Der FCK ist nur noch ein Schatten seiner selbst

Der FCK ist nur noch ein Schatten seiner selbst

Die Mannschaft leistet den nächsten Offenbarungseid, der Trainer flüchtet sich in Durchhalteparolen, dem Klubchef platzt der Kragen: So ist der 1. FC Kaiserslautern auf dem besten Weg in die 3. Liga. Eine kommentierende Analyse von kicker-Reporter Moritz Kreilinger.

Nachdenklich: Auch Friedhelm Funkel bekommt die Mannschaft nicht in die Spur geführt.

Nachdenklich: Auch Friedhelm Funkel bekommt die Mannschaft nicht in die Spur geführt.

IMAGO/Rene Schulz

Nicht ohne Grund ist der SV Wehen Wiesbaden das schlechteste Team der Rückrunde. In den ersten 45 Minuten irrten die Gäste am Samstag hilflos durchs Fritz-Walter-Stadion. Der FCK hatte die Sache im Griff und lag 1:0 vorne. Nach dem Halbzeittee bewiesen die Pfälzer jedoch noch etwas eindrücklicher, warum sie die zweitschlechteste Mannschaft der Rückrunde sind.

Es wäre wirklich höchst unfreundlich von den Hessen gewesen, nicht mindestens eine der zahlreichen Einladungen anzunehmen. Der FCK hat um mindestens ein Gegentor gebettelt, mit dem 1:1-Endergebnis die elfte Führung dieser Art verspielt und damit auch die Chance, aus eigener Kraft die Klasse zu halten.

Mit Hosenscheißer-Fußball kriegst du keine Punkte.

Thomas Hengen

Wenn Thomas Hengen von sich aus auf dem Weg vom Spielfeld in die Katakomben in der Mixed Zone halt macht, hängt meistens der Haussegen schief. Schonungslos legte der Geschäftsführer den gerade absolvierten Auftritt in Schutt und Asche.

“Ich kann nicht einfach ein 1:0 verwalten, das geht nicht. Das war in der zweiten Halbzeit ein Spiegelbild der Saison. Wir haben es die ganze Woche angesprochen: Mit Hosenscheißer-Fußball kriegst du keine Punkte”, grollte Hengen.

Glaubhafter Optimismus? Fehlanzeige

Dem sportlichen Offenbarungseid begegnete Trainer Friedhelm Funkel weitaus gelassener. Es mag dem 70-Jährigen mit der Erfahrung aus unzähligen Fußballspielen als Trainer und Spieler zwar gelingen, der prekären Lage mit ruhigem Gemüt zu begegnen. Glaubhaften, weil begründeten Optimismus versprüht der Routinier aber keinen.

Funkel dreht den Leierkasten mit den Durchhalteparolen: “Es ist im Moment eine Weltuntergangsstimmung, wenn ich in die Gesichter der Leute schaue. Aber wir sind heute nicht abgestiegen, wir haben noch vier Spiele. Und ich bin der Erste, der vorneweg geht. Beim 1. FC Köln habe ich damals die gleiche Situation gehabt und auch wir werden in der Liga bleiben – ob über die Relegation oder direkt.” Den Vergleich zu seiner Situation in Köln hat Funkel derweil schon etwas oft gezogen …

Rein faktisch betrachtet hat Hengen schon in zwei Situationen einen Trainer entlassen, da war die Lage längst nicht so festgefahren wie jetzt. Einmal ging es gut: bei Dirk Schusters Einstellung vor der Relegation 2022. Ein andermal ging es mächtig schief: bei Schusters Freistellung im November 2023.

Funkel ist inzwischen Teil des Problems

Funkel ist inzwischen Teil des Problems und muss jetzt zeigen, dass er auch Teil der Lösung werden kann. Wobei unabhängig davon ein vierter Trainerwechsel in dieser Saison die Sache vermutlich nicht besser machen würde. Trainersuchen hatten auf dem Betzenberg in jüngerer Vergangenheit recht plan- und ideenlose Züge.

Klar ist aber: Der “Hosenscheißer-Fußball” führt den viermaligen Deutschen Meister auf direktem Weg in die 3. Liga. Der Kader ist zwar auf mehreren Positionen überdurchschnittlich besetzt, aber eben nicht in der Defensivreihe.

Mit einer Mannschaft, die schon 59 Gegentore kassiert hat, nur darauf zu spielen, nicht das 60. und 61. zu kassieren, grenzt an Fahrlässigkeit. Funkel muss die Erkenntnis gewinnen, dass diese Mannschaft nicht in der Lage ist, Ergebnisverwaltung zu betreiben.

Funkel muss die Zügel abnehmen

Die passive Spielweise hat dem Team im Grunde jegliches Leben genommen. All das, was das Team in vielen Spielen unter Schuster ausgezeichnet hat. Diese Saison genauso wie vergangene. Da gab es immer wieder mitreißende Spiele voller leidenschaftlicher Duelle, zum Teil mit offenem Visier. Drei Gegentore wurde in Kauf genommen, weil regelmäßig drei oder vier eigene Treffer die Sache retteten.

Die Mannschaft ist inzwischen nur noch ein Schatten ihrer selbst. Sie spielt auf eine Art und Weise, die ihr nicht liegt. Der Versuch, ihr Stabilität überzustülpen, ist misslungen. Zu einem hohen Preis.

Langsam hat der FCK nichts mehr zu verlieren

Die ständigen Rückschläge haben der Truppe jegliches Selbstvertrauen genommen. Es gibt nur einen Weg, die Verunsicherung abzuschütteln: Funkel muss dem Team die Zügel abnehmen. Die Mannschaft kann torgefährlich agieren – wenn sie es denn darf. 16-Tore-Mann Ragnar Ache ist der wohl beste Kopfballstürmer der Liga, Tymoteusz Puchacz‘ Flügelläufe und Flanken können stets für Gefahr sorgen, Marlon Ritter hat immer wieder geniale Ideen im Kopf und den passenden Fuß dazu.

Kenny Prince Redondo, Aaron Opoku und andere bringen enormes Tempo mit. Der Kader ist prädestiniert fürs Umschaltspiel. Eine offensivere Spielweise bedeutet Risiko. Doch so langsam hat der FCK nichts mehr zu verlieren. Mit einem mutlosen Fußball auf die Fehler anderer zu hoffen, kann sich ein Tabellen-17. nämlich nicht leisten.