Lieberknecht: “Dürfen weiterhin Fehler machen, aber …”

Im Heimspiel gegen Augsburg ist der SV Darmstadt 98 untergegangen. Die anstehende Aufgabe bei RB Leipzig wird nicht einfacher. Erschwerend hinzu kommt die angespannte Personalsituation – besonders auf einer Position.

Torsten Lieberknecht sieht sich einer dünnen Personaldecke gegenüber.

Torsten Lieberknecht sieht sich einer dünnen Personaldecke gegenüber.

Getty Images

Seit bald 17 Jahren ist Torsten Lieberknecht Trainer. Doch so viele individuelle Blackouts wie beim 0:6 gegen Augsburg habe er in seiner Laufbahn noch nie erlebt. “Jeder weiß, dass wir an dem Tag eine große Scheiße gebaut haben”, sagte der Coach von Bundesliga-Schlusslicht SV Darmstadt 98 am Donnerstag.

Insgesamt sei es keine einfache Woche, räumte Lieberknecht ein. Er habe lange überlegt, wie er der Mannschaft gegenübertrete und welche Worte er wähle, um sie wieder aufzurichten. Das Team sei dennoch weiterhin intakt. Entscheidend sei, dass seine Spieler wüssten, “dass sie auch weiterhin Fehler machen dürften”, sagte er, schränkte jedoch ein: „Aber sie dürfen halt nicht so spielentscheidend sein.”

Mehrere Ausfälle gegen Leipzig

Ob sich die Mannschaft ausgerechnet beim nächsten Gegner RB Leipzig rehabilitieren kann, ist allerdings fraglich. Leipzigs Stärke sei, dass die Mannschaft keine Schwächen habe, sagte Lieberknecht.

Erschwert wird die Aufgabe zudem, weil den Lilien in Leipzig wichtige Spieler wie Matthias Bader (Muskelfaserriss), Fabian Holland (Gehirnerschütterung) und Fabian Nürnberger (Sprunggelenkverletzung) fehlen. Hinzu kommen die Langzeitverletzten Fraser Hornby (Sprunggelenkoperation), Clemens Riedel (Knöchelbruch) und Marvin Mehlem (Wadenbeinbruch).

Schnellhardt und Manu wieder im Training

Leicht angeschlagen ist zudem Matej Maglica, wobei sich Lieberknecht zuversichtlich zeigte, dass der Abwehrspieler gegen Leipzig wieder fit sein wird. Wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrt sind Fabian Schnellhardt nach seiner Oberschenkelverletzung sowie Braydon Manu nach seinen langwierigen Sprunggelenkproblemen. Beide hätten einen ordentlichen Eindruck hinterlassen.

Torjäger Skarke rückt wohl auf die Außenbahn

Eine Herausforderung ist die Besetzung der rechten Außenbahn, wo der Ausfall von Bader besonders schmerzt. Der Versuch mit Dreierkette und dem im Winter aus Hoffenheim ausgeliehenen Julian Justvan als Wingback funktionierte gegen Augsburg in der ersten Halbzeit nicht.

Deswegen wird Tim Skarke, bislang meist im Sturm eingesetzt und bester Torschütze, die rechte Außenbahn bekleiden – voraussichtlich in einer Viererabwehrkette. Das ließ Lieberknecht am Donnerstag etwas überraschend durchblicken. Im Weggehen schränkte er dann allerdings noch ein: “Wenn er sich nicht verletzt.”

Stephan Köhnlein

Podcast

Die Fälle Pogba und Vuskovic: Was bringt Doping im Fußball? (mit Hajo Seppelt)

19:38 Minuten

alle Folgen

Darmstadt sieht “Grenzen überschritten” und kündigt Stadionverbote an

Nach dem blamablen 0:6 von Darmstadt 98 gegen den FC Augsburg lagen die Nerven blank. Gegen Lilien-Fans, die auf andere Darmstadt-Anhänger einprügelten, will der Verein nun vorgehen.

Aufregung auf der Tribüne: Nach dem 0:6 kam es am Samstag unter Lilien-Fans zu körperlichen Auseinandersetzungen.

Aufregung auf der Tribüne: Nach dem 0:6 kam es am Samstag unter Lilien-Fans zu körperlichen Auseinandersetzungen.

imago images

Es war ein Bundesliga-Nachmittag zum Vergessen für Darmstadt 98. Das Bundesliga-Schlusslicht war gegen den FC Augsburg am vergangenen Samstag völlig chancenlos gewesen und lag bereits nach der ersten halben Stunde mit 0:5 zurück, am Ende stand ein 0:6. Emotional wurde es nach Abpfiff, als die Darmstädter Profis vor der eigenen Kurve von einem Fan auf dem Rasen eine Standpauke erteilt bekamen.

