Der Abschluss mit Völler kann kein Vorbild für Nagelsmann sein

Der Abschluss mit Völler kann kein Vorbild für Nagelsmann sein

Dass der DFB den Vertrag mit Sportdirektor Rudi Völler frühzeitig und unabhängig vom Ausgang der Heim-EM verlängert, ist der richtige Schritt. Für Bundestrainer Julian Nagelsmann darf es einen solchen Persilschein aber nicht geben. Ein Kommentar von kicker-Chefreporter Oliver Hartmann

Für den Bundestrainer muss ein anderer Maßstab als für den Sportdirektor gelten: Julian Nagelsmann und Rudi Völler.

Für den Bundestrainer muss ein anderer Maßstab als für den Sportdirektor gelten: Julian Nagelsmann und Rudi Völler.

IMAGO/Nordphoto

Überraschend kommt diese Nachricht nicht mehr: Sowohl die DFB-Bosse wie auch Rudi Völler selbst hatten in den vergangenen Wochen ziemlich unverblümt signalisiert, dass sie die ursprünglich bis zur Heim-EM befristete Zusammenarbeit fortsetzen wollen. Die nach dem WM-Desaster von Katar erfolgte Ernennung des früheren DFB-Teamchefs zum Sportdirektor hat sich nach einigen Startproblemen inzwischen als Glücksfall erwiesen.

Mit seinem anfänglichen Festhalten an Bundestrainer Hansi Flick sahen sich zwar zunächst die gar nicht so wenigen Skeptiker bestätigt, es fehle dem 63-Jährigen der nötige Reformwillen, um dem jahrelangen Niedergang der Nationalmannschaft entgegen zu wirken und den sportlichen Turnaround zu erzwingen. Und sie bekamen weitere Nahrung, als Völler nach den trostlosen Juni-Länderspielen gegen die Ukraine (3:3), Polen (0:1) und Kolumbien (0:2) immer noch nicht die notwendigen personellen Konsequenzen ziehen wollte und stattdessen mit Flick in die EM-Saison startete.

Nach zögerlichem Start leitete Völler die Wende ein

Immerhin da dämmerte es ihm nach dem gruseligen 1:4 gegen Japan, dass es so nicht weitergehen kann. So zögerlich Völler in den ersten Monaten war, so entschlossen und präsent leitete er danach die Wende ein: Erst als Interims-Coach beim 2:1-Sieg gegen Frankreich in Dortmund, dann bei der Wahl und Begleitung des neuen Bundestrainers. Dass sich Julian Nagelsmann nach den chaotischen November-Auftritten gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) von seinen kühnen Trainer-Fantasien verabschiedete und bei den Hoffnung machenden März-Darbietungen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) konsequenter aufs Leistungsprinzip und auf defensive Stabilität setzte, dürfte auch den Ratschlägen des Pragmatikers Völler geschuldet sein. Jedenfalls haben diese beiden Siege gezeigt, dass es in der Konstellation Nagelsmann/Völler etwas werden kann bei der Heim-EM.

Ein Vorbild bei der vom DFB angestrebten Vertragsverlängerung mit Nagelsmann darf die jetzt erfolgte Einigung mit Völler nicht sein. Die Zukunft des Bundestrainers muss an einen erfolgreichen Turnier-Abschluss gekoppelt werden. Das ist die Lehre aus den jüngsten Turnier-Enttäuschungen unter Flick und dessen Vorgänger Joachim Löw.