Auf der Couch? So wird Leverkusen am Wochenende Meister

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Bayer 04 Leverkusen als Deutscher Meister feststeht. Schon am 29. Spieltag könnte es so weit sein. Es gibt drei Titel-Szenarien.

Auch Union Berlin konnte Leverkusen am Samstag nicht am Siegen hindern.

Auch Union Berlin konnte Leverkusen am Samstag nicht am Siegen hindern.

IMAGO/Matthias Koch

Der 28. Spieltag war noch einmal ein Spiegelbild der Kräfteverhältnisse im diesjährigen Bundesliga-Meisterrennen, das diesen Namen eigentlich nicht mehr verdient hat. Während Spitzenreiter Bayer 04 Leverkusen am Samstagnachmittag bei Union Berlin eiskalt mit 1:0 den nächsten Dreier einfuhr, gab der FC Bayern parallel beim 1. FC Heidenheim eine 2:0-Pausenführung aus der Hand und verlor noch mit 2:3.

Damit steht fest, dass die Leverkusener bei nun 16 Punkten Vorsprung schon dieses Wochenende die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte perfekt machen können – sogar aus eigener Kraft. Konkret sieht das Szenario so aus:

Bayer 04 Leverkusen wird am 29. Spieltag Meister …

… bei einem Heimsieg gegen Werder Bremen

… bei einem Unentschieden gegen Werder Bremen, wenn der FC Bayern gegen den 1. FC Köln nicht gewinnt und der VfB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt nicht gewinnt

… bei einer Niederlage gegen Werder Bremen, wenn der FC Bayern gegen den 1. FC Köln verliert und der VfB Stuttgart gegen Eintracht Frankfurt verliert

Lieber selbst nachrechnen?

Weil Leverkusens erst am Sonntag (17.30 Uhr) gegen Werder spielt, Bayern (15.30 Uhr) und Stuttgart (18.30 Uhr, alle LIVE! bei kicker) aber bereits am Samstag gefordert sind, “droht” der Werkself also gar der Meistertitel auf der Couch. Dafür müssten die Münchner allerdings gegen Köln ihre dritte Liga-Niederlage in Serie kassieren nach dem 0:2 gegen Dortmund der Schlappe in Heidenheim und die so formstarken Stuttgarter ihre erste Bundesliga-Niederlage seit Mitte Januar kassieren.

Weitere Rekorde für Leverkusen schon fix

Ein paar Rekorde knackte Bayer 04 schon am Samstag: Erstmals in der Klubgeschichte gelangen neun Bundesliga-Siege hintereinander, erstmals zudem sieben am Stück in der Fremde. Und mit dem 28. Spiel ohne Niederlage stellte die Mannschaft von Trainer Xabi Alonso auch noch den Bundesliga-Startrekord ein, der dem FC Bayern 2013/14 unter Pep Guardiola gelungen war.

Sollte Leverkusen den ersten Matchball auslassen, gäbe es eine Woche später am 30. Spieltag die nächste Gelegenheit. Dann wartet – ebenfalls am Sonntag – das Gastspiel bei Borussia Dortmund, während die Bayern am Samstagabend bei Union Berlin gefragt sind.

Warum Hofmann den Bayern und Stuttgart die Daumen drückt

Über fünf Monate musste Jonas Hofmann auf dieses persönliche Erfolgserlebnis warten. Nach seinem Tor beim 2:0-Sieg gegen West Ham United, möchte der Offensivakteur nun am Sonntag Deutscher Meister werden – allerdings ohne fremde Hilfe.

War am Donnerstagabend der Matchwinner: Jonas Hofmann.

War am Donnerstagabend der Matchwinner: Jonas Hofmann.

IMAGO/Uwe Kraft

Er war der Matchwinner. Erst in der 76. Minute eingewechselt, hatte Jonas Hofmann mit einem Tor und einer Vorlage entscheidenden Anteil am 2:0-Sieg gegen West Ham United. Ein perfektes Spiel war es für den 31-Jährigen trotzdem nicht, der zuletzt Ende Oktober beim 2:1 gegen Freiburg getroffen hatte. “Nein, da hätte ich von Anfang an spielen müssen”, erklärte er.