Die Szene dauerte lange, weswegen es im Stadion Pfiffe in Richtung des Fans gab, der scheinbar ungehindert auf dem Spielfeld eine emotionale Brandrede hielt. Während die Spieler die Ansage hinterher keineswegs verurteilten und Präsident Jürgen Fritsch gar von einem “positiven Meinungsaustausch” sprach, kippte auf der Tribüne die Stimmung. Auf die Pfiffe in Richtung des Fans wurde mit Schlägen auf den Rängen reagiert – diese trafen andere Lilien-Anhänger.

Ein Vorfall, den der Verein so nicht stehen lassen will. “Viel schmerzlicher als das, was auf dem Platz passierte, sind die Szenen, die sich nach der Partie auf den Rängen abgespielt haben”, schreibt Darmstadt am Dienstag in einem Statement: “Emotionen gehören zum Sport, doch am Samstag wurden Grenzen überschritten. Darmstadt 98 steht für Toleranz und ein respektvolles Miteinander. Offene Anfeindungen und Gewalt haben bei uns keinen Platz: Wir arbeiten aktuell daran, die Gewalttäter zu ermitteln und werden diesen anschließend Stadionverbote aussprechen.”

Klub begrüßt das “offene, selbstkritische Statement der Südtribüne”

Die Lilien befänden sich bereits “mit den verschiedenen Teilen unserer Fanszene und der verschiedenen Tribünenbereiche im intensiven Austausch, um die Geschehnisse nach dem Spiel umfassend und gründlich aufzuarbeiten”. Im Zuge der “nach dem Spiel entstandenen Eigendynamik” und um die “negative Außenwirkung zu erklären”, begrüßt der Klub das “offene, selbstkritische Statement der Südtribüne”.

Wir bitten alle Lilienfans darum, sich bei der Aufarbeitung dieser Vorfälle gegenseitig zuzuhören, Raum zu geben und aufeinander zuzugehen.

Darmstadt 98 in einem Statement

Das Statement schließt Darmstadt mit einer Bitte: “Unsere Geschlossenheit als Lilienfamilie hat uns über die Jahre stark gemacht, wir setzen auch in schwierigen Zeiten weiterhin auf Dialog und Austausch. Wir bitten alle Lilienfans darum, sich bei der Aufarbeitung dieser Vorfälle gegenseitig zuzuhören, Raum zu geben und aufeinander zuzugehen.”

Zusammenhalt demonstrieren können Mannschaft und Fans am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker), wenn das Auswärtsspiel in Leipzig ansteht. Das nächste Heimspiel steigt am 16. März (15.30 Uhr), wenn Rekordmeister Bayern München zu Gast ist.

Darmstadt sieht “Grenzen überschritten” und kündigt Stadionverbote an

Nach dem blamablen 0:6 von Darmstadt 98 gegen den FC Augsburg lagen die Nerven blank. Gegen Lilien-Fans, die auf andere Darmstadt-Anhänger einprügelten, will der Verein nun vorgehen.

Aufregung auf der Tribüne: Nach dem 0:6 kam es am Samstag unter Lilien-Fans zu körperlichen Auseinandersetzungen.

Aufregung auf der Tribüne: Nach dem 0:6 kam es am Samstag unter Lilien-Fans zu körperlichen Auseinandersetzungen.

imago images

Es war ein Bundesliga-Nachmittag zum Vergessen für Darmstadt 98. Das Bundesliga-Schlusslicht war gegen den FC Augsburg am vergangenen Samstag völlig chancenlos gewesen und lag bereits nach der ersten halben Stunde mit 0:5 zurück, am Ende stand ein 0:6. Emotional wurde es nach Abpfiff, als die Darmstädter Profis vor der eigenen Kurve von einem Fan auf dem Rasen eine Standpauke erteilt bekamen.

Die Szene dauerte lange, weswegen es im Stadion Pfiffe in Richtung des Fans gab, der scheinbar ungehindert auf dem Spielfeld eine emotionale Brandrede hielt. Während die Spieler die Ansage hinterher keineswegs verurteilten und Präsident Jürgen Fritsch gar von einem “positiven Meinungsaustausch” sprach, kippte auf der Tribüne die Stimmung. Auf die Pfiffe in Richtung des Fans wurde mit Schlägen auf den Rängen reagiert – diese trafen andere Lilien-Anhänger.

Ein Vorfall, den der Verein so nicht stehen lassen will. “Viel schmerzlicher als das, was auf dem Platz passierte, sind die Szenen, die sich nach der Partie auf den Rängen abgespielt haben”, schreibt Darmstadt am Dienstag in einem Statement: “Emotionen gehören zum Sport, doch am Samstag wurden Grenzen überschritten. Darmstadt 98 steht für Toleranz und ein respektvolles Miteinander. Offene Anfeindungen und Gewalt haben bei uns keinen Platz: Wir arbeiten aktuell daran, die Gewalttäter zu ermitteln und werden diesen anschließend Stadionverbote aussprechen.”

