“Bayern zockt” im Kreuzfeuer: Ministerium reagiert scharf auf ESBD-Kritik

“Bayern zockt” im Kreuzfeuer: Ministerium reagiert scharf auf ESBD-Kritik

Das bayerische FC-24-Event zur Europameisterschaft wurde nach Verkündung von eSport-Verbänden kritisch beäugt. Das Digitalministerium reagiert mit einer späten Transparenz-Offensive – und seinerseits Kritik am ESBD.

In Bayern findet passend zur EM ein großes eSport-Event statt.

In Bayern findet passend zur EM ein großes eSport-Event statt.

BFV Service GmbH

Eine landespolitische Förderung über knapp 450.000 Euro für ein eSport-Event scheint auf den ersten Blick eine Meldung zu sein, die beim ESBD auf Wohlwollen stößt. Das bayerische Projekt “eSport trifft auf Fußballvereine im Rahmen der EM 2024” – oder kurz “Bayern zockt” – löste stattdessen schnelle Kritik seitens des Bundesverbands und des bayerischen Verbands aus. Größter Aufhänger war die genaue Verwendung der verhältnismäßig hohen Fördersumme, die bei der Ankündigung in der vergangenen Woche noch unklar war.

Online- und Offline-Events in Bayern, eine Roadshow, das Finale in der Augsburger WWK Arena und nicht näher definierte “medienpädagogische und jugendpräventive Aspekte” ließen das eine oder andere Fragezeichen zurück. Der ESBD äußerte sich in Person von Vizepräsident Christopher Flato skeptisch: “Für ein EM-Happening mal eben knapp eine halbe Million rauszuhauen, kann weder nachhaltig noch fördernd für den lokalen eSport sein.”

Das Geld könne “deutlich sinnvoller eingesetzt werden – auch auf Landesebene”. Als Beispiele zählte Flato eSport-Förderungen in Schleswig-Holstein, Bremen und Nordrhein-Westfalen auf. Auf der eigens eingerichteten Webseite zu Turnieranmeldung und Überblick für das bayerische eSport-Event wird seit Release mit “Gesamtpreisen im Wert von 5.000 Euro” geworben. Was in der Tat offen ließ, was mit den restlichen knapp 445.000 Euro genau passiert.

Gerade die Plattform, so Flato, sei “augenscheinlich mit einer ganz heißen Nadel genäht” worden. In den ersten Tagen nach Veröffentlichung gingen aus ihr nur wenige Informationen zum Ablauf und Ausmaß hervor. Man könne daher “aktuell nur mit den rudimentären Informationen urteilen, die uns zur Verfügung stehen”, sagte der ESBD-Vizepräsident am vergangenen Donnerstag gegenüber kicker eSport. Er fügte aber auch hinzu: “Möglicherweise bieten sich im Laufe der nächsten vier Wochen tolle Chancen für die lokale eSport-Szene und die großen Neuigkeiten stehen noch aus.”

Artikel soll aufklären – Fördersumme aus “Sonderbudget”

Ob die jüngste Reaktion des bayerischen Digitalministeriums nun als “große Neuigkeit” eingestuft wird, muss jeder für sich selbst entscheiden. Auf der Webseite findet sich jedenfalls seit dem heutigen Montag ein Artikel mit der Überschrift “Wie läuft das alles ab?”, in dem die Macher von “Bayern zockt” sich und ihr Turnier erklären. Die technische Umsetzung, der personelle Aufwand verschiedener Prozesse und zusätzliche Werbemaßnahmen werden etwas weiter eingeordnet.

“Zur Stimmungserzeugung und Reichweitensteigerung wird EM-Content durch bekannte Influencer bereitgestellt. Dies soll die Begeisterung anfachen und eine breite Öffentlichkeit für das Event gewinnen”, steht geschrieben. Je nachdem, um wen es sich dabei handelt, könnten allein die Influencer schon einen signifikanten Teil der knappen halben Million kosten. Für die elf Offline-Veranstaltungen würden außerdem 15 Mitarbeiter im Auf- und Abbau benötigt, die 30 Online-Events müssten von fünf Mitarbeitern administriert werden.

Darüber hinaus stellt das Digitalministerium im Gespräch mit kicker eSport klar, dass sich die 450.000 Euro aus einem “Sonderbudget für die Heim-EM 2024” ergaben. Das legt nahe, dass der Fokus von Anfang an auf dem virtuellen Fußball liegen sollte – damit war EA SPORTS FC 24 mit seinem EURO-Modus wohl unumgänglich. Trotzdem wolle man auch “auf die Vielfalt des eSports aufmerksam machen und die Basis für eine bessere Anerkennung und Wertschätzung der Branche sowie neue Vereinsmitglieder schaffen”.

Schade, dass ausgerechnet der Bundes-eSport-Verband entsprechende Rückendeckung für unsere gemeinsame Mission, den eSport zu stärken, vermissen lässt.

Bayerisches Digitalministerium zur ESBD-Kritik

Das Digitalministerium lässt aber auch seinen Unmut über die ESBD-Kritik anklingen: “Schade, dass ausgerechnet der Bundes-eSport-Verband entsprechende Rückendeckung für unsere gemeinsame Mission, den eSport zu stärken, vermissen lässt”, geht aus dem Statement an kicker eSport hervor. Mit dem bayerischen eSport-Verband wiederum sei man “in einem guten und engen Austausch, wie sich der Verband am Projekt beteiligen kann und wie wir gemeinsam mehr Menschen für den eSport begeistern können”. Auch der E-Sport Verband Bayern hatte das Projekt nach erster Ankündigung kritisiert – wenn auch moderater als der ESBD.

Präsidentin Sandra Bloy sagt inzwischen auf Anfrage von kicker eSport, man freue sich, “dass Bayern eine so große Summe für die Förderung des eSports freimachen kann”. Es wäre ihrer Ansicht nach allerdings “sicherlich hilfreich gewesen, bereits mit der Ankündigung aufzuklären, wie die Gesamtfördersumme verwendet wird, um Missverständnisse zu vermeiden”.

Ihr zufolge sei es “vollkommen nachvollziehbar und sogar begrüßenswert, dass das Digitalministerium zu einer Fußball-EM in Deutschland einen Schwerpunkt auf eFootball legt”. Bloy und ihr Verband sehen die Förderung aber auch “als Anstoß, dass das bayerische Digitalministerium den gesamten eSport in allen Facetten schätzt und hoffentlich mit weiteren Förderungen gerechnet werden darf”. Aus diesen Worten spricht nicht nur Hoffnung, sondern auch ein Auftrag an die Politik.

Der erste Online-Qualifier des bayerischen eSport-Events findet schon am heutigen Montagabend um 19:30 Uhr statt. Unter den bereits angemeldeten Teilnehmern befinden sich unter anderem VBL-Spieler wie Niklas Rank (1. FC Nürnberg), Thomas Ostermaier (FC Bayern München) oder Ekrem Dogan (SpVgg Greuther Fürth).