Denn anders als in der Hinrunde ist Hofmann aktuell kein unumstrittener Startelfspieler mehr. Nach zwölf Scorerpunkten in den ersten zwölf Ligaspielen lief es zuletzt nicht mehr so rund. So war sein gelungener Joker-Auftritt Balsam auf die Wunden.

Xabi Alonso: “Für Jonas ist es ein guter Impuls”

Das weiß auch Xabi Alonso, der direkt nach dem Spiel mit dem Nationalspieler sprach. “Nach den Spielen gegen Mainz und Hoffenheim hatte Jonas das Gefühl, dass er die Schusschancen, aber kein Glück hatte. Es war ein wichtiger Moment für ihn, auch die Vorlage für Boniface. Für Jonas ist es ein guter Impuls für die letzten sechs Wochen”, erklärte der Trainer.

Auf diesen Effekt hofft auch Hofmann selbst. “Das tut sehr, sehr gut, wenn man länger nicht getroffen hat oder die Scorer einfach gefehlt haben. Da ist es schön, dass der Dosenöffner gekommen ist. Das war es hoffentlich für sehr wichtige Woche hintenheraus gerade in den Pokalwettbewerben.”

Podcast

Wie macht Leverkusen das eigentlich?


15:39 Minuten

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In der Meisterschaft möchte Hofmann und Co. schon am Wochenende den verdienten Lohn eintüten. Schlägt Bayer 04 am Sonntag Werder Bremen, ist der erste Meistertitel für den Werksklub perfekt. Einen Vorgeschmack auf die dann herausbrechenden Emotionen haben die Bayer-Profs schon nach dem Schlusspfiff gegen West Ham bekommen.

Hofmann fordert Demut und Ruhe für das Werder-Spiel

“Die Fans haben es schon angestimmt, da hat man Gänsehaut gekriegt, weil allen klar ist, was am Sonntag passieren kann”, erzählt Hofmann, der ankündigt: “Wir werden voller Vorfreude in das Spiel reingehen, aber mit der gewissen Demut und Ruhe. Wir wollen nicht verrückt werden, wollen natürlich am Sonntag die Meisterschaft entscheiden. Aber dafür ist noch Einiges zu tun.”

Dass Bayer für den Titel am Sonntag noch etwas leisten muss, ist übrigens der ausdrückliche Wunsch des Rechtsfußes. Schon am Samstag vor dem Fernseher möchte der Ex-Gladbacher nämlich nicht Meister werden. Dies wäre der Fall, wenn sowohl die Bayern gegen Köln als auch Stuttgart gegen Frankfurt verlieren würden. Dann wäre Bayer 04 nicht mehr einzuholen.

Gerade, wenn fast alle zum ersten Mal Deutscher Meister werden, willst du das nicht auf der Couch erleben.

Jonas Hofmann

Doch das, sagt Hofmann, der die Spiele selbst auf dem heimischen Sofa verfolgen wird, soll nicht passieren. “Ich hoffe, wir können es selbst entscheiden. Gerade, wenn fast alle zum ersten Mal Deutscher Meister werden, willst du das nicht, einen Tag bevor du selbst spielst, mit einem Wasser auf der Couch erleben. Da kannst du gar nicht so die Emotionen rauslassen, wenn du nicht bei der Gruppe bist, mit der du das geschafft hast, und nicht in diesem Stadion bist.”

Die kuriose Konsequenz daraus: “Deswegen”, erklärt Hofmann, “drücke ich Bayern und Stuttgart die Daumen.” Wer hätte sowas vor nur zwei Wochen für möglich gehalten?!

Stephan von Nocks

Bayers Palacios und der beeindruckende Kaltstart

Beim 2:0 in der Europa League gegen West Ham feiert Bayers Exequiel Palacios sein Comeback und steht gleich in der Startelf. Es ist ein beeindruckender Kaltstart, der eine große Frage aufwirft.

