Sagnol zur EM-Quali mit Georgien: “Auf derselben Ebene wie der Gewinn der Champions League”

Sagnol zur EM-Quali mit Georgien: “Auf derselben Ebene wie der Gewinn der Champions League”

Mit Georgien hat er Historisches geschafft: Willy Sagnol, früher als Profi bei Bayern München, spricht im kicker-Interview über den Charakter seines Teams, seinen Star – und vergleicht die Qualifikation zur EM mit der Champions League.

Stolz auf die Leistung seiner Mannschaft: Willy Sagnol (re.) hat sich mit Georgien für die EM qualifiziert.

Stolz auf die Leistung seiner Mannschaft: Willy Sagnol (re.) hat sich mit Georgien für die EM qualifiziert.

picture alliance/dpa

Georgien hat sich mit Ihnen als Nationaltrainer erstmals für eine EM-Endrunde qualifiziert, Herr Sagnol. Was bedeutet das für dieses Land?

Sehr viel, weil das Land seit 35 Jahren davon träumt, bei einem bedeutenden Turnier mitzuspielen. Die Leute sind glücklich und euphorisch, die georgischen Fans absolut fantastisch. Im Sommer haben sie die Gelegenheit, das ganz Europa zu beweisen.

Können Sie den Erfolg begreifen?

Selbstverständlich, ich bin sehr stolz darauf, weil wir dafür sehr hart gearbeitet haben. Um ehrlich zu sein: Ich glaube, wir haben diesen Erfolg absolut verdient.

“Die Leistung in der Nations League war großartig”

Sie haben mit dem FC Bayern die Champions League gewonnen, fünfmal die deutsche und einmal die französische Meisterschaft, 2006 wurden Sie Vizeweltmeister. Wo reihen Sie die EM-Qualifikation in Ihrer Erfolgsbilanz ein?

Sie steht auf derselben Ebene wie der Gewinn der Champions League mit dem FC Bayern. Ohne jeden Zweifel.

In der EM-Qualifikationsrunde landete Georgien hinter Spanien, Schottland und Norwegen auf Platz 4. Was war entscheidend, dass es über die Nations League klappte?

Die Leistung in der Nations League war großartig. Ich hatte die Spiele in der EM-Qualifikation dazu genutzt, verschiedene Strategien und viele Spieler zu testen.

Ich kannte keinen einzigen Spieler, bevor ich nach Georgien kam.

Willy Sagnol über seine Nationalmannschaft

Wo haben Sie zuallererst angesetzt, als sie Georgien übernahmen?

Ich musste mit einem guten Verständnis der georgischen Kultur starten, da eine Nationalmannschaft die Kultur eines Landes widerspiegeln muss. Anschließend musste ich schnellstens die Spieler kennenlernen. Das war ein bisschen schwierig, weil ich keinen einzigen von ihnen kannte, bevor ich nach Georgien kam.

Khvicha Kvaratskhelia aus Neapel ist einer der wenigen Georgier, der in einer Top-Liga spielt. Was macht den Charakter Ihrer Mannschaft aus?

Kvaratskhelia kennen die Menschen aufgrund seiner großartigen Leistungen bei der SSC sehr gut. Aber ich bin genauso glücklich über meinen fantastischen Torwart Giorgi Mamardashvili vom FC Valencia. Er zählt für mich zu den 15 besten Torhütern Europas.

Portugal steht auf Platz 6 der Weltrangliste, Tschechien auf 36 und die Türkei auf 40. Wie gehen Sie die EM mit diesen Gruppengegnern an?

Unser Ansatz wird sein, gemäß unseren Fähigkeiten und unserer Mentalität zu spielen. Wir wissen, dass wir das kleine Team sind, das den Riesen gegenübersteht. Aber der Fußball steckt voller Überraschungen, zudem sind wir hochmotiviert, haben absolut nichts zu verlieren.

Was ist Ihr Hauptziel?

Wir wollen dieses großartige Land präsentieren und unsere talentierten Spieler zeigen.

Georgier bald wieder in der Bundesliga? Sagnol wäre “nicht überrascht”

Der Ex-Freiburger Aleksandr Iashvili ist der Vizepräsident des Verbandes und zuständig für die Nationalmannschaft. Ist es ein Vorteil, dass ein Ex-Profi eine solche Rolle innehat?

Alex an meiner Seite zu haben ist sehr wichtig. Ohne seine Hilfe – gerade in heiklen Momenten – hätten wir unser Ziel nie erreicht.

2. Bundesliga 2010/2011
Karlsruher SC - Hertha BSC Berlin
13.02.2011 Wildparkstadion 

Links Alexander IASHVILI (Karlsruher Sport Club) Rechts Levan KOBIASHVILI ( Hertha BSC Berlin )

Georgier in der Bundesliga gab es bereits: Alexander Iashvili (li.) im Duell mit Levan Kobiashvili.
picture-alliance / Eibner-Pressefoto

Iashvili, Präsident Levan Kobiashvili oder Levan Tskitishvili haben in der Bundesliga überzeugt. Sehen Sie in der aktuellen Generation auch Kandidaten für den deutschen Profifußball?

Ich wäre nicht überrascht, wenn sich georgische Fußballer wieder Bundesligateams anschließen würden in den kommenden Jahren.

Wie geht es für Sie persönlich nach der Europameisterschaft in Deutschland weiter?

Mein einziger Plan ist, den Fokus komplett auf die EM zu richten. Wir haben so hart dafür gearbeitet, um nach Deutschland zu kommen, da wäre es schade, wenn wir nicht alle unsere Qualitäten zeigen könnten. Ich fühle mich sehr glücklich in Georgien, und das ist wahrscheinlich das wichtigste Gefühl im Leben.

Wann kehren Sie in die Bundesliga zurück?

Die Bundesliga ist ein Top-Liga und eine sehr interessante Adresse für Trainer, auch wegen der aktuellen Erfolge der Dortmunder, Münchner und Leverkusener. Mit Georgien nach Deutschland zurückzukommen, freut mich sehr.

Dieses Interview erschien erstmals im kicker EM-Sonderheft, das sie unter diesem Link weiterhin bestellen können.

Interview: Karlheinz Wild