Frankfurter Tristesse statt Aufbruchstimmung in der Crunch Time

Wenn die Eintracht gegen Klubs aus dem unteren Tabellendrittel spielt, fällt meist keine Vergnügungssteuer an. Beim tristen 0:0 gegen Union Berlin agierten die Hessen wieder einmal weit unter ihren Möglichkeiten. Ratslosigkeit macht sich breit.

Nichts zu sehen von Euphorie: Frankfurt-Coach Dino Toppmöller.

Nichts zu sehen von Euphorie: Frankfurt-Coach Dino Toppmöller.

IMAGO/Rene Schulz

Seit März 2023 konnte die Eintracht nur zwei der 14 Bundesliga-Spiele gegen ein Team aus dem unteren Tabellendrittel gewinnen: In der Hinrunde bei Union Berlin (3:0) und am 19. Spieltag gegen Mainz (1:0). Ansonsten gab es zehn Unentschieden und zwei Niederlagen. Trainer Dino Toppmöller sollte die Mannschaft fußballerisch so weiterentwickeln, dass sie – anders als in den vergangenen Spielzeiten – auch gegen tiefstehende Gegner Lösungen findet. Bisher ist ihm das nicht gelungen.

Weiße Fahne bei Standards

Umso ärgerlicher, dass auch bei Standards weiterhin die weiße Fahne weht: Saisonübergreifend blieb die SGE mittlerweile 234 Ecken in Serie ohne Treffer, die letzten 25 Tore in der Bundesliga fielen alle aus dem Spiel heraus. Das stellt Toppmöller und seinem Trainerteam kein gutes Zeugnis aus. Auch aus dem Spiel heraus ging gegen Union wenig. Besorgniserregend ist, dass in der ersten Hälfte im Offensivspiel überhaupt keine Idee zu erkennen war. Die SGE agierte zu statisch, langsam und fehlerhaft, um diszipliniert verteidigende Gäste in Bedrängnis zu bringen. Dabei hatte Toppmöller auf der Pressekonferenz vor dem Spiel noch die “Crunch Time” ausgerufen.

Spiele von Eintracht Frankfurt

Es dauerte bis zur 57. Minute, ehe Frankfurt in Person von Hugo Ekitiké die erste Torchance hatte – und kläglich vergab. Statt mit dem zweiten Kontakt im Strafraum zu schießen, lief der Franzose so lange weiter, bis der Winkel zu spitz für einen erfolgversprechenden Abschluss war. Die Mannschaftsleistung in der auf diese Szene folgende Drangphase war zwar in Ordnung, über 90 Minuten gesehen zeigte die SGE aber zu wenig, um sich einen Sieg zu verdienen. Das Chancenverhältnis war am Ende ausgeglichen, obwohl die Eintracht deutlich mehr ins Offensivspiel investierte.

Druckvolles Spiel nur in Phasen

Die Frage, warum es dem Team nur bruchstückhaft gelingt, ein druckvolles Spiel aufzuziehen, begleitet die Eintracht durch die gesamte Saison. Sportvorstand Markus Krösche moniert zum wiederholten Male “viele einfache Ballverluste”, Trainer Dino Toppmöller vermisst im ersten Durchgang die “Tiefenläufe”. Alles nicht neu. “Ich weiß auch nicht, woran das liegt”, antwortet Ansgar Knauff auf die Frage, warum die Mannschaft nur phasenweise mit der nötigen Power spielt. Ratlosigkeit macht sich breit.

Dabei ist das Rezept vermeintlich einfach. “Wir müssen über 90 Minuten diese Energie entwickeln, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass wir vorne auch mal einen machen”, fordert Knauff. Auch Philipp Max betont: “Wir waren immer dann am besten, wenn wir von Anfang an sehr viel Bereitschaft, Wille und Herz gezeigt haben. Darüber haben sich dann auch die fußballerischen Qualitäten entwickelt.”

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Die behäbige Spielweise emotionalisiert die Fans nicht

Nicht nur auf dem Platz, auch bei vielen Fans macht sich Lethargie breit. Zwar unterstützten sie die Mannschaft vorbildlich, doch die behäbige Spielweise zündet emotional keinen an, die fehlende Entwicklung des Teams verstärkt die Tristesse. Viele sehnen das Saisonende herbei. Erfreulich ist allein Platz 6, wobei die Mannschaft in der Rückrunde drei Punkte weniger als zum gleichen Zeitpunkt der Hinrunde holte.

Das nächste Heimspiel gegen Bremen am Freitagabend (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker) bietet trotz aller Kritik die große Chance für einen Stimmungsaufheller. Werder verlor viermal in Folge, ein Sieg ist Pflicht, um den sechsten Rang zu festigen. Das kann allerdings nur ein erster Schritt sein. Toppmöller muss in den kommenden Wochen zeigen, dass er der richtige Mann ist, um der Mannschaft zu mehr Konstanz und spielerischer Klasse zu verhelfen. Besser spät als nie.

Julian Franzke