Spielte als wäre er nie weg gewesen: Exequiel Palacios feierte gegen West Ham ein beeindruckendes Comeback.

Spielte als wäre er nie weg gewesen: Exequiel Palacios feierte gegen West Ham ein beeindruckendes Comeback.

IMAGO/Treese

Mit Überraschungen ist es so eine Sache. Sie können gut-, aber auch gut und gerne danebengehen. Und als Bayers Trainer Xabi Alonso am Donnerstag Exequiel Palacios gegen West Ham United in die Startelf notierte, da stellte sich zumindest kurzzeitig die Frage, was das jetzt geben würde. Vor knapp vier Wochen hatte sich der Argentinier am Oberschenkel verletzt, war zuletzt weder gegen Düsseldorf (4:0) noch bei Union (1:0) eingewechselt worden – und sollte in diesem so wichtigen ersten Europa-League-Viertelfinalduell nun gleich von Beginn an auf den Rasen?

Es war eine durchaus überraschende Maßnahme, zumal Xabi Alonso keine Not besaß, seinen 25-jährigen Mittelfeldspieler zu diesem Kaltstart zu bitten. Kollege Robert Andrich befindet sich zurzeit bekanntlich in Top-Form, hatte Palacios bestens vertreten und musste trotzdem auf der Bank Platz nehmen, als die Engländer vorstellig wurden. Wäre diese Rochade danebengegangen, dann hätte Xabi Alonso also zumindest eine kritische Nachfrage beantworten müssen. Allerdings passte auch dieser Handgriff des Basken. Palacios feierte ein beeindruckendes Comeback.

Beim 2:0 gegen West Ham stand Bayers Nummer 25 von Anfang bis Ende auf dem Platz. In der Anfangsphase zog er in zwei, drei Situationen noch minimal zu spät ins direkte Duell, nachfolgend aber stimmte sein Timing. Palacios spielte, als sei er nie weg gewesen – und präsentierte seine bestens bekannten Fähigkeiten als Zweikämpfer und Ballverteiler.

Palacios überzeugt auf Anhieb offensiv wie defensiv

Hinter Granit Xhaka (157) sammelte Palacios die zweitmeisten Ballkontakte (135), wobei er 95 Prozent seiner Zuspiele zum Nebenmann brachte und fünf Torschussaktionen einleitete. Gegen die extrem tiefstehenden Engländer behielt der technisch versierte Mittelfeldmann auch in engsten Raum die Übersicht, war gewohnt souverän im Kurzpassspiel und passte daher hervorragend in diese Bayer-Elf, die den Ball allzu häufig um den Strafraum kreisen lassen musste, um eine Lücke im Dickicht des abwartend eingestellten und auf Konter lauernden Kontrahenten zu finden.

Für diese Umschaltszenen hatte der Premier-League-Klub mit Michail Antonio, Lucas Paqueta und Mohammed Kudus gleich mehrere gefährliche Angreifer auf dem Platz. Und so war nicht nur der sichere Ballvortrag, sondern gleichfalls das energische Gegenpressing von gesteigerter Bedeutung für die Werkself – ein Arbeitsbereich, in dem sich Palacios ebenso verdient machte.

Er schmiss sich aggressiv in die Zweikämpfe, wetzte, wenn nötig, seinen Gegenspielern hinterher, grätschte, klammerte. Und klemmte gleich mehrere Konterangriffe von West Ham auf diese Art und Weise ab. Nun ist es nicht neu, dass Bayers Sechser über diese Qualitäten verfügt. Wie stabil Palacios völlig ohne Anlauf agierte, war dann aber doch bemerkenswert. Viel Eingewöhnungszeit hatte er nach Zwangspausen nie benötigt – Anfang März indes bei Qarabag Agdam (2:2) ging immerhin seine Startelfrückkehr daneben (kicker-Note 5).

