Hürzeler rechnet selbst mit einer weiteren Sperre

Pressekonferenzen mit Fabian Hürzeler sind grundsätzlich von viel Tiefgang geprägt. Am Freitag überraschte St. Paulis Trainer damit, dass er sich eine Frage selbst stellte (und beantwortete). Außerdem verriet er offenherzig, dass er mit einer weiteren Sperre in dieser Spielzeit durchaus rechnet.

Es fehlt nicht viel bis zu Fabian Hürzelers nächster Sperre.

Es fehlt nicht viel bis zu Fabian Hürzelers nächster Sperre.

IMAGO/Oliver Ruhnke

Sieben Gelbe Karten hat der 31-Jährige bereits kassiert, bei einer weiteren müsste er wie schon Ende Januar beim 2:1-Erfolg in Düsseldorf zusehen und sich durch Assistent Peter Nemeth vertreten lassen. Bei der Frage, was ihm Mut mache, angesichts von noch sechs ausstehenden Partien ohne zweite Sperre durch das Saison-Finale zu kommen, antwortete er: “Wenig, um ehrlich zu sein.” Er garnierte diesen Satz mit einem süßsauren Lächeln, fügte an: “Wenn ich jetzt schon Gelb bekomme, wenn der gegnerische Trainer in meiner Coachingzone auftaucht, dann liegt es nicht allein in meiner Hand.”

Tatsächlich ist auffällig, dass Hürzeler die letzten beiden Gelben Karten gegen Paderborn (2:1) und in Karlsruhe (1:2) nach jeweils eklatanten Fehlentscheidungen gegen St. Pauli erhalten hatte. Dass die Schiedsrichter-Gilde den impulsiven Coach, der schon in seiner Spielerkarriere in drei Jahren beim FC Pipinsried 45 Gelbe und fünf Gelb-Rote Karten und eine Rote kassiert hatte, intensiver beäugt, ist offensichtlich, auch für ihn. “Wahrscheinlich ist das so.”

Podcast

KMD #205 (mit Fabian Hürzeler)


01:54:13 Stunden

alle Folgen

Klar ist indes auch: Hürzeler gehört keinesfalls in eine Opferrolle, und er begibt sich auch nicht in diese. Dass die Unparteiischen bei ihm inzwischen womöglich schneller eine Karte zücken, ist in aller erster Linie selbstverschuldet. “Ich habe meinem Staff im Winter das Buch ‘Jeden Tag ein Prozent besser’ geschenkt. Ich habe mir das auch vorgenommen und mich in der Prozentzahl verschlechtert, und das ist etwas, das ich mir ankreiden muss.” Zur Selbstdisziplinierung, verrät er, habe er zudem nun noch ein Rezept gewählt: “Ich habe eine Wette mit meinem Staff laufen und hoffe, die hält mich im Zaum.” Den Einsatz will er nicht verraten: “Vielleicht tue ich das, wenn ich sie gewonnen habe.”

Image des Wüterichs an der Linie

Die Offenheit, mit der Hürzeler über seine Schwäche spricht, ist bemerkenswert. Die Hoffnung, die er in Bezug auf die Schiedsrichter und deren Umgang mit seinem nach nicht einmal eineinhalb Jahren als Profitrainer angekratzten Ruf hat, ist eindringlich. “Ich hatte nach dem Spiel in Karlsruhe noch eine Diskussion mit dem Vierten Offiziellen. Am Ende sollten die Schiedsrichter neutral sein und sich nicht von externen Dingen beeinflussen lassen.” In seinem Fall von dem Image des Wüterichs an der Linie. Dass er selbst den Anfang machen muss, ist ihm bewusst: “Ich werde weiter versuchen, mich zu verbessern.”

Das Ende der Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen die SV Elversberg gestaltete Hürzeler dann in bester Klaus-Augenthaler-Manier, der 2007 als Coach des VfL Wolfsburg aus Verärgerung über die Berichterstattung eine Medienrunde mit sich selbst abgehalten hatte. Weil die obligatorische Frage zum Ablauf der letzten eineinhalb Tage vor der Partie ausgeblieben war, holte er mit einem Lächeln aus: “Wie ist der Ablauf?” Und gab einen Überblick über die letzten Stunden bis Elversberg. Danach soll nach Möglichkeit der nächste Schritt Richtung Bundesliga stehen. Und keine weitere Gelbe Karte.

Sebastian Wolff