Spritzen in der Tasche, Tor-Rekord pulverisiert: Union-Fan Stodulska setzt neue Maßstäbe

Spritzen in der Tasche, Tor-Rekord pulverisiert: Union-Fan Stodulska setzt neue Maßstäbe

Marta Stodulska vom FC Internationale Berlin ist aktuell das Maß der Dinge in den 4. Ligen der Frauen. Mit 61 Toren in 24 Spielen hat die 29-Jährige einen neuen Tor-Rekord in ihrer Spielklasse aufgestellt und steht quasi schon als Gewinnerin der “Torjägerkanone® für alle” fest. Warum sie dennoch nicht ohne eine Spritze zum Spiel fährt, verriet sie im Gespräch mit dem kicker.

Marta Stodulska schießt in dieser Saison Tore wie im Fließband.

Marta Stodulska schießt in dieser Saison Tore wie im Fließband.

Laura Timme

Torjägerkanone® für alle

Marta Stodulska vom FC Internationale Berlin ist so etwas wie die Pionierin der 4. Liga der Frauen. Mit 61 Toren in nur 24 Spielen zieht die 29-jährige Polin aktuell nämlich dort ihre Kreise, wo vor ihr noch niemand gewesen ist. Die Bestmarken der Vorjahres-Gewinnerinnen Lyn Meyer (Eintracht Braunschweig, 46 Tore) und Hannah Paulini (Eimsbütteler TV, 58 Tore) sind längst übertroffen. Der Gewinn der “Torjägerkanone® für alle” scheint der Vollblut-Stürmerin bei 28 Toren Vorsprung zur Konkurrenz bereits sicher.

“Damit habe ich natürlich nicht gerechnet”, zeigt sich Stodulska von ihrer Torausbeute in dieser Saison selbst etwas überrascht. Bereits nach den ersten fünf Saisonspielen stand die Angreiferin bei 16 Saisontoren. Was zunächst nach einer surrealen Momentaufnahme aussah, die mit Sicherheit ein zeitnahes Ende finden würde, entwickelte sich im weiteren Verlauf der Saison zu einer atemberaubenden Konstanz. Es folgten sieben Dreierpacks, vier Viererpacks und drei Fünferpacks. “Es ging soweit, dass Trainer der gegnerischen Mannschaft nach dem Spiel, in dem ich nicht getroffen habe, auf mich zugekommen sind und fast schon stolz darauf waren, kein Gegentor von mir bekommen zu haben.”

Spritzen in der Fußballtasche

Zur besten Saison ihrer Karriere wäre es dabei fast gar nicht gekommen. Stodulska steht erst seit fast exakt zwölf Monaten wieder auf dem Platz. Davor zwangen sie mehrere Rückschläge zu einer fast dreijährigen Fußballpause. “Das war zum einen aufgrund von Corona, aber auch, weil bei mir Diabetes diagnostiziert wurde und ich deswegen ins Krankenhaus musste”, erklärt die Stürmerin, die im Jahr 2015 nur wegen des Fußballs aus ihrer Heimat Polen nach Deutschland kam. Durch ihre Erkrankung sei Stodulska bei drei Trainingseinheiten plus einem Spiel am Wochenende mittlerweile an ihrer Belastungsgrenze angekommen.

Umso bemerkenswerter ist daher die Konstanz der Stürmerin in dieser Saison. Nur zweimal ging die Polin, die in Berlin für einen holländischen Baumaschinen-Hersteller arbeitet, ohne eigenen Treffer vom Platz. Zuletzt erzielte sie sogar siebenmal in Folge mindestens drei Tore. Die Krankheit verfolgt sie aber auch auf dem Fußballplatz. “Ich habe einen Sensor, der meinen Blutzuckerspiegel misst. Mein Handy liegt immer bei meinem Trainer am Spielfeldrand, damit wir reagieren können, wenn das Handy etwas meldet.” Neben Fußballschuhen und Schienbeinschonern gehören deshalb mittlerweile auch Insulinspritzen fest zu Stodulskas Spieltags-Ausrüstung.

Kanone zum Abschied?

Der Gewinn der Kanone könnte für Stodulska auch der krönende Abschluss ihrer Karriere sein. Kaum zu glauben, aber momentan ist sie sich noch nicht sicher, ob sie nach der Saison ihre Karriere eventuell nicht doch frühzeitig beenden möchte. “Ich habe noch keine Entscheidung getroffen, aber der Fußball frisst enorm viel Zeit, und es ist für mich mittlerweile sehr anstrengend geworden. Ich bin nicht mehr die Jüngste”, lacht Stodulska.

Stodulska, die privat zu jedem Heimspiel des 1. FC Union Berlin ins Stadion geht, in der Liga aber mit der zweiten Mannschaft ihres Ex-Klubs (Stodulska spielte von 2018 bis 2020 in der 2. Mannschaft der Eisernen) konkurriert, hat sich für die restlichen vier Spiele keine finale Tor-Marke als Ziel gesetzt. “Mein ursprüngliches Ziel von 50 Toren habe ich bereits erreicht, von daher mache ich mir keinen Druck mehr. Viel lieber will ich die restlichen vier Spiele gewinnen. Danach sehen wir schon, wie viele es geworden sind”, bleibt die Angreiferin gelassen. Bei ihrem aktuellen Toreschnitt von 2,5 Treffern pro Spiel würde sie am Ende die 70-Tore-Marke knacken. Ein Meilenstein, mit dem sich auch die routinierte Angreiferin anfreunden könnte.

Dass es für Amateure überhaupt die Möglichkeit gibt, eine bundesweite Auszeichnung zu erhalten, motiviert die torhungrige Angreiferin im Saisonendspurt zusätzlich. “Es ist nicht selbstverständlich, dass es so eine Auszeichnung gibt. Da sitzt jemand, der das Ganze organisiert. Das ist eine sehr coole Sache” , ist Stodulska, die die “Torjägerkanone® für alle” bis vor Kurzem noch nicht kannte, begeistert. “Es würde mich stolz machen, so eine Kanone zu erhalten. Es wäre ein toller Karriere-Höhepunkt.”

Lukas Karakas