Magath über die Zerstückelung des Spieltages: “Ich halte es für falsch”

Hertha BSC will aus eigener Kraft den Klassenerhalt schaffen. Trainer Felix Magath hält von Samstags-Gegner Mainz 05 ausgesprochen viel – von der Zerstückelung des vorletzten Spieltages dagegen gar nichts.

Sehen die Terminierung des 33. Spieltags mit Zwiespalt: Felix Magath und Fredi Bobic (re.).

Sehen die Terminierung des 33. Spieltags mit Zwiespalt: Felix Magath und Fredi Bobic (re.).

Getty Images for DFB

“Ich war davon überrascht und halte es für falsch, dass man den vorletzten Spieltag auseinanderzieht”, sagte Magath am Freitag in der Spieltagspressekonferenz. Die früher gängige Praxis, am vorletzten Spieltag alle Partien zeitgleich anzusetzen, “hatte sich bewährt”. Dass man davon abgegangen ist, “irritiert mich”, so Magath. “Wir haben jetzt eine Situation, in der die einen am Freitag spielen, die anderen am Sonntag und wir am Samstag. Wir stecken mittendrin. Da kann gemutmaßt werden, das kann für Probleme sorgen.”

Der Hintergrund ist mit der Ausgestaltung der TV-Verträge ökonomischer Natur. “Es wurde sehr divers diskutiert. Klar hat das wirtschaftliche, positive Effekte”, sagte Hertha-Geschäftsführer Fredi Bobic. “Es ist so entschieden worden. Das können wir jetzt nicht ändern. Das entscheiden nicht drei, vier Leute, sondern 36 Klubs. Und die Mehrheit gewinnt am Ende.”

Die Konkurrenten Bielefeld und Stuttgart spielen einen Tag vor beziehungsweise nach den Berlinern. Aber Magath will den Blick aufs eigene Spiel richten, nirgendwohin sonst: “Für mich geht es darum, was Hertha BSC macht – nicht, was der FC Bayern oder der VfL Bochum (die Gegner von Stuttgart und Bielefeld, d. Red.) machen. Es geht nicht um andere Klubs, es geht um uns. Wir konnten die Möglichkeit in Bielefeld leider nicht ganz nutzen, uns für die Erste Liga zu qualifizieren. Jetzt müssen wir nochmal ran. Das wird schwer genug.”

Seine am vergangenen Samstag geäußerte Kritik am FC Bayern nach dessen 1:3-Niederlage in Mainz (“Die Saison geht bis zum letzten Spieltag für alle Mannschaften. Ich weiß nicht, warum eine Mannschaft dann sagen kann, wir spielen in dieser Saison nicht bis zum Ende und machen drei Wochen vorher Schluss. Das dient nicht der Bundesliga und auch nicht dem Wettbewerb.”) relativierte der Coach am Freitag etwas: “Das war direkt nach unserem Spiel in Bielefeld. Da habe ich mich, ohne die Fakten zu kennen, nur aufs Ergebnis bezogen. In der Woche davor machte das Gerücht die Runde, dass Bayern Amateurspieler einsetzt. Natürlich hat eine Mannschaft, die nach 31 Spieltagen Deutscher Meister ist, das Recht zu feiern. So was gehört auch mit dazu und ist im Bereich des Normalen. Jeder, der eine so großartige Saison wie Bayern gespielt hat, darf auch feiern. Das war von mir ins Blaue gesprochen.”

“Die Mannschaft ist gerüstet”

Den späten Nackenschlag der Vorwoche, als Hertha kurz vor Schluss in Bielefeld den 1:1-Ausgleich kassierte, wähnt der Trainer aufgearbeitet: “Die Mannschaft war letzte Woche sehr enttäuscht nach dem Abpfiff. Sie wollte alles klar machen. Wir haben darüber geredet und es weggesteckt. So, wie die Mannschaft trainiert hat, bin ich überzeugt davon: Die Mannschaft ist gerüstet.” Dass in der Stadt und im Umfeld des Tabellenfünfzehnten manche den Klassenerhalt angesichts der Konstellation schon für nahezu geschafft halten, dagegen arbeitet Magath an – und hielt am Freitag ein emotionales, lautstarkes Plädoyer mit Blick auf das Mainz-Spiel: “Ich wurde die letzten Tage oft angesprochen nach dem Motto: ‘Ihr schafft das schon.’ Diese Atmosphäre –  so nach dem Motto: ‘Ihr seid doch schon durch’ –  prägt auch die Spieler.”

Aber: “Es ist unser letztes Heimspiel in dieser Saison, es kommen 70.000 Zuschauer, es prickelt. Diese Saison ist nicht so rund und glücklich geworfen. Wir brauchen morgen 90 Minuten Einsatz, 90 Minuten Leidenschaft – dann können wir uns von allen Fans verabschieden.” Die erwartete große Kulisse nannte Bobic “super für Berlin, die Fans sind mobilisiert”. Das Vorhaben ist klar: “Wir müssen das minimalste Ziel erreichen, was wir haben – und können dann hoffentlich zusammen feiern.”

Alle anderen Themen, auch die nach der Zukunft des Trainers und diverser Profis, umdribbelte der Europameister von 1996 am Freitag: “Da schreibt einer, und dann schreibt der Nächste nach. Und dann wird spekuliert. Der einzige, der sich am Ende damit befassen muss, bin ich. Ich sitze hier neben unserem aktuellen Trainer, da geht’s auch um Respekt. Wir müssen heute die Freude auf das Spiel morgen rüberbringen und nicht darüber reden, wer Trainer wird oder welcher Spieler bleibt.”

Mainz für Magath “einer der besseren Bundesliga-Klubs”

Hinter den Kulissen arbeitet Hertha an der Zukunft, die auch eine Neubesetzung der Trainerposition – womöglich mit Sandro Schwarz (Dynamo Moskau, der kicker berichtete exklusiv über Herthas Interesse) – vorsieht. In der Gegenwart soll eine schwache Saison ein einigermaßen versöhnliches Ende finden. Vor Samstags-Gegner Mainz warnte Magath ausdrücklich: “Mainz spielt in dieser Saison sehr guten Fußball, hat einen sehr guten Trainer und viel Qualität in der Mannschaft. Mainz ist für mich einer der besseren Bundesliga-Klubs. Ich bin angetan davon, wie diese Mannschaft spielt.”

Dass nach den finalen Partien gegen Mainz und in Dortmund Magaths Zeit in Berlin tendenziell zu Ende geht, bringt den Altmeister nicht aus der Contenance: “Wir haben immer nur darüber gesprochen, dass mein Engagement bis Saisonende geht. Ich bin froh, dass Fredi mir die Aufgabe übertragen hat. Ich denke, es ist bisher ganz gut gelaufen. Ich mache mir keine Gedanken, was im Juni oder Juli ist.”

Er sei “in der guten Lage, nichts machen zu müssen – ich könnte mir gut vorstellen, dass ich mich hinsetze und warte, bis im nächsten März wieder jemand anruft”. Abwarten und Tee trinken – so hat es Magath oft gehalten. Schlecht gefahren ist er damit nicht.

Steffen Rohr