Auf dem Weg zu Titel Nummer 18? Wie die Celtics Doncic und Irving ärgern wollen

Auf dem Weg zu Titel Nummer 18? Wie die Celtics Doncic und Irving ärgern wollen

Der Titelverteidiger aus Denver ist bereits im Sommerurlaub, zum sechsten Mal in Folge wird es in der NBA einen neuen Champion geben. Doch wer macht das Rennen, die Boston Celtics oder die Dallas Mavericks? Die Stärken und Schwächen der Teams um die Superstars Jayson Tatum und Luka Doncic.

NBA Finals 2024: Ausgangslage

Geht es nach den Buchmachern in Las Vegas, dann ist die Sache eindeutig: Die Boston Celtics sind nach Wettquoten der klare Favorit. So einfach ist es dann aber doch nicht. Doch von vorne.

Ein Grund für den Favoritenstatus der Kelten ist deren Dominanz in der bisherigen Saison. Mit 64 Siegen zu 18 Niederlagen enteilte Boston um das Star-Duo Jayson Tatum und Jaylen Brown in der regulären Saison der Konkurrenz – das zweitbeste Team der Liga hatte ganze sieben Siege weniger auf dem Konto. Und Dallas stand bei 50-32.

Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die Mavs im Saisonendspurt ein ganz anderes Gesicht zeigten als noch im Winter. Unter anderem dank einiger Neuzugänge zur Trade Deadline wie P.J. Washington oder Daniel Gafford, in erster Linie aber dank des kongenialen Duos Luka Doncic und Kyrie Irving.

Die NBA Finals 2024 im Überblick

Die beiden Guards harmonieren auf dem Parkett nahezu perfekt, stellen wahrscheinlich den besten Backcourt der Liga. Sie führten Dallas von zwischenzeitlich Platz 8 in der Western Conference Anfang März noch auf Platz 5 und in den Playoffs schließlich zu den Siegen über die Los Angeles Clippers (4:2), die Oklahoma City Thunder (4:2) und die Minnesota Timberwolves (4:1). Drei Teams, die jeweils mehr als 50 Spiele in der regulären Saison gewonnen hatten.

Boston hatte den deutlich leichteren Weg in die Finals. Gegen die Miami Heat, Cleveland Cavaliers und Indiana Pacers verloren die Kelten insgesamt nur zwei Spiele, profitierten von prominenten Verletzungen bei der Konkurrenz, mussten selbst aber weitestgehend ohne Kristaps Porzingis auskommen.

Nun wartet in Doncic, Irving und den Mavs eine harte Aufgabe auf die Celtics, die diese Bühne immerhin schon kennen. Boston steht zum zweiten Mal innerhalb der letzten drei Jahre in den Finals – erreichte sogar sechs Conference Finals in den letzten acht Jahren. Für den aktuellen Kern der Mavs mit Ausnahme von Irving sind die Finals dagegen Neuland, immerhin reichte es 2022 für die West-Finals. Um die Championship kämpfte Dallas zuletzt 2011. Und gewann angeführt von Dirk Nowitzki.

So gewinnen die Boston Celtics die Finals

Doncic und Irving – dessen Rückkehr nach Boston, wo er zwischen 2017 bis 2019 selbst aktiv war, besondere Brisanz mitbringt – personifizieren vielleicht den besten Backcourt der Liga, die Celtics dagegen stellen womöglich die beste Perimeter-Defense der gesamten NBA. Soll heißen: Kaum ein Team hat bessere Voraussetzungen, um das Mavs-Duo zumindest in der Theorie einzuschränken. Komplett stoppen kann sie niemand.

Doch Boston hat ein paar Möglichkeiten, um die beiden zu ärgern. Jrue Holiday gehört zu den besten Guard-Verteidigern der Liga, gemeinsam mit Derrick White wurde er ins All-Defensive Second Team der Saison 2023/24 gewählt. Holiday, White (beide eher gegen Irving), Brown und Tatum (eher gegen Doncic) werden vermutlich die Hauptlast in der Defensive gegen das Mavs-Duo übernehmen, sie vor unterschiedliche Aufgaben und, so die Celtics-Hoffnung, vor Probleme stellen.

Während Irving in Boston in Anbetracht seines unrühmlichen Celtics-Abgangs und den Nachwehen – unter anderem stampfte er bei einer früheren Rückkehr nach Boston mit dem Fuß auf das Celtics-Logo auf dem Parkett – aller Voraussicht nach mit lauten Buhrufen (mindestens) empfangen wird, gibt es bei Kristaps Porzingis und seinem Ex-Team, den Mavs, kaum böses Blut. Das Zusammenspiel mit Doncic hat zwar nicht wie gewünscht gefruchtet, dafür ist er mittlerweile in Boston umso mehr eingeschlagen – sofern er fit war.

