, wieder dabei zu sein und versprach: “Ich bin bereit, den Jungs zu helfen.” Und das sogar auf der ganz großen Bühne.