Zwanziger sieht Rufschädigung von Beckenbauer

Zwanziger sieht Rufschädigung von Beckenbauer

Ex-DFB-Präsident Fritz Keller ist als Zeuge im Sommermärchen-Prozess geladen. Sein Vor-Vorgänger Theo Zwanziger kritisiert scharf, dass die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit des Stimmenkaufs ins Gespräch bringt und damit das Ansehen von Franz Beckenbauer beschädigt.

Vor dem Landgericht: Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger.

Vor dem Landgericht: Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger.

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“Dieser Tage wurde er noch von Millionen Menschen in Deutschland für seine Leistungen gefeiert”, sagte Theo Zwanziger im Hinblick auf das Gedenken vor dem Länderspiel. Zwei Tage später hat der ehemalige DFB-Boss im Saal I des Landgerichts Frankfurt am Main das Gefühl, “dass er jetzt hier sitzt – und das ist die Schuld von einigen Medien”. Wenige Minuten zuvor ist der dritte Tag der Hauptverhandlung im Sommermärchen-Prozess um die Zahlung von 6,7 Millionen Euro im April 2005 zu Ende gegangen.

Neue Veröffentlichungen des Spiegel hatten die Staatsanwaltschaft zur Sicherstellung eines Gesprächsprotokolls aus dem Jahr 2021 mit dem ehemaligen DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt veranlasst. “Demnach könnte der verstorbene Beckenbauer das Darlehen zum Stimmenkauf verwendet haben”, erklärte Staatsanwalt Philipp Schulz und fügte vorsichtig an: “Könnte, könnte – Konjunktiv …” Schmidt hatte vor drei Jahren abgelehnt, das Protokoll zu unterzeichnen, weil es sehr fehlerhaft gewesen sei. Der damalige DFB-Präsident Fritz Keller bestätigte aber zumindest einen Teil der Passagen, und ist nun für den 6. Mai als Zeuge geladen. Fortgesetzt wird der Prozess am 15. April, dann soll unter anderem Uli Hoeneß als Zeuge aussagen.

Vor dem Landgericht geht es seit dem 4. März um die Hintergründe einer 6,7 Millionen Zahlung, die der DFB 2005 an die FIFA leistete, von dort wurde das Geld an den französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus transferiert. Damit wurde ein Darlehen abgelöst, das Louis-Dreyfus 2002 Beckenbauer gewährt hatte. Die Zahlung wurde als Beitrag für eine WM-Gala deklariert, die nie stattfand, und vom DFB als Betriebsausgabe verbucht. Neben Zwanziger und Schmidt ist deshalb auch der ehemalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall angeklagt.

Laut DFB-Anwalt Jan Olaf Leisner befürchtete man im Verband, dass Beckenbauer von seinem Amt im WM-Organisationskomitee zurücktreten könne, wenn man ihn nicht finanziell unterstütze und habe es deshalb auch als eine Art Sponsoring betrachtet, was schließlich auch eine Betriebsausgabe sei. Was allerdings von Zwanziger in Abrede gestellt wird. Er legt Wert auf die Feststellung, dass der OK-Aufsichtsrat nicht über den Zweck der Zahlung getäuscht wurde, wie sein Anwalt Hans-Jörg Metz bekräftigte.

Auch Blatter und Linsi sollen noch Aussagen

Während des dritten Verhandlungstags sah sich die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler mehrmals zu Ordnungsrufen veranlasst, weil die Verteidiger und Zwanziger selbst die Ausführungen der beiden Staatsanwälte häufiger mit Zwischenrufen störten. Die Richterin mahnte vor allem bei den Anwälten ein “professionelleres Verhalten” an. Die 2. Große Strafkammer hat bis Ende Oktober zunächst 22 Verhandlungstage terminiert. Nach Keller sollen auch noch die ehemaligen FIFA-Funktionäre Sepp Blatter und Urs Linsi geladen werden.

Michael Ebert

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Die WM-Affäre

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  • Der “Spiegel” hat mit seiner Enthüllung über eine vermeintliche “Schwarze Kasse” des DFB im Rahmen der Bewerbung für die WM 2006 eine Lawine ins Rollen gebracht.
  • Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirft den früheren Spitzenfunktionären Zwanziger, Niersbach und Schmidt schwere Steuerhinterziehung vor.
  • Das Oberlandesgericht Frankfurt ließ Ende August 2019 eine entsprechende Anklage zu und revidierte damit eine Entscheidung des Landesgerichts Frankfurt, das im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt hatte. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte im August 2019 bereits Anklage erhoben.