Xabi Alonso besitzt drei Top-Optionen fürs zentrale Mittelfeld

Allein: Xabi Alonso scherte das offensichtlich nicht, Leverkusens Coach vertraute seinem spiel- wie zweikampfstarken Profi gegen West Ham – und durfte sich bestätigt fühlen. “Er hat gegen Union noch nicht gespielt. Er war aber bereit und er braucht Spielzeit”, sagte der 42-Jährige, dem sich pünktlich zum Endspurt wieder mehrere Optionen im zentralen Mittelfeld bieten.

Xhaka, Palacios, Andrich und Gustavo Puerta – sie alle sind fit, stehen bereit, wenngleich die drei erstgenannten Bayer-Akteure freilich weit vor dem kolumbianischen Youngster rangieren und die wichtigen Pflichtspiele unter sich ausmachen werden. Ob Andrich, wie in der Hinserie, nun oftmals wieder auf die Bank rücken und Palacios zusehen muss? Es ist die eine große Frage, die sich aus der starken Rückkehr (kicker-Note 1,5) des argentinischen Nationalspielers ergibt. Wie auf nahezu jeder anderen Position hat Xabi Alonso die Qual der Wahl.

“Jeder Spieler besitzt seine eigenen Qualitäten”, erklärte Xhaka. “Egal wer spielt: Wir probieren immer, das Maximum zu erreichen. Es gibt keine Egoisten, wir kämpfen, wir ackern, wir spielen und wir laufen zusammen – das macht eine Top-Mannschaft aus.” Gerade in dieser Spielzeit, die Bayer noch mit drei Titeln krönen kann, sei es besonders, “dass die Spieler, die reinkommen, den Unterschied machen”. Und in der Tat: Darauf kann sich Xabi Alonso bislang voll und ganz verlassen. Kaltstarter Palacios lieferte am Donnerstag gegen West Ham nur den neuerlichen Beweis. Zumindest das war dementsprechend keine Überraschung.

Leon Elspaß

“So krass war es selten”: Bayers 2:0 gegen West Ham als Spiel der Extreme

Das Hinspiel zwischen Bayer 04 und West Ham United im Viertelfinale der Europa League war eine Partie der Extreme. Zum einen, weil sich die Hammers äußerst defensiv präsentierten. Zum anderen, weil die Werkself in Ballbesitz für Superlative sorgte.

Lange dominiert, spät gejubelt: Bayer 04 Leverkusen.

Lange dominiert, spät gejubelt: Bayer 04 Leverkusen.

IMAGO/Mika Volkmann

Es war legitim, aber alles andere als ansehnlich, mit welcher taktischen Marschroute West Ham United in Leverkusen zum Erfolg kommen wollte. Mit einer Fünferkette und extrem tief postiert verstellten die Engländer Bayer 04 die Räume. Teilweise agierte die Elf von David Moyes so defensiv, dass vor der Pause Leverkusens Abwehrchef Jonathan Tah nah am gegnerischen Strafraumkreis (!) als letzte Absicherung der Gastgeber agierte.

Purer Beton, der ein attraktives Spiel nur schwer möglich machte. “In der krassen Form, dass sich Mannschaften hinten reinstellen, haben wir es auch nicht so oft gehabt. Sie haben sehr tief gestanden. Da musst du Geduld haben, immer wieder anlaufen. Das ist manchmal etwas zäh und man verzweifelt manchmal auch ein bisschen”, erklärte Joker und Matchwinner Jonas Hofmann.

Der Spielbericht

Doch Bayer hat solche Situationen schon oft erfolgreich bewältigt. So verweist der Nationalspieler auf das Wissen um die eigene Stärke, “unsere Erfahrung, die wir immer wieder gemacht haben, hinten heraus Tore zu schießen. Diese Momente nutzen wir gerade sehr für uns.”

Mit welcher Ruhe und Konsequenz Bayer 04 dabei den eigenen Ansatz des Kombinationsfußballs durchzieht, ist beeindruckend und spiegelt sich auch in den Daten zu den einseitigen 90 Minuten gegen den Tabellensiebten der Premier League wider. Brachten diese doch wieder einige bemerkenswerte Zahlen und auch neue Bestmarken hervor.

