Team Esbjerg holt gegen Metz HB erstmals Bronze

Team Esbjerg und Metz HB waren nicht nach Budapest gereist, um das “kleine Finale” zu spielen. Dennoch: Beide Teams waren im Halbfinale nicht gut genug und wollten es am Sonntag besser machen. Für Esbjerg sprach am Ende die pure Anzahl an Torwürfen. Das war der entscheidende Faktor, um gegen Metz die Bronzemedaille zu erringen.

Nora Mørk avancierte bei Team Esbjerg in der zweiten Spielhälfte zum entscheidenden Faktor

Nora Mørk avancierte bei Team Esbjerg in der zweiten Spielhälfte zum entscheidenden Faktor

sportseye.de / Heiner Lehmann

Für Team Esbjerg könnte sich an diesem Wochenende die Geschichte wiederholen. Im Vorjahr gab es sowohl im Halbfinale als auch im Spiel um den dritten Platz jeweils eine Niederlage mit einem Tor. Gestern war man Györ hauchdünn mit 23:24 unterlegen. Daher kam es zur Wiederauflage des Bronze-Kampfs von 2022 gegen Metz HB. Die Lothringerinnen gingen damals als 32:26-Sieger hervor – ihr bisher bestes Ergebnis im Final4.

Die Vorzeichen schienen indes diesmal anders zu sein. “Wir haben zweimal um Bronze gekämpft und zweimal verloren. Natürlich ist das eine große Motivation”, hatte Michala Møller am Samstag gesagt. Für Metz und Alina Grijseels überwog da noch das triste Gefühl der Niederlage gegen Bietigheim. “Wir sind einfach traurig über unser Spiel.” Trainer Emmanuel Mayonnade sagte, er wolle sich am liebsten verkriechen.

Wiederauflage unter anderen Vorzeichen

In Esbjerg war es auch das letzte Spiel der Ära Jesper Jensen, der den Verein seit 2017 in den nationalen und europäischen Handball-Olymp geführt hat, während Metz den französischen Handball schon seit über 30 Jahren dominiert. Entsprechend waren aus beiden Lagern zahlreich Fans nach Budapest geströmt. Nun ging es darum, nach dem Halbfinale den Schalter umzulegen, um das Final4 mit einem Sieg zu beenden.

Die kraftvollen und platzierten Würfe unterstrichen gleich zu Beginn des Spiels den großen Willen beider Teams, Bronze zu erringen. Metz wollte die Angriffe dabei – wie gestern – spielerisch lösen, während Esbjerg von Einzelaktionen Henny Reistads profitierte, die mit ihrem vierten Treffer beim 4:3 (7.) zum Führungswechsel einnetzte. Damit übernahm Team Esbjerg im Brozekampf fürs Erste das Zepter.

Esbjerg rustikal

Die massive und teils rustikale Abwehr des dänischen Meisters war in der frühen Phase Trumpf. Mehrmals ging ein Raunen durch die Arena – etwa als Breistøl nach zwölf Minuten Valentini attackierte und eine Zeitstrafe erhielt. Nora Mørk hatte die Vorlage mit zwei Siebenmetern ausgebaut, Reistad auf 7:4 (9.) erhöht. Der Französische Meister sah im Sechs-gegen-sechs eine Zeit lang kein Land.

Metz war gezwungen, das Tempo in der ersten Welle zu erhöhen und tat dies. Erster Lohn war Bouktits Treffer vom Kreis zum 8:7 (15.). Burgaard aus schwierigem Winkel und Grijseels im Gegenstoß bugsierten die Lothringerinnen vollends zurück ins Spiel – und nach dem Führungstreffer von Jörgensen buzzerte Esbjergs Trainer beim 9:10 (18.) zur ersten Auszeit. Kleine Korrekturen bei Metz stellten die Däninnen vor Probleme.

Metz kommt auf

Die Auszeit schien zu wirken, doch neben Reistad, die beim 12:11 (20.) zum achten Mal traf, spielte sich niemand in den Vordergrund. Metz suchte indes nicht mehr zwanghaft Lösungen gegen den Esbjerger Mittelblock – mit Iversen und Breistøl – mit Erfolg. Auch Esbjerg spielte jetzt vielseitiger und konnte sich bei Reistads 17:14 (26.) absetzen, doch Grijseels, Granier und Jörgensen führten Metz zum 18:18-Halbzeitstand.