Klub begrüßt das “offene, selbstkritische Statement der Südtribüne”

Die Lilien befänden sich bereits “mit den verschiedenen Teilen unserer Fanszene und der verschiedenen Tribünenbereiche im intensiven Austausch, um die Geschehnisse nach dem Spiel umfassend und gründlich aufzuarbeiten”. Im Zuge der “nach dem Spiel entstandenen Eigendynamik” und um die “negative Außenwirkung zu erklären”, begrüßt der Klub das “offene, selbstkritische Statement der Südtribüne”.

Wir bitten alle Lilienfans darum, sich bei der Aufarbeitung dieser Vorfälle gegenseitig zuzuhören, Raum zu geben und aufeinander zuzugehen.

Darmstadt 98 in einem Statement

Das Statement schließt Darmstadt mit einer Bitte: “Unsere Geschlossenheit als Lilienfamilie hat uns über die Jahre stark gemacht, wir setzen auch in schwierigen Zeiten weiterhin auf Dialog und Austausch. Wir bitten alle Lilienfans darum, sich bei der Aufarbeitung dieser Vorfälle gegenseitig zuzuhören, Raum zu geben und aufeinander zuzugehen.”

Zusammenhalt demonstrieren können Mannschaft und Fans am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker), wenn das Auswärtsspiel in Leipzig ansteht. Das nächste Heimspiel steigt am 16. März (15.30 Uhr), wenn Rekordmeister Bayern München zu Gast ist.

Stunde Null für die Lilien: Es geht um mehr als den Klassenerhalt

Darmstadts desaströser Auftritt gegen Augsburg lässt sich vorerst nur als Ausrutscher bewerten. Im Wiederholungsfall aber würde das große Ganze ins Wanken geraten.

Kann sich den Totalausfall seiner Mannschaft gegen den FC Augsburg weiterhin nicht erklären: Thorsten Lieberknecht.

Kann sich den Totalausfall seiner Mannschaft gegen den FC Augsburg weiterhin nicht erklären: Thorsten Lieberknecht.

IMAGO/Eibner

Wirklich weiter in Sachen Ursachenforschung kam Torsten Lieberknecht nach eigener Auskunft auch am Sonntag noch nicht. Das 0:6-Debakel seiner Lilien gegen den FC Augsburg mit fünf Gegentoren in den ersten 30 Minuten bleibt in seinen Einzelheiten offenbar nicht nur für Außenstehende ein Mysterium.

Dabei lässt sich ganz einfach benennen, wer die entscheidenden, grotesken Fehler machte, die der FCA zu einem aus neutraler Sicht schaurig-schönen Spektakel am Böllenfalltor nutzte. Etwa Jannik Müller und Klaus Gjasula mit Fehlpässen dilettantischster Art vor den Gegentreffern Nummer eins und drei. Ausgerechnet Müller hatte Lieberknecht erstmals seit Dezember überraschend wieder in die Startelf befördert, um dessen unstrittige fußballerische Qualitäten für den Spielaufbau zu nutzen. Was beim 2:1-Erfolg in der Hinrunde, dem bis dato letzten 98-Sieg, beim FCA noch voll aufgegangen war, wurde nun beinahe im wörtlichen Sinne zum Eigentor. Eine Erklärung für den kollektiven Blackout liefert diese Bestandsaufnahme freilich nicht.

Den Profis fehlte der Mut zur Umsetzung des Matchplans

Während des Spiels blieb Lieberknecht nichts anderes übrig, als “mich nicht auf die Bank zu verkriechen”, sondern an der Seitenlinie standhaft zu demonstrieren: “Ich bin ein Teil dieser Mannschaft.” Die Schuld, so der Fußballlehrer, suche er zudem nicht zuerst bei den Spielern, sondern bei sich. Zufriedenstellend fündig zu werden, dürfte schwerfallen. Schließlich berichtete Lieberknecht von einer “ganz normalen Herangehensweise” an die Partie, auf die “wir nicht mehr Druck gelegt haben als sonst”.

Interpretieren ließe sich: Der ausgegebene Matchplan, Augsburg mit präzisen, weiträumigen Spielverlagerungen zu knacken, hätte ein Maß an Mut erfordert, das die Darmstädter Profis anders als in der Hinrunde diesmal nicht aufbrachten. Kein Wunder angesichts von zuvor bereits 16 sieglosen Partien in Serie. Doch hätte der Trainer seinen Schützlingen deshalb eine andere, von vornherein weniger erfolgversprechende Strategie an die Hand geben sollen? Das wäre wohl erst recht kein Mutmacher gewesen, sondern eher eine Form von Selbstaufgabe.