78 Ballkontakte im gegnerischen Strafraum

So gab Leverkusen gegen West Ham 33 Torschüsse ab – das gelang in dieser Saison zuvor nur einer Mannschaft: Leverkusen selbst beim 3:2 gegen Qarabag Agdam im Achtelfinale. Sonst knackte noch kein anderer Europa-League-Teilnehmer die Marke von 30 Abschlüssen.

Elf Torschüsse kamen auf den Kasten von West-Ham-Keeper Lukasz Fabianski – noch keine andere Mannschaft brachte in dieser Europa-League-Saison so viele Abschlüsse auf das Tor des jeweiligen Gegners.

Leverkusen hatte gegen West Ham 78 Ballkontakte im gegnerischen Strafraum, das gab es seit deren Erfassung zur Europa-League-Saison 2016/17 noch nie.

Leverkusen ließ nur einen gegnerischen Torschuss zu – das gelang zuvor noch keiner Mannschaft in dieser Saison. Zuvor lag die Bestmarke bei nur drei zugelassenen Torschüssen des Gegners. Das gelang unter anderem Leverkusen am 3. Gruppen-Spieltag beim 5:1 gegen Qarabag Agdam.

Bereits zum fünften Mal in dieser Saison hatte Leverkusen in dieser Europa-League-Saison eine Passquote von über 90 Prozent (dieses Mal 90,7%) – sonst hatten nur die AC Mailand (3) und Brighton & Hove Albion (2) öfter als einmal eine Passquote von mindestens 90 Prozent.

Leverkusen hatte 73 Prozent Ballbesitz – das wurde nur von Brighton & Hove Albion am 1. Spieltag (75%) sowie vom FC Liverpool im Achtelfinal-Rückspiel gegen Sparta Prag (77%) übertroffen. Ballmagnet war Granit Xhaka mit 157 Ballkontakten – das wurde nur von Brightons Lewis Dunk am 3. Spieltag getoppt (167).

Das Hinspiel-Ergebnis: Gut, aber gefährlich

Zahlen, die eine eindeutige Sprache sprechen, die Bayers brutale Überlegenheit dokumentieren. Die aber nicht zu dem Fehlschluss führen sollen, dass es beim Rückspiel in London eine ähnlich einseitige Angelegenheit geben werde, wie Mittelfeld-Stratege Xhaka mahnt.

“Wir müssen in London probieren, ein Tor zu erzielen. Mit dann drei Toren insgesamt können wir es schaffen”, erklärt der ehemalige Arsenal-Profi warnend, “ich rede aus Erfahrung. Ich habe sieben Jahre dort gegen West Ham gespielt. Ich weiß, wie schwer es da ist. Sie haben 60.000, 70.000 Zuschauer im Rücken – das wird eine andere Mannschaft sein am Donnerstag. Die werden kommen, die werden gepusht von den eigenen Fans.”

Und so betont Xhaka nochmal, dass der Drops trotz des einseitigen Hinspiels noch nicht gelutscht ist. “2:0 ist ein gutes Ergebnis, aber nicht perfekt. Es ist auch ein ganz gefährliches Ergebnis, deswegen müssen wir konzentriert bleiben.” Wozu das führen kann, haben Xhaka und Co. im Hinspiel demonstriert.

Stephan von Nocks

Xabi Alonsos trockener Konter auf Moyes’ fragwürdige Kritik

Im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League musste Bayer 04 gegen West Ham United lange auf die erlösenden Tore warten. Die Engländer erwiesen sich mit ihrer defensiven Spielweise als harte Nuss – und ihr Trainer David Moyes als schlechter Verlierer.

Unterschiedliche Spielideen: Xabi Alonso (li.) und David Moyes.

Unterschiedliche Spielideen: Xabi Alonso (li.) und David Moyes.

