Hürzeler fährt sein eigenes Rennen

Hürzeler fährt sein eigenes Rennen

Elf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz animieren die Zweitligakonkurrenz bereits, dem FC St. Pauli vorzeitig zum Aufstieg zu gratulieren. Fabian Hürzeler sagt vor der Aufgabe beim KSC, wie er damit umgeht. Und bedient sich nicht wieder des Vergleichs mit dem Marathon.

St. Paulis Chefcoach Fabian Hürzeler will seine Spieler unter Spannung halten.

St. Paulis Chefcoach Fabian Hürzeler will seine Spieler unter Spannung halten.

IMAGO/Zink

Die Komplimente und Glückwünsche gibt es seit Wochen schon in verschiedener Form. Herthas Pal Dardai und Nürnbergs Christian Fiel etwa befanden “St. Pauli ist einfach zu gut für uns”, Paderborns Lukas Kwasniok erklärte nach dem 1:2 am Ostersonntag, es gehe nicht mehr darum, ob St. Pauli aufsteige, “sondern nur noch darum, an welchem Tag.”

Dass derlei Lobhudeleien auch schon mal die Sinne vernebeln können, wurde gegen die Ostwestfalen in der zweiten Hälfte sichtbar, als Hürzeler Klarheit bei den Seinen vermisst und nach der scheinbar sicheren 2:0-Führung registriert hatte, “dass wir den einen Schritt weniger gemacht haben”.

Damit sich dies weder in Karlsruhe noch in einer der nächsten Partien wiederholt, ist er auf der Suche nach der richtigen Balance im Umgang mit seinen Spielern: Er will nicht pausenlos den nörgelnden Mahner geben, aber auch gleichzeitig unverändert alle unter Spannung halten. “Die Mischung macht’s”, sagt der 31-Jährige, “ich muss mich in die Spieler hineinversetzen und situationsabhängig reagieren.”

Die Erfahrung auf der Kartbahn

Um zu veranschaulichen, wie er diese richtige Balance herstellen will, holt Hürzeler ein wenig aus. Oft hatte er die Saison und den Aufstiegskampf in der Vergangenheit mit einem Marathon verglichen, jetzt verrät er von einem Event, dass er kürzlich mit seinem Staff und seinem Trainerteam hatte. Gemeinsam war es auf die Kartbahn gegangen. “Ich”, erzählt der Trainer, “war nach dem Qualifying Erster. Ich bin das Rennen dann so angegangen, meinen Startplatz als Erster nur noch zu verteidigen und zu behaupten, war darauf fokussiert, keine Fehler zu machen. Dann merkte ich, dass mein Verfolger immer näher kam, ich bin dann wieder in die Handlungsebene gewechselt, habe mich darauf fokussiert, jede Kurve und jede Runde so zu nehmen, als wäre es die letzte.”

“Wir müssen agieren und nicht reagieren”

Übersetzt auf die komfortable Ausgangslage im Aufstiegsrennen, sagt der Coach: “Wir müssen uns auf das fokussieren, was wir beeinflussen können. Wir müssen agieren und nicht reagieren. Wir haben noch sieben Runden und müssen jede angehen, als ob sie die Entscheidende wäre.”

Die Runde im Wildpark empfindet Hürzeler als äußerst anspruchsvoll, verordnet die formstarken Badener “im Moment in den Top 3 der Liga”. Hinzu kommt: Er muss wieder umbauen: Abwehr-Chef Eric Smith und Rechtsaußen Connor Metcalfe fehlen gelbgesperrt, dafür hat Linksaußen Elias Saad seine Gelbsperre verbüßt und sich sein Pendant auf dem Flügel, Oladapo Afolayan im Training zurückgemeldet. Sein Programm gesteigert hat auch Philipp Treu. “Bei ihm”, erklärt Hürzeler, “müssen wir sehen, ob er eine Alternative ist.” Zuletzt gegen Paderborn hatte der Aufsteiger von der defensiven Außenbahn wegen muskulärer Probleme gefehlt – aus der Kurve geflogen ist St. Pauli trotz der jüngsten Umstellungen nicht. Und Hürzeler ist mit seiner Taktik auf der Kartbahn, Runde für Runde anzugehen, im Übrigen als Erster ins Ziel gekommen.

Sebastian Wolff