Ästhetisch und erfolgreich: PSV feiert 25. Meisterschaft

Ästhetisch und erfolgreich: PSV feiert 25. Meisterschaft

Die PSV Eindhoven ist niederländischer Meister – und Peter Bosz damit erstmals Erstliga-Meistercoach. In Eindhoven fand der 60-Jährige ein Team vor, das vollkommen hinter dem “Bosz-Ball” steht und die Kritiker ein wenig verstummen lässt.

Mit dem Team um Kapitän Luuk de Jong feierte Peter Bosz seine erste Erstliga-Meisterschaft.

Mit dem Team um Kapitän Luuk de Jong feierte Peter Bosz seine erste Erstliga-Meisterschaft.

beide imago

4-3-3 oder 4-2-3-1, Fünf-Sekunden-Regel und schnelle Passstafetten – Merkmale, die in den Niederlanden dem sogenannten “Bosz-Ball” zuzuordnen sind. Mit seiner berauschenden offensiven Spielphilosophie hat Peter Bosz das geschafft, was er jungen Trainern rät: eine eigene Identität zu entwickeln. Zu dieser gehört neben zahlreichen positiven Eigenschaften allerdings auch der Stempel des fehlenden Pragmatismus.

Denn Bosz-Mannschaften bereiteten den Zuschauern zwar Freude, blieben aber lange Zeit ohne großen Titel – in seiner Vita standen lediglich die Meisterschaften in der zweiten niederländischen- und der Amateur-Liga.

Den Makel ist der 60-Jährige seit dem heutigen Sonntag aber los: Durch das 4:2 gegen Sparta Rotterdam krönte sich Bosz mit der PSV erstmalig zum niederländischen Erstliga-Meister. “Ich freue mich nicht so sehr für mich selbst, dass ich Meister in der Eredivisie geworden bin. Ich bin viel glücklicher, dass wir so tollen Fußball spielen und die Leute unterhalten. Das ist für mich viel wichtiger und schöner als ein solcher Titel, auch wenn ich mich sehr darüber freue”, hatte der Trainer bereits in der Vorwoche nach dem 8:0 in Heerenveen erläutert.

Ich habe noch nie eine Gruppe wie diese trainiert.

Peter Bosz

Dass er gleich in seiner Premierensaison die Rot-Weißen zur 25. Meisterschaft der Vereinsgeschichte führt, ahnte er bereits nach kurzer Zeit. “Nach zwei Wochen hatte ich keine Angst, der Presse zu sagen, dass dies ein wirklich interessantes Jahr werden könnte”, erklärte Bosz gegenüber The Athletic und lieferte auch gleich seine Begründung: “Ich sage nicht, dass es die besten Spieler sind, mit denen ich je gearbeitet habe, aber ich habe noch nie eine Gruppe wie diese trainiert.”

Die Akteure seien vom ersten Tag an “hungrig” gewesen und standen hinter der hochintensiven Spielidee. Dies spiegelte sich auch auf dem Platz wider. PSV spielte eine makellose Hinrunde und stellte damit den eigens in der Saison 1987/88 aufgestellten Startrekord ein.

Traum von ungeschlagener Meisterschaft platzt in Nijmegen

Wie damals (2:2 gegen Twente) endete die Siegesserie aber gleich im ersten Rückrundenspiel mit einem Remis: Die Bosz-Elf musste sich zwar mit einem 1:1 beim FC Utrecht begnügen, träumte aber weiterhin von einer Eredivisie-Saison ohne Niederlage. Doch Nijmegen machte den Eindhovenern am 27. Spieltag überraschend trotz einer Torschuss-Statistik von 8:27 einen Strich durch die Rechnung (3:1) – unter anderem fehlte Kapitän Luuk de Jong vom Punkt die Kaltschnäuzigkeit.

Eine ungewohnte Schwäche vom ansonsten enorm verlässlichen Routinier, der in der mit Abstand besten Offensive der Liga (107 Tore) nicht nur als reiner Torjäger in Erscheinung tritt. Neben seinen 27 Saisontoren bereitete er noch 15 Treffer vor – beides Ligabestwert.

Zusätzlich sorgt in Boszs Prunkstück, dem Dreierangriff, mit Johan Bakayoko wie so häufig bei PSV in den vergangenen Jahren ein Talent für Furore (21 Scorerpunkte). Der 21-Jährige tritt unter anderem in die großen Fußstapfen von Liverpools Cody Gakpo und Leipzigs Xavi.

Eindhovens Top-Scorer: Luuk de Jong und Johan Bakayoko.

Eindhovens Top-Scorer: Luuk de Jong und Johan Bakayoko.
IMAGO/BSR Agency

Im Mittelfeld dirigiert Joey Veerman das auf allen Positionen technisch versierte Team. Wie kein anderer Spieler in der Liga setzt er in aktuellen Spielzeit seine Mitspieler ein. Dazu schlug Neuzugang Jerdy Schouten auf der Sechs sofort ein und ist häufig der Ausgangspunkt für die Angriffe.

Die Verpflichtung des 27-Jährigen erwies sich als eine von mehreren guten Entscheidungen von Generaldirektor Marcel Brands im Zuge der Transferoffensive – er investierte im vergangenen Sommer 50 Millionen Euro in neue Spieler (Rekord für den Verein).

Stellt PSV noch den Punkterekord ein?

Doch nicht nur durch das Offensivspiel dominiert die Mannschaft die Liga, sondern auch mit dem Spiel gegen den Ball. Die PSV stellt mit nur 17 Gegentoren unter Beweis, dass das von Bosz geforderte aggressive Pressing auch mit einer defensiven Stabilität einhergehen kann. Dies sollte die Kritik an Boszs Philosophie genauso verringern wie seine erste “große” Meisterschaft.

Ausruhen wird sich die PSV trotz des feststehenden ersten Eredivisie-Titels seit 2018 aber nicht, weil einige Bestmarken in Reichweite sind. So könnten die Rot-Weißen mit zwei weiteren Siegen noch den Punkterekord (93) von Ajax aus der Saison 1971/72 einstellen. Damals verzückten die Amsterdamer mit “Voetbal total” – dem Spielstil, der den Bosz-Ball inspirierte.