Der Abstieg ist verkraftbar, Auflösungserscheinungen nicht

Künftig wird Lieberknecht die psychische Verfassung des Teams allerdings wohl stärker gewichten müssen als theoretische Erfolgsaussichten. Platz 16 ist zwar weiterhin nur vier Punkte entfernt, doch steht im weiteren Saisonverlauf längst nicht nur dieser auf dem Spiel. Der Abstieg an sich wäre für Darmstadt nämlich zweifellos verkraftbar. Unter dieser Voraussetzung gingen schließlich alle Beteiligten in die Saison und dokumentierten das nicht zuletzt mit Lieberknechts vorzeitiger Vertragsverlängerung bis 2027. Die klare Botschaft: Auch eine Rückkehr in die Zweitklassigkeit würde nichts an der Überzeugung vom gemeinsamen Weg ändern.

Auflösungserscheinungen wie die am Samstag dürfen sich dabei aber gewiss nicht wiederholen. Stand jetzt ist der Darmstädter Systemabsturz im Saisonkontext ein singuläres, atypisches Ereignis. Dabei muss es allerdings auch bleiben, damit nicht doch irgendwann das große Ganze infrage zu stellen ist. Angesichts der nun bevorstehenden Aufgaben in Leipzig und gegen Bayern wird die Herausforderung groß genug. Vereinsintern prägte am Wochenende manch einer schon das Wort von der “Stunde Null”. In der Tat lässt sich das Augsburg-Fiasko als Beginn einer neuen Zeitrechnung deuten. Denn in naher Zukunft steht noch Wichtigeres auf dem Spiel als der Klassenerhalt.

Thiemo Müller

Fan-Skandal in Darmstadt? Der Schein trügt

Nach der 0:6-Klatsche gegen den FC Augsburg gab es ungewöhnliche Bilder aus Darmstadt: Ein Ultra-Fan stand auf dem Platz und hielt vor versammelter Mannschaft eine emotionale Brandrede. Ein Skandal? Die Darmstädter schätzen die Situation ganz anders ein.

Brandrede: Ein SVD-Anhänger redet nach der FCA-Klatsche auf die Lilien ein.

Brandrede: Ein SVD-Anhänger redet nach der FCA-Klatsche auf die Lilien ein.

Getty Images

Wer sich die TV-Bilder im Anschluss an Darmstadts 0:6-Debakel gegen den FC Augsburg – es war das 17. Spiel in Folge ohne Sieg – angeschaut hat, der konnte gut und gerne zu dem Schluss kommen, dass die Ultras den Bogen überspannt – und die Lilien das willentlich zugelassen haben.

Doch der Reihe nach. Was war passiert? Nach dem Spiel sah man, wie sich die Darmstädter vor der Kurve vor einem Fan versammelt hatten und von diesem eine Standpauke erteilt bekamen. Die Szene dauerte lang, im Stadion gab es Pfiffe in Richtung des Fans, der ungehindert auf dem Spielfeld stand und eine emotionale Brandrede hielt.

Doch der Schein war trügerisch, wie sich inzwischen herausstellte. “Einer der Ultras hat sich in den Kreis der Mannschaft gestellt, hat ein paar Dinge losgelassen”, sagte Präsident Rüdiger Fritsch anschließend und beteuerte: “Es war ein Gedankenaustausch, ein Meinungsaustausch – der war positiv.” Danach habe es auch wieder “eine positive Stimmung” gegeben, die auf lange Sicht förderlich sein könnte, denn: “An der Stelle wird sich wieder der Zusammenhalt von Darmstadt 98 zeigen.”

Schuhen lobt Feingefühl der Fans

Ähnlich äußerte sich Torhüter Marcel Schuhen, der von “emotionalen und in jedem Fall klaren Worten” sprach, “aber aggressiv” sei das “zu null Prozent” gewesen. “Ich kenne aggressiv ganz anders”, sagte der 31-Jährige und erklärte, dass er die Aktion “überhaupt nicht als schlimm” betrachtet habe. “Es war absolut in Ordnung.”

Ohnehin lobte er das “Feingefühl der Leute hier, die auch schon ganz andere Sachen erlebt haben”. Selbst nach so einer Niederlage habe man “viel Respekt” erfahren – dabei hätten “wir das nicht verdient, muss ich ganz ehrlich sagen. Die hätten uns bewerfen können, was weiß ich, beleidigen können”, sagte der Torhüter und erklärte, dass er sogar für Derartiges Verständnis gehabt hätte. “Ich hätte alles hingenommen, in jeglicher Art und Weise und jeglicher Form, weil wir heute überhaupt nicht würdig waren, das Trikot zu tragen.”

