Wagner-Festspiele auf der Playoff-Bühne? Warum nicht in Runde 1 Schluss sein muss

Wagner-Festspiele auf der Playoff-Bühne? Warum nicht in Runde 1 Schluss sein muss

Mit seinem Bruder Moritz und den Orlando Magic steht Franz Wagner zum ersten Mal in den Playoffs. Kann er gegen die Cleveland Cavaliers ein Faktor bleiben – und eine Schwäche ablegen?

Steht erstmals in seiner Karriere in den Playoffs: Franz Wagner (r.).

Steht erstmals in seiner Karriere in den Playoffs: Franz Wagner (r.).

picture alliance / Sipa USA

Als dann wirklich feststand, dass die Orlando Magic in diesem Jahr in den Playoffs antreten, da nahm sich Franz Wagner einen kurzen Moment, um zurückzublicken. Er erinnerte sich an den jungen Franz, der noch vor einigen Jahren mit seinem großen Bruder Moritz mitten in der Nacht NBA vor dem Fernseher schaute. “Wir sind damit aufgewachsen, nachts um 3 Uhr aufzustehen, um Leute wie Damian Lillard in den Playoffs zu sehen. Wir haben uns morgens als Erstes die Highlights angeschaut und all das”, erzählte der 22-Jährige vom Dasein als Basketball-Fan viele tausend Kilometer entfernt vom Ort des Geschehens.

Inzwischen ist der gebürtige Berliner Weltmeister (wie sein Bruder), gestandener NBA-Profi (wie sein Bruder) und nun auch endlich Teil dieser großen Playoff-Show (wie sein Bruder).

Die meisten Jungs in diesem Team kennen nur Saisons mit 20 Siegen oder so.

Franz Wagner

Der Weg dorthin war nicht immer leicht. Ganz grundsätzlich für die Wagner-Brüder, deren Talent früh entdeckt wurde, die aber nie einen Profivertrag in Deutschland unterschrieben hatten, um über das College in die NBA zu kommen. Aber auch für ihr Team. Unnötig spannend hatten es die Magic am Ende der Regular Season nochmal gemacht, auch der zwischenzeitlich greifbare Heimvorteil war am Ende futsch. Und doch überwog die Freude nach dem letzten Schritt gegen Milwaukee (113:88). “Die meisten Jungs in diesem Team kennen nur Saisons mit 20 Siegen oder so”, blickte Franz Wagner zurück. Reif fühlten sich die Magic trotzdem, schon vor der Saison. Zwar hatten sie 2023 die Top 10 einigermaßen deutlich verpasst, das Potenzial in ihren Reihen war aber offensichtlich und so ist der diesjährige Platz 5 im Osten der verdiente Lohn einer stetigen Entwicklung.

Moritz und Franz Wagner

Moritz und Franz Wagner mit dem WM-Pokal.
IMAGO/camera4+

Die Wagner-Brüder selbst hatten schon durch den WM-Triumph von Manila Selbstvertrauen getankt. Ein Titel, der ihnen auf dem Weg ins Finale nicht geschenkt wurde. Moe, der nach der verletzungsbedingt verpassten Heim-EM endlich seinen Teil auf dem Parkett beitragen konnte. Und Franz, der trotz einer ärgerlichen Knöchelverletzung im Auftaktspiel, die ihn mehrere Partien pausieren ließ, seine Rolle als Shootingstar mehr als unterstrich. So rückten ihn nicht wenige in die Nähe einer ersten All-Star-Nominierung.

Dazu fehlte dann letztlich aber doch noch ein Stückchen. Mit im Schnitt 19,7 Punkten, 5,3 Rebounds und 3,7 Assists lieferte er zwar die in diesen Disziplinen beste seiner drei NBA-Saisons ab. Doch gerade an der Dreierlinie hat der jüngere Wagner noch Steigerungspotenzial (28,1 Prozent). Dafür strahlt er durch seine dynamische Attacken Richtung Korb – inklusive markantem Eurostep – Gefahr aus.

Sein Bruder geht indes in seiner Funktion als Rollenspieler auf und schraubte quasi alle wesentlichen Werte in dieser Saison nach oben. Noch dazu ist Moe – analog zu seiner Rolle in der Nationalmannschaft – ein wichtiger Energizer für sein Team, der immer wieder von außen kommend antreibt.

Überhaupt ist die Bank einer der Schlüsselfaktoren bei den Magic, die sich vor allem über die Defensive definieren – was sie dann auch mit den Cleveland Cavaliers verbindet, die in Runde 1 warten. Mit Jonathan Isaac und Jalen Suggs hat Orlando zwei bärenstarke Verteidiger in seinen Reihen, nahezu alle beweglichen Bigs scheuen intensive Verteidigungsarbeit nicht und dürften Donovan Mitchell das Leben schwer machen.

Auf der anderen Seite hängt dafür zu viel in der Offensive vom erstmals zum All-Star berufenen Paolo Banchero ab. Insbesondere in den entscheidenden Phasen von engen Spielen hatte der Angriff der Magic in der Regular Season seine Schwierigkeiten, Punkte aufs Scoreboard zu bekommen. Banchero wird deshalb ab jetzt wohl mehr denn je Unterstützung von seinem Flügel-Konterpart benötigen. Denn dass die Cavs dem Top-Pick von 2022 ähnliche Freiheiten gewähren, wie er sie in manchem Spiel der Regular Season bekommen hat, ist nicht zu erwarten. Zugleich dürfte Franz an der Dreierlinie noch stärker als sonst herausgefordert werden und in seinen Drives von den beiden Türmen Evan Mobley und Jarrett Allen ausgebremst werden. Viel scheint vom Momentum und damit Spiel 1 abzuhängen.

Was am Ende den Ausschlag geben kann, ist die Erfahrung – und da haben Donovan Mitchell und Co. klar die Nase vorne. Zumal die Cavs noch die Vorjahres-Erstrunde gegen die Knicks vor Augen haben dürften, von New York wurden sie in der Defense, vor allem beim Rebound, regelrecht abgekocht. Der Druck, es dieses Jahr besser zu machen, ist enorm. Ansonsten könnte zum Beispiel Mitchell das Team im Sommer verlassen.

Trotzdem bezweifelt quasi niemand, dass die wohl wenig schillernde, dafür intensive Serie zwischen beiden Teams auch an die unbekümmerten Magic gehen könnte. Head Coach Jamahl Mosley dürfte zudem dankbar sein für Clevelands – nunja -“Schachzug”, das letzte Hauptrunden-Spiel mehr oder weniger abzuschenken, um den vermeintlich stärkeren Gegnern aus dem Weg zu gehen. Eine Extramotivation, serviert auf dem Silbertablette.

“Wir wollten nicht einfach nur in die Playoffs kommen”, stellte Franz die Ansprüche klar und lässt die Erwartungen auf eine intensive Serie wachsen. Wer setzt sich also durch? Antworten gibt es ab Samstagabend (19 Uhr, MEZ), wenn Franz und Moritz Wagner und die Magic ihr erstes Playoff-Spiel bestreiten. Und wenn vielleicht irgendwo im fernen Deutschland junge Basketball-Fans gebannt zuschauen und sich später auf die Highlights stürzen.

Frederik Paulus