So hatte Esbjerg weder durch die teils grenzwertige Abwehr noch mit ständigen Wischer-Forderungen etwas bewegt, denn Metz hatte die Ruhe bewahrt. Der Kampf konnte also weitergehen – wobei das Team aus Frankreich gleich abermals einem Rückstand nachlief und ihn egalisierte. Nach einem falschen Pfiff, Granier hatte den Ball ins Aus gelenkt, nutzte Jörgensen dann den unverhofften Ballbesitz zum 21:22 (36.).

Zahl der Torwürfe entscheidet

Das Duell befand sich in einer wilden Phase, zahlreiche Fehlleistungen der Spielerinnen waren zu sehen – ehe Granier und Solberg-Isaksen es mit ihren Treffern wieder in geordnetere Bahnen lenkten. Die Führung von Metz hielt indes nicht lange, auch weil Solberg-Isaksen nach dem strittigen, von Mørk zum 24:24 verwandelten Siebenmeter den Dänischen Meister beim 26:24 (42.) wieder in Vorlage brachte.

Metz egalisierte beim 26:26 einmal mehr, schaffte es aber erneut nicht, das Spiel zu bestimmen. Das lag auch daran, dass Esbjerg nun in Mørk eine weitere Taktgeberin hatte. In der Abwehr tat sich Esbjerg allerdings jetzt schwer, auch weil die zwischenzeitlich eingewechselte Amalie Milling bei zehn Gegentreffern keinen einzigen Wurf stoppen konnte. Daher blieb das Spiel umkämpft. Beim 28:27 (48.) nahm Jesper Jensen eine Auszeit.

Als Breistøl dann bei Esbjerg nach 52 Minuten zum zweiten Mal draußen saß, beendete Kristensen zwischen den Pfosten ihr Leistungstief mit der ersten Parade der zweiten Halbzeit. Das war ein Fingerzeig. Mørk traf trotz Unterzahl zum 32:29. Das Team, das mehr Torwürfe generiert hatte –  48 gegenüber 39, segelte frühzeitig Richtung Bronzemedaille. Mørk und Reistad waren beim 37:33-Sieg mit 26 Treffern die Tormaschine von Team Esbjerg.

Team Esbjerg – Metz HB 37:33 (18:18)

Statistiken folgen…

Felix Buß

Toft trägt Györi ETO KC gegen Team Esbjerg ins Endspiel

Györi ETO KC hat bisher alle Spiele gegen Team Esbjerg gewonnen, auch das “kleine Finale” der Königinnenklasse des Vorjahres – hauchdünn. Im heutigen vierten Vergleich konnte sich der fünfmalige Champions League-Sieger erneut auf die große Erfahrung verlassen, musste aber bis zur 13. Parade von Sandra Toft um den Finaleinzug bangen.

Estelle Nze-Minko steuerte sechs Treffer zum hauchdünnen Halbfinalsieg Györs bei

Estelle Nze-Minko steuerte sechs Treffer zum hauchdünnen Halbfinalsieg Györs bei

sportseye.de / Heiner Lehmann

Beim EHF Final4 2023 war Team Esbjerg die Unglücksraben des Abschlussturniers der Champions League gewesen. Zwei Ein-Tor-Niederlagen erlebten sie nacheinander, im Kampf um die Bronzemedaille unterlag das seit 2017 von Jesper Jensen trainierte Team Esbjerg dem Lokalmatador Györi ETO KC. Am Samstag kam es nun im ersten Halbfinale zum Re-Match beider Teams.

Die Arena in Budapest war fest in Händen der ungarischen Fans, die ihre “Heimmannschaft” von Beginn an unterstützten. Nur bevor Esbjergs Nora Mørk zum ersten Siebenmeter antrat, herrschte kurzzeitig Stille, dann meldeten sich die Fans aus Dänemark erstmals zu Wort. Team Esbjerg rührte danach mit Rikke Iversen und Kristine Breistøl Beton an. Anne Petersen konterte zum 3:0 (4.).

Buzzer weckt Györ

Per Johansson, der Trainer von Györi ETO KC buzzerte daher frühzeitig zum ersten Time-out. Esbjerg hätte in diesem Moment bereits mit fünf Toren führen können, denn erst vergab Rikke Iversen, und das folgende Anspiel von Anna Kristensen war zu lang und landete in den Armen von Eun Hee Ryu. Die Ansprache wirkte: Estelle Nze Minko sorgte binnen sechs Minuten für den 4:5-Anschluss (10.).