Genau das sei aber nicht geschehen, vielmehr empfand er die Reaktion des Anhangs als positiv. “Das macht es für mich noch schwieriger, dass die Leute so gut mit der Situation umgegangen sind.”

Konsternierter Schuhen hält fest: “Ging ums nackte Überleben”

Darmstadt 98 wartet seit 17 Spielen auf einen Dreier. Der aktuelle Tiefpunkt: Das 0:6 gegen den FC Augsburg, bei dem sich ein katastrophaler Fehler nach dem nächsten einschlich. Die Akteure wurden nach dem Spiel deutlich.

Ganze sechs Mal musste Darmstadts Keeper Marcel Schuhen (#1) gegen den FC Augsburg hinter sich greifen.

Ganze sechs Mal musste Darmstadts Keeper Marcel Schuhen (#1) gegen den FC Augsburg hinter sich greifen.

IMAGO/Jan Huebner

“Eine absolut katastrophale Leistung”, analysierte Darmstadts Keeper Marcel Schuhen kurz nach Anpfiff des 10. sieglosen Heimspiels in Serie in der Mixed Zone, um dann klare Worte zu finden: “Ich finde es in der heutigen Zeit schwer zu sagen, weil wir nur Fußball spielen. Aber es ging auf dem Platz nur ums nackte Überleben.” Speziell nach den ersten 45 Minuten sei er froh gewesen “dass die erste Halbzeit rum war”. Viel mehr fiel aber auch ihm dann nicht mehr ein. “Ich kann es nicht erklären, das sind ja keine taktischen Dinge”, so Schuhen, denn “es sind grobe Schnitzer überall gewesen”.

Bundesliga, 24. Spieltag

Schuhen fehlt eine Erklärung

Er könne “keine logische Erklärung für die Leistung und für die individuellen Fehler sagen oder nennen”. “Es gibt diesen Moment, den man nicht beschreiben kann und das ist er gerade. Ich kann jetzt nicht sagen, warum einer unserer besten Fußballer in der Innenverteidigung (Jannik Müller, Anm. d. Red.) diesen Ball spielt – weiß er selber nicht”, so Schuhen mit Blick auf den Katastrophenpass seines Abwehrspielers kurz vor dem 0:1. Dabei blieb es jedoch nicht, denn auch einigen der anderen Gegentreffer gingen teils haarsträubende Fehler voraus. 

Diese waren so gravierend, dass Trainer Torsten Lieberknecht in der Kabine daran appelliert habe, “dass wir das Spiel mit Stolz beenden sollen und uns klar sein müssen, dass wir hier in der ersten Halbzeit das Spiel komplett verkackt haben”, wie der Übungsleiter bei Sky kundtat.

“Wir wurden heute richtig abgewatscht. Wir haben den Leuten in den letzten Wochen immer das Gefühl vermittelt, ‘wir sind dran, wir werden belohnt, wir machen, wir tun.’ Heute hat das nichts mit Selbstvertrauen zu tun, das war einfach nur desolat. Da ist es immer am besten, wenn jeder einzelne das für sich auch anschaut”, fand Schuhen klare Worte. Es sei ein “kompletter Schlag in die Fresse” gewesen, der “brutal weh” tut. “Jeder einzelne muss da mit sich irgendwie ins Reine kommen, um dann nächste Woche wieder eine vernünftige Leistung zu bringen.”

Keine tiefergründige Analyse möglich

Auch Lilien-Präsident Rüdiger Fritsch bilanzierte im Anschluss an die Partie bei Sky. “Tiefschläge sind wir gewohnt, aber was wir heute gesehen haben, muss man ganz klar sagen, ist ein Alptraum. Da müssen wir sehr tapfer sein, um das zu verarbeiten.” Besonders die Anfangs-Viertelstunde “war so katastrophal, dass es in der Katastrophe auch einfach zu erklären ist, weil das waren ja individuelle Blackouts. Die kann man nicht einmal tiefergründig analysieren, weil sie einfach so katastrophal waren.”

Dennoch, so Fritsch, müsse man ab sofort wieder den Kopf nach oben richten, auch wenn dies womöglich im Moment schwer fällt. “Wir haben die letzten Jahre so viel aufgebaut in Darmstadt, da wird uns dieses eine Spiel nicht umhauen. Wir werden das verarbeiten müssen, wir werden aber wieder zurückkommen. […] Punktetechnisch ist natürlich noch alles drin und deswegen werden wir uns auch nicht abmelden, das kann ich hier an der Stelle auch nochmal ganz deutlich sagen.”

