Wolfsburger “Worst Case”: Geht’s gegen Guilavogui um alles?

Wolfsburger “Worst Case”: Geht’s gegen Guilavogui um alles?

Das Ende der Wolfsburger Augenwischerei: Trainer Ralph Hasenhüttl vertuscht die Probleme nicht mehr, der VfL Wolfsburg ist endgültig angekommen im Abstiegskampf und empfängt am letzten Spieltag Mainz 05 – mit Ex-Kapitän Josuha Guilavogui.

Ex-Wolfsburger Josuha Guilavogui befindet sich mit Mainz im Aufwind.

Ex-Wolfsburger Josuha Guilavogui befindet sich mit Mainz im Aufwind.

IMAGO/Werner Schmitt

Es gibt beim VfL Wolfsburg tatsächlich Spieler, die erst kürzlich noch betonten, gerne noch “Europa” erreichen zu wollen. In dieser Saison. Das internationale Geschäft, das sollte es in dieser Spielzeit endlich wieder werden, davon aber haben sich die Niedersachsen weit entfernt. Und seit Sonntag sollte auch der Letzte verstanden haben, dass dem Relegationsteilnehmer von 2017 und 2018 erneut ein dramatisches Saisonende droht.

“Abstiegskampf” war in großen Lettern in der Nordkurve der Volkswagen-Arena zu lesen, als der VfL gegen Borussia Mönchengladbach (1:3) erneut eine Führung verspielte. Plötzlich sind es nur noch fünf Punkte Vorsprung auf Mainz 05 und dem Relegationsrang bzw. sechs Zähler bis zum 1. FC Köln und dem ersten Abstiegsplatz. “Jeder weiß, worum es geht”, versichert Torschütze Ridle Baku, “Jetzt bist du im Abstiegskampf und musst gucken, so viele Punkte wie möglich zu holen. Es zählt nicht, wie talentiert eine Mannschaft ist, sondern wie sehr man die Spiele gewinnen will. Jetzt ist es scheißegal, wie du spielst, du musst einfach Punkte holen.”

“Das können wir aktuell offensichtlich noch nicht”

Nur wie nach einer Saison, in der ewig lange darauf gehofft wurde, dass Niko Kovac mit seiner “Wenig Glück und ganz viel Pech”-Theorie irgendwie recht hat und man nun darauf setzte, dass dem Nachfolger Ralph Hasenhüttl der schnelle Turnaround gelingt? Diese Hoffnung wurde nach dem 2:0-Debüterfolg des Österreichers in Bremen in der zweiten Hälfte gegen Gladbach – es war der vielleicht schlechteste Wolfsburger Auftritt der vergangenen Monate – vorerst zerstört.

“Es muss uns in Zukunft auszeichnen, dass wir diejenigen sind, die noch einmal den nächsten Schritt tun und in der Lage sind, einen Gang höher zu schalten”, wünscht sich Hasenhüttl, der wiederum eine Mannschaft erlebte, die nach der Führung in fast unerklärliche Passivität und Lethargie verfiel. Was den Trainer ernüchtert feststellen lässt: “Das können wir aktuell offensichtlich noch nicht, dementsprechend wartet noch viel, viel Arbeit auf uns.” Dabei waren sich Verantwortliche und Spieler kürzlich noch einig, dass nicht viel fehle zur Wolfsburger Wende in dieser Saison. Die Niederlagen fielen schließlich immer knapp aus, man wähnte sich mit sämtlichen Gegnern auf Augenhöhe. In Wahrheit war dies Augenwischerei auf höchstem Niveau.

Ein mentales Problem soll es nicht sein

Nun geht es nur noch um den Klassenerhalt in einem hergeschenkten Jahr, schließlich entstanden die Probleme unter Kovac nicht einfach so, die Tendenz zeichnete sich früh ab. Schon in der Rückrunde der Vorsaison hatte der VfL magere 20 Punkte gesammelt – und damit zwei weniger als Absteiger Schalke 04. Es wird offensichtlich, dass Hasenhüttl seinen Vorgänger öffentlich nicht diskreditieren will, und dennoch ist der neue Coach nicht gewillt, die VfL-Probleme noch länger zu vertuschen. “Ich glaube nicht, dass es ein mentales Problem ist”, sagt der 56-Jährige zu den vielen verspielten Führungen in dieser Saison. “Ich glaube, dass wir noch nicht in der Lage sind, den Gegner nach einer Führung zu beherrschen und zu dominieren. Ich glaube, die Möglichkeiten hätten wir fußballerisch. Aus Gründen, die noch nach einer genaueren Beobachtung rufen, können wir das noch nicht im Moment.”

Nun ist die Saison fast zu Ende, alle Blicke müssen in der Tabelle zwangsläufig nach unten gerichtet sein. Am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) geht es zu RB Leipzig, anschließend noch nach Freiburg und zum FC Bayern. Womöglich muss der VfL die Rettung in seinen Heimspielen realisieren. Erst gegen Bochum, dann gegen Schlusslicht Darmstadt und am letzten Spieltag gegen Mainz, dem aktuellen Tabellen-16. Es wäre der Wolfsburger “Worst Case”, dass es gegen die Rheinhessen dann um alles geht.

Ausgerechnet im eigenen Stadion gegen den langjährigen Kapitän Josuha Guilavogui, der sich bei seinem Abschied im vergangenen Sommer eigentlich geschworen hatte: “In der Bundesliga kann ich nicht bleiben, ich möchte nicht gegen den VfL kämpfen müssen. So viel, wie dieser Verein mir gegeben hat, wird mir kein anderer Verein mehr geben können.” Nun kämpft er mit Mainz um die Rettung – und damit spätestens seit Sonntag auch gegen den Ex-Klub.

Thomas Hiete