Dardai und die Sechs: Die Pärchen-Suche läuft

Dardai und die Sechs: Die Pärchen-Suche läuft

Gegen Hansa Rostock muss Pal Dardai im defensiven Mittelfeld erneut umstellen. Der Hertha-Coach kennt das schon. Die Suche nach der passenden Doppel-Sechs zieht sich durch die ganze Saison.

Hertha-Coach Pal Dardai muss umstellen.

Hertha-Coach Pal Dardai muss umstellen.

IMAGO/Ulrich Hufnagel

Nach 78 Minuten hatte Pascal Klemens am vergangenen Freitag Feierabend, Pal Dardai wechselte ihn aus. Klemens war angeschlagen ins Spiel gegen Paderborn (3:2) gegangen, und ganz lückenlos war die Kommunikation zwischen dem Newcomer dieser Saison und dem Cheftrainer im Vorfeld offenbar nicht. “Pascal war verletzt. Ich war nicht ganz voll informiert”, sagt Dardai. “Das hat Spuren hinterlassen bei der Leistung.” Schwamm drüber: “Falscher Wille, ist nicht schlimm.”

Klemens, der in der Trainingswoche vor dem Paderborn-Gastspiel einen Schlag gegen den Kopf abbekommen hatte und über Probleme am Ohr klagt, fällt für die Partie gegen Hansa Rostock am Freitagabend aus.

“Wer ist der dynamische Ballfänger oder -fresser, wer ist der spielstarke Spieler?”

Dardai muss auf der Doppel-Sechs umstellen, die Suche nach dem idealen Pärchen ist eins der Dauerthemen dieser Saison. Wunsch-Sechser Diego Demme (SSC Neapel) war im vergangenen Sommer aus Kostengründen für den Bundesliga-Absteiger nicht zu bekommen. Seitdem hat Dardai viel probiert. Fürs Rostock-Spiel sucht er abermals die richtige Mischung und stellt sich und dem Rest der Fußballwelt die Frage: “Wer ist der dynamische Ballfänger oder -fresser, wer ist der spielstarke Spieler?” Das sind die Kandidaten:

Deyovaisio Zeefuik (26): Robust, zweikampfstark, vielseitig, dynamisch, großes Herz, bisweilen zu ungestüm – der Niederländer war nach seinen Einwechslungen gegen Nürnberg (3:3) und in Paderborn sofort auf Betriebstemperatur und ein Energie-Spender. “Er hat uns zweimal durch seine Dynamik gerettet”, sagt Dardai. “Deyo ist unser bester Ballfänger und -fresser, aber nur in der zweiten Halbzeit. Wenn er von Anfang an spielt, hat er nach zehn Minuten eine Gelbe Karte. Er kommt damit klar, dass er nicht von Anfang an spielt, auch wenn es schmerzhaft für ihn ist.”

Zeefuik wird ziemlich sicher Spielzeit gegen Hansa bekommen, aber aus Kostengründen aller Voraussicht nach kein neues Hertha-Angebot. “Er macht’s gut. Er nutzt die Chancen, die er bekommt”, sagt Sportdirektor Benjamin Weber. “Wir sind mit seinem Berater im Austausch. Wir haben eine klare Maßgabe. Grundsätzlich hat sich erstmal nichts an der Gesamtsituation – Stand heute – verändert.”

Zeefuik kam im August 2020 in Herthas Hochinvest-Phase aus Groningen und hat einen der teuren Altverträge. Sein Arbeitspapier endet am 30. Juni. Nach kicker-Informationen gibt es für ihn Interesse aus Deutschland, der niederländischen Ehrendivision und der englischen Championship, die er von seiner Leihe zu den Blackburn Rovers (Januar bis Juni 2022) bereits kennt.

Bilal Hussein (23): Leichtfüßig, spielintelligent, gutes Gespür für Räume, allerdings nicht sonderlich robust. Der Schwede – vom Profil eher Achter als Sechser – war als Joker wie Zeefuik und Ibrahim Maza in Paderborn entscheidend an der späten Wende beteiligt, nicht nur wegen seines ersten Tores für Hertha. Hussein (zwei A-Länderspiele) war Ende August von AIK Solna gekommen und bisher in seinem ersten Berliner Jahr kein großer Faktor. Das könnte sich im Saison-Finish ändern, Dardai bescheinigt ihm Fortschritte: “Er musste sich an die Liga gewöhnen: Zweikampfführung, gegen den Druck. Das hat nicht gut ausgesehen, teilweise auch nicht in der 4. Liga (Hussein bestritt zwei Einsätze für Herthas U 23 in der Regionalliga Nordost, d. Red.). Aber der Junge arbeitet. Am Wochenende, das war Bauchgefühl. Ich hab’ ihn reingeschmissen, und er hat ein richtig gutes Spiel gemacht.” Und sich für mehr empfohlen.