Leichter werden dürfte es in den kommenden Wochen für die Lilien nicht, denn die Gegner in den kommenden beiden Wochen heißen RB Leipzig (9. März) und der FC Bayern (16. März). Selbst ohne individuelle Fehler dürfte es gegen zwei der Bundesliga-Schwergewichte eng werden. Aber sollten diese dann noch dazu kommen, dann könnte es erneut fatal werden – wie das Spiel gegen den FC Augsburg schonungslos offenbarte. 

Neue Verletzungssorgen bei Darmstadt – Externer Experte soll helfen

Den bislang letzten Sieg in der laufenden Spielzeit fuhr der SV Darmstadt 98 auswärts beim FC Augsburg ein. Nun kommen die Schwaben ans Böllenfalltor. Doch die Vorbereitung auf das Spiel wird von Verletzungen überschattet.

Zog sich im Training eine Muskelverletzung zu und fällt gegen Augsburg aus: Matthias Bader. 

Zog sich im Training eine Muskelverletzung zu und fällt gegen Augsburg aus: Matthias Bader. 

IMAGO/Lobeca

Von einem vermeintlichen Sechs-Punkte-Spiel will Torsten Lieberknecht nichts wissen. “Wir wären froh, wenn wir drei Punkte behalten können”, sagte der Trainer des Bundesliga-Schlusslichts vor der Partie gegen Augsburg (Samstag, 15.30 Uhr, LIVE! bei kicker). In der Hinrunde gelang ein 2:1 bei den Schwaben. Es war der zweite und bislang letzte Sieg in der laufenden Spielzeit, der nunmehr schon fast fünf Monate zurückliegt.

“Ich glaube, die Kunst liegt auch darin, dass wir schnell die richtigen Worte finden”, sagte Lieberknecht weiter. Man dürfe den Optimismus nie verlieren, müsse aber auch klar bleiben in der Analyse und in der Vorbereitung. “Wir müssen widerstandsfähig sein und wollen das beeinflussen, was wir selbst beeinflussen können.”

Lufthoheit und Raute

Gegen Augsburg erwartet Lieberknecht eine intensive Partie, in der die Lufthoheit und der Gewinn der zweiten Bälle eine entscheidende Rolle spielten. Zudem sei Augsburg eine der wenigen Mannschaften, die mit einer Raute im Mittelfeld spiele. Auch darauf müsse man sich einstellen.

Podcast

Zwischen Schrebergärten und Managermodus im Real Life (mit Benni Zander)

16:19 Minuten

alle Folgen

Erschwert wird die Vorbereitung von neuen Personalproblemen: Die beiden Außenbahnspieler Matthias Bader und Fabian Nürnberger fallen aus. Bader zog sich am Mittwoch im Training eine Muskelverletzung im Oberschenkel zu, es besteht der Verdacht auf einen Muskelfaserriss.

Nürnberger laboriert weiter an Sprunggelenkproblemen. Der 24-Jährige hatte sich bereits Anfang Dezember in Heimspiel gegen Köln nach einem Foul verletzt. Danach war die Verletzung mehrfach wieder aufgebrochen, im Training, aber auch nach einem gegnerischen Tritt im Spiel gegen Union Berlin.

Bundesliga-Ansetzungen

Die medizinische Abteilung des Vereins habe alles versucht, damit Nürnberger endlich Licht am Ende des Tunnels sehe, sagte Lieberknecht. Mittlerweile habe man dafür sogar einen externen Experten hinzugezogen.

Manu braucht noch Zeit

Weiter fehlen wird dem SV Darmstadt 98 Mittelfeldspieler Fabian Schnellhardt, der bereits bei der Partie gegen Bremen wegen muskulärer Probleme im Oberschenkel nicht im Kader gestanden hatte.

Auch bei Braydon Manu wird die Rückkehr noch eine Weile dauern. Der Flügelspieler müsse nach seinen langwierigen Sprunggelenkproblemen immer wieder aus dem Mannschaftstraining gehen, weil er noch körperliche Defizite hat. Er soll nun individuell fitgemacht werden, damit er dann wieder komplett ins Training mit der Mannschaft einsteigen kann.

Mehlem bleibt Operation erspart

Hinzu kommen die beiden Langzeitverletzten Clemens Riedel (Knöchelbruch) und Fraser Hornby (Sprunggelenkoperation). Für beide ist die Saison gelaufen. Dass Marvin Mehlem nach seinem zweiten Wadenbeinbruch innerhalb weniger Monate in der laufenden Spielzeit noch einmal zurückkehren wird, ist laut Lieberknecht unwahrscheinlich. Immerhin bleibt dem Mittelfeldspieler eine Operation erspart, wie der Verein am Donnerstag mitteilte.