IMAGO/Sven Simon

Es war ein Geduldsspiel. Mal wieder. Selbst West Ham United, der Tabellensiebte der Premier League, sah nur diesen Weg, gegen die Leverkusener Passmaschine zu bestehen. Und so stand Bayer 04 beim 2:0-Sieg, der durch späte Tore der Joker Jonas Hofmann (83.) und Victor Boniface (90.+1) zustande kam, wie so oft einer extrem tief stehenden gegnerischen Abwehrmauer gegenüber.

“Wir wussten, dass West Ham uns nicht hoch pressen würde. Sie haben zum ersten Mal mit einer Fünferkette gespielt, normal spielen sie in der Premier League Viererkette. Das zeigt einmal mehr den Respekt, den die Gegner vor uns haben”, analysierte Sechser Granit Xhaka: “Aber wir haben genug Geduld und genug Qualität gehabt.”

Der Spielbericht

So blieb Bayer wieder über die komplette Spieldauer bei sich, ließ sich nicht von der eigenen Spielidee abbringen und siegte am Ende hochverdient. “Es war nicht einfach, Chancen zu erspielen”, urteilte ein zufriedener Xabi Alonso nachher, der von der destruktiven Spielweise der Hammers nicht überrascht war: “Viele Mannschaft in der Premiere League spielen so, also haben wir es etwas erwartet.”

Attraktiv war der Ansatz von West Ham nicht, aber eben durchaus legitim. Doch sorgte der mutlose Auftritt der Engländer, die nur eine echte Torchance mit ihrem einzigen Schuss auf Tor besaßen, noch nur für Schulterzucken, so riefen die Ausführungen von Gäste-Trainer David Moyes einzig Kopfschütteln hervor.

Dieser hatte die Reaktionen der Leverkusener nach einem rüden Foul von Lucas Paqueta vor der Bayer-Ersatzbank in der 21. Minute scharf kritisiert. Der Brasilianer hatte nach einer Attacke an Amine Adli die Gelbe Karte gesehen und fehlt damit gesperrt im Rückspiel.

Paqueta hätte Rot sehen können, Gelb-Rot sehen müssen

“Das Verhalten der Bank war schändlich”, wetterte Moyes ungefragt bei der Pressekonferenz, “das fand ich enttäuschend. Die Bank hätte den Schiedsrichter die Entscheidung treffen lassen sollen.” Eine äußerst fragwürdige Kritik, war das Foul Paquetas, der drei Minute später nach einem “Stempeln” gegen Florian Wirtz zwingend die Gelb-Rot hätte sehen müssen, doch eher am Rand zur Roten Karte gewesen. So erschien Moyes’ Attacke als ein billiges Ablenkungsmanöver vom eigenen ängstlichen Auftritt.

Dementsprechend trocken fiel auch Xabi Alonsos Antwort auf die Vorwürfe aus. “Was? Schändlich?”, fragte der Baske verwundert nach, “die Gelbe Karte war völlig verdient. David hat oft mit dem Vierten Offiziellen gesprochen. Das machen wir alle, auch ich. Das kann man nicht als schändlich bezeichnen. Ich habe Respekt vor David. Der Schiedsrichter hat die richtige Entscheidung getroffen.” Um mit dem letzten Satz eine klare Spitze zu setzen: “Wir haben unsere Sache gemacht und uns nicht auf ihre Bank konzentriert.”

Stephan von Nocks

Fünfter CL-Startplatz für 2024/25: Deutschland hauchdünn vor England

In der UEFA-Fünfjahreswertung hat Deutschland am Donnerstag Punkte gesammelt und England an Boden verloren. Der fünfte Champions-League-Startplatz ist damit zum Greifen nah, doch das Rennen bleibt eng.

Knackpunkt Europa League? Während Leverkusens Jonas Hofmann jubelte, musste sich Liverpool-Coach Jürgen Klopp ärgern.