Das war in den Playoffs bislang kaum der Fall, seit Ende April fehlte er aufgrund einer Wadenzerrung. In den Finals will er nun wieder spielen, was Boston auf ein anderes Level hieven würde. Seine Fähigkeiten in der Defense – insbesondere in der Pick-&-Roll-Verteidigung, in der er dank seiner Länge von 2,18 Meter die gefährlichen Lob-Anspiele der Mavs erschweren könnte – und seine Vielseitigkeit in der Offense machen ihn zur echten Gefahr für Dallas.

Einerseits kann er kleinere Gegenspieler im Post bestrafen, andererseits perfektioniert er mit seiner Dreierstärke (37,5 Prozent Wurfquote in der regulären Saison) das gefürchtete Five-Out-System der Kelten – also ein Offensiv-System, in dem alle fünf Spieler auf dem Feld Gefahr von Downtown ausstrahlen, somit die gegnerische Defense auseinander- und Dallas’ Ringbeschützer vom Korb wegziehen.

Die Frage ist nur, wie agil Porzingis auf den Beinen ist, wie viele Minute er wirklich abreißen kann. Ansonsten übernimmt der 38 Jahre alte Al Horford seine Rolle. Inklusive Porzingis hat Boston aber wohl fünf der besten sieben Spieler dieser Serie in seinen Reihen – für Irving und Doncic wird es damit auch defensiv kaum Verschnaufpausen geben.

Kristaps Porzingis, Luka Doncic

Ehemals Teamkollegen, mittlerweile Konkurrenten: Kristaps Porzingis (li.) und Luka Doncic.
NBAE via Getty Images

So gewinnen die Dallas Mavericks die Finals

Apropos beste Spieler der Serie: Die Celtics sind in der Spitze tiefer besetzt, DEN besten Spieler der Serie haben aber die Mavericks. Doncic hat sein Team, obwohl leicht angeschlagen am Knie, bis in die Finals geführt – ihm ist es zuzutrauen, trotz der Stärken der Celtics-Defense, auch Boston auseinanderzunehmen. Auch in engen Spielen ist Doncic immer eine gute Wette auf einen Gamewinner.

Doch es kommt über (womöglich) sieben Spiele gesehen eben nicht nur auf Doncic an. Die Rollenspieler müssen genügend Unterstützung liefern und ihre Würfe treffen, wenn der Slowene sie freispielt. P.J. Washington, eine echte Verstärkung seit der Trade Deadline, trifft den Dreier in der bisherigen Postseason beispielsweise jedoch mal hervorragend (46,9 Prozent in der Serie gegen die Thunder), mal unterdurchschnittlich (31,3 Prozent gegen die Clippers).

In der modernen NBA sind die Dreier ein enorm wichtiges Puzzleteil, das zwischen Sieg und Niederlage entscheiden kann. Die Kelten sind berüchtigt für ihre zuckenden Finger an der Dreierlinie, kein Team drückt häufiger von Downtown ab (39,8 Versuche pro Spiel in den Playoffs, vier mehr als das dahinter folgende Team), mit 36,8 Prozent trifft Boston fast genauso gut wie die Mavs (37,2 Prozent), die allerdings im Schnitt sechs Versuche weniger pro Spiel nehmen. Dallas muss verhindern, dass die Celtics heiß laufen.

Maxi Kleber könnte hier zu einem X-Faktor in der Serie werden. Aufgrund einer Schulterverletzung verpasste er große Teile der Playoffs, zuvor fiel sein Dreier stark. Findet er nach seiner Zwangspause wieder in seinen Rhythmus, stellt er in Verbindung mit seiner Defense eine potenzielle Antwort auf das Five-Out der Celtics dar. Center Gafford oder der starke Rookie Dereck Lively sind als Verteidiger außerhalb der Zone nicht ganz so stark.

Defensiv wird es zudem darauf ankommen, ob Washington und Derrick Jones Jr. ihren Mann gegen Brown und Tatum stehen können. Die Mavs-Defense hielt die Clippers, Thunder und Wolves in Schach, auch dank des eigenen Ringschutzes. Allerdings hatten die Center der Texaner dabei meist einen Gegenspieler, der kaum Wurfgefahr aus der Distanz ausstrahlte, wodurch sie sich meist in Korbnähe aufhalten konnten. Dies wird gegen Bostons Shooting nicht so leicht umzusetzen sein.

NBA Finals 2024: Die Prognose

Das Duell Celtics vs. Mavs verspricht eine hochklassige, vermutlich lange Serie zu werden. Doncic allein als der beste Spieler auf dem Parkett wird den Kelten wehtun. Doch Boston ist insgesamt besser besetzt, hat wiederum eigene Möglichkeiten, um Kyrie und Luka zu ärgern und ist mit seinem Dreier-lastigen Spielstil auf nahezu allen Positionen brandgefährlich. Daher ist Boston zu Recht favorisiert und hat gute Chancen, den 18. Titel der Franchise-Geschichte einzuheimsen. Fazit: Celtics in 6.

Philipp Jakob