Stephan Köhnlein

Holland: “Das macht die Sehnsucht noch größer”

Gegen den kommenden Gegner Augsburg gelang Aufsteiger SV Darmstadt 98 der letzte Sieg. Der liegt mittlerweile bald fünf Monate zurück. Mannschaftskapitän Fabian Holland erwartet im Rückspiel am Böllenfalltor ein “dreckiges Spiel” und gibt sich trotz allem zuversichtlich.

Darmstadts Kapitän Fabian Holland sieht die Lilien bereit für das

Darmstadts Kapitän Fabian Holland sieht die Lilien bereit für das “dreckige Spiel” gegen Augsburg.

IMAGO/Eibner

Auch wenn das aberkannte Siegtor in der Nachspielzeit gegen Werder Bremen sich für Fabian Holland wie “ein ordentlicher Schlag in die Fresse” angefühlt hat, ist die Stimmung beim Bundesliga-Schlusslicht SV Darmstadt 98 nach Aussage des Mannschaftskapitäns gut. “Das ändert nichts an unserer Herangehensweise. Wir sind immer noch heiß darauf, Spiele zu gewinnen und da werden wir jetzt am Wochenende weitermachen.”

Am Samstag (15.30 Uhr, LIVE! bei kicker) gastiert der FC Augsburg am Böllenfalltor – jenes Team, gegen das der SV Darmstadt 98 Anfang Oktober in der Hinrunde seinen zweiten und bislang letzten Saisonsieg eingefahren hat. “Das könnte ein sehr dreckiges Spiel werden, denn Augsburg ist eine Mannschaft, die die gerade in den Zweikämpfen sehr eklig ist”, sagt Holland. “Die gehen gefühlt bei langen Bällen kaum zum Ball, sondern suchen erst den Kontakt zum Mann.”

Holland sieht bessere Balance

Natürlich seien alle im Team genervt von der langen Serie ohne Sieg. “Wir wissen, dass wir lange nicht gewonnen haben. Aber das macht die Sehnsucht noch größer”, sagt der Lilien-Spielführer. Gerade in einer solchen Phase sei das Umfeld wichtig. Die Tatsache, dass die Fans die Mannschaft immer wieder aufbauten, sorge dafür, dass die Mannschaft weiter in Ruhe arbeiten könne.

Zudem gäben die vergangenen Auftritte Zuversicht. Die Mannschaft sei noch stabiler geworden, die Balance zwischen Defensive und Offensive gelinge besser als in der Hinrunde. Derzeit haben die Lilien nach sechs Spielen in der Rückrunde drei Punkte auf dem Konto und ein Torverhältnis von 4:8. Nach den ersten sechs Spielen der Hinrunde hatte die Mannschaft zwar einen Zähler mehr, aber auch ein Torverhältnis von 10:18.

“Bis zur letzten Minute kämpfen”

Gerade der Sprint von Tim Skarke in der Nachspielzeit der Partie gegen Bremen sei sinnbildlich für den Siegeswillen der Mannschaft – auch wenn der Treffer wegen Handspiels nicht gegeben wurde. “Wir sind bereit, bis zur letzten Minute zu kämpfen”, sagt Holland und bekräftigt: “Und wir haben die Kraft und die Power dafür, am Ende noch Spiele zu gewinnen.”

Stephan Köhnlein

Wieder Wadenbeinbruch: Darmstadt muss erneut auf Mehlem verzichten

Bittere Nachricht für den SV Darmstadt 98: Marvin Mehlem erlitt einen Wadenbeinbruch und steht den akut abstiegsbedrohten Lilien damit länger nicht zur Verfügung.

Erlitt mal wieder einen Rückschlag: Marvin Mehlem.

Erlitt mal wieder einen Rückschlag: Marvin Mehlem.

IMAGO/foto2press

Beim Auswärtsspiel in Bremen (1:1) erlitt Marvin Mehlem die Verletzung. Der Kreativspieler, der gerade erst von einem Wadenbeinbruch genesen war, musste in der Schlussphase vom Platz – rasch kam der Verdacht auf einen Bruch des Wadenbeins auf. Dieser erhärtete sich dann am Montag bei einer MRT-Untersuchung. Nun wird sich der Mittelfeldspieler einer Operation unterziehen, das soll noch im Laufe der Woche geschehen.

“Wir fühlen total mit Marvin mit, weil wir wissen, wie traurig er ist, dass er in den kommenden Spielen der Mannschaft nicht helfen kann”, wird Trainer Torsten Lieberknecht in einer Klubmitteilung zitiert. “Wir alle im Verein drücken ihm die Daumen für die anstehende Zeit und werden ihn mit aller Kraft bei seiner Reha unterstützen.”

Podcast

Max Eberl: Was steht beim FC Bayern auf der To-Do-Liste?