Knackpunkt Europa League? Während Leverkusens Jonas Hofmann jubelte, musste sich Liverpool-Coach Jürgen Klopp ärgern.

imago images

Dass Bayer Leverkusen am Donnerstag in der Europa League im Schlussspurt noch mit 2:0 gegen West Ham United gewann, war aus Sicht der UEFA-Fünfjahreswertung doppelt wertvoll, ist England doch der große Konkurrent Deutschlands in diesem Tableau. Dazu kam der überraschende 3:0-Erfolg von Atalanta Bergamo beim FC Liverpool. Die Klopp-Elf, eigentlich Topfavorit auf den Titel, steht damit vor dem Viertelfinal-Aus. Besser machte es Aston Villa in der Conference League mit einem 2:1-Erfolg gegen Lille.

Damit sind die Chancen für den deutschen Fußball auf einen zusätzlichen Startplatz in der Königsklasse für die Saison 2024/25 wieder etwas gestiegen. Die Bundesliga liegt im UEFA-Ranking auf dem zweiten Platz vor der Premier League, allerdings nur hauchdünn. Deutschland hat nun 16,786 Punkte auf dem Konto, England folgt direkt dahinter mit 16,750 Zählern. Spitzenreiter ist Italien mit 18,428 Zählern.

Die Europapokal-Reform:

Ab der Saison 2024/25 starten 36 statt wie bislang 32 Teilnehmer in der Königsklasse, zwei der vier neuen Plätze werden an die Nationen mit dem besten Abschneiden in internationalen Wettbewerben dieser Saison vergeben. Aus der Bundesliga sind noch drei von sieben gestarteten Klubs im Rennen. In der Champions League kam der FC Bayern im Viertelfinal-Hinspiel beim FC Arsenal zu einem 2:2, Borussia Dortmund verlor bei Atletico Madrid mit 1:2. Die Borussen können mit einem Weiterkommen also selbst dazu beitragen, in der kommenden Saison in der Königsklasse zu kicken. Italien spielt noch mit vier Vereinen international, England sogar mit fünf.

Aus der Bundesliga würde nach derzeitigem Stand der BVB von der UEFA-Fünfjahreswertung profitieren. Die Borussen liegen in der Bundesliga-Tabelle hinter RB Leipzig auf Rang fünf, allerdings nur wegen der schlechteren Tordifferenz. Auf Rang sechs liegt Eintracht Frankfurt mit elf Punkten Rückstand. Würde man vor England ins Ziel kommen, würde die Zahl der deutschen Europapokal-Starter kommende Saison auf insgesamt acht steigen.

In Champions League, Europa League und Conference League gibt es für jeden Sieg zwei Punkte und für jedes Remis einen Punkt. Diese werden dann durch die Gesamtteilnehmerzahl eines Landes (egal, wie viele Klubs noch dabei sind) geteilt. Jedes Weiterkommen in Champions League und Europa League bringt einen Bonuspunkt.

Ein fünfter Champions-League-Teilnehmer wäre für Deutschland kein Novum, diesen gab es in der Spielzeit 2022/23 bereits. Eintracht Frankfurt hatte sich damals mit dem Europa-League-Titel ein zusätzliches Königsklassen-Ticket gesichert.

Hofmanns Wille zahlt sich aus – Xabi Alonso lobt Einfluss der Joker

Bayer 04 Leverkusen hat wie so oft in dieser Saison dank später Tore gewonnen. Xabi Alonso war nach dem 2:0 gegen West Ham dementsprechend glücklich, Jonas Hofmann gab zu seinem Tor ein Geständnis ab – und blickte gen Meisterschaft.

Bayer Leverkusens Jonas Hofmann war nach dem 2:0 gegen West Ham in aller Munde.

Bayer Leverkusens Jonas Hofmann war nach dem 2:0 gegen West Ham in aller Munde.

IMAGO/Treese

Bayer Leverkusen hat im Viertelfinale der Europa League zu Hause West Ham dominiert, das unterstreichen auch 33:1 (!) Torschüsse. Die Werkself tat sich in Realität jedoch im letzten Drittel schwer – bis Jonas Hofmann kam. Der 31-Jährige, der in den vergangenen Wochen an Status einbüßen hatte müssen, avancierte am Donnerstag zum Matchwinner. Er erzielte kurz nach seiner Einwechslung das 1:0 und bereitete noch das 2:0 durch Victor Boniface vor.

