Hürzeler mit Brighton einig – Poker ums Schmerzensgeld

Hürzeler mit Brighton einig – Poker ums Schmerzensgeld

St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler (31) ist sich mit Brighton einig. Der Verlust ist nicht allein mit Millionen zu kompensieren.

Er will auf die Insel: Fabian Hürzeler möchte in Brighton sein Vorbild Roberto de Zerbi beerben.

Er will auf die Insel: Fabian Hürzeler möchte in Brighton sein Vorbild Roberto de Zerbi beerben.

IMAGO/Nordphoto

Die Erleichterung war groß auf St. Pauli am 8. März. Weil durch die vollzogene Vertragsverlängerung mit Fabian Hürzeler ohne Ausstiegsklausel eine Situation geschaffen war, die auch jetzt von Bedeutung ist. Die Verantwortlichen waren sich schon im Frühjahr dessen bewusst, dass ihr außergewöhnliches Trainertalent im Fokus vieler Vereine bleiben wird, sie wussten ab diesem Tag aber, dass sie das Heft des Handelns in der Hand behalten würden. Das gilt auch, seit Brighton & Hove Albion um den 31-Jährigen wirbt.

Die Faktenlage ist seit dem Wochenende klar. Der Premier-League-Klub hat den Hamburger Aufstiegstrainer nicht nur zu seinem Wunschkandidaten auserkoren, sondern auch Hürzelers Ja-Wort. Der in München aufgewachsene gebürtige Texaner will die Chance ergreifen und auf die Insel wechseln. Das ist in vielerlei Hinsicht nachvollziehbar. Seinen Vorgänger, den Italiener Roberto de Zerbi, hatte er schon zu Beginn seiner Cheftrainerkarriere ganz offen als Vorbild auserkoren. Er hat lange, bevor ein Interesse des Klubs an ihm überhaupt denkbar war, immer wieder Spiele von Brighton angeschaut, weil ihn nicht nur der Coach, sondern auch die gesamte Philosophie fasziniert hat.

Dass Hürzeler nun Teil dieser Philosophie werden soll, stützt seine Einschätzung über den Klub: In Brighton wurde sorgsam gescoutet, wer den geprägten Stil und die Entwicklung fortführen könnte. Dass der Auserkorene bislang erst eineinhalb Jahre im deutschen Unterhaus als Chef gearbeitet hat, schreckt die Macher nicht ab, obwohl das Geld für eine größere und namhaftere Lösung da wäre.

Ablöse im hohen einstelligen Millionenbereich?

Das Geld wird in diesen Tagen jedoch zum entscheidenden Faktor. St. Pauli ist in dem monatelangen Poker von September bis März konsequent geblieben und hat Hürzeler nicht die gewünschte Ausstiegsklausel eingeräumt. Dass im Gegenzug ein Gentlemen’s Agreement getroffen wurde, dem aufstrebenden Aufstiegsmacher bei einem attraktiven Angebot den Weg nicht verbauen zu wollen, bedeutet indes nicht, dass St. Pauli freie Fahrt zu jedem Preis gewährt. Erste Gespräche haben nach kicker-Informationen zwischen den Klubs stattgefunden, eine Einigung ist indes kein Automatismus.

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Bis zum Sonntagabend gab es noch keinen Abschluss, und für den Kiez-Klub geht es mitten in den Personalplanungen für die kommende Bundesliga-Saison um Schmerzensgeld. Das Wissen um die üblichen Summen in England spielt dabei naturgemäß eine Rolle: Brighton selbst hatte sich 2022 die Freigabe für de Zerbis Vorgänger Graham Potter zum FC Chelsea mit rund 20 Millionen Euro vergüten lassen. Ein Preis, der für Hürzeler illusorisch ist, eine Summe im hohen einstelligen Millionenbereich aber könnte ein realistisches Preisschild sein.

Denn klar ist: Das erklärte Ziel, den sechsten Anlauf in die Bundesliga möglichst zu einem längeren Aufenthalt zu nutzen, ist ohne Hürzeler ungleich schwieriger zu erreichen. Als Sportchef Andreas Bornemann im Dezember 2022 Timo Schultz freistellte, beförderte er den vorherigen Assistenten – eine vergleichbare Konstellation gibt der aktuelle Trainerstab nicht her. St. Pauli bräuchte eine externe Lösung und für diese auch Geld. Und dazu Zeit, die trotz der längeren Sommerpause durch die Europameisterschaft begrenzt ist. Für den 8. Juli ist der Trainingsauftakt angesetzt – und der wird, eine Annäherung im Ablösepoker vorausgesetzt, ohne den Aufstiegstrainer stattfinden.

Sebastian Wolff