Aymen Barkok (25): Startete in Paderborn neben Klemens auf der Sechs, traf zum zwischenzeitlichen 1:1, wurde nach einer Stunde für Zeefuik ausgewechselt. Kam im Januar auf Leihbasis aus Mainz, damals sagte Dardai dem kicker: “Als Trainer ist es meine Aufgabe, das Maximum aus ihm rauszukitzeln. Wenn ich das schaffe, dann haben wir einen Top-Spieler. Ich glaube, dass mehr in ihm steckt, als er bisher zeigen konnte. Er bringt Torgefahr mit, hat einen sehr guten letzten und vorletzten Pass.”

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Bisher zeigt Barkok in Berlin wechselhafte Leistungen. “Er hat ein schönes Tor gemacht, aber er muss noch vieles zeigen”, sagte Dardai nach dem Paderborn-Spiel. “Ich erwarte viel, viel mehr von ihm.” Barkok, vom Profil ein eher offensiv veranlagter, zentraler Spieler, sagte der Bild zu Wochenbeginn: “Ich fühle mich auf der Acht und auf der Zehn wohl. Das habe ich auch am Anfang gesagt. Aktuell spiele ich etwas weiter hinten. Ich versuche mein Bestes, es ist nicht die ideale Position für mich.”

Jeremy Dudziak (28): Ballverteiler und Techniker mit dem Blick für die Schnittstelle. Der Allrounder kommt nach seinem Mittelfußbruch allmählich wieder in Fahrt, ersetzte in Paderborn in der Schlussphase Klemens. Links in der Viererkette – auf der Position, für die Dudziak im Sommer aus Fürth geholt wurde – hat sich Michal Karbownik festgespielt. Dudziaks aktuelles Revier ist das Mittelfeld, er stand gegen Schalke (5:2) und Nürnberg in der Startelf. Sein Einjahresvertrag verlängert sich nur im Aufstiegsfall. Hertha will den Allrounder halten.

Andreas Bouchalakis (31): Der Grieche verlor Ende Februar nach dem 1:1 in Braunschweig, wo er Eintrachts Führung mit einem Fauxpas eingeleitet hatte, seinen Stammplatz. Guter Pass- und Taktgeber, strategische Fähigkeiten, viel Erfahrung (u.a. 141 Erstligaspiele in Griechenland, 44 A-Länderspiele, 13 Champions-League-Spiele, 26 Europa-League-Spiele), wirkt aber von der Intensität und dem Tempo in der 2. Liga immer noch zeitweilig überfordert. Patzte in Braunschweig und Nürnberg sowie im Pokal-Viertelfinale gegen Kaiserslautern (1:3) folgenschwer. Dardai lobt ihn jetzt: “Er verbessert sich, wie Bilal. Er zeigt im Training, dass er spielen will.”

Marton Dardai (22): Bildet seit Wochen mit Linus Gechter die Innenverteidigung. Womöglich benötigt ihn der Coach gegen Hansa auf der Sechs, wo der ungarische Neu-Nationalspieler und designierte EM-Teilnehmer über weite Strecken der Hinrunde auflief. Die Variante mit Marton Dardai auf der Sechs und Marc Oliver Kempf in der Innenverteidigung testete Pal Dardai in dieser Woche im Training. Auch das ist ein denkbares Modell für Freitagabend.

Kein Kandidat ist derweil Winter-Zugang Bradley Ibrahim (19, Arsenal). Der Engländer, von Dardai in der Ankunftswoche hymnisch gelobt (“Der Junge ist zu gut. Ich suche noch den Haken.”) und seitdem mit sieben Einsätzen in der U 23, ist aktuell im Individualtraining. “Wir haben ihn für den Sommer geholt – mit der Maßgabe, sich an Berlin zu gewöhnen”, sagt Sportdirektor Weber. “Wir haben ihm Extra-Fitness-Einheiten mit unserem Athletik-Trainer Henrik Kuchno gegeben, um ihn aufzubauen und vorzubereiten. Er ist ein Zugang für den Sommer.” Dennoch soll im Sommer nach kicker-Informationen ein weiterer neuer Sechser in Berlin anheuern. Auch die Bosse wissen, dass sie auf der Problem-Position Nummer 1 nachjustieren müssen.

Steffen Rohr