Bei RTL gab Hofmann kurz nach Abpfiff Einblick in seine Gefühlswelt. Der ehemalige Gladbacher setzte die Forderungen von Trainer Xabi Alonso (“in die Tiefe gehen, als zweiter Stürmer spielen”) gut um und sorgte für die geforderte Präsenz im Strafraum. Wobei: Beim Führungstor machte er ein wenig sein eigenes Ding.

Hofmann: Strafraum-Präsenz beim 1:0 “unerwartet”

“Ich bin unerwartet beim Eckball mit in den Sechzehner rein, und ja – dann hat alles gepasst”, erklärte Hofmann sein sehenswertes Volleytor zum 1:0 und unterstrich damit einen weiteren Wert, den sein Coach einfordert: Wille.

“Cool” – wie im Interview gefragt – bleibe er trotz der zahlreichen späten Tore seines Teams nämlich eher nicht, sagte Xabi Alonso. Jedoch freute sich der Spanier: “Die Spieler sind überzeugt und jedes Spiel konzentriert.” Auch in Spielen wie gegen West Ham: “Es war sehr schwer, heute klare Chancen zu kreieren.”

Das war sehr wichtig für Jonas, er hat diesen Moment gebraucht.

Xabi Alonso

Glücklich war der Baske ohnehin, er freute sich jedoch explizit für Hofmann. “Das war sehr wichtig für Jonas, er hat diesen Moment gebraucht. Und dann auch noch der Assist für das zweite Tor …”, schwärmte der 42-Jährige Coach, der auch den lange verletzten Boniface – einen weiteren Joker – lobte und die Wichtigkeit von Treffern für Stürmer hervorhob, doch lieber das gesamte Team in den Vordergrund stellen wollte.

“Die gute Mentalität”, so Xabi Alonso, “haben wir gebraucht. Wir wollten bereit sein, wir waren bereit”, fasste der ehemalige Weltklasse-Mittelfeldspieler zusammen. Etwas genauer erklärte er schließlich: “Wir hatten wieder einen super Einfluss von den Bank, wie auch schon gegen Hoffenheim zum Beispiel. Das ist wichtig, alle Spieler sind bereit, auch um von der Bank zu kommen, alle Spieler haben den Wunsch zu helfen und den Willen auf dem Platz.”

Spiele von Bayer Leverkusen

Geduld gehörte ebenso mal wieder zum Leverkusener Erfolgsrezept. “Wir wussten, dass unsere Chance kommen wird – und das ist passiert”, bilanzierte Xabi Alonso, der nicht über die mögliche Meisterschaft am Sonntagabend sprechen wollte, nach 33:1 Torschüssen gegen West Ham.

“Gänsehaut”: Hofmann bedankt sich und hofft

Hofmann blickte dem Heimspiel gegen Werder Bremen (17.30 Uhr, LIVE! bei kicker) bereits etwas expliziter entgegen und meinte: “Ich habe schon beim Gesang der Fans heute Gänsehaut bekommen.” Es bedeute letztlich “alles, die Schale am Ende der Saison hochhalten zu dürfen. Das ist der Moment, da fließen vielleicht Tränen, das überkommt einen so, da lässt man seinen Emotionen freien Lauf.”

Xhaka: “Das zweite Tor wird uns brutal viel helfen für das Rückspiel”

Leverkusener mit dem Blick auf London 11.04.2024

Xhaka: “Das zweite Tor wird uns brutal viel helfen für das Rückspiel”

1:36Nach dem 2:0-Sieg im EL-Hinspiel gegen West Ham United blickt Granit Xhaka bereits auf das Rückspiel gegen die Engländer, aber auch auf den bevorstehenden Bundesliga-Sonntag. Leverkusen kann mit einem Sieg vorzeitig die Meisterschaft klar machen.