Der Underdog aus Dänemark funktionierte nicht mehr und manövrierte sich mit einigen Halbchancen, aus denen nichts wurde, beinahe aus dem Spiel. Überdies kassierte Spielmacherin Henny Reistad alsbald die erste Hinausstellung, sodass Nze Minko genügend Platz für den 5:5-Ausgleich hatte. Und Györ gelang auch der Führungswechsel, durch Victoria Györi-Lukacs.

Über zehn Minuten hatte Esbjerg nicht getroffen und blieb bei Mørks 6:7 (15.) doch auf Tuchfühlung. Den abermaligen Ausgleich verhinderte allerdings Sandra Toft zunächst gegen Linksaußen Sanna Solberg, obwohl die Norwegerin in Überzahl jede Menge Platz hatte. Dann egalisierte Michaela Møller. Bei Györ stemmte sich in dieser neuerlichen Schwächephase nur Toft gegen den Trend.

Momentum kontra Routine

Trotz Györs Problemen nahm Esbjergs Trainer Jesper Jensen neun Minuten vor der Pause die Auszeit. Das Duell war ruppig geworden, als Sanna Solberg die Esbjerger 8:7-Führung (23.) besorgte. Den nächsten Führungstreffer vermasselte die Norwegerin jedoch, und im Gegenzug traf Györs Kapitänin Kari Dale für den Lokalmatador zum 8:9. Esbjerg wirkte zu nervös, um das Momentum zu nutzen.

Der ungarische Vizemeister setzte dann durch Estelle Nze Minko und Paula de Bruna vor der Pause die Wirkungstreffer zum 8:11. Die folgende siebte Parade von Sandra Toft (54 Prozent) wurde frenetisch gefeiert, ebenso Stine Oftedals erster Treffer. Dass Györs Nadine Szöllösi-Schatzl mit der Sirene zum 9:13 einnetzte und die Vier-Tore-Führung festigte, zeugte von der gefestigten Routine der Favoritinnen.

Man war gespannt, in welcher Verfassung Team Esbjerg aus der Kabine kommen würde: Tatsächlich zeigte sich der dänische Erstligist weiter kämpferisch, scheiterte nach 37 Minuten aber schon zum zehnten Mal an Toft. Die dänische Torhüterin war die große Stütze des ungarischen Vizemeisters. Sie hatte unter anderem Møller das 13:15 verboten. Nach Ryus 12:18 (39.) war somit die nächste Esbjerger Auszeit fällig.

Esbjerg kämpferisch

Team Esbjerg zeigte danach nochmals Flagge: In Deila Rushgeldt hatten sie eine neue Torschützin, die sich von sechs Metern durchgesetzt hatte. Møller konnte beim 15:18 (43.) nachsetzen und Reistad spielte sich beim 16:19 (45.) zum zweiten Mal frei. Und Mørk versenkte beim 18:20 (48.) gegen Landsfrau Silje Solberg den nächsten Siebenmeter. Zum ersten Mal seit dem 12:14 (32.) war der Unterschied so gering.

Auf einmal schien Esbjerg den Respekt vor Toft und ihren Vorderleuten abgelegt zu haben, schrammte aber wegen eines der inzwischen sehr wenigen technischen Fehler zunächst am Anschlusstreffer vorbei. Györ versuchte mit offensivem Heraustreten neue Aufgaben zu stellen, doch bei Esberg wurde vor allem Reistad zunehmend stärker. Die Spielmacherin setzte auch den 20:21-Anschlusstreffer (52.).

Toft Matchwinner

Sandra Tofts Paraden-Quote war fünf Minuten vor Schluss auf unter 40 Prozent gefallen, die Spannung näherte sich auch dieswegen dem Siedepunkt. Nze Minko scheiterte dann beim Kempa an Milling. Breistøl traf bei ihrem Fernwurf nur die Latte, statt den 23:23-Ausgleich zu erzielen – doch Györ schienen die Ideen auszugehen. Kristiansens Turnover folgte die nächste Chance für Esbjerg, doch Toft parierte mit dem Kopf.

Esbjerg schien in der Schlussminute den notwenigen Schritt mehr zu investieren, dennoch stach Dale im passiven Spiel zum 22:24 durch – 49 Sekunden verblieben. Im Angriff war bei Györ nur Nze Minko fehlerfrei geblieben, mit sechs Treffern trug sie maßgeblich zum Finaleinzug bei. Man verstand sein eigenes Wort nicht mehr, so laut war es in der Arena, als Toft mit ihrem 13. Reflex gegen Solberg den 23:24-Sieg festhielt.

Felix Buß