14:33 Minuten

alle Folgen

Zwangspause folgt auf Zwangspause

Die neuerliche Verletzung ist ein herber Rückschlag für Mehlem, der zu Saisonbeginn unumstrittener Stammspieler bei den Darmstädtern war, dann aber von einem Wadenbeinbruch wochenlang außer Gefecht gesetzt wurde. Der 26-Jährige hatte anschließend auch zugegeben, dass es ihm während seiner Zwangspause sehr schwergefallen war, zu sehen, wie “die Mannschaft kämpfte und trotzdem oftmals mit leeren Händen aus dem Spiel ging. Deswegen habe ich alles darangesetzt, dass ich eben so schnell wie möglich wieder der Mannschaft helfen kann.” 

Ende Januar stand er beim Gastspiel bei Union Berlin (0:1) wieder im Kader, ehe er zu Hause gegen Leverkusen (0:2) eingewechselt wurde. Beim 0:0 in Gladbach kehrte er dann in die Startelf des Aufsteigers zurück und begann dann auch im Heimspiel gegen Stuttgart (1:2) sowie in Bremen.

Nun also bleibt ihm wieder nur die Zuschauerrolle. Wie lange er ausfallen wird, gab Darmstadt nicht bekannt. Bei seinem letzten Wadenbeinbruch war die Prognose sechs bis acht Wochen – und die waren es dann auch. 

Nach Darmstadts Ärger: Ex-Schiedsrichter Heynemann verteidigt Regel

Torsten Lieberknecht konnte es nicht fassen, dass Darmstadts vermeintliches 2:1 in Bremen aberkannt wurde. Die Regeln sind eindeutig – aber sind sie auch im Sinne des Fußballs?

Durfte sich nur kurz als Matchwinner fühlen: Tim Skarke am Samstag in Bremen.

Durfte sich nur kurz als Matchwinner fühlen: Tim Skarke am Samstag in Bremen.

picture alliance/dpa

Womöglich blickt mancher Fan des SV Darmstadt 98 auch an diesem Montag noch wehmütig auf die Tabelle und rechnet aus, wie sein Klub mit zwei Zählern mehr dastehen würde. Weil die Lilien am Samstag jedoch bei Werder Bremen nur kurz über den vermeintlichen Last-Minute-Siegtreffer zum 2:1 jubeln durften, beträgt der Rückstand auf den Relegationsplatz weiterhin vier statt zwei Punkte.

Nach VAR-Eingriff hatte Schiedsrichter Florian Badstübner Tim Skarkes Tor wieder kassiert, weil diesem der Ball in der Entstehung an die vor dem Bauch angelegte Hand gesprungen war. Der Frust bei den Darmstädtern war riesig, auch wenn der Regeltext eindeutig ist: Ein Handspielvergehen liegt laut Regel 12 vor, “wenn ein Spieler ins gegnerische Tor trifft, unmittelbar nachdem er den Ball mit der Hand/dem Arm berührt hat (ob absichtlich oder nicht)”.

“Mehr Diskussionen gäbe es, käme es auch vor Toren wieder auf die Auslegung an”

Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht wollte “gerne den Erfinder der Regel persönlich kennenlernen”, womöglich wäre aber auch ein Treffen mit Bernd Heynemann interessant. Der ehemalige Schiedsrichter findet die Regel gut, so wie sie ist. “Während der große Rest der Handspielregel, vor allem die Auslegung bei Strafstößen, viel Kritik verdient, ist zumindest dieser kleine Regelteil klar und akzeptabel”, schreibt Heynemann in seiner aktuellen kicker-Kolumne (Montagausgabe). Zwar seien “bittere Fälle” wie der am Samstag “nicht auszuschließen”, aber: “Mehr Diskussionen und vermeintliche oder echte Ungerechtigkeiten gäbe es, käme es auch vor Toren wieder auf die Auslegung an.”

Doch Skarkes Fall zeigt: Nicht einmal der eindeutigste Teil der Handspielregel ist vor Debatten gefeit. Wie sinnvoll ist dieser in Zeiten des VAR noch? Und ist er tatsächlich “im Sinne des Wesens des Fußballs”, dem die Regeln ja grundsätzlich entsprechen sollen? Nicht nur Lieberknecht jedenfalls sieht den “Ob absichtlich oder nicht”-Zusatz kritisch. “Für die, die Fußball spielen, ist es so, dass man mit Absicht oder nicht Absicht deutlich mehr anfangen kann”, sagte noch ein anderer Trainer am Samstag: Ole Werner, der mit Werder von der Regel profitierte.

Was Heynemann bei den jüngsten Europapokalspielen vermisste und was er von der Blauen Karte hält: Die ganze Kolumne lesen Sie im aktuellen kicker vom Montag – hier auch als eMagazine.